7621 | Wittelsbach bei Aichach ist die Burg, nach der sich seit 1116/1120 Grafen nennen, die 1180 Herzöge von Bayern werden und 1214 die Pfalzgrafschaft bei Rhein (Kurfürstentum) erlangen (1329 Teilung in Linien Bayern und Pfalz, König bzw. Kaiser Ludwig der Bayer 1314-1347, König Ruprecht von der Pfalz 1400-1410, Kaiser Karl VII. Albrecht 1742-1745, Nebenlinie in Schweden 1654-1720, 1777 Beerbung der Linie Bayern durch die Linie Pfalz, Nebenlinie in Griechenland 1832-1862). 1918 danken die Wittelsbacher als Könige Bayerns (einschließlich der Pfalz) im Deutschen Reich ab. Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Köbler, DRG 131; Wittelsbach und Bayern, hg. v. Glaser, H., 1980; Heimann, H., Hausordnung und Staatsbildung, 1993; Straub, E., Die Wittelsbacher, 1994; Kaufhold, M., Entscheidungsstrukturen in Dynastie und Reich, ZRG GA 120 (2003), 126; Weller, T., Die Heiratspolitik, 2004; Holzfurtner, L., Die Wittelsbacher, 2005; Menzel, M., Die Wittelsbacher Hausmachterweiterung in Brandenburg, Tirol und Holland, DA 61 (2005), 103; Weiß, D., Kronprinz Rupprecht von Bayern, 2007 |
7622 | Wittenberg an der Elbe erscheint 1180 als Burgward. Seit 1212 ist es Vorort einer zunächst askanischen Herrschaft. 1502 wird es Sitz einer Universität (bis 1813/1816). →Luther Lit.: Distel, T., Beitrag zur Verfassungsgeschichte des Hofgerichts zu Wittenberg, ZRG GA 12 (1891), 117; Lück, H., Die Spruchtätigkeit der Wittenberger Juristenfakultät, Diss. jur. Halle 1982, 1998; 700 Jahre Wittenberg, hg. v. Oehmig, S., 1996; Kathe, H., Die Wittenberger philosophische Fakultät, 2002; Töpfer, T., Die Leucorea am Scheideweg, 2004; Gößner, A., Die Studenten an der Universität Wittenberg, 2003; Wittenberg, hg. v. Lück, H. u. a., 2006; Reichelt, S., Der Erlebnisraum Lutherstadt Wittenberg, 2013 |
7623 | Wittenwiler, Heinrich (2. H. 14. Jh.) ist der 1395 als Advokat und Notar bezeichnete Hinterthurgauer Landadlige, der vielleicht zur Zeit des Konzils von Konstanz (1414-1418) das 9700 Verse umfassende Lehrgedicht „Ring“ mit zahlreichen rechtlichen Bezügen verfasst. Lit.: Mittler, E., Das Recht in Heinrich Wittenwilers Ring, 1967; Wießner, E., Der Wortschatz von Heinrich Wittenwilers Ring, hg. v. Boesch, B., 1970 |
7624 | Wittgenstein an der oberen Lahn ist seit dem 12. Jh. Sitz eines Grafengeschlechts. Für W. wird 1579 ein eigenes Landrecht aufgezeichnet. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Köbler, Historisches Lexikon; Wrede, G., Territorialgeschichte der Grafschaft Wittgenstein, 1927; Das Wittgensteiner Landrecht, hg. v. Hartnack, W., 1960; Wittgenstein, hg. v. Krämer, F., Bd. 1f. 1965 |
7625 | Wittum ist seit germanischer Zeit die Gabe des Bräutigams an den Muntwalt der Braut und später an die Braut im Zuge der Eheschließung (meist als bloße Anwartschaft). Das W. dient der Vorsorge für den Unterhalt der Frau nach dem Tod des Mannes. Es steht ohne klare Trennung neben der Morgengabe und bedeutet sachlich meist nur ein Gebrauchsrecht der Witwe am Wittumsgut. Lit.: Schröder, R., Geschichte des ehelichen Güterrechts, 1863, Neudruck 1967, 43, 63, 76; Müller-Lindenlauf, H., Germanische und spätrömisch-christliche Eheauffassung, 1969; Mikat, P., Dotierte Ehe - rechte Ehe, 1978 |
7626 | Witwe ist der weibliche Ehegatte nach dem Tod des Ehemanns. Meist geht die Personalgewalt auf die Verwandten des Mannes über. Die Wiederverheiratung ist möglich, wird von der christlichen Spätantike (Hieronymus) aber abgelehnt, so dass gelegentlich die W. als eigentliche Gründerfigur des Mittelalters angesehen wird. Lit.: Hübner 650; Schwab, D., Grundlage und Gestalt der staatlichen Ehegesetzgebung, 1967; Humbert, M., Le remarriage à Rome, 1972; Coing, H., Europäisches Privatrecht, Bd. 1f. 1985ff.; Goody, J., Die Entwicklung von Ehe und Familie, 1986; Kötting, B., Die Bewertung der Wiederverheiratung, 1988; Krause, J., Witwen und Waisen im römischen Reich, 1995; Jussen, B., Der Name der Witwe, 2000; Dübeck, I., Legal Status of Widows in Denmark 1500-1900, Scand. J. History 29, 209; Alamichel, M., Widows in Anglo-Saxon and Medieval Britain, 2008 |
7627 | Witzenhausen Lit.: Eckardt, K., Politische Geschichte der Stadt Witzenhausen, 1925; Eckhardt, K., Politische Geschichte der Landschaft an der Werra und der Stadt Witzenhausen, 2. A. 1928; Natzmer, O. v., Das Liegenschaftsrecht des Witzenhäuser Stadtbuchs 1558-1612, (in) Beiträge zur Geschichte der Werralandschaft 4, 1937 |
7628 | Woche ist die aus sieben Tagen bestehende, schon im alten Ägypten bekannte Zeiteinheit. Sie findet sich auch im Judentum und danach im Christentum. In jeder W. ist der (Sabbat bzw.) Sonntag Feiertag. An einem bestimmten Wochentag findet der Wochenmarkt statt. Lit.: Grimm, J., Deutsche Rechtsaltertümer, 1828, Bd. 1f. 4. A. 1899, Neudruck 1922, 1988, 1994; Planitz, H., Die deutsche Stadt im Mittelalter, 1954, 5. A. 1980 |
7629 | Wohlerworben Lit.: Lübbe-Wolff, G., Das wohlerworbene Recht als Grenze der Gesetzgebung im 19. Jahrhundert, ZRG GA 103 (1986), 104 |
7630 | Wohlfahrt ist der Zustand der angenehmen Befindlichkeit. Seit der frühen Neuzeit wird die allgemeine W. zu einem Ziel herrschaftlichen Handelns. Dabei geht es zunehmend um Wirtschaftspolitik zur Erreichung von Wohlstand. Vielleicht ist dabei frühneuzeitliche Wohlfahrtsstaatlichkeit eine notwendige, aber nicht ausreichende Form des Strebens nach Souveränität. Am Ende des 18. Jh.s kämpft der Liberalismus gegen die damit verbundene Ausdehnung der staatlichen Tätigkeit an. 1882 spricht das preußische Oberverwaltungsgericht der Polizei die allgemeine Zuständigkeit für Maßnahmen der Wohlfahrtspflege ab. Lit.: Köbler, DRG 146, 198, 252, 253; Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 7 1992, 595; Merk, W., Der Gedanke des gemeinen Besten, FS A. Schultze, 1934; Verpaalen, A., Der Begriff des Gemeinwohls bei Thomas von Aquin, 1954; Schmelzeisen, G., Polizeiordnungen und Privatrecht, 1955; Guldimann, T., Die Grenzen des Wohlfahrts-staates, 1976; Maier, H., Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 2. A. 1980; Die Entstehung des Wohlfahrtsstaates, hg. v. Mommsen, W., 1982; Ritter, G., Der Sozialstaat, 1989; Hammerschmidt, P., Die Wohlfahrtsverbände im NS-Staat, 1998; Kaufmann, F., Varianten des Wohlfahrtsstaats, 2003; Süßmann, J., Die Wurzeln des Wohlfahrtsstaats, HZ 285 (2007), 19 |
7631 | Wohlhaupter, Eugen (Unterwiesenbach/Schwaben 7. 9. 1900-Tönsheide/Schleswig-Holstein 23. 12. 1946), Volksschullehrerssohn, wird nach dem Rechtsstudium in München (Eichmann) 1934 Lehrstuhlvertreter in Greifswald und Kiel (1934/1935) sowie 1935 außerordentlicher und 1944 planmäßiger außerordentlicher Professor in Kiel. Seine Arbeiten betreffen unterschiedliche rechtsgeschichtliche Gebiete. Lit.: Hattenhauer, H., Rechtswissenschaft im NS-Staat, 1987 |
7632 | Wohnrecht ist das beschränkte dingliche Recht auf Nutzung einer Wohnung. Es ist bei Justinian (527-565) als (lat. [F.]) habitatio (Wohnung) bezeugt. Auch das mittelalterliche deutsche Recht kennt Wohnungsberechtigungen. Bei der Aufnahme des römischen Rechtes wird die habitatio eher abgelehnt. Danach wird das W. als Personalservitut etwa in das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch Österreichs (1811/1812) aufgenommen. |
7633 | Wohnsitz (1614) ist der örtliche Schwerpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen. Er ist bereits dem römischen Recht be-kannt, wird aber erst seit dem Spätmittelalter bedeutsamer. Seit dem 18. Jh. wird seine Begründung und Veränderung formalisiert. Lit.: Nörr, D., Origo, TRG 31 (1963), 525; Lauter, R., Der Wohnsitz nach dem BGB, 1911; Walser, M., Die Bedeutung des Wohnsitzes im kanonischen Recht, 1992; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010 |
7634 | Wohnung ist das meist aus mehreren Räumen bestehende befriedete Besitztum eines oder mehrerer Menschen zum auf längere Zeit angelegten Aufenthalt. Das Wohnungsrecht findet sich bereits im spätrömischen Recht. Die W. wird vielfach durch →Miete erlangt, doch kann ihrem Besitz auch ein dingliches Recht zugrunde liegen. In der frühen Neuzeit wird die W. freiheitsrechtlich gegen Herrschaft geschützt (Kurhessen 1831). Etwa 1895 beginnt die Wohnungsbauförderung für die im öffentlichen Dienst Beschäftigten durch Staat und Gemeinden. Im 20. Jh. wird zeitweise der gesamte Bestand an Wohnungen staatlicher Zwangswirtschaft unterstellt. Lit.: Kroeschell, DRG 3; Köbler, DRG 127; Gentz, M., Die Unverletzlichkeit der Wohnung, 1968, Neudruck 2013: Feldbauer, P., Stadtwachstum und Wohnungsnot, 1977; Kohlmorgen, G., Johann Füchting und Füchtings Hof in Lübeck, 1982; Wolter, U., Mietrechtlicher Bestandsschutz, 1984; Teuteberg, H./Wischermann, C., Wohnalltag in Deutschland 1850-1914, 1985; Schlichting, F., Haus und Wohnen in Schleswig-Holstein, 1985; Nörr, K., Zwischen den Mühlsteinen, 1988; Zimmermann, C., Von der Wohnungsfrage zur Wohnungspolitik, 1991; Geschichte des Wohnens, hg. v. Reulicke, J. u. a., Bd. 1ff. 1997ff.; Hoepfner, W., Geschichte des Wohnens, 1999; Fuhrmann, B. u. a., Geschichte des Wohnens, 2007 |
7635 | Wohnungseigentum ist das Sondereigentum an einer →Wohnung in Verbindung mit einem Miteigentumsanteil an dem die Wohnung tragenden Grundstück. Es ist in Fortsetzung des älteren →Stockwerkseigentums im Gegensatz zu dem römischrechtlichen Grundsatz (lat.) superficies solo cedit (die Oberfläche folgt dem Grund) seit der Mitte des 20. Jh.s (Österreich 1948, Derutschland 1951, Schweiz 1963/1965) aus sozialrechtlichen Überlegungen zugelassen, so dass in Deutschland am Ende des 20. Jh.s die Zahl der (Wohnungs-)Eigentümer die Zahl der (Wohnungs-)Mieter übersteigt. Lit.: Rainer, J., Superficies und Stockwerkseigentum, ZRG GA 106 (1989), 327; Bärmann, J./Pick, E., Wohnungseigentumsgesetz, 13. A. 1994 |
7636 | Wo kein Kläger, da kein Richter. Lit.: Deutsche Rechtsregeln und Rechtssprichwörter, hg. v. Schmidt-Wiegand, R., 1996, 209 (Sachsenspiegel 1221-1224, lat. nemo iudex sine actore) |
7637 | Wolf Lit.: Koschorreck, W., Der Wolf, Diss. jur. Jena 1952 |
7638 | Wolf, Erik (Biebrich bei Wiesbaden 13. 5. 1902-Freiburg im Breisgau 13. 10. 1977) wird nach dem Studium von Volkswirtschaft und Recht in Frankfurt am Main und Jena Professor in Rostock (1928), Kiel (1930) und Freiburg im Breisgau (1930). Bekannt ist sein Werk über die großen Rechts-denker der deutschen Geistesgeschichte (1939, 2. A. 1943, 3. A. 1951, 4. A. 1963). Lit.: Wolf, E., Ausgewählte Schriften, Bd. 1ff. 1972ff.; Hollerbach, A., Erik Wolf, ZRG GA 95 (1978), 33 |
7639 | Wolfenbüttel Lit.: Das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel im Jahr 1574. Der Atlas des Gottfrie Mascop, hg. v. Ohainski, U. u. a., 2012 |
7640 | Wolff, Christian (Breslau 24. 1. 1679-Halle 9. 4. 1754), Gerberssohn, wird nach dem 1699 aufgenommenen Studium von Theologie, Mathematik, Physik, Philosophie und Recht in Jena und (1702) Leipzig (Leibniz) Philosophielehrer in Leipzig (1703), Professor für Mathematik in Halle (1706), (nach Landesverweis unter Tötungsandrohung wegen gefährlicher Ge-danken) Professor für Mathematik und Philosophie in Marburg (1723) und (nach Rückruf durch Friedrich den Großen) Professor für Naturrecht, Völkerrecht und Mathematik in Halle (1740). Auf der Grundlage der Lehren Leibnizs wie des Gedankens, dass der (angeboren freie und gleiche) Mensch verpflichtet sei, nach Vollkommenheit zu streben, stellt er (vor allem auch in 1713 beginnenden deutschsprachigen, dann seit 1728 in lateinischen Veröffentlichungen sowie anscheinend in allmählicher Entwicklung) durch Ableitung aus wenigen Grundsätzen ein geschlossenes System naturrechtlicher Sätze insgesamt auf (lat. Ius [N.] naturae methodo scientifica pertractatum), mit dem er jedoch, weil er in konstruktiver Überspitzung etwa für einen einzigen Satz bis zu 300 Obersätze voraussetzt, die Ablösung des →Naturrechts als in der Rechtswirklichkeit nicht brauchbar einleitet. Seine wichtigsten Schüler sind Cramer, Ickstatt, Darjes und Nettelbladt. Lit.: Köbler, DRG 136, 145, 146, 160, 208; Wunner, S., Christian Wolff, 1968; Backmann, H., Die naturrechtliche Staatslehre Christian Wolffs, 1977; Link, C., Herrschaftsordnung und bürgerliche Freiheit, 1979; Christian Wolff, hg. v. Schneiders, W., 1983; Stipperger, E., Freiheit und Institution bei Christian Wolff, 1984; Ebihara, A., Justis Staatslehre und Wolffs Naturrechtslehre, ZRG GA 102 (1985), 239; Stolleis, M., Geschichte des öffentlichen Rechts, Bd. 1 1988, 289; Luig, K., Die Pflichtenlehre des Privatrechts, (in) Wieacker Symposion, hg. v. Behrends, O. u. a., 1991, 209; Christian Wolff und die hessischen Universitäten, hg. v. Eckhardt, W., 2004; Timme, M., Christian Wolff, JuS 2004, 1042; Gómez Tutor, J., Die wissenschaftliche Methode bei Christian Wolff, 2004; Wolffiana II Christian Wolff und die europäische Aufklärung, hg. v. Stolzenberg, J. u. a., 2007 |