Nicht Ruh’ im Grabe ließ man euch ... Die letzte Heimat Kaiser Lothars III. im Spiegel naturwissenschaftlicher und historischer Forschungen, hg. v. Henkel, Tobias, red. v. Burkhardt, Angelika (= Schriftenreihe der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz). Appelhans Verlag, Braunschweig 2012. 174 S., Ill., Graph. Besprochen von Gerhard Köbler.
Nicht Ruh’ im Grabe ließ man euch ... Die letzte Heimat Kaiser Lothars III. im Spiegel naturwissenschaftlicher und historischer Forschungen, hg. v. Henkel, Tobias, red. v. Burkhardt, Angelika (= Schriftenreihe der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz). Appelhans Verlag, Braunschweig 2012. 174 S., Ill., Graph. Besprochen von Gerhard Köbler.
Lothar von Süpplingenburg (Anfang Juni 1075-Breitenwang in Tirol 3./4. 12. 1137) ist der von König Heinrich V. 1106 zum Herzog von Sachsen erhobene sächsische Hochadlige, der sich nach dem Tode des letzten salischen Königs auf einem Hoftag in Mainz unter drei Bewerbern in einem Wahlgremium von 40 Fürsten durchsetzte. Während seiner kämpferisch durchgesetzten Herrschaft hielt er sich überwiegend im Norden des Reiches auf und förderte erfolgreich die deutsche Siedlung im Osten. Auf der Heimkehr von seinem zweiten Italienzug, auf der er seinem welfischen Schwiegersohn Heinrich dem Stolzen die Markgrafschaft Tuszien und das Herzogtum Sachsen verlieh, verstarb er ohne männliche Nachkommen und wurde in dem von ihm begonnenen Kaiserdom in Königslutter am letzten Tag des Todesjahrs bestattet.
Vor allem in Erinnerung an sein Leben und seinen Tod verbindet das vorliegende, nicht zuletzt der unablässigen Mühe seiner Redaktorin zu verdankende schöne Buch auf der Grundlage der Öffnung vierer Sarkophage im Jahre 1978 und eines interdisziplinären Symposiums des Jahres 2007 insgesamt elf historische und anthropologische Beiträge zu im Kaiserdom zu Königslutter Bestatteten. Die historischen Beiträge widmen sich der Interpretation der Herrscherleistungen Lothars aus zeitgenössischer und moderner Sicht (?) und versuchen nachzuvollziehen, warum der Kaiser das Familiengut in Lutter als sein Gedächtnisstätte auswählte. Die Quellen sagen vor allem über die Geschehnisse nach dem Tode wenig, doch vermitteln die Darstellungen von Beisetzungen anderer römisch-deutscher Könige und Kaiser einen Eindruck davon, was auch mit Kaiser Lothar geschehen sein muss.
Die anthropologischen Beiträge geben Auskunft über seine körperliche Verfassung, über Zahnprobleme und seinen Ernährungsstatus, in dessen Rahmen er wohl regelmäßigem Fischkonsum abgeneigt war, aber eine Vorliebe für Milchprodukte und Eier gehabt haben muss. Wahrscheinlich wurde der tote Kaiser zwecks geruchsneutraler Überführung der Gebeine von Breitenwang nach Königslutter etwa 6 Stunden lang gekocht und danach entfleischt. Über diese detaillierten Erkenntnisse zu Lothar III. hinaus gewähren auch die übrigen Beiträge vielfältige neue Einblicke in Leben und Sterben mittelalterlicher Menschen.
Innsbruck Gerhard Köbler