8781 | Vinnius, Arnold (Monster bei Den Haag 4. 1. 1588-Leiden 1. 9. 1657) wird nach dem Rechtsstudium in Leiden (1603 Gerard Tuningius [Schüler Hugo Doneaus]) 1612 oder 1613 promoviert und nach langer Wartezeit als Rektor der Lateinschule in Leiden 1633 außerordentlicher und 1636 ordentlicher Professor in Leiden. Unter dem durch seinen Lehrer vermittelten Einfluss Hugo →Doneaus (Donellus) veröffentlicht er 1618 einen Institutionen-kommentar seines Lehrers Tuningius, 1624 bzw. 1631 Iurisprudentiae contractae … libri III (drei Bücher zusammengezogener Rechtswissenschaft), 1642 einen Kommentar zu den Institutionen und 1646 eine Ausgabe der Institutionen mit Anmerkungen. In seinem Kommentar bietet er mit großem Erfolg eine philologisch-historische Erklärung des Textes mit vielen Angaben zu dem einhe... | Feenstra, R./Waal, C., Seventeenth-century Leyden law Professors, 1975, 24, 52; Ahsmann, M., Collegia en colleges, Diss. jur. Leiden 1990, 18; Vinnius, A., Institutionenkommentar Schuldrecht, übers. v. Wille, K., 2005 |
8782 | Virginia Bill of Rights ist die von George Mason (1725-1792) entworfene und an dem 12. 6. 1776 von dem Konvent der nach Unabhängigkeit strebenden englischen Kolonie Virginia verabschiedete Menschenrechtserklärung, die als älteste formelle →Verfassung der Welt angesehen wird. | Köbler, DRG 191 |
8783 | viril | |
8784 | Virilstimme ist die Einzelstimme eines Mitglieds in dem Heiligen römischen Reich bzw. in dem Deutschen Bund in Gegensatz zu der mehrere Mitglieder vereinenden →Kuriatstimme. | Köbler, DRG 148; Köbler, Historisches Lexikon; Domke, W., Die Virilstimmen im Reichsfürstenrat, 1882; Willoweit, D., Deutsche Verfassungsgeschichte, 5. A. 2005, § 24 II 2 |
8785 | Vir (M.) inluster (lat.) ist ein spätantik-frühmittelalterlicher hervorhebender Titel. | Wolfram, H., Intitulatio I, 1967 |
8786 | virtus (M.) Mannhaftigkeit, Tugend | McDonnell, M. u. a., Virtus and the Roman Republic, 2006; Schwandt, S., Virtus, 2014 |
8787 | vis (lat. [F.]) Gewalt →vi | Köbler, DRG 42, 43 |
8788 | Visby auf Gotland ist die Hansestadt (1280), die sich in dem Hochmittelalter zu dem Mittel-punkt des Handels in der Ostsee entwickelt. Visby überliefert in mittelniederdeutscher Sprache ein in den Jahren 1341-1344 aufgezeichnetes Stadtrecht. Dieses gliedert sich in vier Bücher mit 60, 52, 52 und 38 Kapiteln (Verfassung-Verfahren-Strafe, Verfahren, Grundstücke-Zins-Schiffe, Ehe-Vormundschaft-Erbe). Es ist von Lübeck, Schleswig, Hamburg, Soest, dem Sachsenspiegel und schwedischen Rechten beeinflusst und wirkt seinerseits auf das Recht von Riga und Nowgorod. Zwei Bruchstücke des Stadtrechts von Visby könnten von etwa 1270 stammen. 1361 fällt Visby an Dänemark, 1645 an Schweden. Das Seerecht von Visby (15. Jahrhundert) ist eine Verbindung von niederländischen und hansischen Rechtsgrundsätzen o... | Codices iuris Visbyensis, hg. v. Schlyter, C., 1853, 1; Schlüter, W., Zwei Bruchstücke einer mittelniederdeutschen Fassung des Wisbyschen Stadtrechts, Mitt. aus d. Gebiet d. gesch. Livlands 18 (1903-8), 487; Frensdorff, F., Das Stadtrecht von Wisby, Hans. Geschbll. 22 (1916), 1; Hasselberg, G., Studier rörande Visby Stadslag, 1953; Ebel, W., Lübisches Recht, 1971; Sjöholm, E., Gesetze als Quellen mittelalterlicher Geschichte, 1976; Ullrich, S., Untersuchungen zum Einfluss des lübischen Rechts, 2008 |
8789 | Visitation ist die in der Kirche schon früh entwickelte aufsichtliche Überprüfung der Pfarreien durch den Bischof oder später den Archidiakon. In der Neuzeit finden zwischen 1507 und 1776 mit geringer Regelmäßigkeit Visitationen auch an dem →Reichskammerge-richt statt. | Lingg, M., Geschichte des Instituts der Pfarrvisitationen, 1888; Winkler, A., Über die Visitation des Reichskammergerichts, 1907; Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972; Cheney, C., Episcopal Visitation, 2. A. 1983; Mencke, K., Die Visitationen am Reichskammergericht, 1984; Frieb, K., Kirchenvisitation und Kommunikation, 2006; Denzler, A., Sie haben sich totgearbeitet – Die Visitation des Reichskammergerichts von 1767 bis 1776, 2014; Baumann, A., Visitationen am Reichskammergericht - Speyer als politischer und juristischer Aktionsraum des Reiches (1529-1588), 2018 |
8790 | Vis (F.) maior (lat.) ist schon in dem römischen Recht die (größere bzw.) höhere Gewalt (beispielsweise Feuer, Überschwemmung, Erdbeben), die den Schuldner von einer Haftung befreien kann. | Kaser §§ 36, 39 III 1; Doll, A., Von der vis maior zur höheren Gewalt, 1989 |
8791 | Vita (lat. [F.]) Leben, Lebensbeschreibung | Haarländer, S., Vitae episcoporum, 2000; Scripturus vitam, hg. v. Walz, D., 2001; Nahmer, D. v. d., Bibelbenutzung in Heiligenviten des frühen Mittelalters, 2016 |
8792 | Vitoria, Francisco de (Burgos? 1483/1493-12. 8. 1546) wird nach dem Studium von Philosophie und Theologie in Paris spätscholastischer Theologielehrer in Paris (1512), Valladolid (1523) und Salamanca (1526). Unter Verwendung der (lat.) Summa (F.) theologiae des →Thomas von Aquin gründet der Dominikaner die Schule von →Salamanca. Angeregt durch die Entdeckung der Neuen Welt versteht er das Völkerrecht als Recht zwischen den Völkern. Eine Verletzung des Völkerrechts (beispielsweise Behinderung der kirchlichen Mission, Verfolgung von Christen) berechtigt nach Naturrecht zu dem Krieg. Die Indianer stuft er als schutzbedürftige Minderjährige ein. | Vitoria, F. de, Relectio de Indis, hg. v. Pereña, L. u. a. 1967; Brown Scott, J., The Spanish Origin of International Law, 1934; Beltran de Heredia, V., Francisco de Vitoria, 1939; Otte, G., Das Privatrecht bei Francisco de Vitoria, 1964; Molinero, R., La doctrina colonial de Francisco de Vitoria, 1993; Francico de Vitoria, De iustitia, hg. v. Stüben, J., 2013; Francisco de Vitoria, De actibus humanis, hg. v. Sarmiento, A., 2015; Spindler, A., Die Theorie des natürlichen Gesetzes bei Francisco de Vitoria, 2015 |
8793 | Viztum, Vitztum, Vizedom (lat. [M.] vicedominus) ist verschiedentlich ein Vertreter eines Herrn (beispielsweise Leiter der Finanzverwaltung in den Ländern Österreichs bis 1749). | Kroeschell, DRG 1, 2 |
8794 | Vladimirskij-Budanov, Michail Flegontovic (1838-1916) wird 1868 Professor für Rechtsgeschichte an dem Lyzeum in Jaroslawl und 1875 an der Universität Kiew. Seit 1872 veröffentlicht er eine dreibändige Quellensammlung zu der russischen Rechtsgeschichte des 10.-17. Jahrhunderts (Chrestomatij po istorii russkago prava), 1886 einen rechts-geschichtlichen Grundriss (Obzor istorii russkago pravo). | Taranovskij, F., Pamjati M. F. Vladimirskago-Budanova, (in) Jurisdiceskij Vestnik 2 (1916), 84 |
8795 | Vöcklabruck | Zauner, A., Vöcklabruck und der Attergau 1, 1971 |
8796 | Voet, Johannes (Utrecht 1647-Leiden 1713), Rechtsprofessorensohn, wird nach dem Rechtsstudium in Utrecht 1670 Professor in Herborn, 1674 in Utrecht und 1680 in Leiden. Seit 1687 erfasst er auch das zeitgenössische Recht. Sein Hauptwerk ist ein Naturrecht und Partikularrecht aufnehmender (lat.) Commentarius (M.) ad pandectas (Pandektenkom-mentar), der den modernen Gebrauch der Pandekten erfolgreich darstellt. 1682 bzw. 1700 veröffentlicht er Grundrisse zu den Pandekten bzw. Institutionen. | Feenstra, R./Waal, C., Seventeenth-century Leiden law Professors, 1974, 35, 69; Van den Bergh, R., The selective Paulus Voet, 2007 |
8797 | Vogel | Lederer, R. u. a., Latein für Vogelbeobachter, 2015; Richarz, K., Vogelzug, 2019 (schätzungsweise 50 Milliarden Zugvögel jährlich) |
8798 | vogelfrei (frei wie ein Vogel, preisgegeben) | Künßberg, E. Frhr. v., Vogelfrei, ZRG GA 58 (1938), 525; Schmidt-Wiegand, R., Frei wie ein Vogel, (in) Jb. d. Brüder-Grimm-Ges. 2 (1992), 189 |
8799 | Vogt (zu lat. [M.] advocatus) ist in Fortführung antiker Entwicklungen seit dem Frühmittelalter der schützende weltliche Sachwalter eines Menschen oder einer Kirche, der vielfach frei gewählt werden darf. Seit 782/786 wird der Vogt für die Kirche vorgeschrieben. In der →Immunität nimmt er die Aufgaben des Immunitätsberechtigten wahr. Verschie-dentlich gelingt ihm der Aufstieg zu dem Landesherrn (beispielsweise Tirol). Seit dem 13. Jahrhundert ist Vogt ein Amtsträger weltlicher Herren (beispielsweise Reichslandvogt), in dem Spätmittelalter auch der Vormund. In der frühen Neuzeit wird die Kirchenvogtei als bloßes Schutzrecht verstanden und die niedere Vogtei als Grundlage einer neben der Landesherrschaft stehenden beschränkten Herrschaftsgewalt schwächerer Reichsglieder. Teilweise gelingt de... | Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 85, 86, 111, 113; Pischek, A., Die Vogtgerichtsbarkeit süddeutscher Klöster, 1907; Glitsch, H., Untersuchungen zur mittelalterlichen Vogtgerichtsbarkeit, 1912; Feine, H., Kirchliche Rechtsgeschichte, 1950, 5. A. 1972; Vogteien, Ämter, Landkreise in Baden-Württemberg, hg. v. Landkreistag, Bd. 1f. 1975; Willoweit, D., Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt, 1975, 63, 213; Dohrmann, W., Die Vögte des Klosters St. Gallen, 1985 |
8800 | Vogtei ist die Stellung als →Vogt. | Kroeschell, DRG 1, 2; Heilmann, A., Die Klostervogtei im rechtsrheinischen Teil der Diözese Konstanz, 1908; Waas, A., Vogtei und Bede, Bd. 1f. 1919ff.; Otto, E., Die Entstehung der deutschen Kirchenvogtei, 1933; Grube, W., Vogteien, Ämter, Landkreise, 1960; Endemann, T., Vogtei und Herrschaft, 1967; Schwind, F., Die Landvogtei in der Wetterau, 1972; Willoweit, D., Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt, 1975; Hofacker, H., Die schwäbischen Reichslandvogteien, 1980; Reichert, F., Landesherrschaft, Adel und Vogtei, 1985; Simon, T., Grundherrschaft und Vogtei, 1995; Clauss, M., Die Untervogtei, 2002 |