| Svarez, Carl Gottlieb, Entwurf eines allgemeinen Gesetzbuches für die Preußischen Staaten. Band 3 Erster Teil, Dritte Abteilung, Edition nach der Ausgabe von 1786 mit Hinweisen auf das ALR, AGB, die eingegangenen Monita und deren Bearbeitung sowie mit einer Einführung und Anmerkungen v. Krause, Peter (= Gesammelte Schriften, Zweite Abteilung Die preußische Rechtsreform, Band 3). Frommann-Holzboog, Stuttgart 2003, XXVI, 390 S. Band 4 Zweiter Teil, Erste Abteilung (1787). Frommann-Holzboog, Stuttgart 2003. LX |
Ganzen Eintrag anzeigen Svarez, Carl Gottlieb, Entwurf eines allgemeinen Gesetzbuches für die Preußischen Staaten. Band 3 Erster Teil, Dritte Abteilung, Edition nach der Ausgabe von 1786 mit Hinweisen auf das ALR, AGB, die eingegangenen Monita und deren Bearbeitung sowie mit einer Einführung und Anmerkungen v. Krause, Peter (= Gesammelte Schriften, Zweite Abteilung Die preußische Rechtsreform, Band 3). Frommann-Holzboog, Stuttgart 2003, XXVI, 390 S. Band 4 Zweiter Teil, Erste Abteilung (1787). Frommann-Holzboog, Stuttgart 2003. LXXVI, 203 S. Band 5 Zweiter Teil, Zweite Abteilung (1787). Frommann-Holzboog, Stuttgart 2004. XVI, 279 S. Band 6 Zweiter Teil, Dritte Abteilung (1788). Frommann-Holzboog, Stuttgart 2004. XVI, 290 S.
In seiner Reihe der Werke des wichtigsten Bearbeiters des preußischen Allgemeinen Landrechts, Carl Gottlieb Svarez (1746-1798), schließt der Herausgeber Peter Krause mit den in schneller Folge erschienenen Bänden 3 bis 6 die Neuedition des Entwurfs eines allgemeinen Gesetzbuches für die Preußischen Staaten ab. Der erste Band und der zweite Band waren 1996 und 2003 erschienen (dazu die Rezensionen in dieser Zeitschrift, Band 118 [2001] 621–625 und Bd. 121 [2004] ____). Der 1985 vom Verlag Keip besorgte Reprint des Entwurfs ist vergriffen. Insofern ist der Abschluss der vorliegenden Neuedition verdienstvoll und nützlich, auch wenn Bibliotheksbenutzer im Katalog den Entwurf nicht unbedingt als Teil einer Werkausgabe von Svarez suchen werden. Generell bleibt es problematisch, ein Kodifikationsvorhaben als geistige Leistung eines Einzelnen zu sehen, wie groß auch immer der Beitrag von Svarez zur Entstehung des preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 gewesen ist.
Gegenüber der Ausgabe von 1785 und dem Reprint von 1985 sind auch die weiteren Bände des Entwurfs jeweils um eine Übersicht über das Verfahren bei Erstellung von Beginn der Kodifikationsarbeiten für die vorliegenden Vorschriften im Jahre 1780 bis zum Druck in den Jahren 1785 bis |
| |
| Szabó, Anikó, Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung. Göttinger Hochschullehrer im Schatten des Nationalsozialismus. Mit einer biographischen Dokumentation der entlassenen und verfolgten Hochschullehrer: Universität Göttingen - TH Braunschweig - TH Hannover - Tierärztliche Hochschule Hannover (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geschichte des Landes Niedersachsen [nach 1945] 15) Wallstein, Göttingen 2000. 765 S. Besprochen von Joachim Rückert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Szabó, Anikó, Vertreibung, Rückkehr, Wiedergutmachung. Göttinger Hochschullehrer im Schatten des Nationalsozialismus. Mit einer biographischen Dokumentation der entlassenen und verfolgten Hochschullehrer: Universität Göttingen - TH Braunschweig - TH Hannover - Tierärztliche Hochschule Hannover (= Veröffentlichungen des Arbeitskreises Geschichte des Landes Niedersachsen [nach 1945] 15) Wallstein, Göttingen 2000. 765 S.
Die niedersächsische Zeitgeschichte und Rechtsgeschichte darf sich freuen. Anikó Szabó hat eine ebenso umfassende wie umsichtige Untersuchung vorgelegt, die so bisher für kein anderes Land geleistet wurde. Auf dem soliden Fundament einer bewundernswerten Quellenerschließung hat sie eine Darstellung und Analyse geleistet, die nur grundlegend genannt werden kann.
1. Entstanden ist viererlei: 1. eine konzentrierte Darstellung der Verläufe von Vertreibung, Rückkehr, Rehabilitation und Wiedergutmachung für Göttingen, aber auch Hannover und Braunschweig; 2. ein grundlegendes, erschütterndes Nachschlagewerk zu den zahlreichen Personenschicksalen (S. 53ff., 101ff., 253ff., 339ff.); 3. eine sehr klare Darstellung des komplizierten Wiedergutmachungsrechts und vor allem seiner konkret relevanten Regeln und Abläufe (289ff.); 4. eine wertvolle biographische Dokumentation mit Übersichten und Grafiken. Auch die Literaturbasis ist umfassend erschlossen und verwendet.
2. Die Darstellung verläuft in folgenden 7 Abschnitten von zusammen 522 Seiten Text:
Nach der Einleitung folgt der Abschnitt II „Die nationalsozialistischen Verfolgungen an den Hochschulen“ mit ca. 50 Seiten, dann der Abschnitt III über die „Rehabilitierungen nach 1945“, ein Schwerpunkt mit ca. 150 Seiten, dann der knappe Abschnitt IV mit 25 Seiten über „Die Rückberufung von Emigranten“, der wiederum knappe Abschnitt von 25 Seiten über den Umgang „Umgang mit der politischen Vergangenheit“ und der wiederum schwerpunktartig längere Abschnitt über „Die |
| |
| Széchényi, Barbara, Rechtliche Grundlagen bayerischer Zensur im 19. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 273). Lang, Frankfurt am Main 2003. 205 S. Besprochen von Ulrich Eisenhardt. |
Ganzen Eintrag anzeigen Széchényi, Barbara, Rechtliche Grundlagen bayerischer Zensur im 19. Jahrhundert (= Rechtshistorische Reihe 273). Lang, Frankfurt am Main 2003. 205 S.
Nachdem schon eine ganze Reihe von rechtshistorischen Abhandlungen zur Zensur in den deutschen Mittelstaaten des 19. Jahrhunderts, u. a. für Baden[1], Kurhessen[2] und Sachsen[3], entstanden sind, die sich vornehmlich auf ungedrucktes und gedrucktes Quellenmaterial stützen können, liegt nun auch eine quellengestützte Arbeit über Bayern vor, die ein wichtiger Bestandteil des allmählich Konturen annehmenden Mosaikbildes über Zensur und Entwicklung des Rechts auf Meinungsfreiheit im Deutschen Bund und der darauf folgenden Zeit sein kann.
Die Arbeit ist wie folgt gegliedert: I. Geschichte der Zensur von ihren Anfängen bis zum 19. Jahrhundert, II. Zensurgeschichte Bayerns im 19. Jahrhundert (bis 1874), III. Vereinheitlichung der Zensurvorschriften im Reichspressegesetz von 1874, IV. Entwicklungen bis zum Ende des Jahrhunderts und V. Schlussbetrachtung. Der Schwerpunkt liegt im Kapitel II.
Im 1. Kapitel möchte die Verfasserin einen Bogen spannen von den Anfängen der Zensur im 5. Jahrhundert vor Christi Geburt „bis zum Vorabend zur Systematisierung des Zensurwesens am Ende des 18. Jahrhunderts“. Ein System der Aufsicht über Buchdruck und Buchhandel entstand im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation schon im 16. Jahrhundert, auch wenn es zuvor schon Bücherverbote und Bücherverbrennungen gegeben hatte. Die Vielzahl reichsrechtlicher Vorschriften wird von der Verfasserin aufgeführt, ohne dass das verfassungsrechtlich schwer zu erfassende System der Aufsicht, in dem das schwierige Verhältnis des Reiches zu den Territorien eine wichtige Rolle spielt, herausgearbeitet wird. Die bedeutende Rolle der Bücherkommission in Frankfurt am Main mit den Bindungen der Kommissare an Rom (sie waren überwiegend zugleich apostolische Bücherkommissare) und die dadurch entstandene enge Verbindung zwisch |
| |
| The Experience of Crusading. Bd. 1 Western Approaches, hg. v. Bull, Marcus/Housley, Norman. Bd. 2 Defining the Crusader Kingdom, hg. v. Edbury, Peter/Phillips, Jonathan. Cambridge University Press, Cambridge 2003. XVI, 307 S., XV, 311 S., Abb., 2 Kart., 1 Kart. Besprochen von Petra Roscheck. |
Ganzen Eintrag anzeigen The Experience of Crusading. Bd. 1 Western Approaches, hg. v. Bull, Marcus/Housley, Norman. Bd. 2 Defining the Crusader Kingdom, hg. v. Edbury, Peter/Phillips, Jonathan. Cambridge University Press, Cambridge 2003. XVI, 307 S., XV, 311 S., Abb., 2 Kart., 1 Kart.
Wenn ein renommierter Gelehrter wie Jonathan Riley-Smith mit einer Festschrift geehrt wird, darf die Fachwelt mit einer außergewöhnlichen Blütenlese wissenschaftlicher Erkenntnisse rechnen. Und in der Tat werden die Erwartungen nicht enttäuscht: Schüler und Kollegen des Jubilars haben in insgesamt vierunddreißig, auf zwei Bände verteilten Aufsätzen zahlreiche Mosaiksteinchen zusammengetragen, die ein noch lange nicht vollständig rekonstruiertes Bild ergänzen helfen. Die Beiträge spiegeln die jeweils in den einleitenden Berichten resümierten und gewürdigten Forschungsschwerpunkte und -interessen des ausgewiesenen Kreuzzugsexperten wider und beschäftigen sich folglich mit dem Kreuzzugsphänomen allgemein, mit der Prosopographie der Kreuzritter, der Haltung der Kirche, den Ritterorden, den Strukturen der Kreuzfahrerstaaten, der Rückwirkung auf den Handel, der Historiographie und mit der Rezipierung in der Modernen. Die Abhandlung dieser Themenkomplexe erfolgte dabei unter Heranziehung bislang vernachlässigter Quellengattungen oder Neuauswertung oft zitierter historiographischer Zeugnisse.
So untersucht Marcus Bull Beweggründe für eine Kreuzzugsteilnahme anhand von das geistige Umfeld der Zeit reflektierenden Wunderberichten mit den Schlüsselbegriffen „Jerusalem“ und „Muslime“ als Wegweiser und macht Giles Constable auf drei Berichte über die Translation des Heiligen Vincentius aufmerksam, die zahlreiche Informationen über die Vertreibung der Sarazenen aus Lissabon im Jahre 1143 durch die Kreuzfahrer liefern. Daß angesichts horrender Kosten bei geringen Aussichten auf Gewinn finanzielle Überlegungen die letzten Kapetinger und ersten Könige aus dem Hause Valois von der Durchführung |
| |
| The Letter of the Law. Legal Practice and Literary Production in Medieval England, hg. v. Steiner, Emily/Barrington, Candace. Cornell University Press, Ithaca 2003. VIII, 257 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen The Letter of the Law. Legal Practice and Literary Production in Medieval England, hg. v. Steiner, Emily/Barrington, Candace. Cornell University Press, Ithaca 2003. VIII, 257 S.
Dieser Sammelband behandelt in 9 Beiträgen die Schnittstellen zwischen der mittelenglischen Literatur der Jahre 1225 bis 1475 und der mittelalterlichen Rechtspraxis und folgt damit einem allgemeinen Trend, die mittelalterliche Rechtsgeschichte in die sozialen und kulturellen Entwicklungen der Zeit einzureihen. Der Einfluss des Rechts auf die Literatur wird an so unterschiedlichen Texten wie Chaucers Knight´s Tale, den Robin Hood Balladen des 15. Jahrhunderts oder Gowers „Confessio amantis“ dargestellt. Der Einleitung durch Emily Steiner und Candace Barrington (S. 1-11) folgt der interessante Beitrag von Christine Chism (Robin Hood: Thinking Globally, Acting Locally in the Fifteenth-Century Ballads, S. 12-39), die drei spätmittelalterliche Robin Hood-Balladen unter dem Gesichtspunkt untersucht, wie die im Spätmittelalter zu beobachtende Dezentralisierung der Justiz (law administration) und deren (negative) Auswirkungen dargestellt werden. Jana Mathews (Land, Lepers, and the Law in The Testament of Cresseid, S. 40-66) konzentriert sich auf den – im Gegensatz zu Chaucers „Troilus and Criseyde“ – veränderten Status von Cresseid in dem Text Robert Henrysons aus dem späten 15. Jahrhundert. Sie wird hier als Leprakranke dargestellt, und die Figur dient dem Verfasser dazu, sich mit dem schottischen Landrecht und hier insbesondere mit dem Status der Rechtspersönlichkeit (legal personhood) kritisch auseinander zu setzen. Andrew Galloway (The Literature of 1388 and the Politics of Pity in Gower´s Confessio amantis, S. 67-104) glaubt zu erkennen, dass das Merciless Parliament von 1388 „brought to focus an ethical issue that Gower emphasizes and explores throughout both the Cronica and the Confessio: the menacing and unreliable nature of pity as a political and legal instrument“ |
| |
| Thomas Ebendorfer, Chronica regum Romanorum, hg. v. Zimmermann, Harald (= Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum Nova Series 18, Teil 1, Teil 2). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2003. CII, 626, VI, 627-1249 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Thomas Ebendorfer, Chronica regum Romanorum, hg. v. Zimmermann, Harald (= Monumenta Germaniae Historica, Scriptores rerum Germanicarum Nova Series 18, Teil 1, Teil 2). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2003. CII, 626, VI, 627-1249 S.
Wenn ein Wissenschaftler seit seiner Dissertation vor fünfzig und mehr Jahren mit einem Autor befasst ist, hat er ein inniges Verhältnis zu ihm gefunden. Er kennt und versteht ihn besonders gut. Er ist aber zugleich auch sehr erleichtert, wenn er nach dieser langen Zeit noch die Gelegenheit zu einer abschließenden Bilanz findet.
Sie besteht in diesem Fall bei Harald Zimmermann darin, durch die Edition einer Chronik aus der Mitte des 15. Jahrhunderts zu zeigen, was man gegen Ende des Mittelalters von den vergangenen Zeiten zu wissen für wichtig hielt. Autor der Chronik ist der Wiener Theologe und Historiker Thomas Ebendorfer (1388-1464) aus Haselbach bei Korneuburg in Niederösterreich. Von ihm gaben bereits Zimmermanns Lehrer Alphons Lhotsky (1903-1968) 1967 die Chronica Austriae und Zimmermann selbst 1994 die Chronica pontificum Romanorum heraus und über ihn verfasste wiederum schon Alphons Lhotsky 1957 eine bis heute unersetzte, wenn auch keineswegs erschöpfende Biographie.
Der früh verwaiste Ebendorfer, den die Zentraldirektion der Monumenta Germaniae Historica unter Edmund E. Stengel (1938-1942) in ihr Programm aufnahm, begann 1408 das Studium in Wien, wurde 1412 Stipendiat des Collegium ducale, empfing 1421 die Priesterweihe, wurde 1423 Rektor der Universität und 1427 Domherr zu Sankt Stephan in Wien, promovierte am 22. Juni 1428 zum Doktor der Theologie und erlangte im gleichen Jahr ein Ordinariat seiner Fakultät.
Entschieden bedeutsamer als alle seine vielfältigen anderen, vor allem auch diplomatischen Leistungen sind seine historischen Werke. Ihre wichtigste Handschrift ist die nachträglich buchbinderisch zusammengefasste Handschrift Wien, Österreichische Nationalbibliothek Cod. 3 |
| |
| Thomas, Frank, Die persönliche Haftung von Gesellschaftern von Personengesellschaften in der historischen Entwicklung der Neuzeit (= Schriften zur Rechtsgeschichte 102). Duncker & Humblot, Berlin 2003. 203 S. Besprochen von Tilman Repgen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Thomas, Frank, Die persönliche Haftung von Gesellschaftern von Personengesellschaftern in der historischen Entwicklung der Neuzeit (= Schriften zur Rechtsgeschichte 102). Duncker & Humblot, Berlin 2003. 203 S.
Die Hagener Dissertation von Frank Thomas beginnt mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 (II ZR 331/00), in der die Rechtsfähigkeit der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts höchstrichterlich anerkannt wurde. Die Haftungsverhältnisse nach außen sollten daher denjenigen der offenen Handelsgesellschaft entsprechen. Thomas fragt, wie sich im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit die Haftung der Gesellschafter entwickelt hat. Dabei setzt er axiomatisch die strikte Trennung von Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen der Gesellschafter sowie von Gesellschaftsverbindlichkeiten und persönlichen Verbindlichkeiten der Gesellschafter voraus. Gegenstand der Untersuchung sind nur die rechtsgeschäftlichen Haftungstatbestände der Außengesellschaft.
Es ist im Rahmen dogmengeschichtlicher Untersuchungen beinahe zwingend notwendig, einleitend das Regelungsproblem zu skizzieren. Hierfür an der geltenden Rechtslage anzuknüpfen ist durchaus legitim, weil man so wenigstens für die juristisch vorgebildeten Leser ziemlich präzise Anschaulichkeit gewinnt. Notwendig bleibt dann aber die Vermeidung begrifflicher Anachronismen, der Thomas leider nicht völlig entgeht. Cordes (Spätmittelalterlicher Gesellschaftshandel im Hanseraum, 1998) hat zum Beispiel eingehend und überzeugend begründet, dass man den Begriff der „Handelsgesellschaften“ für den spätmittelalterlichen Hanseraum eigentlich nicht gebrauchen kann und besser von „Gesellschaftshandel“ sprechen sollte. Thomas knüpft hier vielleicht doch allzu sehr an die ältere Literatur an. Ebenfalls besteht die Gefahr, vom geltenden Recht auf frühere Regelungen zu schließen aufgrund einer scheinbaren Logik oder Natur der Sache, z. B. S. 29: „Da eine Bindungswirkung aus rechtsges |
| |
| Töngi, Claudia, Geschlechterbeziehungen und Gewalt. Eine empirische Untersuchung zum Problem von Wandel und Kontinuität alltäglicher Gewalt anhand von Urner Gerichtsakten des 19. Jahrhunderts. Haupt, Bern 2002. VIII, 164 S., graph. Darst. Besprochen von Arndt Duncker. |
Ganzen Eintrag anzeigen DunckerTöngi20040917 Nr. 11089 ZRG GA 122 (2005) 58
Töngi, Claudia, Geschlechterbeziehungen und Gewalt. Eine empirische Untersuchung zum Problem von Wandel und Kontinuität alltäglicher Gewalt anhand von Urner Gerichtsakten des 19. Jahrhunderts. Haupt, Bern 2002. VIII, 164 S., graph. Darst.
Die Arbeit Töngis umfaßt eine in erster Linie quantitative Auswertung regionaler fallbezogener strafrechtsgeschichtlicher Quellen aus den Jahren 1803-1885. Neben der Hauptuntersuchung (S. 1-70) fällt ein umfangreicher Tabellenanhang (S. 83-164) ins Auge, in welchem in übersichtlicher Form zentrale Ergebnisse der Studie präsentiert werden. Die vorliegende Kurzuntersuchung steht im Zusammenhang zweier größerer Projekte: Sie ist einerseits als Vorarbeit zu Töngis (von Martin Schaffner betreuter) Dissertation „Um Leib und Leben. Gewalt, Konflikt, Geschlecht im Uri des 19. Jahrhunderts“ zu verstehen, die (S. V) „einen qualitativen Ansatz der quellennahen Rekonstruktion der verschiedenen Gewaltpraktiken, -situationen und ihrer kulturellen Bedeutungen“ verfolgen soll. Weiterhin ist Töngis Arbeit ein Projekt im Rahmen des schweizerischen Nationalfondsprogramms (NFP) 40 „Gewalt im Alltag und organisierte Kriminalität“.
Hauptverdienst der vorliegenden Publikation ist sicherlich die umfassende Erschließung eines bisher nur archivalisch vorliegenden Quellenbestandes zur Gewaltkriminalität des 19. Jahrhunderts im Kanton Uri. Ausgewertet wurden die Akten der gerichtlichen Untersuchungsbehörde dieses Kantons, des Verhöramts (bzw. seiner Vorläuferinstanzen), und zwar sämtliche Dossiers zu körperlichen Gewalthandlungen, insgesamt 488 Fälle. Die denkbaren Fragestellungen, mit der sich diese Fälle behandeln ließen, könnten höchst unterschiedlicher Natur sein: im engeren Sinne juristisch-rechtshistorischer, geschichtswissenschaftlicher, soziologischer, kriminologischer, feministischer oder psychologischer Art. Töngi, eine ausgebildete Historikerin u |
| |
| Töpfer, Bernhard, Urzustand und Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- und Staatstheorie (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters 45). Hiersemann, Stuttgart 1999. VIII, 642 S. Besprochen von Marie-Luise Heckmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Töpfer, Bernhard, Urzustand und Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- und Staatstheorie (= Monographien zur Geschichte des Mittelalters 45). Hiersemann, Stuttgart 1999. VIII, 642 S.
Die Frage nach dem „Urzustand und Sündenfall in der mittelalterlichen Gesellschafts- und Staatstheorie“ wird vom Verfasser in zwölf Kapiteln behandelt, die von der Antike bis zum Ausgang des 14. Jahrhunderts reichen. Zwei Kapitel („Antike und frühchristliche Muster“: S. 5-57; „Von der Spätantike zum frühen Mittelalter: Augustinus, Papst Gregor I. und Isidor von Sevilla“: S. 59-92) befassen sich mit den Wurzeln des christlichen Menschen- und Gesellschaftsbildes, das zwar klare Ansätze zum gesellschaftlichen Umsturz aufwies, bevorzugt aber in gemäßigter Weise tradiert wurde. Eine Ausnahme von diesem Trend bildete der Kirchenlehrer Gregor von Nyssa, der (ebenso wie nach ihm Eike von Repgow, Duns Scotus und John Ball, vgl. S. 571) die Sklaverei als unvereinbar mit der Gleichheit des Menschen ablehnte. Andere Autoren verbanden zwar die Lehre vom Goldenen Zeitalter, in dem es kein Eigentum und keine Unfreiheit gebe, mit einzelnen kritischen Überlegungen in Hinsicht auf den Naturzustand der Gegenwart. Die Mehrzahl von ihnen zog jedoch aus der Lehre vom Sündenfall den Schluss, dass die Sklaverei (bzw. später die Leibeigenschaft) und die ungleiche Eigentumsverteilung erhalten bleiben dürften. Die Reichen und Mächtigen wurden allerdings immer wieder an die soziale Bindung des Eigentums, und damit an ihre Verpflichtung zur Armenfürsorge im weitesten Sinne des Wortes, erinnert. „Die Zeit der Karolinger und früher kirchlicher Reformbestrebungen“ betrachtet der Verfasser daher unter dem Motto „Der gleiche Ursprung aller Menschen als Mahnung an die Mächtigen“ (S. 93-121).
Mit der im 11. Jahrhundert einsetzenden gregorianischen Kirchenreform, die der Verfasser unter dem Titel „Wandel in den Vorstellungen vom Ursprung der weltlichen Gewalt während der Zeit d |
| |
| Trasgressioni. Seduzione, concubinato, adulterio, bigamia (XIV-XVIII secolo), a cura di Seidel Menchi, Silvana/Quaglioni, Diego. (= I processi matrimoniali degli archivi ecclesiastici italiani 3 = Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento, Quaderni 64). Società editrice il Mulino, Bologna 2004. 686 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
Ganzen Eintrag anzeigen Trasgressioni. Seduzione, concubinato, adulterio, bigamia (XIV-XVIII secolo), a cura di Seidel Menchi, Silvana/Quaglioni, Diego. (= I processi matrimoniali degli archivi ecclesiastici italiani 3 = Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento, Quaderni 64). Società editrice il Mulino, Bologna 2004. 686 S.
Bei dem hier vorliegenden Band handelt es sich um die dritte Publikation im Rahmen der Veröffentlichung der Akten von historischen Kolloquien, die zwischen 1998 und 2001 am Centro per gli studi storici italo-germanici in Trient und an der dortigen Universität stattfanden. Zwei Bände aus diesem Projekt sind bereits erschienen. (Siehe S. Seidel-Menchi/D. Quaglioni [Hrsg.], Coniugi nemici. La separazione in Italia dal XII al XVIII secolo [Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento. Quaderni, 53]; Bologna 2000; und S. Seidel-Menchi/D. Quaglioni [Hrsg.], Matrimoni in dubbio. Unioni controverse e nozze clandestine in Italia dal XIV al XVIII secolo [Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento. Quaderni, 57], Bologna 2001. Ein vierter Band „I tribunali del matrimonio” von denselben Herausgebern ist im Druck.) Das Projekt und seine Ergebnisse haben eine beachtliche Resonanz im Schrifttum erfahren (siehe in dieser Zeitschrift, Germ.Abt. 120, 2003, S. 592ff. meine Rezension sowie die Rezension von V. Reinhard in der Historischen Zeitschrift, 2003, S. 186-187). Silvana Seidel-Menchi ist zwischenzeitlich Professorin für neuere Geschichte an der Universität Pisa. Diego Quaglioni lehrt Geschichte der politischen Ideen und Geschichte des modernen Rechtsdenkens an der Universität Trient. Beide sind zugleich am deutsch-italienischen historischen Institut in Trient tätig.
Einiges sei zunächst zum Inhalt und zur Struktur des nun vorliegenden Bandes mitgeteilt. Auch hier werden die einzelnen Beiträge durch eine ausführliche, zusammenfassende und wertende „Introduzione“ beider Herausgeber eingeleitet (S. 7-20). Die Krimin |
| |
| Traulsen, Christian, Das sakrale Asyl in der Alten Welt (= Jus Ecclesiasticum 72), Mohr (Siebeck), Tübingen 2004. XVI, 364 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Traulsen, Christian, Das sakrale Asyl in der Alten Welt (= Jus Ecclesiasticum 72), Mohr (Siebeck), Tübingen 2004. XVI, 364 S.
Das Werk ist die von der juristischen Fakultät der Universität Tübingen im Wintersemester 2003/2003 angenommene Dissertation des Verfassers. In vier Kapiteln spannt sie an Hand zahlreicher, im Anhang übersichtlich dargebotener Quellen den Bogen von Altarflucht und Freistädten im alten Israel über Schutz und Zuflucht im homerischen Epos und Hikesie und Asylie im antiken Griechenland einschließlich der römischen Herrschaft bis zur Entstehung des christlich-kirchlichen Asylrechts und seiner Vereinheitlichung durch den Codex Theodosianus des Jahres 438 n. Chr.. Jede Arbeit über Asyl in Mittelalter und Neuzeit wird auf den Grundlagen ihrer vielfältigen Erkenntnisse aufbauen können und sich mit ihnen auseinandersetzen müssen.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
| |
| Tschaikner, Manfred, Die Zauberer- und Hexenprozesse der Stadt St. Gallen. Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 2003. 269 S. Besprochen von Harald Maihold. |
Ganzen Eintrag anzeigen Tschaikner, Manfred, Die Zauberer- und Hexenprozesse der Stadt St. Gallen. Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 2003. 269 S.
Die Schweiz gilt gemeinhin als eines der Gebiete, in denen die Hexenverfolgungen der frühen Neuzeit am schlimmsten gewütet haben. Mit insgesamt etwa 10.000 Opfern gehört sie sicher zur Kernregion der Verfolgung. Dass dies aber nicht für alle Kantone gilt, zeigen jüngere Untersuchungen wie diejenige Guggenbühls für Basel[1] und die jetzt vorliegende Darstellung Manfred Tschaikners für die Stadt St. Gallen. Die außerordentlich gute Quellenlage wurde in jahrzehntelanger, akribischer Arbeit im St. Gallener Stadtarchiv aus den Ratsprotokollen, Examinations- und Malefizbüchern zusammengetragen und für eine Edition vorbereitet. Mit Tschaikner konnte für den Abschluss der Arbeit ein Kenner der frühneuzeitlichen Hexenverfolgungen zwischen Innsbruck und dem Bodensee gewonnen werden, der bereits mit Publikationen zu Vorarlberg, Bregenz, Dornbirn und Liechtenstein in Erscheinung getreten war.[2] Herausgekommen ist dabei eine Geschichte der St. Gallener Hexenprozesse, in der sich Prozessschilderungen, Quellenauszüge und die genauen Beobachtungen des Autors zu einem plastischen Gesamtbild zusammenfügen, das die Motivationen der Beteiligten mit viel Spürsinn an den Tag legt.
Tschaikner behandelt die Prozesse, soweit es der Zusammenhang erlaubt, in chronologischer Reihenfolge, wobei er drei Phasen unterscheidet (S. 25ff., 35ff., 91ff.). Vorangestellt ist eine kurze Einleitung zur historischen Situation der Stadt (S. 13ff.). Im Anhang hat Tschaikner zu den acht wichtigsten Opfern detaillierte biografische Angaben aus den Akten zusammengesucht (S. 211ff.) und alle Prozesse in einer Übersicht zusammengefasst, die zwischen Zauberei- und Hexereiprozessen genau unterscheidet.
Die Stadt St. Gallen gehörte mit einer Ausdehnung von drei mal zwei Kilometern zu den zahlreichen Zwergstaaten des Heiligen Römischen Reiches und zu |
| |
| Ulmschneider, Christoph, Eigentum und Naturrecht im Deutschland des beginnenden 19. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 100). Duncker & Humblot, Berlin 2003. 207 S. Besprochen von Hans Wieling. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ulmschneider, Christoph, Eigentum und Naturrecht im Deutschland des beginnenden 19. Jahrhunderts (= Schriften zur Rechtsgeschichte 100). Duncker & Humblot, Berlin 2003. 207 S.
In einer Einleitung, S. 15-18, stellt der Verfasser zunächst das „alte“ dem „neuen Naturrecht“ gegenüber, wobei das aufklärerische neue Naturrecht seit etwa 1780 die Gesetzesbindung der Fürsten betonte sowie die Menschenrechte der „Untertanen“. Danach wird der geplante Gang der Untersuchung kurz dargestellt.
Im ersten Teil schildert der Verfasser die Eigentumsbegründung, und zwar im 1. Kapitel (S. 19 – 25) im älteren Naturrecht, danach im 2. Kapitel im „neueren“ Naturrecht, wobei er durchgängig das „ältere“ und „jüngere“ in Anführungsstriche setzt, es so gewissermaßen als angeblich älteres bezeichnend, so als glaube er selbst nicht so recht an diese Unterscheidung. Er erörtert zunächst die Vorstellung vom Eigentum als einer Gabe Gottes an den Menschen, die dann in die Behauptung übergeht, der Mensch habe die Pflicht, sich zu vervollkommnen, woraus das Recht auf Eigentum gefolgert wird, eine – wie mir scheint – etwas naive und logisch wenig zwingende Begründung. Der Verfasser stellt weiter klar, daß man sich dieses Nutzungsrecht in der Phase der communio primaeva nicht als Privateigentum vorstellte, daß man vielmehr davon ausging, die Nutzung der Sache habe jedem frei gestanden und niemand habe einen anderen ausschließen können. Darauf sei dann die communio primaeva aufgehoben und das Privateigentum eingeführt worden, weil die Bedürfnisse diffiziler geworden seien und weil die Menschen erwarteten, daß die durch ihren Fleiß und ihr Geschick produzierten Dinge nicht allen in gleicher Weise zugute kämen, sondern in erster Linie dem Schaffenden selbst. Die neue Rechtslage wurde angeblich durch einen Vertrag herbeigeführt, durch welchen dem Produzierenden das Eigentum zugewiesen wurde und allen anderen die Pflicht auferlegt, das fremde Eigentum zu achten. Im Sin |
| |
| Unruh, Peter, Weimarer Staatsrechtslehre und Grundgesetz. Ein verfassungstheoretischer Vergleich (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 68). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 215 S. Besprochen von Walter Pauly. |
Ganzen Eintrag anzeigen Unruh, Peter, Weimarer Staatsrechtslehre und Grundgesetz. Ein verfassungstheoretischer Vergleich (= Schriften zur Verfassungsgeschichte 68). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 215 S.
Ausgekoppelt aus seiner im Jahre 2002 erschienenen Habilitationsschrift „Der Verfassungsbegriff des Grundgesetzes. Eine verfassungstheoretische Rekonstruktion“ legt der Verfasser nun seine Vorstudien zu den Weimarer Klassikern vor, denen bekanntermaßen bis heute erhebliche Bedeutung in der deutschen Verfassungsrechtswissenschaft zukommt. Die Fragestellung der Studie geht dahin, die Relevanz der Lehren von Hans Kelsen, Carl Schmitt, Rudolf Smend und Hermann Heller für die grundgesetzliche Verfassungslehre zu überprüfen. Dazu wird zunächst die Verfassungstheorie des Grundgesetzes an Hand von Verfassungsbegriffselementen rekonstruiert, die sich aus der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland ergeben sollen. Als „verfassungstheoretischer Basiswert“, der alle Verfassungsbegriffselemente zusammenhält, fungiert die Vorstellung individueller Autonomie (S. 26). Zu den geltungsorientierten formalen Strukturmerkmalen des Grundgesetzes rechnet der Verfasser u.a. die Herrschaftskodifikation qua Verfassung sowie deren Vorrang, Normativität und Universalität (S. 29ff.), zu den materialen Verfassungsbegriffselementen des Grundgesetzes etwa die repräsentative Demokratie, die Verfassungsgerichtsbarkeit, die Grundrechte und die Sozialstaatlichkeit (S. 37). Diese insgesamt sechzehn Merkmale bilden denn auch das Raster, das die Untersuchung der genannten Autoren strukturiert. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Keiner der Klassiker tauge zu einer „vollständigen Rekonstruktion der Verfassungstheorie des Grundgesetzes“, am nächsten komme ihr Heller, am entferntesten stehe Schmitt (S. 185f.).
Den Auftakt bildet Hans Kelsen, der, wie auch die anderen Autoren, zunächst im Ganzen kurz vorgestellt und dann auf die vom Verfasser herausgestellten Verfassungsbegriffselemente hin abgek |
| |
| Ureña y Smenjaud, Rafael, La legislación gótico-hispana (Leges antiquiores – Liber iudiciorum). Estudio crítico, hg. v. Petit, Carlos. Urgoiti editores, Pamplona 2003. CLXXIV, 519 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Ureña y Smenjaud, Rafael, La legislación gótico-hispana (Leges antiquiores – Liber iudiciorum). Estudio crítico, hg. v. Petit, Carlos. Urgoiti editores, Pamplona 2003. CLXXIV, 519 S.
Urgoiti editores haben sich eine Sammlung repräsentativer Geschichtswerke Spaniens von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum letzten Viertel des 20. Jahrhunderts zum Ziel gesetzt. Sie umfasst, wie die Colección Historiadores übersichtlich zeigt, 41 Arbeiten aus den unterschiedlichsten historischen Fachgebieten (z. B. Hugo Obermaier y Grad, El hombre prehistórico y los origines de la humanidad, Adolf Schulten, Historia de Numancia) und den verschiedensten politischen Blickwinkeln (falangistisch, sozialistisch, liberal oder anarchistisch). Der älteste Autor ist 1792 geboren (Marqués de Miraflores bzw. Manuel Pando y Fernández de Pinedo), der jüngste 1911 (José Antonio Maravall Casesnoves).
Alle Bände sind gleichmäßig aufgebaut. Am Beginn steht eine wissenschaftliche Einführung des jeweiligen Bandherausgebers. Dem folgt eine möglichst vollständige Bibliographie. Daran schließt sich die Ausgabe meist eines des bedeutendsten Werke des Autors an, die durch moderne Register erschlossen wird.
Die Rechtsgeschichte wird in dieses große Vorhaben einbezogen durch Carlos Petit, der sich als einer der besten Kenner der älteren spanischen Rechtsgeschichte mit Rafael de Ureña befasst. In Valladolid am 3. Februar 1852 geboren wurde Ureña stark von Rudolf von Ihering, der deutschen historischen Rechtsschule und von Herbert Spencers Evolutionismus beeinflusst. Nach Tätigkeiten als Rechtsanwalt in Valladolid, Granada und Madrid wurde er Professor für Rechtsgeschichte der Estudios Superiores des Ateneo de Madrid und vertrat unter anderem Spanien vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag.
Einfühlsam ordnet der Herausgeber seinen Autor in die spanische Wissenschaftsgeschichte ein. Als besonders bedeutsame Werke hebt er die Observaciones acerca del des |
| |
| Valente, Claire, The Theory and Practice of Revolt in Medieval England. Ashgate, Aldershot/Hampshire 2003. VIII, 276 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen Valente, Claire, The Theory and Practice of Revolt in Medieval England. Ashgate, Aldershot/ Hampshire 2003. VIII, 276 S.
Das auf einer Harvard-Dissertation von 1997 beruhende Buch ist eine vergleichende Studie der in Revolten kulminierenden Auseinandersetzungen zwischen Teilen der Aristokratie und dem Monarchen im Königreich England in der Zeit von 1215 bis 1415. Die Verfasserin will zum einen die Ursachen, Verläufe und Ergebnisse der von Baronen geführten Aufstände gegen den König analysieren und Verhaltensmuster herausarbeiten und zum anderen untersuchen, in welchen Regionen und Bevölkerungsschichten die Aufständischen Unterstützung fanden und warum.
In den ersten beiden Kapiteln werden der zeitliche und thematische Rahmen der Arbeit abgesteckt (Why Study Revolt?, S. 1-11) und die theoretischen Grundlagen des Widerstandsrechts erörtert (Theories of Resistance, 1215-1399, S. 12-48), wobei staatsrechtliche und rechtstheoretische Werke recht knapp, zwei literarische Schriften („Fouke le fitz Warin“ und „Havelok the Dane“) dagegen ausführlicher behandelt werden, da „chivalric nobles were more likely to look to romances than to mirrors for princes for their ideas“ (S. 22). Das Widerstandsrecht, dessen Grundpfeiler die „supremacy of the law“ und das „right to counsel“ sind, wird durch den Gebrauch von „strategic violence“ umgesetzt, da die Nobilität – nach Valente – das Recht zu haben glaubte, gewaltsam gegen den König vorzugehen, um diesen zu veranlassen, die akzeptierten Herrschaftsnormen zu beachten. Im sieben Kapitel umfassenden Hauptteil werden einzelne „periods of resistance“ (1215-17, 1258-67, 1297-1301, 1308-22/27, 1381, 1386-88/99, 1400-1415) untersucht und miteinander verglichen. Anfang des 15. Jahrhunderts zeichnet sich ein Wandel ab, denn „the final displacement of the theory of revolt to reinforce reform by the practice of revolt to seize power“ (S. 214) wird jetzt sichtbar. Für die Revolten 1264/5, 1321/2, 1387/8 1403, 140 |
| |
| Van der Velden, Bastiaan David, ,Waar gaan wij heen met het Fries?’Het gebruik van de Friese taal in het juridische en in het bestuurlijke verkeer in de laatste twee eeuwen. Wolf Legal Publishers, Nimwegen=Nijmegen 2004. XIV, 569, 1 S. Besprochen von Viola Heutger. |
Ganzen Eintrag anzeigen Van der Velden, Bastiaan David, ,Waar gaan wij heen met het Fries?’Het gebruik van de Friese taal in het juridische en in het bestuurlijke verkeer in de laatste twee eeuwen. Wolf Legal Publishers, Nijmegen 2004. XIV, 569, 1 S.
Am 15. Oktober 2004 wurde in der Aula der Universität von Amsterdam eine Dissertation über die Minderheitssprache Friesisch verteidigt. Dieses Buch erscheint zufällig im gleichen Zeitraum, in dem auch ein anders Buch Friesland aus rechtshistorischer Sicht behandelt (Roman-Frisian Law of the 17th and 18th Century, Lokin, Brandsma, Jansen). Im 17. und 18. Jahrhundert bewiesen sich die Friesen mit ihren profunden Kenntnissen und Rechtsfortentwicklungen im römischen Recht. Einige Jahrhunderte später kämpfen die Friesen nun um den Erhalt ihrer einzigartigen Sprache.
Thema der Arbeit ist, auf welche Weise in den Niederlanden in den letzen zwei Jahrhunderten mit dem Gebrauch der friesischen Sprache zwischen Bürgern und Behörden umgegangen wurde und inwieweit die Richter in Friesland den Gebrauch des Friesischen in den Verhandlungen zuließen.
Heute sprechen etwa 500.000 Menschen friesisch in den Niederlanden. Die Hälfte davon spricht es täglich zu Hause und etwa 17% aller friesisch sprechenden Niederländer können es auch schreiben.
Van der Velden zeichnet detailliert die Geschichte des Friesischen als Rechts- und Verwaltungssprache ab dem 19. Jahrhundert nach. Das Jahr 1547 war der Wendepunkt, ab dem das Friesische in schriftlichen Dokumenten ganz zugunsten des Niederländischen verschwand. Erst Anfang des 19. Jahrhunderts begann in Friesland eine kleine Gruppe von Schriftstellern das Friesische wieder als Schriftsprache zu gebrauchen. Zu dieser Zeit wurde das Friesische sonst nur noch als Umgangssprache auf dem platten Land in Friesland gebraucht.
Um 1830 organisierte sich eine Gruppe zum Erhalt der friesischen Sprache in der Literatur und wurde Friesische Bewegung genannt. Ab 1900 setzte die |
| |
| Viatori per urbes castraque. Festschrift für Herwig Ebner zum 75. Geburtstag, hg. v. Bräuer, Helmut/Jaritz, Gerhard/Sonnleitner, Käthe (= Schriftenreihe des Instituts für Geschichte 14). Selbstverlag des Instituts für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz, Graz 2003. 746 S. Besprochen von Karl-Heinrich Kaufhold. |
Ganzen Eintrag anzeigen Viatori per urbes castraque. Festschrift für Herwig Ebner zum 75. Geburtstag, hg. v. Bräuer, Helmut/Jaritz, Gerhard/Sonnleitner, Käthe (= Schriftenreihe des Instituts für Geschichte 14). Selbstverlag des Instituts für Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz, Graz 2003. 746 S.
Festschriften haben, von Ausnahmen abgesehen, zumindest zwei Seiten: Sie bringen eine Vielzahl sachkundiger Autoren zusammen, deren Beiträge zur Lektüre verlocken, wobei – die andere Seite – eben diese Beiträge ein breites, oft disparates Themenfeld abdecken und nicht selten sehr detaillierten Fragen nachgehen. Die vorliegende, umfangreiche Festschrift mit nicht weniger als 40 Beiträgen für den Grazer Mediävisten Herwig Ebner versteht es, zwischen diesen beiden Seiten einen guten Mittelweg zu finden. Ihr Spektrum reicht vor allem zeitlich weit, wobei es sich auf das späte Mittelalter und den Beginn der frühen Neuzeit (16. Jahrhundert) konzentriert, und örtlich spannt sich der Bogen über die Mitte Europas mit einem Schwerpunkt in den heute zu Österreich zählenden Ländern. Auch sachlich werden sehr verschiedene Themen angesprochen, doch kreisen diese, dem programmatischen Titel folgend, meist um Fragen der Stadtgeschichte und, weniger betont, der Sitze des Adels auf den Burgen. Vor allem dem Stadthistoriker hat der Band also viel zu sagen, wobei es ungerecht wäre, aus der Vielzahl der durchgehend niveauvollen und sachlich ergiebigen Beiträge im begrenzten Rahmen dieser Anzeige einzelne herauszugreifen.
Die Autoren stammen ganz überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum. Unter ihnen überwiegen Österreicher und unter diesen solche aus Graz, der Heimatuniversität Ebners. Deutschland ist vorzugsweise mit Beiträgern aus den sog. neuen Ländern und aus Berlin vertreten, verständlich, wenn man bedenkt, dass der Brückenschlag von Österreich in die DDR seit dem Ende der 1970er Jahre leichter war als von der alten Bundesrepublik aus: Der Beitrag von Evamaria Engel bie |
| |
| Vielfalt und Einheit in der Rechtsgeschichte. Festgabe für Elmar Wadle zu seinem 65. Geburtstag, hg. v. Gergen, Thomas (= Annales universitatis Saraviensis 136). Heymanns, Köln 2004. IX, 150 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vielfalt und Einheit in der Rechtsgeschichte. Festgabe für Elmar Wadle zu seinem 65. Geburtstag, hg. v. Gergen, Thomas (= Annales universitatis Saraviensis 136). Heymanns, Köln 2004. IX, 150 S.
Am 25. August 2003 vollendete Elmar Wadle in bewundernswerter Frische seinen 65. Geburtstag. Aus diesem Anlass fand an der Universität des Saarlandes ein wissenschaftliches Kolloquium statt, das Schüler, Freunde und Kollegen in Anerkennung seiner vielfältigen Verdienste um Rechtsgeschichte, Rechtswissenschaft und Universitätsleben für ihn bereiteten. Seinerzeitige Vorträge hat nun Thomas Gergen erfreulicherweise zu einem kleinen Band zusammengestellt und damit der Öffentlichkeit zugänglich macht.
Die Untersuchungen entsprechen bestens den außerordentlich weitgespannten Interessen des Jubilars. Sie betten die Rechtsgeschichte in die allgemeine Geschichte ein und verkennen - unter ostasiatischem Einfluss - nicht die Spannung zwischen List und Recht. Sie beginnen in der Antike und reichen bis in die Gegenwart.
Tiziana Chiusi äußert sich in gewissermaßen klassischer Tradition zur Wechselwirkung zwischen römischem Recht und provinzialen Rechten anhand von Dokumenten aus dem Archiv der Babatha. Johannes Fried untersucht Gedächtnisimplantate in der Geschichte – Beobachtungen und Konsequenzen. Wolfgang Sellert stellt List, Moral und Recht am bekannten Beispiel von Isoldes Eid nebeneinander. Arno Buschmann wendet sich Estor, Pütter und Hugo als Vorbereitern der historischen Rechtsschule zu. Unter dem plaktativen Titel Von der Scholastik zur Freiheit der Wissenschaft legt Klaus-Peter Schroeder die Neubegründung der Universität Heidelberg vor 200 Jahren dar. Thomas Gergen selbst erweckt mit schönem Bezug zur Bedeutung des kodifikationsgeschichtlich so wichtigen Jahres 1804 den Zivilrechtler, Stadtbibliothekar, Regionalhistoriker Père Gibault aus Poitiers und seine lateinische Code-civil-Übersetzung von 1808 zu neuem Leben.
In der Versc |
| |
| Vogt, Ralf-M., Die urheberrechtliche Reformdiskussion in Deutschland während der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus (= Europäische Hochschulschriften 2, 3856). Lang, Frankfurt am Main 2004. XVI, 337 S. Besprochen von Elmar Wadle. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vogt, Ralf-M., Die urheberrechtliche Reformdiskussion in Deutschland während der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus (= Europäische Hochschulschriften 2, 3856). Lang, Frankfurt am Main 2004. XVI, 337 S.
Maracke, Catharina, Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965 (= Schriften zur Rechtsgeschichte 99). Duncker & Humblot, Berlin 2003. IV, 770 S.
Die neuere Geschichte des Urheberrechts in Deutschland ist in den letzten Jahrzehnten stärker als zuvor zum Gegenstand eingehenderer Studien geworden. Die beiden von Werner Schubert angeregten Kieler Dissertationen beschäftigen sich mit dem ebenso langwierigen wie vielschichtigen Reformprozess, der nach dem Ersten Weltkrieg eingesetzt hat und der erst lange nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Erlass des Urhebergesetzes von 1965 abgeschlossen werden konnte. Während die Arbeit von Vogt Debatten, Vorschläge und Entwürfe bis 1945 darstellt, sieht Maracke den Schwerpunkt ihrer Arbeit in der eigentlichen Vorgeschichte des Gesetzes von 1965. Da die Diskussion in der Bundesrepublik ohne die älteren Überlegungen nicht zu verstehen sind, greift freilich auch Maracke auf die Entwicklung der 30er Jahre zurück; so ergibt sich zwangsläufig eine gewisse zeitliche Überschneidung beider Dissertationen. Auch die Gliederung beider Arbeiten folgt letztlich demselben 3-Teile-Schema: Ein erster Teil schildert Entstehung und Geschichte der Vorschläge, Diskussionen und Entwürfe, ein zweiter, systematisch orientierter Teil nimmt Stellung zu inhaltlichen Fragen, ein dritter Teil schließlich bietet „Zusammenfassung“ bzw. „Ausblicke“. Sieht man solchen Gemeinsamkeiten, die nicht zuletzt durch den Gegenstand selbst bedingt sind, einmal ab, so stellen beide Arbeiten doch ohne Zweifel eigenständige Leistungen dar.
Vogt legt, nachdem die beiden „Wellen“ der Gesetzgebung 1870/76 und 1901/07/10 erwähnt sind, den Akzent eindeutig auf die Entwürfe der Zwanziger- und Dreißigerjahre; die Gründe für |
| |
| Von der Donau an die Isar. Vorlesungen zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität 1800-1826 in Landshut, hg. v. Boehm, Laetitia/Tausche, Gerhard (Ludovico Maximilianea, Forschungen 20). Duncker & Humblot, Berlin 2003. 408 S. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Von der Donau an die Isar. Vorlesungen zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität 1800-1826 in Landshut, hg. v. Boehm, Laetitia/Tausche, Gerhard (Ludovico Maximilianea, Forschungen 20). Duncker & Humblot, Berlin 2003. 408 S. Abb.
Am 8. April 1802 erfolgte die landesherrliche Permanenzerklärung mit Namengebung für die ab 1459 vorbereitete und 1472 in Ingolstadt von Herzog Ludwig dem Reichen von Niederbayern gegründete Universität Ingolstadt an der Donau nach ihrer 1800 kriegs- und reformbedingt erfolgten Verlegung nach Landshut an der Isar. Die Herausgeber nahmen die zweihundertste Wiederkehr dieses Tages zum Anlass, der sechsundzwanzigjährigen Experimentierphase zwischen Aufklärung und Neuhumanismus zu gedenken. Zur bleibenden Erinnerung legen sie mit geringer Verspätung sechs Landshuter Vorträge des Jahres 2000 mit verschiedenen Ergänzungen in einem Sammelband vor.
Nach einem Geleitwort Laetitia Boehms fragt Hans-Michael Körner in Anlehnung an Friedrich Schiller dabei einführend Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universitätsgeschichte? Gerhard Tausche bietet unter dem Titel Die Ludwig-Maximilians-Universität in Landshut (1800-1826) Aspekte zu Stadt und Studenten zwischen Krieg und Wissenschaft. Faschings-Schlittaden der Landshuter Studenten im 18. Jahrhundert schildert Dietz-Rüdiger Moser, Kurprinz Ludwig in Landshut (1803) Hans-Michael Körner.
Mit der theologischen Fakultät befasst sich Manfred Heim (Ende der Bavaria Sancta? Umbruchszeit für Kirche und Theologie in Landshut). Die überregionale Bedeutung der Vertreter der Landshuter Jurisprudenz schildert anschaulich bebildert Hans-Georg Hermann und kann dabei besonders auf Gönner (1801-1812), Feuerbach (1. Oktober 1803-Herbst 1805), Savigny (13. Mai 1808-2. Mai 1810), Hufeland (1807-1808), Unterholzner (1810-1811) und Mittermaier (1810-1819) und ihre meist außerhalb Landshuts erbrachten bedeutenden Leistungen verweisen, dokumentiert aber auch übersicht |
| |
| Vorholz, Irene, Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald von der Novemberrevolution 1918 bis zur Neukonstituierung der Fakultät 1992 (= Greifswalder rechtswissenschaftliche Reihe 9). Heymann, Köln 2000. XIV, 273 S. |
Ganzen Eintrag anzeigen Vorholz, Irene, Die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald von der Novemberrevolution 1918 bis zur Neukonstituierung der Fakultät 1992 (= Greifswalder rechtswissenschaftliche Reihe 9). Heymann, Köln 2000. XIV, 273 S.
Die Arbeit ist die von Stefan Korioth betreute, 1999 von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Greifswald angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie will berichten und deuten und stellt dabei die Fakultät als Institution in den Mittelpunkt, so dass grundsätzlich vermieden wurde, auf einzelne Persönlichkeiten unter den Professoren einzugehen. Chronologisch geordnet werden 6 Kapitel unterschieden.
Nach einer kurzen Einleitung bietet die Verfasserin einen historischen Abriss über die 1456 auf Betreiben des damaligen Bürgermeisters Heinrich Rubenow entstandene, von Anfang an Juristen umfassende Universität. Dabei sieht sie die juristische Fakultät in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit Georg Beseler und Bernhard Windscheid unter den besten der damaligen Zeit. Zwar war die Greifswalder Universität innerhalb Preußens die kleinste, doch hatte sie am meisten Grundeigentum unter allen deutschen Universitäten.
1914 wurden die staatswissenschaftlichen Lehrfächer aus der philosophischen Fakultät herausgelöst und mit den sechs juristischen Lehrstühlen (vier für Privatrecht, 2 für öffentliches Recht, 1 für Strafrecht) zur rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät vereinigt. Aktuelle geschriebene Statuten gab es zu dieser Zeit nicht, ohne dass sich dies auf die Tätigkeit besonders ausgewirkt hätte. Auch die finanzielle Dimension des Promotionswesens war bei einzelnen Professoren in gewisser Weise einzigartig, obgleich die Zahl der Studierenden der Fakultät nur zwischen 200 und 250 pendelte und die Studierenden die Vorlesungen schlecht und den Repetitor eifrig besuchten.
Der politische Umbruch 1918 änderte an den rechtlichen Grundlag |
| |
| Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 4 Vom Beginn des ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914-1949. Beck, München 2003. XXIV, 1173 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Bd. 4 Vom Beginn des ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914-1949. Beck, München 2003. XXIV, 1173 S.
Die „Deutsche Gesellschaftsgeschichte“ Wehlers über den Ersten Weltkrieg, die Weimarer und die NS-Zeit sowie die unmittelbare Nachkriegszeit kann des Interesses auch der Rechtsgeschichte gewiss sein, da eine solche ohne Einbeziehung der politisch-gesellschaftlichen Entwicklungen dieser Epochen kaum möglich erscheint. Wehler geht weiterhin aus von den drei in Band 1 (hierzu Rez., ZRG GA 106 [1989], S. 546ff.) näher erläuterten Grunddimensionen der geschichtlichen Entwicklung: Herrschaft, Wirtschaft und Kultur, zu denen jetzt noch die Sozialstruktur (System der sozialen Ungerechtigkeit) hinzu kommt. Dieter Grimm hat 2000 eine „Anfrage an den Autor“ gerichtet, ob das Recht nicht auch zu den Grunddimensionen gehöre: Es wäre dann möglich, „dass es sich um eine vergessene Grunddimension handelt“. Es lasse sich auch denken, „dass Recht etwas Viertes, bei Wehler nicht weiter Expliziertes ist“ (Grimm, in: Perspektiven der Gesellschaftsgeschichte, hg. v. P. Nolte, M. Hettling, F.-M. Kuhlemann, H.-W. Schmuhl, München 2000, S. 56). Im Vorwort zum vorliegenden Band konzediert Wehler, das Postulat Grimms besitze „Überzeugungskraft“ (S. XVII). Allerdings sei er dem Recht „keineswegs zielstrebig“ ausgewichen, was für die bisherigen Bände zutrifft. Aber letztlich fühle er sich „doch der rechtlichen Problematik, die überdies in einer eigenen, komplizierten Fachsprache traktiert wird, nicht gewachsen. Insofern bildet das Recht keine ,vergessene Grunddimension’, wohl aber eine zu oft nur umrissene, manchmal vernachlässigte, im Prinzip nicht angemessen aufgewertete Dimension. Auf jeden Fall hätte diese Problematik explizit erörtert werden müssen“ (S. XVIII). Daher bleibe die Einbeziehung des Rechts im Sinn einer fünften „Achse“ eine „herausfordernde Aufgabe für einen auf Synthese |
| |
| Weidenfeld, Katja, Les origines médiévales du contentieux administratif (XIVe-XVe siècles) (= Romanité et modernité du droit). De Boccard, Paris 2002. VII, 653 S. Besprochen von Thomas Gergen. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weidenfeld, Katja, Les origines médiévales du contentieux administratif (XIVe-XVe siècles) (= Romanité et modernité du droit). De Boccard, Paris 2002. VII, 653 S.
Mit ihrer umfangreichen Thèse geht die Verfasserin gegen die immer noch auftretende Theorie vor, das Verwaltungsrecht sei eine erst in der jüngeren Geschichte geschaffene Form des Rechts. Sie tritt den Beweis an, dass die tieferen Wurzeln jedoch in der politischen, verwaltungsmäßigen Praxis und der Gerichtstätigkeit des Mittelalters liegen und dass das Verwaltungsrecht gerade dem kanonischen und dem römischen Privatrecht viel zu verdanken hat. Um ihre Behauptung zu stützen, schöpft sie aus einem reichhaltigen Quellenfundus, nämlich den Königsordonnanzen, den Gewohnheitsrechten, den städtischen Rechten, aber auch dem gelehrten Recht, insbesondere dem kanonischen und dem römischen Privatrecht, die im wesentlichen dazu beigetragen haben, das Bewusstsein zwischen öffentlichem und privatem Recht zu stärken. Katja Weidenfeld hat aber auch die Gerichtsarchive, insbesondere die der Parlements von Paris, Toulouse, Poitiers und dem Languedoc unter die Lupe genommen. Auf diese Weise wird deutlich, dass sich schon bald die Ansicht herausgebildet hat, dass das der Verwaltung eigene Recht im Unterschied zum Privatrecht eine eigene Rolle spielt. Als dies feststand, hat man nach und nach versucht, dieses besondere Verwaltungsrecht in entsprechendem Maße zu kontrollieren. Gerade wegen des besonderen Gewichts der Gemeinwohlinteressen ergab sich nicht nur eine bewusste Trennung von Privat- und öffentlichem Recht, sondern auch die Priorität des letztgenannten. Dies zeigt sich speziell an den Privilegien der öffentlichen Hand (puissance publique) etwa im Vertragswesen, wo einzelne Kommunen die einseitige Aufhebung bzw. Kündigung ihrer Verträge mit Privaten beanspruchten oder auch bei der Konfiskation von Eigentum zugunsten der öffentlichen Hand. Infolge dieser Unterordnung der Bürger unter die Verwaltu |
| |
| Weimarer Landesverfassungen. Die Verfassungsurkunden der deutschen Freistaaten 1918-1933. Textausgabe mit Sachverzeichnis und einer Einführung v. Wittreck, Fabian. Mohr (Siebeck), Tübingen 2004. XVIII, 1009 S. Besprochen von Stefan Danz. |
Ganzen Eintrag anzeigen Weimarer Landesverfassungen. Die Verfassungsurkunden der deutschen Freistaaten 1918-1933. Textausgabe mit Sachverzeichnis und einer Einführung v. Wittreck, Fabian. Mohr (Siebeck), Tübingen 2004. XVIII, 1009 S.
Eduard Rosenthal hob in seiner Beschreibung der Verfassungsentwicklung der thüringischen Staaten in der Revolutionszeit den verfassungsmäßigen und somit auch legitimierten republikanischen Wandel in den Fürstentümern Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen hervor (Jahrbuch des öffentlichen Rechts, Band 9 [1920], S. 226). Darin unterschieden sich diese beiden kleinen Fürstentümer wesentlich sowohl vom Reich als auch den übrigen im Reich vereinten Länder, deren Übergang von der Monarchie zur Republik im November 1918 durch Verfassungsbruch gekennzeichnet war. Quasi durch „Revolution von oben“ wurden durch den beide Staaten in Personalunion regierenden Fürsten in einer kurzen Episode Reformversuche unternommen, indem er die alte ständische Verfassung um die Möglichkeit der Volkssouveränität fortschrieb. Dokumentiert findet sich dieser für die Novemberrevolution wohl einmalige Vorgang in einer Edition der gliedstaatlichen Verfassungen der Weimarer Republik, die die textliche Entwicklung der einzelnen Landesverfassungen von den revolutionären Übergangsverfassungen über die endgültigen Landesgrundgesetze bis zur Gleichschaltung ab 1933 präsentiert. Die von Fabian Wittreck mit einer Einführung versehene Sammlung der Verfassungsurkunden sowie der verfassungsrechtlich relevanten Gesetze und Verträge dieser Zeitspanne schließt damit eine wichtige Quellenlücke für die wissenschaftliche Aufarbeitung zur gliedstaatlichen Verfassungstradition in Deutschland, datiert die bisher einzig vorliegende Sammlung doch noch aus dem Jahre 1926 und stellte zudem nur eine zeitgenössische Momentaufnahme dar.
Dass nicht nur die Reichsverfassung, sondern eben auch die Landesverfassungen lohnende Forschungsobjekte sein können, wird von Wittreck |
| |
| Wenzel, Otto, 1923. Die gescheiterte deutsche Oktoberrevolution. Mit einer Einleitung von Wilke, Martin (= Diktatur und Widerstand 7). Lit-Verlag, Münster 2003. 374 S. Besprochen von Peter Meier-Bergfeld. |
Ganzen Eintrag anzeigen Deutscher Oktober 1923. Ein Revolutionsplan und sein Scheitern, hg. v. Bayerlein, Bernhard H./Babičenko, Leonid, G./Firsov, Fridrich I./Vatlin, Aleksandr Ju. Aufbau-Verlag, Berlin 2003. 409 S., 19 Abb.
Wenzel, Otto, 1923. Die gescheiterte deutsche Oktoberrevolution. Mit einer Einleitung von Wilke, Martin (= Diktatur und Widerstand 7). Lit-Verlag, Münster 2003. 374 S.
Beide Bücher sind schon eine mittlere Sensation. Sie belegen erstmals aus bisher geheim gehaltenen russischen Akten – z. B. aus dem persönlichen Geheimarchiv Stalins –, dass es 1923 einen von Moskau direkt – auch militärisch und finanziell – geleiteten gewaltsamen kommunistischen Aufstandsversuch in Sachsen und Thüringen gegeben hat – mit allen Details der Bewaffnung, Finanzierung und Kaderanleitung. Das war bisher in dieser Klarheit und Dichte der Beweise nicht möglich. Auch für die Kommunistische Partei Deutschlands ist 1923 eine Wendemarke gewesen: Von da ab gab es keine innerparteiliche Demokratie mehr, von da ab war sie komplett eine „Agentur einer fremden Macht“, moskauhörig, moskaugesteuert, moskauuntertan. Und der Aufbau des Sozialismus in der späteren DDR war nur die zunächst erfolgreichere Wiederholung der Ereignisse des „Deutschen Oktober 1923“. Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck waren schon 1923 bei der Moskauer Revolutionsplanung führend dabei, Walter Ulbricht zuständig für Organisation, Wilhelm Pieck für Waffenbeschaffung. Auch die Komintern ist seit diesem Zeitpunkt nur noch der verlängerte Arm der KPdSU. Für sowjetische, deutsche und internationale Politik ist diese (an der Reichswehr und dem mangelnden Revolutionswillen der Sozialdemokratischen partei Deutschlands) gescheiterte Revolution ein einschneidendes Wendeereignis.
In Deutschland ist man bei der Erwähnung des Jahres 1923 auf Hitlers Putschversuch an der Münchner Feldherrenhalle, auf den 9. November 1923 fixiert. Aber an eben diesem 9. November sollte auch die proletarische, bewaffne |
| |
| Wernecke, Frauke, Abwehr und Ausgleich „aufgedrängter Bereicherungen“ im Bürgerlichen Recht. Eine Untersuchung auf systematischer und rechtsvergleichender Grundlage über den Konflikt zwischen Dispositionsfreiheit und Vorteilsabschöpfung (= Schriften zum bürgerlichen Recht 290). Duncker und Humblot, Berlin 2004. 636 S. Besprochen von Filippo Ranieri. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wernecke, Frauke, Abwehr und Ausgleich „aufgedrängter Bereicherungen“ im Bürgerlichen Recht. Eine Untersuchung auf systematischer und rechtsvergleichender Grundlage über den Konflikt zwischen Dispositionsfreiheit und Vorteilsabschöpfung (= Schriften zum bürgerlichen Recht 290). Duncker und Humblot, Berlin 2004. 636 S.
Bei der vorliegenden Monographie handelt es sich um eine Hamburger zivilrechtliche Habilitationsschrift aus dem Jahre 2002. Es geht um eine klassische Frage des Bereicherungsrechts: verpflichtet ein objektiv messbarer, subjektiv jedoch als nutzlos oder nachteilig empfundener Vermögenszuwachs bzw. der unerbetene Schutz von Rechtsgütern oder Rechten den „Bereicherten“ zum Wert- oder Kostenersatz? Das deutsche zivilrechtliche Schrifttum kennt bereits unzählige Titel hierzu. Die Verfasserin selbst fragt zur Rechtfertigung der eigenen Arbeit (S.15): „Ist das Thema der ‚aufgedrängten Bereicherung’ nicht erschöpft? Trägt nicht eine neue Untersuchung nur dazu bei, das Gewirr der Stimmen auf einem anscheinend begrenzten Gebiet um eine weitere zu vermehren?“ Die Verfasserin ist allerdings anderer Ansicht. Bereits im Vorwort stellt sie fest: „Die bisherigen Darstellungen zu diesem Thema lassen exakte begriffliche Festlegungen vermissen und beschränken sich zumeist auf eine apodiktische Nebeneinanderstellung der verschiedenen Institute“. Der Rezensent hegt trotzdem große Zweifel, ob weitere Hunderte von Seiten begrifflicher Dogmatik zum Bereicherungsrecht zu größerer Rezeptionsfähigkeit des deutschen zivilrechtlichen Schrifttums in den übrigen europäischen Rechtsordnungen beitragen können. Eine Stellungnahme zum zivilrechtlichen Ertrag der Arbeit gehört nicht in diese Zeitschrift. Was den Leser derselben allerdings interessieren kann, ist die Feststellung, dass gerade die hier angezeigte Monographie einen weiteren, besonders bedauerlichen Beleg dafür liefert, wie wenig ein historisches Problembewusstsein und ein Anerkennen der historischen |
| |
| Werner, Nils, Die Prozesse gegen die Landvolkbewegung in Schleswig-Holstein 1929/32 (= Rechtshistorische Reihe 249). Lang, Frankfurt am Main 2001. 358 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Werner, Nils, Die Prozesse gegen die Landvolkbewegung in Schleswig-Holstein 1929/32 (= Rechtshistorische Reihe 249). Lang, Frankfurt am Main 2001. 358 S.
Die Arbeit ist die von Jörn Eckert betreute, 2001 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich in zwei Teile. Nach einer das Wissen um den Forschungsgegenstand eher voraussetzenden als erhellenden Einleitung und einem Überblick über den Stand der Forschung behandelt der Verfasser im ersten Kapitel die Landvolkbewegung in Schleswig-Holstein von ihrem Ausgang im Jahr 1928 bis zu ihrer Beendigung in den Jahren 1930/1932.
Den Kern der Untersuchung bildet der zweite Teil des zweiten Kapitels, in dem der Verfasser rund vierzig einzelne Prozesse zwischen 1929 und 1932 detailliert an Hand der Akten schildert. Im dritten Teil versucht er eine Bewertung der gegen 294 (teilweise durch Fotos veranschaulichte) Angeklagte gerichteten, zu rechtskräftigen Urteilen mit insgesamt 63 Jahren und vier Monaten fast durchgehend durch vorzeitige Begnadigung gemilderten Zuchthausstrafen, 27 Jahren und zwei Monaten meist zur Bewährung ausgesetzten Gefängnisstrafen, 12950 nur teilweise bezahlten Reichsmark-Geldstrafen sowie 93 Freisprüchen führenden Verfahren.
Dabei kann er zeigen, dass sich zwischen spontanen Taten einzelner Bauern auf Grund aktueller Gegebenheiten und politischen Planungen auswärtiger Aktivisten geschieden werden kann. Weiter kann er plausibel machen, dass die Person des jeweiligen Regierungspräsidenten für den weiteren Ablauf bedeutsam war. Schließlich kann er die Justizkritik Gottfried Zarnows (Die gefesselte Justiz) vorsichtig neu bewerten.
Innsbruck Gerhard Köbler
|
| |
| Westphal, Siegrid, Kaiserliche Rechtsprechung und herrschaftliche Stabilisierung. Reichsgerichtsbarkeit in den thüringischen Territorialstaaten 1648-1806 (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 43). Böhlau, Köln 2002. X, 526 S., 1 Karte. Besprochen von Matthias Kordes. |
Ganzen Eintrag anzeigen Westphal, Siegrid: Kaiserliche Rechtsprechung und herrschaftliche Stabilisierung. Reichsgerichtsbarkeit in den thüringischen Territorialstaaten 1648-1806 ( = Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich 43). Böhlau, Köln, 2002. X, 526 S., 1 Karte.
Mit dem vorliegenden Band 43 der sog. „Grünen Reihe“ tritt vollends zutage, dass Reichsjustizforschung zu Beginn des 21. Jahrhunderts mittlerweile nicht mehr nur eine der beiden Höchstgerichte in den Blick nimmt, sondern auch den multiplexen Charakter der gesamten Reichsgerichtsbarkeit in eine spezielle, hier landesgeschichtliche Fragestellung einfließen lassen kann. Nicht von ungefähr hält der Titel des Buches den institutionellen Rahmen bewusst offen, in dem er doch zunächst nur von ‚kaiserlicher Rechtsprechung’ verlauten lässt.
Westphal kann zum einen auf neue, DFG-generierte Repertorien zur thüringischen Reichskammergerichtsüberlieferung zurückgreifen (im folgenden: RKG), beim Reichshofrat (im folgenden: RHR) ist sie jedoch zwangsläufig auf ältere unzulängliche Findmittel angewiesen und räumt ein, dass in absehbarer Zeit kein Gesamtbild der reichshofrätlichen Inanspruchnahme und damit der reichsgerichtlichen Tätigkeit insgesamt erstellt werden kann. Die Frage territorialer Inanspruchnahme von Reichsjustiz ist schon von Helmut Gabel 1990 bezüglich des Reichskammergerichts und des niederrheinisch-westfälischen Reichskreises untersucht worden, Westphal richtet nun den Fokus auf sog. Aktiv- und Passivprozesse (also geordnet nach Kläger und Beklagtenrolle) thüringischer Territorialdynastien aus den verschiedenen, in Gemengelage zueinander stehenden Linien des Hauses Sachsen-Gotha, der Bezugsrahmen der Reichskreise spielt dabei jedoch eine eher untergeordnete Rolle.
Schon in der Einleitung kann Westphal überzeigend begründen, warum sie nicht den einfacheren Weg über die modernen gedruckten RKG-Findbücher geht, sondern sich vornehmlich auf die schwieriger zu ha |
| |
| Wiedemann, Andreas Wolfgang, Preußische Justizreformen und die Entwicklung zum Anwaltsnotariat in Altpreußen (1700-1849) (= Schriften der deutschen notarrechtlichen Vereinigung 17). Otto Schmidt, Köln 2003. XXXIX, 369 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wiedemann, Andreas Wolfgang, Preußische Justizreformen und die Entwicklung zum Anwaltsnotariat in Altpreußen (1700-1849) (= Schriften der deutschen notarrechtlichen Vereinigung 17). Otto Schmidt, Köln 2003. XXXIX, 369 S.
Das ältere preußische Notarrecht ist von der knappen Darstellung bei Adolf Weißler, Zur Geschichte des Preußischen Notariats (Freiburg im Breisgau 1914) abgesehen, bisher nicht Gegenstand einer eigenen Darstellung gewesen. Das Werk Wiedemanns füllt diese Lücke der Justizgeschichte Preußens in vollem Umfang aus, da der Verfasser neben der wenig übersichtlichen Gesetzgebungsgeschichte des 18. Jahrhunderts auch die reichhaltige archivalische Überlieferung in seine Untersuchungen mit einbezogen hat. Da das Notariat grundsätzlich mit der Advokatur verbunden war, geht der Verfasser durchgehend auch auf die Entwicklung der Rechtsanwaltschaft (Justizkommissariat) ein, die für die friderizianische Zeit präziser als in den bisherigen Darstellungen beschrieben wird. Wie die meisten anderen deutschen Staaten versuchte auch Preußen seit Ende des 17. Jahrhunderts den Einfluss der vom Kaiser bestellten Hofpfalzgrafen, in deren Händen die Ernennung der Notare lag, zurück zu drängen. Seit 1708 musste jeder kaiserliche Notar, der in Preußen tätig werden wollte, sich examinieren und an einem preußischen Justizkollegium immatrikulieren lassen. Allerdings war weiterhin die Erlangung des kaiserlichen Notariatsdiploms regelmäßig Voraussetzung dafür, dass man überhaupt geprüft und schließlich nach erfolgter Immatrikulation seine Praxis in Preußen aufnehmen durfte. Die Anordnung von 1708 blieb aus Furcht vor einer kaiserlichen Reaktion allerdings unveröffentlicht. Erst 1748 legte Preußen im Codex Fridericianus die 1708 begründete Praxis offen. 1771 erging dann eine Notariatsinstruktion, nach der für die Immatrikulation nicht mehr vorausgesetzt wurde, dass der Bewerber ein kaiserliches Notariatsdiplom erhalten hatte. Von da an gab es in Preußen zuneh |
| |
| Willing, Matthias, Das Bewahrungsgesetz (1918-1967). Eine rechtshistorische Studie zur Geschichte der deutschen Fürsorge (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts). Mohr (Siebeck) 2003. XII, 447 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Willing, Matthias, Das Bewahrungsgesetz (1918-1967). Eine rechtshistorische Studie zur Geschichte der deutschen Fürsorge (= Beiträge zur Rechtsgeschichte des 20. Jahrhunderts). Mohr (Siebeck) 2003. XII, 447 S.
Das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) vom 30. 6. 1961 brachte erstmals die umfassende Möglichkeit, „Gefährdete“ in einer Anstalt oder in einem Heim gegen ihren Willen unterzubringen, wenn „der Gefährdete besonders willensschwach oder in seinem Triebleben besonders hemmungslos ist und er verwahrlost oder der Gefahr der Verwahrlosung ausgesetzt ist und die Hilfe nur in einer Anstalt, in einem Heim oder in einer gleichartigen Einrichtung wirksam gewährt werden kann“ (§ 73). Diese Regelung, die zwischen 1962 und 1967 zur Unterbringung von nur zehn Personen in einer geschlossenen Anstalt geführt hat, wurde durch Urteil des Bundesverfassungsgerichts am 18. 7. 1967 wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 S. 2 GG für verfassungswidrig erklärt. Damit war die 50jährige Diskussion über die Schaffung eines Bewahrungsgesetzes – so die Terminologie seit 1925 in Abgrenzung zur strafrechtlichen Verwahrung – beendet, die im Oktober 1918 auf der Gefährdetenhilfe-Tagung des Frankfurter Wohlfahrtsamtes begonnen hatte. Willing befasst sich in seinem grundlegenden Werk mit den zahlreichen Projekten zu einem Verwahrungs- bzw. Bewahrungsgesetz zwischen 1918 und 1961, die in einem Dokumentenanhang im Wortlaut auch mitgeteilt werden, soweit sie unveröffentlicht blieben oder schwer zugänglich sind. Der Anstoß zu einem Bewahrungsgesetz kam von Agnes Neuhaus, der Vorsitzenden des 1903 gegründeten Katholischen Fürsorgevereins für Mädchen, Frauen und Kinder (KFV). Neuhaus hatte sich seit 1904 für ein solches Gesetz eingesetzt, bis es ihr in der Umbruchsphase 1917/18 gelang, weitere Fürsorgekreise für das Vorhaben zu interessieren. Zielgruppe für das Gesetz waren nach Neuhaus gefährdete und „gefallene“ junge Frauen aus dem Prostituiertenmilieu für die Zeit ab der Vollj |
| |
| Winzen, Kristina, Handwerk – Städte – Reich. Die städtische Kurie des immerwährenden Reichstags und die Anfänge der Reichshandwerksordnung (= Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 160). Steiner, Stuttgart 2002. 206 S. Besprochen von Gerhard Deter. |
Ganzen Eintrag anzeigen Winzen, Kristina, Handwerk – Städte – Reich. Die städtische Kurie des immerwährenden Reichstags und die Anfänge der Reichshandwerksordnung (= Vierteljahresschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Beiheft 160). Steiner, Stuttgart 2002. 206 S.
Die hier anzuzeigende Studie analysiert die Rolle, welche das städtische Kollegium des Reichstages während der Beratungen zum Handwerksrecht in den Jahren 1665 bis 1672 spielte. Die Verhandlungen zwischen 1726 und 1731, die dem Inkrafttreten der Reichshandwerkordnung unmittelbar vorausgingen, werden dagegen nur in einem kurzen Ausblick dargestellt. Der Gegenstand der Untersuchung ist demnach, anders als deren Titel vermuten lässt, durchaus eng begrenzt. Der Bemerkung wert sein dürfte der Umstand, dass die Verfasserin hier einen genuin juristischen Forschungsgegenstand bearbeitet hat, den gleichwohl die Philosophische Fakultät der Universität Bonn als Dissertation angenommen hat. So verdient die Studie die besondere Aufmerksamkeit der Rechtshistoriker - stellt die Reichshandwerksordnung des Jahres 1731 doch eines der bedeutendsten Gesetzgebungswerke des Immerwährenden Reichstages dar. Das Forschungsvorhaben lässt sich folgendermaßen umreißen: Zum einen sucht die Verfasserin das Meinungsspektrum in der dritten Kurie des Reichstages zu Inhalten und Zielen der Handwerksgesetzgebung transparent zu machen, wobei auch die innere Struktur des Kollegiums sichtbar werden soll; zum anderen untersucht sie am Beispiel der Entstehung des Gesetzentwurfs die Einflussmöglichkeiten der Reichsstädte und deren Verhältnis zu den Kollegien der Kurfürsten und Fürsten. Die günstige Quellenlage erlaubt es, die Interessen der beteiligten Stände herauszuarbeiten und die Durchsetzungsmöglichkeiten, welche die Städte gegenüber den höheren Kollegien besaßen, aufzuzeigen. Gerade letzterer Umstand erweist sich als besonders aufschlussreich, da die diesbezügliche rechtliche Lage bis zum Ende des Alten Reiches letztlich ungeklärt bl |
| |
| Wittke, Margarete, Mord und Totschlag? Gewaltdelikte im Fürstbistum Münster 1580-1620. Täter, Opfer und Justiz (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Westfalen XXII Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landesforschung 21). Aschendorff, Münster 2002. 358 S., Karte. Besprochen von Andreas Bauer. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wittke, Margarete, Mord und Totschlag? Gewaltdelikte im Fürstbistum Münster 1580-1620. Täter, Opfer und Justiz (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Westfalen XXII Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landesforschung 21). Aschendorff, Münster 2002. 358 S., Karte.
Die als Dissertation bei Winfried Schulze an der Universität München entstandene strafrechtsgeschichtliche Arbeit Margarete Wittkes beschäftigt sich mit der landesherrlichen, städtischen und adligen Rechtspraxis bei Gewaltdelikten im Fürstbistum Münster in den Jahren 1580 - 1620, einem frühneuzeitlichen Territorium, das sich wegen des reichen Quellenmaterials als besonders lohnendes Untersuchungsfeld anbietet. Ausgewertet werden für den Untersuchungszeitraum verschiedene archivalische Bestände. Hierzu gehören im wesentlichen eine im Auftrag der fürstbischöflichen Regierung gefertigte Erhebung aller Totschläge für die Jahre 1580 - 1600 sowie die seit 1574 mit einigen Lücken erhaltenen Regierungsprotokolle der landesherrlichen Verwaltung. Zusätzlich wird ein Protokollbuch der Stadt Coesfeld für den Zeitraum 1574 - 1657 herangezogen, in dem diejenigen wegen Totschlags bezichtigten Personen registriert worden sind, denen in der Stadt Asyl gewährt werden sollte. Schließlich werden verschiedene für die Praxis der Strafrechtspflege im Untersuchungszeitraum relevante Protokollbücher und Akten der Stadt Warendorf und des adligen Kirchspiels Füchtdorf herangezogen. Die Auswahl der Quellen erlaubt es für den Untersuchungszeitraum exemplarisch städtische Strafrechtspraxis (Warendorf), in der der Magistrat maßgeblich die Jurisdiktion bestimmte, mit einem unter adeliger Rechtsprechung stehendem Gebiet (Füchtdorf) zu vergleichen und die so gewonnenen Ergebnisse mit der jeweiligen Haltung der Landesregierung zur Gewaltkriminalität der Untertanen in Beziehung zu setzen. Nachvollziehbar hat sich die Verfasserin bei ihrer Untersuchung auf die zugegebenermaßen kurze Zei |
| |
| Wrabetz, Peter, Österreichs Rechtsanwälte in Vergangenheit und Gegenwart. Verlag Österreich, Wien 2004. 384 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wrabetz, Peter, Österreichs Rechtsanwälte in Vergangenheit und Gegenwart. Verlag Österreich, Wien 2004. 384 S.
Einundvierzig Männer und eine Frau sehen dem Leser von der Umschlaghülle aufmerksam entgegen. Sofern die Ordnung chronologisch ist, steht am Anfang noch vereinzelt die Perücke. Gegen Ende sind die Bärte fast völlig geschwunden.
Weil es ohne Vergangenheit keine Zukunft gibt, bekennen sich Rechtsanwälte auch zur Geschichte. Ihre Herausgabe hat der 1842 gegründete juridisch-politische Leseverein übernommen. Ihm ist schon Wilhelm Brauneders Leseverein und Rechtskultur zum 150jährigen Jubiläum des Vereins zu verdanken.
Gut zehn Jahre später erzählt Peter Wrabetz die Geschichte seines Berufstandes in Österreich. Unterstützt hat ihn dabei eine ausgewiesene Historikerin. Bestimmt ist das ansprechende Buch für eine breitere Leserschaft.
Den Beginn bilden dabei die Wurzeln im römischen und deutschen Recht bis etwa zur ersten Jahrtausendwende. Dass dafür eigene Forschungen nicht wirklich notwendig sind, ist leicht verständlich. Deswegen schadet auch der Exkurs über Talar und Robe an dieser Stelle nicht wirklich.
Angefügt werden dem die Anfänge der berufsmäßigen Parteienvertretung auf österreichischem Boden, wobei in einem Exkurs Michael Kohlhaas berührt wird. Als Zäsur wird dabei die erste Advokatenordnung auf österreichischem Boden genommen (1638), so dass erst mit ihr die Herausbildung eines Advokatenstandes bejaht wird. Unter der Allgemeinen Gerichtsordnung von 1781 werden danach für das Jahr 1800 122 Advokaten in Wien ermittelt, mehr als 70 in Prag und 42 in Graz.
Auch für die Advokaten erfolgt 1848 eine juridisch-politische Wende, deren Auswirkungen bis nach Ungarn, Venedig und Polen aufgespürt werden. Die Advokaten sind in der verfassunggebenden Nationalversammlung des Deutschen Bundes in Frankfurt am Main, im konstituierenden Reichstag in Wien und Kremsier vertreten und stellen mit Alexander |
| |
| Wrobel, Kathrin, Von Tribunalen, Friedensrichtern und Maires. Gerichtsverfassung, Rechtsprechung und Verwaltungsorganisation des Königreichs Westphalen unter besonderer Berücksichtigung Osnabrücks (= Osnabrücker Schriften zur Rechtsgeschichte 11). V & R unipress, Göttingen 2004. 203 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wrobel, Kathrin, Von Tribunalen, Friedensrichtern und Maires. Gerichtsverfassung, Rechtsprechung und Verwaltungsorganisation des Königreichs Westphalen unter besonderer Berücksichtigung Osnabrücks (= Osnabrücker Schriften zur Rechtsgeschichte 11). V & R unipress, Göttingen 2004. 203 S.
Obwohl die Gesetzgebungsgeschichte des Königreichs Westphalen inzwischen gut erforscht ist, fehlt es immer noch an Arbeiten über die praktische Durchführung der westfälischen Zivil- und Strafgesetzgebung in den einzelnen Regionen des Königreichs. Die Arbeit Kathrin Wrobels befasst sich mit der Umsetzung der westphälischen Justizreformen im Distrikt Osnabrück (Weser-Departement), das im Herbst 1802 zu Hannover und nach zwei französischen Okkupationen (mit einer kurzen Besetzung durch Preußen 1806) im August 1807 Teil des Königreichs Westphalen wurde. Der erste Teil der Arbeit (S. 19-46) behandelt die Territorialgeschichte, die Verfassung des Königreichs, die Neuorganisation der Verwaltung, das Gesetzgebungsverfahren sowie den Handel und das Gewerbe (Kontinentalsperre). Der zweite Teil beginnt mit der Beschreibung der wenig effektiven Justiz des vormaligen Fürstbistums Osnabrück (S. 67ff.); anschließend beschreibt die Verfasserin ausführlich die einzelnen Rechtsprechungsinstanzen (Staatsrat als Kassationsgericht, Appellationsgericht in Kassel, Kriminalgerichtshöfe [Geschworenengerichte], Tribunale 1. Instanz und Friedensgerichte). Aufschlussreich ist der Abschnitt über die Juristen im Königreich Westphalen (S. 99ff.), deren Qualifizierung eine Prüfungsordnung vom 29. 11. 1809 festlegte. Bei der Besetzung der Richterstellen griff man im Wesentlichen auf die bisherigen Inhaber von Richter-, Gografen- und Vogtämtern zurück, war also um Kontinuität bemüht (S. 109ff.). S. 119ff. schildert die Verfasserin das Verfahren vor den Friedensgerichten nach der westfälischen Zivilprozessordnung vom August 1808, S. 135ff. die Funktionsweise der Strafgerichtsbarkeit (nach d |
| |
| Wüst, Wolfgang, Die „gute“ Policey im Reichskreis. Zur frühmodernen Normensetzung in den Kernregionen des Alten Reiches. Bd. 2 Die „gute“ Policey im Fränkischen Reichskreis. Akademie Verlag, Berlin 2003. 871 S. Besprochen von Rudolf Endres. |
Ganzen Eintrag anzeigen Wüst, Wolfgang, Die „gute“ Policey im Reichskreis. Zur frühmodernen Normensetzung in den Kernregionen des Alten Reiches. Bd. 2 Die „gute“ Policey im Fränkischen Reichskreis. Akademie Verlag, Berlin 2003. 871 S.
Nach dem Schwäbischen Reichskreis hat Wolfgang Wüst die „gute“ Policey im Fränkischen Reichskreis bereits bearbeitet und abgehandelt. Mit Beispielen aus mehr als dreißig Territorien erweist sich der Reichskreis in der zentralen Gesetzgebung als überaus aktiv in der frühmodernen „Ordnungspolitik“. Vielfach setzten die Stadt- und Dorfordnungen, Weistümer und Gerichtsstatuten schon im Mittelalter ein, doch im 16. Jahrhundert erreichte die „Policey“ eine neue Qualität als Regelwerk. Vor allem zeigen und belegen die edierten Quellen aus Franken, wie intensiv die Reichsgesetzgebung auf die Statuten und Ordnungen territorialer und städtischer Policey wirkte. In der „Historischen Einleitung“ referiert Wolfgang Wüst die Entwicklung und den gegenwärtigen Stand der Policeyforschung und der Polizeiwissenschaft. Thematisch reicht die Spannweite der ausgewählten Quellen von Maßnahmen gegen das schuldenfördernde „fressen und saufen“ in öffentlichen Gasthäusern und vor allem bei Hochzeiten, Kindstaufen und Kirchweihen, gegen die Spielleidenschaft, gegen Ehebruch, Fluchen und Gotteslästern, bis zu praktischen Anleitungen zur Seuchen- und Katastrophenprävention. Dabei spielten die Kirchweihen und der Kirchweihschutz als Merkmal territorialer Hoheit in Franken eine besondere Rolle. Zwischen katholischen und protestantischen Gebieten werden Unterschiede in den Ordnungen erkennbar, die in ihrer Vielfältigkeit eine Fundgrube auch für Volkskundler ergeben. Die „gute“ Policey umfasste aber nicht nur Regelungen zum Kirchgang und zum richtigen Feiern, sondern auch zum Arbeits-, Handwerks- und Zunftleben und zur Gewerbeordnung. Die Ordnungen enthalten zudem Vorschriften zur Vorsorge im Gesundheitswesen bis hin zur Ausweisung Kranker bei Seuchengefahr. E |
| |
| Zettler, Alfons, Geschichte des Herzogtums Schwaben. Kohlhammer, Stuttgart 2003. 272 S. Besprochen von Harald Rainer Derschka. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zettler, Alfons, Geschichte des Herzogtums Schwaben. Kohlhammer, Stuttgart 2003. 272 S.
Das Herzogtum Schwaben zählt zu den großen Themen der hochmittelalterlichen Landesgeschichte Südwestdeutschlands. Die verfassungs-, rechts- und ideengeschichtlichen Dimensionen der Herzogsherrschaft waren bereits Gegenstand einer umfassenden modernen Analyse (Maurer, Helmut, Der Herzog von Schwaben. Grundlagen, Wirkungen und Wesen seiner Herrschaft in ottonischer, salischer und staufischer Zeit. Thorbecke, Sigmaringen 1978). Die seitherige Zunahme unseres Wissens über das frühe und hohe Mittelalter im Südwesten (etwa durch die Arbeiten von M. Borgolte, D. Geuenich, K. Schmid, Th. Zotz) rechtfertigt eine neue monographische Bearbeitung durch Alfons Zettler, den Inhaber des Lehrstuhls für mittelalterliche Geschichte der Universität Dortmund. Zettler möchte sich nicht auf die die Zeit der schwäbischen Herzöge beschränken (um 911 bis 1268), sondern bezieht die Vorgeschichte und das Nachleben des Herzogtumes Schwaben in seine Darstellung mit ein.
Die Quellenlage für die schwäbisch-alemannische Frühgeschichte ist bekanntermaßen unbefriedigend; gleichwohl kann Zettler – nicht zuletzt vor dem Hintergrund jüngerer archäologischer Forschungen – einige Vorbedingungen für die hochmittelalterliche Entwicklung plausibel herausarbeiten, namentlich die Ethnogenese der Alemannen in der Spätzeit des römischen Reiches und unter fränkischer Oberherrschaft, die Entstehung bis in die Neuzeit wirksamer kirchlicher Strukturen in der Merowingerzeit, die Stabilisierung einer alemannischen Identität im Hochadel Alemanniens und schließlich die Wahrnehmung Alemanniens als herrschaftliche Einheit in der Karolingerzeit. Einmal mehr erweisen sich die spätantiken Gegebenheiten in Südwestdeutschland nicht als bloße Vorgeschichte, sondern als prägend für das gesamte weitere Mittelalter. Eine nachträgliche Bestätigung erfährt Zettler darin durch die aktuellen archäologischen Ausgra |
| |
| Zunker, Diana, Adel in Westfalen. Strukturen und Konzepte von Herrschaft (1106-1235) (= Historische Studien 472). Matthiesen, Husum 2003. 446 S. graph. Darst. Kt. Besprochen von Gudrun Pischke. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zunker, Diana, Adel in Westfalen. Strukturen und Konzepte von Herrschaft (1106-1235) (= Historische Studien 472). Matthiesen, Husum 2003. 446 S., graph. Darst., Kt.
Die Verfasserin hat sich der schwierigen Aufgabe gestellt, das Wirken einiger westfälischer Adelsfamilien im Zeitraum der Umgestaltung des sächsischen Herzogtums über die Herzogsherrschaft Lothars von Süpplingenburg zum ‚Territorialherzogtum‘ Ottos des Kindes (so S. 12) zu untersuchen. Aus etwa 120 Adelsfamilien hat sie aufgrund der „recht gut“ greifbaren Quellen in der insgesamt für derartige Forschungen dürftigen Quellenlage fünf „bedeutende“ Familien mit Herrschaftsschwerpunkten im östlichen Westfalen-Engern ausgewählt (S. 21). Nach Einleitung (mit dem Anreißen der Frage nach der Haltung des westfälischen Adels als Anhänger oder Vasallen Heinrichs des Löwen bei Aufteilung des Herzogtums Sachsen 1180), Forschungsüberblick (mit dem vollkommen korrekten – und hoffentlich auffordernden – Hinweis, dass die Gruppe unterhalb der Reichsfürsten bisher noch kaum im Blickpunkt der Forschung steht), Quellenlage (mit weniger die Anzahl der mühsam zu durchforstenden Urkundenbücher und anderer Quellen als vielmehr Art und Qualität der z. T. alten Editionen), Fragstellung und Methode (mit dem Verweis auf die Wertigkeit von Zeugenreihen in ihrer reichs- und regionalpolitischer Bedeutung, S. 19) im ersten Abschnitt folgen im nächsten nach der „Definition von Adel“ – in der Reihenfolge ihres Greifbarwerdens in den Schriftquellen – die Ergebnisse der Recherchen zu den Grafen von Everstein, den Edelherren von der Lippe, den Grafen von Schwalenberg, den Grafen von Tecklenburg und den Grafen von Ravensberg.
Jeder Abschnitt beginnt mit einer einleitenden Fragestellung, die aufgrund von Überlieferung und Zufälligkeiten persönlicher Schicksale und familiärer Konsequenzen keine vergleichende Antwort erwarten lässt, sondern auf eine individuelle Facette der Familiengeschichte weist, die nach Abh |
| |
| Zwicky, Markus, Prozess und Recht im alten Zug. Eine Darstellung des Prozessrechts im eidgenössischen Stande Zug vom 15. Jahrhundert bis zum Ende des Ancien Régime (= Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte 48). Zürich 2002. XLV, 382, 37 S., graph. Darst. Besprochen von Andreas Bauer. |
Ganzen Eintrag anzeigen Zwicky, Markus, Prozess und Recht im alten Zug. Eine Darstellung des Prozessrechts im eidgenössischen Stande Zug vom 15. Jahrhundert bis zum Ende des Ancien Régime (= Zürcher Studien zur Rechtsgeschichte 48). Zürich 2002. XLV, 382, 37 S., graph. Darst.
Markus Zwicky behandelt in seiner von Clausdieter Schott betreuten Dissertation das Gerichtswesen des schweizerischen Kantons Zug in der frühen Neuzeit. Während der Bereich der Strafrechtsgeschichte des alten Zug durch die beiden auch heute noch grundlegenden, um 1915 entstandenen Darstellungen von Stutz und Weber bereits gut dokumentiert ist, gilt dies für die ältere „Zivilrechtspflege“ nicht. Um diese Forschungslücke zu schließen, hat Zwicky einen bereits durch die Menge beeindruckenden Bestand an Archivalien des Zuger Staatsarchives für den Untersuchungszeitraum bearbeitet. Bei der Vielzahl der überlieferten Gerichtsakten erscheint es nachvollziehbar, daß der Autor sich zur Gewinnung von statistisch verwertbaren Material bei der jeweils vollständigen Erfassung der Gerichtsakten auf bestimmte Zeiträume des immerhin etwa 300 Jahre umfassenden Untersuchungszeitraums (vom späten 15. Jahrhundert bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts) beschränken mußte. Ausgewählt wurden die Zeitperioden 1537-1546, 1560-1569 und 1660-1669, die sich durch eine besonders vollständige Überlieferung des rechtshistorischen Quellenmaterials auszeichnen und in denen keine politischen Auseinandersetzungen den normalen Lauf der Dinge störten. Die durch die systematische Auswertung der Archivalien gewonnenen Ergebnisse sind geordnet nach den verschiedenen Fragestellungen der Arbeit in einem Anhang mit zahlreichen Diagrammen beigegeben. Neben statistischen Angaben zu Entscheidungsdichte der Gerichte im alten Zug, finden sich dort z. B. statistische Angaben zur Frage der Geschlechterverteilung bei der Inanspruchnahme der verschiedenen Zuger Gerichtsinstanzen oder zur Häufigkeit unterschiedlicher Klagegegenstände, sowohl für den |
| |
| A Great Effusion of Blood? Interpreting Medieval Violence, hg. v. Meyerson, Mark D./Thiery, Daniel/Falk, Oren. University of Toronto Press. Toronto 2004. VIII, 319 S. Besprochen von Susanne Jenks. |
Ganzen Eintrag anzeigen A Great Effusion of Blood? Interpreting Medieval Violence, hg. v. Meyerson, Mark D./Thiery, Daniel/Falk, Oren. University of Toronto Press. Toronto 2004. VIII, 319 S.
Die meisten der 13 Aufsätze in diesem Sammelband entstanden im Rahmen der Tagung „Violence in Medieval Society“, die vom Centre for Medieval Studies der Universität von Toronto im Jahre 1998 veranstaltete wurde. Ihr geographischer Rahmen (Skandinavien bis Königreich Valencia) ist ebenso umfassend wie der zeitliche (Angelsachsen bis 15. Jahrhundert).
Thematisch untergliedern sich die Essays in zwei Bereiche: Die ersten sechs dokumentieren Gewalt als Teil des sozialen Lebens, die angewandt wird, um eine bestimmte Position in der Gesellschaft zu erreichen beziehungsweise zu verteidigen. Sie sind unter der Überschrift „Violence and Identity Formation“ zusammenfasst. John M. Hill erläutert am Beispiel von Wiglaf, einer Figur im angelsächsichen Gedicht Beowulf, wie ein Individuum durch die (ehrenhafte) Anwendung von Gewalt seine Identität und seinen Status verändern kann (Violence and the Making of Wiglaf, S. 1-33). Gewalt brachte jedoch nicht per se eine Verbesserung der gesellschaftlichen Stellung, wie Debra Blumenthal (Defending Their Masters’ Honour: Slaves as Violent Offenders in Fifteenth-Century Valencia, S. 34-56) zeigt. Sie beschreibt Gewaltakte, in denen Sklaven eine prominente Rolle spielten, und wertet die Einbeziehung von Sklaven in Gewaltakte ihrer Herren als Ausdruck ihrer Position als kaum wahrgenommene Randgruppe. Der dritte Beitrag handelt von einem Akt normativer Gewalt hervorgerufen durch spezielle Ehrvorstellungen, doch spielten nach Mark D. Meyerson (The Murder of Pau de Sant Martí: Jews, Conversos, and the Feud in Fifteenth-Century Valencia, S. 57-78) Blutsbande eine weitaus bedeutendere Rolle beim Mord an dem getauften Juden Pau de Sant Martí im Juli 1430 als die Religion, denn conversos taten sich - eine Generation nach der „period of conversions (13 |
| |
| Acta Pacis Westphalicae. Die französischen Korrespondenzen, Band 4 1646, bearb. v. Kelch-Rade, Clivia/Tischer, Anuschka unter Vorarbeiten von Goronzy, Kriemhild und unter Mithilfe von Rohrschneider, Michael (= Acta Pacis Westphalicae, Serie 2, Abteilung B). Aschendorff, Münster 1999. LXXI, 975 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Acta Pacis Westphalicae. Die französischen Korrespondenzen, Bände 3, 1, 3, 2. Teile 1645–1646, 1646, unter Benutzung der Vorarbeiten von Goronzy, Kriemhild, bearb. v. Jarnut, Elke/Bohlen, Rita, mit einer Einleitung und einem Anhang v. Bosbach, Franz (= Acta Pacis Westphalicae Serie 2 Abteilung B). Aschendorff, Münster 1999. LXXXII, 676, 677-1246 S. Acta Pacis Westphalicae. Die französischen Korrespondenzen, Band 4 1646, bearb. v. Kelch-Rade, Clivia/Tischer, Anuschka unter Vorarbeiten von Goronzy, Kriemhild und unter Mithilfe von Rohrschneider, Michael (= Acta Pacis Westphalicae, Serie 2, Abteilung B). Aschendorff, Münster 1999. LXXI, 975 S.
Mit diesen beiden voluminösen Bänden der Acta Pacis Westphalicae ist die Edition der Akten des Westfälischen Friedenskongresses ein weiteres, wichtiges Stück vorangekommen. Die Bände enthalten die gesamte Korrespondenz der französischen Gesandten vom 25. November 1645 bis zum 23. November 1646, in deren Mittelpunkt die Erörterung der Satisfaktionsforderungen Frankreichs an den Kaiser einschließlich der ersten Formulierung der wichtigen Satisfaktionsartikel vom 13. September 1646 stehen. Weiterer gewichtiger Gegenstand ist die Korrespondenz der Gesandten über die Verhandlungen mit Spanien sowie die Rolle der Generalstaaten der Niederlande.
Beide Bände beruhen auf jahrzehntelangen Forschungen in den französischen Archiven und Bibliotheken, die zum Teil bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückreichen und wesentlich von Kriemhild Goronzy geleistet wurden. Die abschließenden Arbeiten an Band 3, der die Korrespondenzen vom 25. November 1645 bis zum 8. Juni 1646 sowie im Anhang den Abdruck der wichtigen französischen Elsaßmemoranden sowie der Karte von Daniel Specklin aus dem Jahre 1576 enthält, wurden von Elke Jarnut und nach deren tragischem Tod von Rita Bohlen vorgenommen. Franz Bosbach steuerte einige Ergänzungen bei und versah den Band mit einer ebenso ausführlichen wie erhellende |
| |
| Acta Pacis Westphalicae. Die französischen Korrespondenzen, Bände 3, 1, 3, 2. Teile 1645–1646, 1646, unter Benutzung der Vorarbeiten von Goronzy, Kriemhild, bearb. v. Jarnut, Elke/Bohlen, Rita, mit einer Einleitung und einem Anhang v. Bosbach, Franz (= Acta Pacis Westphalicae Serie 2 Abteilung B). Aschendorff, Münster 1999. LXXXII, 676, 677-1246 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Acta Pacis Westphalicae. Die französischen Korrespondenzen, Bände 3, 1, 3, 2. Teile 1645–1646, 1646, unter Benutzung der Vorarbeiten von Goronzy, Kriemhild, bearb. v. Jarnut, Elke/Bohlen, Rita, mit einer Einleitung und einem Anhang v. Bosbach, Franz (= Acta Pacis Westphalicae Serie 2 Abteilung B). Aschendorff, Münster 1999. LXXXII, 676, 677-1246 S. Acta Pacis Westphalicae. Die französischen Korrespondenzen, Band 4 1646, bearb. v. Kelch-Rade, Clivia/Tischer, Anuschka unter Vorarbeiten von Goronzy, Kriemhild und unter Mithilfe von Rohrschneider, Michael (= Acta Pacis Westphalicae, Serie 2, Abteilung B). Aschendorff, Münster 1999. LXXI, 975 S.
Mit diesen beiden voluminösen Bänden der Acta Pacis Westphalicae ist die Edition der Akten des Westfälischen Friedenskongresses ein weiteres, wichtiges Stück vorangekommen. Die Bände enthalten die gesamte Korrespondenz der französischen Gesandten vom 25. November 1645 bis zum 23. November 1646, in deren Mittelpunkt die Erörterung der Satisfaktionsforderungen Frankreichs an den Kaiser einschließlich der ersten Formulierung der wichtigen Satisfaktionsartikel vom 13. September 1646 stehen. Weiterer gewichtiger Gegenstand ist die Korrespondenz der Gesandten über die Verhandlungen mit Spanien sowie die Rolle der Generalstaaten der Niederlande.
Beide Bände beruhen auf jahrzehntelangen Forschungen in den französischen Archiven und Bibliotheken, die zum Teil bis in die sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückreichen und wesentlich von Kriemhild Goronzy geleistet wurden. Die abschließenden Arbeiten an Band 3, der die Korrespondenzen vom 25. November 1645 bis zum 8. Juni 1646 sowie im Anhang den Abdruck der wichtigen französischen Elsaßmemoranden sowie der Karte von Daniel Specklin aus dem Jahre 1576 enthält, wurden von Elke Jarnut und nach deren tragischem Tod von Rita Bohlen vorgenommen. Franz Bosbach steuerte einige Ergänzungen bei und versah den Band mit einer ebenso ausführlichen wie erhellende |
| |
| Adam, Thomas, Die Gondelsheimer Rebellion von 1780. Ein Bauernaufstand und seine Folgen (= Die Gondelsheimer Geschichte, Sonderband 5). Verlag Regionalkultur, Heidelberg 2005. 166 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Adam, Thomas, Die Gondelsheimer Rebellion von 1730. Ein Bauernaufstand und seine Folgen (= Die Gondelsheimer Geschichte, Sonderband 5). Verlag Regionalkultur, Heidelberg 2005. 166 S.
Gondelsheim im Kraichgau bei Weinheim, Bretten und Karlsruhe hat keine besonders aufregende Geschichte. Zwar wurden in seiner Nähe jungsteinzeitliche Trichtergruben und Herdgruben und auch zahlreiche Zeugnisse römischer Besiedelung gefunden. Das aus der Zeit der fränkischen Besitznahme Süddeutschlands stammende Dorf wird aber erst 1257 anlässlich eines Tausches vom Kloster Herrenalb an die Edlen von Wiesloch als Gundolfesheim urkundlich erwähnt.
Dessenungeachtet hat der in der Gegenwart gut 3000 Einwohner zählende Ort eine eigene vom Heimatverein Gondelsheim herausgegebene Gondelsheimer Geschichte. Sie zählt immerhin bereits einen Bildband, einen ersten, vom 7. Jahrtausend v. Chr. bis zum 9. Jahrhundert n. Chr. reichenden Band und vier Sonderbände. Ein fünfter Sonderband in eleganter Ausstattung ist jetzt hinzugekommen.
Zwar hält das Handbuch der historischen Stätten das dort behandelte Ereignis nicht der Erwähnung wert. Der als Autor zahlreicher Aufsätze und Bücher zur Regionalgeschichte bereits hervorgetretene Verfasser sieht aber nicht nur anderswo das verborgene Feuer der Revolution, sondern auch in Gondelsheim dramatische, die Menschen aufwühlende Ereignisse, die das herkömmliche Bild von der Ausschaltung des gemeinen Mannes aus dem gesellschaftlichen Leben nach dem Bauernkrieg des Jahres 1525 in Frage stellen. Nach ihm belegen Ereignisse wie die Gondelsheimer Rebellion, dass dörflicher Widerstand in der frühen Neuzeit geradezu alltäglich war.
Freilich legt der Verfasser in der Folge dar, dass die Ansichten über Rechte und Pflichten in Gondelsheim bereits lange vor 1730 unterschiedlich waren, ohne dass es zu einer Rebellion gekommen wäre. Im Frühjahr 1730 ging die Auseinandersetzung zwischen den Bauern des vielleicht 500 Bewohner |
| |
| Akten der Reichskanzlei - Regierung Hitler 1933-1945, Band 4 1937, bearb. v. Hartmannsgruber, Friedrich. Oldenbourg, München 2005. LXXII, 895 S. Besprochen von Karsten Ruppert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Akten der Reichskanzlei - Regierung Hitler 1933-1945, Band 4 1937, bearb. v. Hartmannsgruber, Friedrich. Oldenbourg, München 2005. LXXII, 895 S.
Erfreulich schnell schreitet die Bearbeitung der Akten der Reichskanzlei aus der Zeit der Hitler-Diktatur fort. Drei Jahre nach dem Band für 1936 (vgl. ZSRG, Germ. Abt. 122 [2004)] 929 - 931) liegt nun wieder ein Jahresband von bald 1000 Seiten vor. Das zentrale editorische Problem, das seine Ursache in dem mit den Jahren fortschreitenden Machtverfall des Kabinetts hat, verschärft sich von Band zu Band. Eine Fondsedition vorwiegend der Protokolle der Kabinettssitzungen, von denen 1937 nur noch sechs statt fanden, macht keinen Sinn mehr. Andererseits blieben die Mittel und Institutionen traditionellen Regierens ein wesentliches Element des Führerstaats; das beweist nicht zuletzt der vorliegende Band eindrucksvoll. Der Führer und seine Regierung blieben oberstes Entscheidungs- und Beratungsorgan, die Reichskanzlei koordinierte das Regierungshandeln und Gesetze wie Verordnungen, die die Ministerien vorbereiteten, blieben die wichtigsten Instrumentarien der Umsetzung.
Aus diesem Dilemma wurde von Bearbeiter und Herausgeber der überzeugende Schluss gezogen, zur Sachedition überzugehen. Es steht also nicht mehr eine bestimmte Aktenform im Vordergrund, sondern es werden gleichwertig alle Akten herangezogen, die die Entstehung, Umsetzung und nicht zuletzt auch die Auseinandersetzung um Gesetze, Verordnungen und Erlasse des Zeitraums spiegeln. Mit gutem Grund werden auch die gescheiterten oder zurückgestellten Initiativen aufgenommen, da die Debatten um diese oft das historisch Interessantere sind und aufschlussreiche Einblicke in das Wesen des nationalsozialistischen Systems gewähren. Dass damit die Gefahr gegeben ist, die Masse des Materials nicht mehr bändigen zu können, zeigt der Umfang der bisherigen Bände. Dennoch muss zugestanden werden, dass das Problem weitgehend (auf den Abdruck einiger Do |
| |
| Angst und Politik in der europäischen Geschichte, hg. v. Bosbach, Franz (= Bayreuther historische Kolloquien 13). Röll, Dettelbach 2000. 231 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Angst und Politik in der europäischen Geschichte, hg. v. Bosbach, Franz (= Bayreuther historische Kolloquien 13). Röll, Dettelbach 2000. 231 S.
Der vorliegende Sammelband enthält die Ergebnisse des XIV. Bayreuther Historischen Kolloquiums, das im Mai 1998 in Bayreuth abgehalten wurde. Generalthema war die Beschäftigung mit der Frage nach der Angst als Motor politischen Handelns und den verschiedenen Formen, in denen sich diese als Instrument politischen Handelns manifestiert hat und manifestiert. Beteiligte der Tagung waren vor allem Historikerinnen und Historiker sowie eine Psychologin, von denen jeder aus seiner Sicht das Problem der Angst und deren verschiedene Ausdrucksformen behandelte.
Der Sammelband beginnt mit einer Einleitung des Herausgebers, in der er einen Überblick über die Behandlung des Themas im Verlauf der Geschichte sowie den derzeitigen Forschungsstand gibt. Zu Recht verweist der Herausgeber darauf, daß die Angst als Phänomen schon früh erfaßt worden ist, daß bereits für die Antike eine ausgefeilte Angstlehre nachgewiesen werden kann und daß diese über die mittelalterliche Bildung in die Neuzeit gelangte. Bis in die Zeit der Aufklärung habe diese Tradition normierend auf die Historiographie eingewirkt und sei neben der Tradition der antiken Philosophie maßgebend für die Behandlung des Phänomens der Angst im 19. und 20. Jahrhundert geworden. Diese Tatsache war offensichtlich maßgebend für die Auswahl der Tagungsbeiträge und die Reihenfolge der Anordnung des Abdrucks im vorliegenden Tagungsband.
An der Spitze der Beiträge steht zunächst ein Beitrag von Frau Wiebke Putz-Osterloh über „Angst und Handeln aus psychologischer Sicht“, in dem der gegenwärtige Stand der psychologischen Forschung zur Angst als einer Form der Basisemotion unseres Handelns erläutert wird. Es folgt eine Untersuchung von Wolfgang Bergsdorf über „Angst und Politik“, in der nicht nur die These verfochten wird, daß die Angst auch heute noc |
| |
| Aretin, Karl Otmar Freiherr von, Das Alte Reich 1648-1806. Band 4 Gesamtregister. Klett-Cotta, Stuttgart 2000. 146 S. Besprochen von Adolf Laufs. |
Ganzen Eintrag anzeigen Aretin, Karl Otmar Freiherr von, Das Alte Reich 1648-1806. Band 4 Gesamtregister. Klett-Cotta, Stuttgart 2000. 146 S.
In drei stattlichen Bänden, die 1993 und 1997 erschienen (besprochen in dieser Zs. Bd. 112, 1995, S. 579-582 und Bd. 117, 2000, S. 731-733), erzählt der Autor die Geschichte des Alten Reiches einer größeren Leserschaft wie wissenschaftlichen Historikern. Jeder der drei Bände bietet in einem Anhang die für das wissenschaftliche Arbeiten erforderlichen Anmerkungen mit Quellennachweisen. Das Werk spricht in starkem Maße die Verfassungs- und Rechtshistoriker an. „Reichsgeschichte ... ist immer auch eine Geschichte der Reichsverfassung und ihres Funktionierens“. Die schriftlich nur teilweise fixierte, wesentlich aus dem Herkommen sich ergebende Verfassung läßt sich erst aus ihrem Einfluß auf das Geschehen in ihrer Bedeutung ermessen und verstehen. „Von daher ergab es sich, daß ein Sachregister ... notwendig ist, um den Inhalt der drei Bände zu erschließen“.
Der Autor hat das Register nicht elektronisch erstellt, sondern mit großem Kraft- und Zeitaufwand selbst erarbeitet. Es erhielt in einem eigenen Band genügend Raum und der Autor damit die Möglichkeit, „einen sehr feinen Raster anzulegen und so den Leser detailliert an die Probleme heranzuführen“.
Das Buch umfaßt zwei Teile: ein Personenregister und ein noch umfänglicheres Sachregister, das auch Orte verzeichnet. Obwohl die einzelnen Bände Personenregister enthalten, empfahl sich eine revidierte Gesamtaufnahme im Interesse besserer Erkennbarkeit von Querverbindungen. Leider haben sich Verlag und Autor nicht dazu entschließen können, dem Registerband ein Literaturverzeichnis anzugliedern. Gewiß bieten die Anmerkungen eine Vielzahl von Titeln. Auch hätte ein vollständiges Literaturverzeichnis das Buch aufgebläht. Aber eine Auswahlbibliographie hätte sich doch wohl empfohlen.
Im ganzen bietet der Abschluß eines monumentalen Alterswerkes noch einmal Anlaß, |
| |
| Arndt, Johannes, Das Heilige Römische Reich und die Niederlande 1566 bis 1648. Politisch-konfessionelle Verflechtung und Publizistik im Achtzigjährigen Krieg (= Münsterische Historische Forschungen 13). Böhlau, Köln – Weimar – Wien 1998. VIII, 364 S. Besprochen von Arno Buschmann. |
Ganzen Eintrag anzeigen Arndt, Johannes, Das Heilige Römische Reich und die Niederlande 1566 bis 1648. Politisch-konfessionelle Verflechtung und Publizistik im Achtzigjährigen Krieg (= Münsterische Historische Forschungen 13). Böhlau, Köln – Weimar – Wien 1998. VIII, 364 S.
Mit dieser bei Heinz Duchhardt in Münster angefertigten und von ihm betreuten Habilitationsschrift wird ein Thema behandelt, das in der deutschen wie in der niederländischen Geschichtsschreibung immer wieder erörtert worden ist, wenn auch unter verschiedenen, nicht selten politischen und ideologischen Gesichtspunkten: das Thema der Ablösung der Niederlande vom Heiligen Römischen Reich. Anders jedoch als die bisherigen Darstellungen versucht Johannes Arndt in seiner Arbeit nicht nur die Frage nach der Ablösung zu beantworten, sondern untersucht die Gesamtheit der Beziehungen zwischen dem Heiligen Römischen Reich und den nördlichen Provinzen der Niederlande im 16. und 17. Jahrhundert, in die der Vorgang der Ablösung eingebettet war.
Was die Ablösung der Niederlande betrifft, so stand in der bisherigen Forschungsliteratur stets die Frage nach dem Zeitpunkt im Vordergrund. Einig war man sich, daß ein fixer Zeitpunkt nicht angegeben werden kann, ferner daß es einen formellen Austritt aus dem Verband des Heiligen Römischen Reich nie gegeben hat. Einigkeit herrschte auch darüber, daß diese Ablösung in Etappen stattfand, es sich also um einen historischen Prozeß handelt, der sich über einen längeren Zeitraum erstreckte und erst mit dem spanisch-niederländischen Friedensvertrag vom 30. Januar 1648 zu seinem Ende kam. Uneinig war man dagegen darüber, welcher Zeitpunkt innerhalb dieses Prozesses als entscheidend für die Ablösung angesehen werden muß. Im Westfälischen Frieden etwa wurde die Ablösung im Gegensatz zum Ausscheiden der schweizerischen Eidgenossenschaft mit keinem Wort erwähnt, wohl aber sind die Vereinigten Generalstaaten der Niederlande im Art. XVII des Osnabrücker Friedensvertrags ne |
| |
| Avenarius, Martin, Rezeption des römischen Rechts in Russland. Dmitrij Mejer, Nikolaj Djuvernua und Iosif Pokrovskij (= Quellen und Forschungen zum Recht und seiner Geschichte 11). Wallstein, Göttingen 2004. 80 S. Besprochen von Gerhard Köbler. |
Ganzen Eintrag anzeigen Avenarius, Martin, Rezeption des römischen Rechts in Russland. Dmitrij Mejer, Nikolaj Djuvernua und Iosif Pokrovskij (= Quellen und Forschungen zum Recht und seiner Geschichte 11). Wallstein, Göttingen 2004. 80 S.
Der Weg von Rom oder Bologna in Italien nach Russland ist weit. Deswegen leben die zuerst um Kiew seit dem 9. Jahrhundert sichtbaren Rus(sen) nach einem eigenen, nur von Ostrom und der orthodoxen Kirche beeinflussten Recht. Erst im 18. Jahrhundert wendet sich das Land dem europäischen Westen zu und erhält 1755 in Moskau eine Universität.
Die Frage, ob, wann, wo, wie und warum römisches Recht in Russland rezipiert worden ist, ist noch wenig erforscht. Neuere Untersuchungen zur Privatrechtsgeschichte Russlands stammen überwiegend von Nichtjuristen, privatrechtsgeschichtliche Gesamtdarstellungen stützen sich hauptsächlich auf voreingenommenes Schrifttum der sozialistischen Zeit und Schriften vorrevolutionärer russischer Juristen sind nicht leicht zugänglich. Aus diesem Grund ist das kleine, teilweise auf die Probevorlesung des Verfassers in seinem Göttinger Habilitationsverfahren zurückgehende Buch besonders interessant.
Eröffnet wird es mit der Feststellung, dass die Frage, ob römisches Recht in Russland rezipiert wurde, in der Forschung meistens entschieden verneint worden sei. Vor allem in der sowjetischen Zeit sei die Rezeption schon wegen der ideologischen Ablehnung des römischen Rechts geleugnet worden, obwohl an den Rechtsfakultäten ein umfangreiches Programm aus dem römischen Recht – zwecks besseren Verständnisses der bürgerlichen Privatrechtsordnungen – gelehrt worden sei. Da eine Aufnahme römischer Rechtssätze als geltendes Rechts jedenfalls in der Neuzeit niemals stattgefunden habe, habe es eine Rezeption in diesem Sinne auch tatsächlich nicht gegeben.
Dies erübrige aber nicht die Frage, ob nicht eine Verwissenschaftlichung des russischen Rechts durch Einarbeitung methodischer Elemente des römisch |
| |
| Axmann, Mario, Maklerrecht und Maklerwesen bis 1900. Eine rechtshistorische Untersuchung insbesondere der bürgerlich-rechtlichen Quellen (= Boorberg Wissenschaftsforum 12). Boorberg, Stuttgart 2004. 183 S. Besprochen von Werner Schubert. |
Ganzen Eintrag anzeigen Axmann, Mario, Maklerrecht und Maklerwesen bis 1900. Eine rechtshistorische Untersuchung insbesondere der bürgerlich-rechtlichen Quellen (= Boorberg Wissenschaftsforum 12). Boorberg, Stuttgart 2004. 183 S.
Über die Entwicklung des neuzeitlichen Maklerrechts fehlt immer noch eine umfassende Untersuchung; auch sind bisher die Ursprünge des Instituts des mittelalterlichen amtlichen Handelsmaklers noch nicht hinreichend geklärt. Die vorliegende, unter Gottfried Schiemann entstandene Dissertation befasst sich vornehmlich mit der Entwicklung des Maklerrechts vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs unter besonderer Berücksichtigung des Immobilienmaklers. Für das 17./18. Jahrhundert war kennzeichnend die Trennung der Tätigkeit der amtlichen und der privaten Makler, welche als Gefahr für das Monopol der Handelsmakler galten. Weder das Allgemeine Landrecht noch der Code civil enthielten Bestimmungen über den Privatmakler, so dass wie im gemeinen Recht auch im preußischen Recht Unsicherheit über die rechtliche Einordnung des Zivilmaklervertrags bestand. In den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts entstanden die ersten Maklerunternehmen für Grundstücksveräußerungen und Grundstücks- bzw. Wohnungsmietverträge. Eine Zuordnung der Grundstücksmakler zu den amtlichen Maklern erfolgte anders als noch im 18. Jahrhundert nicht mehr. Trotz Kritik am Monopol des amtlichen Handelsmaklers, der allerdings mehreren Restriktionen unterlag (Verbot der Proprehandelns; Bürgschaftsverbot), blieb der amtliche Makler mit dem ausschließlichen Recht zur Vermittlung von Handelsgeschäften bis zum Inkrafttreten des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs bzw. der Gewerbeordnung von 1869 bestehen (S. 103, 86 .). Nach dem Frankfurter HGB-Entwurf von 1849 sollte am Institut des amtlichen Maklers festgehalten, die Tätigkeit des nicht amtlichen Maklers jedoch zivilrechtlich anerkannt werden. Rechtssystematische Gründe versagten dem Immobilienmak |
| |
| Azevedo Alexandrino Fernandes, João Manuel, Die Theorie der Interpretation des Gesetzes bei Francisco Suárez (= Rechtshistorische Reihe303). Lang, Frankfurt am Main 2005. 172 S. Besprochen von Georg Steinberg. |
Ganzen Eintrag anzeigen Azevedo Alexandrino Fernandes, João Manuel, Die Theorie der Interpretation des Gesetzes bei Francisco Suárez (= Rechtshistorische Reihe303). Lang, Frankfurt am Main 2005. 172 S.
Es handelt sich um die erste umfassende Darstellung der juristischen Auslegungstheorie des spanischen Spätscholastikers Francisco Suarez (1548-1617). Suarez’ ideengeschichtliche Bedeutung erwächst aus seinen theologisch-philosophischen Schriften, die in thomistischer Tradition stehen, jedoch auch Annäherungen an nominalistische Standpunkte aufweisen. Sie werden über die spanischen Landesgrenzen hinaus, und auch an deutschen protestantischen Universitäten rezipiert. Im rechtstheoretischen Bereich hat Suarez mit seiner Neubestimmung der Begriffe des Natur- und Völkerrechts Einfluss, nicht zuletzt auf Hugo Grotius (1583-1645).
Der Autor berichtet im ersten Teil des Buches einleitend von den persönlichen Lebensumständen Suarez', wobei er besonders dessen integre Persönlichkeit und die Eingebundenheit seines Denkens in das katholische Weltbild herausstreicht. Es folgen Erläuterungen zu den politischen Gegebenheiten der Epoche, die ein plastisches Bild der Situation auf der spanischen Halbinsel vermitteln, dabei allerdings zuweilen den Rahmen des für das Verständnis der rechtstheoretischen Problemstellung Notwendigen überschreiten (etwa wenn der Autor auf die spanische und portugiesische Expansionspolitik eingeht).
Im Ansatz überzeugend nähert sich der Autor im zweiten Teil der Interpretationstheorie Suarez’ mittels der Erläuterung seines Rechtsverständnisses an. Methodisch, und dies gilt für die gesamte folgende Darstellung, zeichnet sich die Arbeit dadurch aus, dass zum Einen stets eng und direkt an den Quellentexten gearbeitet wird, insbesondere an Suarez' Tractatus de Legibus ac Deo Legislatore, entstanden in den Jahren 1601-1603; dabei werden dankenswerterweise die zitierten Textstellen durchgehend im lateinischen Original in den Fußnoten wiedergegeb |