Das Frankenberger Stadtrechtsbuch, bearb. v. Eckhardt, Wilhelm A. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 13, Quellen zur Rechtsgeschichte der hessischen Städte 8). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2014. XLII und 189 S., 1 farbige Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Das Frankenberger Stadtrechtsbuch, bearb. v. Eckhardt, Wilhelm A. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 13, Quellen zur Rechtsgeschichte der hessischen Städte 8). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2014. XLII und 189 S., 1 farbige Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.
Frankenberg auf einem Berg an einer Furt über die Eder nördlich des Burgwalds ist mit gegenwärtig knapp 18000 Einwohnern ein wirtschaftliches Mittelzentrum im nördlichen Hessen. Anscheinend war der bereits früh befestigte Ort schon in den karolingischen Kämpfen mit den Sachsen (772-804) bedeutsam. Vermutlich legte Landgraf Hermann II. von Thüringen zwischen 1238 und 1240/1241 auf vorher Battenberger Grund als Gegengewicht zu dem Mainz zugehörigen Battenberg neben einer Burg eine Stadt an, die zwar rasch an Bedeutung gewann, aber am 9. Mai 1476 durch Brand bis auf ein um 1240 erbautes Steinhaus so stark zerstört wurde, dass nur allmählich ein Wiederaufbau gelang.
Gleichwohl wurde 1493 ein Stadtrechtsbuch niedergeschrieben, das nach der Einleitung des verdienstvollen Bearbeiters von mehr als nur lokaler Bedeutung ist, weil es wenig später in Alsfeld von dem Notar Heinrich Bücking weitgehend wörtlich übernommen wurde (auf dem nach den ansprechenden Vermutungen des Bearbeiters zwischen 1500 und 1509 verfassten, verlorenen „alten stadt roden buch“ beruhende erhaltene Handschrift erst nach 1556 entstanden), so dass es - trotz unterschiedlicher, vom Bearbeiter sorgfältig registrierter Abänderungen von Einzelheiten für Alsfeld - insgesamt in Oberhessen um 1500 geltendes Recht widerspiegelt. Sein als Sohn des Tuchhändlers und Bürgermeisters Heinrich Emmerich erweisbarer Verfasser wurde nach den Erkenntnissen des Bearbeiters als Johannes Emmerici de Franckenberch im Wintersemester 1454 an der Universität Erfurt immatrikuliert, wechselte im Sommersemester 1457 an die Universität Leipzig, erscheint im Sommersemester 1459 unter den geprüften baccalaurii und wird in Frankenberg 1464 in den Geschoßbüchern genannt und begegnet urkundlich erstmals am 13. Dezember 1470. Am 15. November 1494 verstarb er, nachdem er anscheinend „meistenteil alle der ampte der stad regirt“ hatte, kurz nach der Erarbeitung seines Stadtrechtsbuchs.
Nach der diesem in der handschriftlichen Überlieferung vorangestellten Vorrede Wigand Gerstenbergs (Frankenberg *1. 5. 1457?- Frankenberg † 22. 8. 1522, eigentlicher Familienname vielleicht Bodenbender, Messpriester mit Altarpfründe und als Chronist wohl zwischen 1493 und 1509 wirkend) im Stadtrechtsbuch machte Emmerich „duß buchelin den von Franckenberg, uff das die stad die altin herkommen und lobelichen gewonheid nicht verlustig wurde“. Hierin stecken nach der überzeugenden Vermutung des Bearbeiters auch die Privilegien, die nach Gerstenberg 1476 verbrannten, obwohl in Wirklichkeit alle tatsächlich jemals vorhandenen Privilegien den Brand überstanden. Das Stadtrechtsbuch nennt dabei ausdrücklich nur eine Urkunde Landgraf Heinrichs II. von Hessen vom 31. März 1366.
Am häufigsten weist Johannes Emmerich nach den Feststellungen des Bearbeiters auf das Landrecht des Schwabenspiegels hin, wobei er meist, jedoch nicht immer völlig zutreffend, ein Kapitel anführt. Vermutlich konnte er eine Handschrift des Schwabenspiegels in Frankenberg benutzen. Sie muss den Brand von 1476 überstanden haben und enthielt wohl auch das so genannte Kleine Kaiserrecht.
Von geringer Bedeutung war demgegenüber das römische Recht, für das Emmerich anscheinend aus dem Kopf viermal die Institutionen anspricht. Das geistliche Recht zitiert Emmerich (meist korrekt) nach Buch und Titel der Dekretalen Gregors IX., doch dürfte auch hier keine handschriftliche Vorlage zur Verfügung gestanden haben. Magnae devotionis am Beginn eines Satzes am ursprünglichen Ende des Werkes, in dem der Bearbeiter eine Art Leitspruch des Verfassers für dessen Handeln sieht, ist kein Titel der Dekretalen, sondern der Anfang des Kapitels 7 aus Buch 3 Titel 34 De voto et voti redemptione.
Gegliedert ist das Werk in zwei Teile. Der erste Teil „saget von den burgern disßer stad“ und behandelt „Stadtluft macht frei“, Bürgermeister, Schöffen und Rat, Ratsämter, Handwerke und Zünfte. Der zweite Teil betrifft das Gericht und was dazu gehört auf der Grundlage der Gerichtsordnungen Landgraf Ludwigs I. und landgräflicher Privilegien.
Überliefert ist das Stadtrechtsbuch in zwei Handschriften. Sie befinden sich in der Universitätsbibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel (4° Ms. Hass. 26, 68 alte Blätter, um 1500, 4° Ms. Hass. 118, Sammelhandschrift Scheffer von etwa 1580). Jüngere Abschriften sind demgegenüber bedeutungslos.
Dieser ausführlichen und detaillierten Einleitung des Bearbeiters folgt die Edition, die an das Stadtrechtsbuch Urkunden, ein Protokoll von 1538 und Auszüge aus dem Frankenberger (oder Georgenberger) Salbuch von 1587 (de anno 1588) anfügt. Ein Index Orte und Personen und ein Index Sachen von Aalgefach bis Zweischwerterlehre schließen die vorbildliche Ausgabe der für Hessen bedeutenden Stadtrechtsquelle benutzerfreundlich auf.
Innsbruck Gerhard Köbler