6481 | Speculum (N.) iudiciale (lat., Gerichtsspiegel) ist das zwischen 1276 und 1290 entstandene Rechtsbuch des französischen Geistlichen und Modeneser Rechtslehrers Wilhelm →Durantis’ (um 1237-1296), das unter Einbeziehung der Verfahrenswirklichkeit die gesamte geistliche Gerichtsbarkeit ausführlich darstellt. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Köbler, DRG 107; Durantis, W., Speculum iudiciale, 1574, Neudruck 1975 |
6482 | Spedition ist die gewerbsmäßige Übernahme der Besorgung von Güterversendungen durch Frachtführer oder Verfrachter von Seeschiffen für Rechnung eines anderen in eigenem Namen. Sie entsteht im Spätmittelalter. Im frühen 20. Jh. entwickeln die Spediteure erste allgemeine Spediteurbedingungen (Berlin 1919). Lit.: Kroeschell, DRG 3; Köbler, DRG 238; Rehme, P., Geschichte des Handelsrechts, 1913 |
6483 | Spee (Spee von Langenfeld), Friedrich von (Kaiserswerth 25. 2. 1591-Trier 7. 8. 1635) wird nach dem Studium der Theologie 1610 Jesuit. 1631 veröffentlicht er die (lat.) Cautio (F.) criminalis contra sagas (Strafrechtliche Vorsicht gegenüber Hexen, Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse), in der er sich gegen Verfahrensunrecht im →Hexenprozess und damit vor allem die →Folter wendet. Allgemeinere Auswirkungen hat sein Werk erst im 18. Jh. Lit.: Köbler, DRG 107; Spee, F. v., Cautio Criminalis, deutsche Ausgabe v. Ritter, J. 1939; Zwetsloot, H., Friedrich Spee und die Hexenprozesse, 1954; Rosenfeld, E., Friedrich Spee von Langenfeld, 1958; Geilen, H., Die Auswirkungen der Cautio criminalis, Diss. jur. Bonn 1963; Ritter, J., Friedrich von Spee, 1977; Sellert, W., Friedrich Spee von Langenfeld, NJW 39 (1986), 1222; Waider, H., Miszellen über Friedrich von Spee, FS der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Köln, 1988, 531; Friedrich Spee, hg. v. Franz, G., 1995; Spee, F. v., Cautio criminalis, übertragen v. Ritter, J., 1939, 6. A. 2000 |
6484 | Speer Lit.: Funk, W., Speer, Pfandschaub, Kreuz und Fahne, ZRG GA 65 (1947), 297 |
6485 | Spencer, Herbert (Derby 27. 4. 1820-Brighton 8. 12. 1903) ist der liberale englische Philosoph, der das Grundprinzip universalen Geschehens in der Entwicklung zu immer besseren Formen sieht. Lit.: Köbler, DRG 179 |
6486 | Speranskij, Michail Michailovic (Tscherkutino/Wladimir 1772-St. Petersburg 23. 2. 1839) legt als engster Vertrauter des Zaren für →Russland 1808/1809 ohne durchgreifenden Erfolg einen Vorschlag zur Änderung der Herrschaftsverhältnisse nach englischem Vorbild vor (1810 Reichsrat). Er erreicht nach zwischenzeitlicher Verbannung nach Sibirien (1812) die Schaffung der Gesetze des russischen Reiches (Polnoe sobranie zakonov Rossijskoj Imperii bis 1828/1830) und die Zusammenfassung aller geltenden rus-sischen Gesetze (Svod zakonov 1832, 15 Bände mit 60000 Artikeln). Damit schafft er eine wichtige Grundlage für die russische Rechtsentwicklung. Lit.: Raeff, M., Michail Speranskij, 1957 |
6487 | Speyer am Rhein (kelt. Noviomagus), der Hauptort der germanischen Nemeter, wird 614 als Bischofssitz bezeugt. Seit 1294 ist der von den →Saliern durch Privilegien ausgezeichnete Ort →Reichsstadt. Von 1526/1527 bis 1689 beherbergt S. das →Reichskammergericht, in der Gegenwart eine (deutsche) Verwaltungshochschule mit Professoren der Rechtswissenschaft. Lit.: Köbler, Historisches Lexikon; Harster, T., Das Strafrecht, 1900; Wagner, G., Münzwesen und Hausgenossen in Speyer, 1931; Seidel, L., Die Finanzwirtschaft der freien Reichsstadt Speyer, Diss. rer. pol. Frankfurt am Main 1956; Voltmer, E., Reichsstadt und Herrschaft, 1981; Fouquet, G., Das Speyerer Domkapitel, 1987; Meier, M./Welwei, K., Interpolationen in einem Speyerer Judenprivileg?, ZRG GA 112 (1995), 408; Neumann, H., Sozialdisziplinierung in der Reichsstadt Speyer, 1997; Ammerich, H., Kleine Geschichte der Stadt Speyer, 2008; Repertorium der Policeyordnungen der frühen Neuzeit, Bd. 10 bearb. v. Mahlerwein, G. u. a., 2010 (3386 Nummern); Päffgen, B., Die speyerer Bischofsgräber, 2010 |
6488 | Spezialexekution (F.) Einzelvollstreckung Lit.: Kaser §§ 85 I, 87 I; Köbler, DRG 34 |
6489 | Spezialität (F.) Bezug eines dinglichen Rechtes auf jeweils eine spezielle, individuell bestimmte Sache (körperlichen Gegenstand, anders z. B. Generalhypothek des römischen Rechtes) |
6490 | Spezialprävention ist die Verhütung von Straftaten durch Abschreckung gegenüber einem einzelnen Straftäter. Sie ist ein →Strafzweck (von →Grolman 1775-1829, von →Liszt 1882). Lit.: Köbler, DRG 204, 269 |
6491 | Spezieskauf (M.) Stückkauf im Gegensatz zum Genuskauf (Gattungskauf) |
6492 | Sphragistik (F.) Siegelkunde Lit.: Köbler, DRG 3 |
6493 | Spiegel →speculum, Sachsenspiegel, Deutschenspiegel, Schwabenspiegel, Fürstenspiegel, Ritterspiegel, Klagspiegel, Laienspiegel Lit.: Trusen, W., Die Rechtsspiegel und das Kaiserrecht, ZRG GA 102 81985), 13 |
6494 | Spiegelnde Strafe ist die Strafe, die in ihrer Ausführung erkennbaren Bezug auf die ausgeführte Straftat nimmt (z. B. Abschlagen der Schwurhand oder Abschneiden der Zunge des Meineidigen, Verbrennen des Brandstifters). Ihre Herkunft ist ungewiss, ihre wirkliche Bedeutung gering. →Talion Lit.: Mommsen, T., Römisches Strafrecht, 1899, Neudruck 1961; His, R., Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, Bd. 1f. 1920ff., Neudruck 1964 |
6495 | Spiel (Wort bereits für das Germanische zu erschließen) ist die allein aus Freude und ohne ernsthafte praktische Zielsetzung erfolgende Tätigkeit. Rechtlich ist S. ein Vertrag, bei dem sich die Beteiligten eine Leistung unter entgegengesetzten Bedingungen versprechen, um sich zu unter-halten und möglicherweise Gewinn zu erzielen. Bereits Tacitus berichtet vom mit höchstem Einsatz und Gefahr für Gut und Freiheit betriebenen Würfelspiel der Germanen. Das römische Recht unterscheidet zwischen erlaubtem und unerlaubtem S. Mit der Aufnahme des römischen Rechtes seit dem Spätmittelalter wird die Forderung aus S. klaglos gestellt. Die Obrigkeit verbietet seit dem Spätmittelalter teils das S. unter Ordnungsgesichtspunkten, teils lässt sie es zwecks Erzielung von Einkünften (Steuern, Abgaben) unter Aufsicht zu (Spielbank, Spielcasino). Lit.: Hübner § 87 II; Schuster, H., Das Spiel, 1878; Wohlhaupter, E., Zur Rechtsgeschichte des Spieles in Spanien, Spanische Forschungen 3 (1931), 92; Hartung, W., Die Spielleute, 1982; Endrei, W., Spiel und Unterhaltung im alten Europa, 1986; Duderstadt, D., Spiel, Wette und Differenzgeschäft (§§ 762-764 BGB) in der Rechtsprechung des Reichsgerichts, 2007; Volles Risiko! Glücksspiel von der Antike bis heute, 2008; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010; Lacina, H., Die Spielleute nach spätmittelalterlichen deutschen Rechtsquellen, 2010 |
6496 | Spießbürger ist der nur mit dem eigenen Spieß bewaffnete einfache →Bürger. |
6497 | Spießrecht Lit.: Bonin, B. v., Das Spießrecht in der Theorie des 17. und 18. Jahrhunderts, ZRG GA 25 (1904), 52 |
6498 | Spießrutenlaufen ist das Laufen eines Menschen (z. B. Fahnenflüchtigen) zwischen zwei Reihen von mit Spießen oder spitzen Ruten bewaffneten Menschen zwecks Demütigung oder Züchtigung. Es ist im Altertum wie in der frühen Neuzeit bekannt. Es führt als Folge des mensch-lichen Wesens vielfach zum Tod des Läufers. Lit.: Franz, G., Ursprung und Brauchtum der Landsknechte, MIÖG 61 (1953), 79; Möller, H., Das Regiment der Landsknechte, 1976 |
6499 | Spindel (F.) Spinngerät |
6500 | Spindelmage (F.) weibliche Verwandte Lit.: Hübner §§ 106, 11; Kroeschell, DRG 1; Schröder, R., Über die Bezeichnung der Spindelmagen, ZRG GA 4 (1883), 1 |