3681 | Inhaberpapier ist das →Wertpapier, bei dem das verbriefte Recht grundsätzlich von jedem Inhaber geltend gemacht werden kann. Es fehlt dem Altertum, von bescheidenen Ansätzen abgesehen, ganz, erscheint aber seit dem 9. Jahrhundert vor allem in Gebieten lango-bardischen Rechtes in Italien und ist in dem Mittelalter als Möglichkeit der Übertragung von Rechten und der Vertretung verbreitet. In Sachsen tritt 1763 die Inhaberschuldverschreibung auf. Seit dem →Allgemeinen Landrecht (Preußen 1794) finden sich gesetzliche Regelungen. | Hübner; Brunner, H., Zur Geschichte des Inhaberpapieres in Deutschland, ZHR 23 (1978), 225; Brunner, H., Das französische Inhaberpapier, 1879; Meppen, D., Das Inhaberpapier, 2014 |
3682 | Iniuria (lat. [F.]) ist in dem römischen Recht das Unrecht (in der Form der Personen-verletzung, das bei Vorliegen eines Rechtfertigungsgrunds ausscheidet). Nach altrömischem Recht soll neben Gliedzerreißen und Beinbrechen jedes sonstige Unrecht (iniuria) mit der Leistung von 25 Pfund Kupfer ausgeglichen werden. In dem klassischen römischen Recht wird die iniuria zu einem Tatbestand erweitert, der jede bewusste Missachtung der Persönlichkeit in Wort oder Tat (→Körperverletzung) eines anderen erfasst. Rechtsfolge ist ein durch Schätzung zu ermittelnder Geldausgleich. In dem spätantiken römischen Recht ist iniuria ein Straftatbestand (Ehrverletzung) und eine Deliktsobligation (Persönlichkeitsmissachtung). In dem deutschen Sprachraum wird iniuria als Injurie (Realinjurie, Verbalinjurie) aufge... | Söllner §§ 5, 8, 10; Köbler, DRG 27, 48, 65; Köbler, LAW; Mainzer, H., Die ästimatorische Injurienklage in ihrer geschichtlichen Entwicklung, 1980; Völkl, A., Die Verfolgung der Körperverletzung im frühen römischen Recht, 1984; Hagemann, M., Iniuria, 1998; Lingelbach, G., Injurie und Injuriensachen, (in) Organisation der Kritik, hg. v. Matuschek, S., 2004, 143; Shapo, M., An Injury Law Constitution, 2012; Iniuria and the Common Law, hg. v. Descheemaker, E. u. a., 2013 |
3683 | Inka | Inka – Könige der Anden, hg. v. Castro, I. de/Kurella, D., 2014; Schmelz, B., Die Inka, 2013 |
3684 | inkompatibel | |
3685 | Inkompatibilität (Wort ausdem Französischen von 1791 aufgenommen, F.) Unvereinbarkeit | Leisner, W., Die Unvereinbarkeit von öffentlichem Amt und Parlamentsmandat, 1967; Sturm, G., Die Inkompatibilität, 1967, Schneider, P., Amt und Mandat, 1968 |
3686 | Inkorporation (Verb inkorporieren 1569? aus dem Lateinischen des Altertums aufgenommen) ist die Eingliederung einer kirchlichen →Körperschaft in eine andere. Sie entwickelt sich seit dem Ende des 11. Jahrhunderts (Benediktinerorden) und wird in dem 13. Jahrhundert voll ausgebildet. Mit der Inkorporation gehen die Rechte an der bisherigen kirchlichen Körperschaft (beispielsweise Kirche) auf eine andere kirchliche Körperschaft (beispielsweise Kloster) über, ohne dass die Rechtspersönlichkeit der inkorporierten Körperschaft endet. In der Neuzeit wird die Inkorporation wegen der mit ihr gegebenen Zerstörung der kirchlichen Ordnung zurückgedrängt (Trient 1545-1563). | Hinschius, P., Zur Geschichte der Inkorporation und des Patronatsrechts, 1873; Sanmann-von Bülow, H., Die Inkorporationen Karls IV., 1941; Lindner, D., Die Lehre von der Inkorporation, 1951: Prokschi, S., Die Inkorporation im Mittelalter, 1979; Lindner, T., Baulasten an kirchlichen Gebäuden, 1995 |
3687 | Inkunabel (Wort 18. Jh. aus dem Lateinischen des Altertums aufgenommen, F.) Wiegendruck, Druck vor 1500 | Langer, G., Von Zusammenhängen zwischen Inkunabelforschung und Rechtsgeschichte, ZRG GA 85 (1968), 217; Catalogus incunabulorum Hungariae, hg. v. Sájo, G. u. a., 1970; Bayerische Staatsbibliothek, Inkunabelkatalog, Bd. 6 2005 (Internetversion vorhanden); Mazal, O., Österreichische Nationalbibliothek Inkunabelkatalog, Bd. 1 2004; Die Inkunabeln, bearb. v. Raffel, E., 2007; Inkunabeldatenbank INKA (in Tübingen) http://www.inka.uni-tuebingen.de |
3688 | Innehabung (Wort 1482 belegt, Verb innehaben 13. Jh., lat. [F.] detentio) ist in dem römischen Recht eine nur schwach geschützte Beziehung eines Menschen zu einer Sache, die den Innehaber schlechter stellt als den Besitzer bei dem Besitz (lat. [F.] possessio). Bloße Innehaber sind alle nicht besonders begünstigten Fremdbesitzer (beispielsweise Verwahrer, Entleiher, Beauftragter, Geschäftsführer ohne Auftrag, Werkunternehmer, Mieter, Pächter). Ihnen steht kein →Besitzschutz zu. Die Innehabung ist in dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch (1896/1900) aufgegeben. | Kaser § 19 V |
3689 | innen | |
3690 | Innenministerium (Adverb innen 8. Jh.) ist das für innere Angelegenheiten zuständige Ministerium eines Staates (beispielsweise Österreich 1848 aus böhmisch-österreichischer Hofkanzlei). | |
3691 | Innerösterreich ist die in dem Spätmittelalter (1379-1457/1463) und in der frühen Neuzeit (1564-1619) infolge von Erbteilungen des Hauses →Habsburg entstehende Gebietseinheit (Steiermark, Kärnten, Krain, Görz, Gradiska, Windische Mark), die auch später noch als eigene Verwaltungseinheit behandelt wird (Regiment in Graz bis 1749). | Wolf, A., Die Aufhebung der Klöster in Innerösterreich 1782-1790, 1871, Neudruck 1971; Schulze, W., Landesdefension und Staatsbildung, 1973; Thiel, V., Die innerösterreichische Zentralverwaltung 1564-1749, AÖG 105 (1916), 111 |
3692 | Inn of court ist die von der Universität unabhängige Ausbildungsstätte (Innung) für den englischen Juristen (Anwalt). Sie entsteht daraus, dass in dem Mittelalter Schreiber (clerk) und Schüler (apprentice at law) gemeinsam in Häusern der westlichen Vororte Londons leben. In der Mitte des 14. Jahrhunderts wird dort ein praktischer Rechtsunterricht sichtbar. Von den etwa 20 bekannten inns (beispielsweise Clifford’s Inn) setzen sich bis etwa 1420 vier inns of court durch (Inner Temple, Middle Temple der Templer [vor 1388], Gray’s Inn, Lincoln’s Inn [1417?]). | Thorne, S., The early History of the Inns of Court with special reference to Gray’s Inn, 1959; Baker, J., An Introduction to English Legal History, 1971, 2. A. 1979, 3. A. 1990, 4. A. 2002; Palmer, R., The Origins of the Legal Profession, 1976; Richardson, W., A History of the Inns of Court, 1978; Ives, E., The Common Lawyers of pre-Reformation England, 1983; Baker, J., The Common Law Tradition, 2000; Baker, J., Readers and Readings in the Inns of Court and Chancery, 2001; McGlynn, M., The Royal Prerogative and the Learning of the Inns of Court, 2003 |
3693 | Innominatkontrakt (M.) ist der in dem spätantiken römischen Recht entstehende, der (lat.) actio (F.) praescriptis verbis (Klaganspruch der vorgeschriebenen Worte) zugewiesene sog. unbenannte Vertrag, der nicht schon nach (lat.) ius (N.) civile (Zivilrecht) klagbar ist, aber von dem Prätor allmählich über das Rückgabeverlangen hinaus klagbar gemacht wird. Bei dem Innominatkontrakt erbringt jemand eine Leistung und soll deshalb eine Gegenleistung erhalten, obwohl er an sich die Rückgabe erreichen kann. Die vier Fälle des Innominatkontraktes sind (lat.) do, ut des (ich gebe, damit du gibst), do, ut facias (ich gebe, damit du tust), facio, ut des (ich tue, damit du gibst) und facio, ut facias (ich tue, damit du tust). Hierzu zählen (lat. [F.]) permutatio (Tausch), aestimatum (N., Trödelvertrag... | Kaser §§ 33 I 2, 38 III 3, 45; Köbler, DRG 64; Santarelli, U., La categoria dei contratti irregolari, 1984; Coing, H., Europäisches Privatrecht, Bd. 1 1985, 398; Bucher, E., Der Trödelvertrag, (in) Innominatverträge, 1988, 95 |
3694 | Innovation (F.) Erneuerung | Resch, A. u. a., Osterreichische Innovationsgeschichte seit dem späten 19. Jahrhundert, 2013; Lax, G., Das lineare Modell der Innovation in Westdeutschland, 2015 |
3695 | Innozenz III. (Lothar von Segni) (Gavignano bei Segni 1160/1161-Perugia 16. 7. 1216), Grafensohn, wird 1198 Papst und sichert die Stellung des Papstes durch bedeutsame Dekretalen (beispielsweise Venerabilem). | Die Register Innozenz’ III., hg. v. Hageneder, O., Bd. 1ff. 1979ff.; Laufs, M., Politik und Recht bei Innozenz III., 1980; Rainer, J., Innocenz III. und das römische Recht, (in) RHM 25 (1983), 15; Sayers, J., Innocent III., 1994; Papst Innozenz III., hg. v. Frenz, T., 1999; Pope Innocent III and his World, hg. v. Moore, J., 1999; Innocenzo III, hg. v. Sommerlechner, A., 2003; Moore, J., Pope Innocent III, 2003; Meschini, M., Innocenz III. und der Kreuzzug, (in) DA 16 (2005), 537 |
3696 | Innozenz IV. (Sinibaldo Fieschi) (Genua um 1195-Neapel 7. 12. 1254) wird nach dem Rechtsstudium in Bologna (Johannes Teutonicus, Azo, Accursius) und kirchlichen Tätigkeiten 1243 in dem ersten Konklave der Geschichte Papst. Die von ihm erlassenen, in drei Sammlungen zusammengefassten Dekretalen stehen zwischen (lat.) →Liber (M.) extra (1234) und (lat.) →Liber (M.) sextus (1298). Um 1250 veröffentlicht er einen maßgeblichen Kommentar zu dem Liber extra (lat. Apparatus [M.] in quinque libros decretalium, Kommentar zu den fünf Büchern der Dekretalen). Mit der Dekretale „Romana ecclesia“ (1245) verbessert er die kirchliche Gerichtsbarkeit. Dogmatisch fördert er die Rechtsfiguren der →juristischen Person (lat. persona [F.] ficta), des →gerechten Krieges (lat. bellum [N.] iustum) und die Fortbild... | Legendre, P., La Pénétration du droit romain dans le droit canonique, Diss. jur. Paris 1964; Juristen, hg. v. Stolleis, M., 1995, 313 |
3697 | Innsbruck (Innbrücke um 1175, urkundliche Ersterwähnung 1187, 1187-1205 Stadtrecht, bestätigt 1239, 1420 Residenz der Grafen von Tirol) an dem mittleren Inn in →Tirol ist seit 1490 Anfangspunkt der ersten modernen Postverbindung (nach Mecheln bzw. Brüssel) und wird 1669 (bei etwa 6500 Einwohnern) Sitz einer (letzten) von der Gegenreformation geprägten, mehrfach teilweise aufgehobenen Universität. In Innsbruck befindet sich in der Universitätsbibliothek die einzige Handschrift des Deutschenspiegels und wird 1921 von dem Physiologen Ludwig Haberlandt theoretisch die Empfängnisverhütungsmedizin entwickelt. | Probst, J., Geschichte der Universität Innsbruck, 1869; Wretschko, A. v., Die Geschichte der juristischen Fakultät an der Universität Innsbruck 1671-1904, FS für den deutschen Juristentag 1904, 101; Wretschko, A., Die Frage der Landstandschaft der Universität Innsbruck, ZRG GA 41 (1920), 40; Matricula philosophica. Erster Teil 1671 bis 1700, hg. v. Huter, F., 1952; Huter, F., Die Anfänge der Innsbrucker Juristenfakultät (1671-1686), ZRG GA 85 (1968), 223; Oberkofler, G., Josef Oberweis, Inhaber der Lehrkanzel für deutsches Privatrecht und deutsche Reichs- und Rechtsgeschichte mit italienischem Vortrag, ein Beitrag zur Geschichte der Pflege des deutschen Rechtes und der Habilitationspraxis an der Innsbrucker Juristenfakultät, ZRG GA 88 (1971), 204; Munzel, O., Die Innsbrucker Handschrift de... |
3698 | Innung (Wort 1157 belegt, F.) ist der freiwillige Zusammenschluss selbständiger Gewerbe-treibender eines bestimmten Bezirks zu der Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen. Das in dem 13. Jahrhundert erscheinende Wort findet sich vor allem in dem mittleren Deutschland. In dem 19. Jahrhundert wird nach Aufhebung des Zunftzwangs mit der Gewerbeordnung von dem 21. 6. 1869 auf Drängen der Handwerker die Innung wieder eingerichtet. | Eberstadt, R., Der Ursprung des Zunftwesens, 1900; Luther, R., Gab es eine Zunftdemokratie?, 1968; Blume, H., Ein Handwerk – eine Stimme, 2000 |
3699 | Innviertel ist die zwischen Salzach, unterem Inn, Donau und Salzburg gelegene Landschaft. Sie fällt 1779 von Bayern an →Österreich. | Köbler, Historisches Lexikon |
3700 | Inoue, Kowashi (1843-1895) wird nach dem Studium in Tokio Beamter in dem Justizminis-terium Japans. Nach Aufenthalten in Frankreich und Deutschland (Berlin) übersetzt er die Verfassung Preußens in das Japanische und setzt sich für eine (aufgeklärte) Verfassung Japans nach dem Muster Preußens bzw. des Deutschen Reiches ein (Meiji-Verfassung von dem 11. 2. 1889). | Meiji-kokka keisei to Inoue Kowashi, hg. v. Goin-bunko kenkyûkai, 1992 |