Martins, Antonio, Flüchtige Grenzen. Hermeneutik und Diskurstheorie im Recht (= Studien zur Rechtsphilosophie und Rechtstheorie 59). Nomos, Baden-Baden 2013. 369 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Martins, Antonio, Flüchtige Grenzen. Hermeneutik und Diskurstheorie im Recht (= Studien zur Rechtsphilosophie und Rechtstheorie 59). Nomos, Baden-Baden 2013. 369 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Hermeneutik als die Lehre des Verstehens von Zeichen oder bzw. und Texten hat vielfältige Wurzeln bereits in vorchristlicher Zeit. Als eigene Bezeichnung ist sie demgegenüber erst in der frühen Neuzeit verwendet worden. In einem Buchtitel soll sie zuerst der in Köndringen im Breisgau 1603 geborene und in Straßburg 1666 gestorbene lutherische Theologe, Rhetorikprofessor, „Hermeneutiker“ und Dichter Johann Conrad Dannhauer gebraucht haben, dessen Hauptwerk den Menschen als Wanderer, das Leben als Weg, die heilige Schrift als Licht, Gott als Ziel und den Himmel als Heimat versteht.
Mit der auch für das Recht besonders bedeutsamen Hermeneutik befasst sich das vorliegende, von der CAPES/Brasilien finanziell unterstützte Werk. Es ist die von Ulfrid Neumann betreute, im Wintersemester 2011/2012 dem Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Frankfurt am Main vorgelegte Dissertation des Autors. Sie gliedert sich, wie auch der Untertitel widerspiegelt, in zwei Teile über das juristische Verstehen und den Rechtsdiskurs.
Dabei geht der Verfasser von Vorüberlegungen zur juristischen Hermeneutik als einer dringlichen Aufgabe aus, in deren Mittelpunkt Wahrheit und Gerechtigkeit in Raum und Zeit seit Savigny und Schleiermacher stehen. Wichtige Gesprächspartner sind in den Mäanderbewegungen Habermas’ über Vernunft, Wahrheit und Rechtfertigung einschließenden Ausführungen des Autors Gadamer, Heidegger, Dilthey und Husserl, ohne dass eine einfache entstehungsgeschichtliche Betrachtung der juristischen Hermeneutik angestrebt wird. Im Ergebnis stellt Martins bei seiner eindringlichen Suche nach der Richtigkeit einer Entscheidung nicht nur die Pluralität der Diskurse und die Einheit der Vernunft fest, sondern auch die flüchtigen Grenzen des Rechtes, so dass zwar Wahrheit und Gerechtigkeit als notwendige Ziele verbleiben, ihr Erreichen aber auch durch alle Hermeneutik und allen Diskurs nur versucht, jedoch nicht wirklich zweifelsfrei gesichert werden kann.
Innsbruck Gerhard Köbler