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Dauer, Friederike, Die Bibliothek des Reichsgerichts (= Arbeitshefte der Arbeitsgemeinschaft für juristisches Bibliotheks- und Dokumentationswesen 24). Neugebauer, Graz-Feldkirch 2013. 172 S. Besprochen von Werner Schubert.

Dauer, Friederike, Die Bibliothek des Reichsgerichts (= Arbeitshefte der Arbeitsgemeinschaft für juristisches Bibliotheks- und Dokumentationswesen 24). Neugebauer, Graz-Feldkirch 2013. 172 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Das Werk stellt die „aktuelle Version“ einer Examensarbeit Friederike Dauers aus dem Jahre 1991 dar (S. 9). Zunächst geht Dauer auf die Geschichte des Reichsgerichts unter Berücksichtigung des Reichsoberhandelsgerichts (ROHG) näher ein (S. 15-31). Es folgt der umfangreiche Abschnitt über die Bibliothek des Reichsgerichts (S. 33-118), die auf den Beständen des ROHG aufbaute. Die Bibliothek umfasste 1945 310.000 Bände (Kriegsverluste von 20.000 Bänden; S. 13) und war damit eine der größten, wenn nicht gar die „größte und besterschlossene juristische Fachbibliothek der Welt“ (S. 12, zitiert nach Kirchner). Dauer schildert eingehend die räumlichen Verhältnisse der Bibliothek, insbesondere im Reichstagsgebäude von 1895. Ausführlich behandelt sie den Etat und die Erwerbsgrundsätze. Die Erschließung der Bestände erfolgte u. a. durch gedruckte Kataloge von 1882 und 1890 (zu den gescheiterten Plänen für weitere gedruckte Kataloge S. 97), durch den auf einem italienischen Patent beruhenden Staderini-Katalog (systematische und alphabetische Erschließung der Werke), durch einen Zeitschriftenkatalog von 1929, und durch einen Standortkatalog (vgl. S. 110). Der alphabetische Staderini-Katalog wurde vermutlich ab 1930 nicht mehr weiter geführt und durch einen „Alphabetischen Zettelkatalog“ ersetzt (S. 103). Der Benutzerkreis war sehr eingeschränkt (S. 112ff.); jedoch hatten die Mitarbeiter der Juristischen Fakultät der Universität Leipzig Zugang zur Reichsgerichtsbibliothek.

 

Die Verwaltung der Bibliothek wurde 1945 kommissarisch dem Landgerichtspräsidenten in Leipzig unterstellt und von der ehemaligen Reichsgerichtsbibliothekarin Hildegard Härtwig verwaltet, über die Dauer leider keine biographischen Einzelheiten bringt. Dagegen wird die Biographie der vier Direktoren der Reichsgerichtsbibliothek aus der Zeit zwischen 1879 und 1945 ausführlich behandelt (S. 54ff.; vgl. hierzu auch die Personalakten von Karl Schulz, Hans Schulz und Paul Günzel im Bundesarchiv Berlin) Die Bibliothek wurde 1950 Teil der Bibliothek des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik in Berlin, deren Leiter Ulrich Gericke – auch über diesen wäre ein biographischer Abriss erwünscht gewesen –es im Wesentlichen zu verdanken ist, dass der rechtshistorische Kernbestand der Bibliothek vor der Abgabe an Bibliotheken oder das Zentralantiquariat gerettet werden konnte (S. 123). Die nicht mehr vollständige Reichsgerichtsbibliothek (sie umfasste nur noch 130.000 Bände, S. 136) wurde 1990/1991 von der Bibliothek des Bundesgerichtshofs übernommen und bis 1992 nach Karlsruhe überführt. Zwischen den Bibliotheken des Bundesgerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig wurden die Bestände 1997 geteilt. Die historisch wertvolleren Werke bis 1800 und die Archivalien gingen nach Leipzig, während 106.000 Bände einschließlich des Nachschlagewerks und der vollständigen Urteilssammlungen (zu diesen hätte Dauer einige weitere Informationen bringen sollen) in Karlsruhe verblieben (S. 150ff.).

 

Über die Frage, wie weit eine archivalische Überlieferung über das Schicksal der Bibliothek für die Zeit zwischen 1945 und 1990 existiert, gibt Dauer keine näheren Angaben. Die archivalische Überlieferung für die Zeit zwischen 1990 und 1997 dürfte weitere Aufschlüsse über den Verbleib der Reichsgerichtsbibliothek enthalten, ist jedoch noch nicht zugänglich. Weitere Detailstudien über die Reichsgerichtsbibliothek wären erwünscht, insbesondere über die sog. Graue Literatur (S. 81), die Zeitschriften/Zeitungen (S. 81 f.) und die Archivalien.

 

Kiel

Werner Schubert