3741 | Kuss ist die Berührung mit den Lippen. Der K. kann als Gebärde rechtliche Bedeutung haben. Lit.: Amira, K. v./Schwerin, C. Frhr. v., Rechtsarchäologie, Bd. 1 1943, 83; Perella, N., The Kiss, 1969; Strätz, H., Der Verlobungskuss, 1979; Die Braut, hg. v. Völger, G. u. a., 1985 |
3742 | Küste ist die Grenzlinie zwischen Land und Meer. Die vor der K. liegenden Küstengewässer werden seit dem 17. Jh. in stetig erweitertem Umfang vom Hoheitsträger auf dem Land beansprucht (3, 12 oder 200 Seemeilen). Lit.: Rörig, F., Zur Rechtsgeschichte der Territorialgewässer, 1948; Ziegler, K., Völkerrechtsgeschichte, 1994, 2. A. 2007 |
3743 | Küstenland ist das Gebeit an der oberen Adria, das 1564 zu Innerösterreich zählt, 1809 Teil der illyrischen Provinzen Frankreichs ist und 1849 zum aus Görz-Gradisca, Istrien und Triest gebildeten Kronland wird (1910 8000 Quadratkilometer, 900000 Einwohner, davon 50 Prozent Italiener). 1919 fällt es an Italien, 1947 überwiegend an Jugoslawien, bei dessen Auflösung 1991/1993 im Norden an Slowenien, im Süden an Kroatien. |
3744 | Kuttner, Stephan (Bonn 24. 03. 1907-Berkeley 12. 08. 1996) ist der führende, aus politischen Gründen aus Deutschland über Italien 1940 in die Vereinigten Staaten von Amerika ausgewanderte Kanonist des 20. Jh.s. Lit.: Hetzenecker, A., Stephan Kuttner in Amerika 1904-1964, 2007 |
3745 | Kux ist seit dem Anfang des 14. Jh.s der Anteil an einer →Gewerkschaft des Bergrechts. Der Anteil an der Gewerkschaft des alten Rechtes ist (unbewegliches Vermögen und) ideeller Anteil zur gesamten Hand (ursprünglich 4, zuletzt 128 Anteile, davon 122 für Gewerken, 4 für Grundstückseigentümer, 2 für Gemeinde, 2 für Schule). Bei der seit dem preußischen Allgemeinen Berggesetz vom 24. 6. 1865 entstehenden Gewerkschaft neuen Rechtes ist der K. Anteil an der Gewerkschaft als juristischer Person und damit ein Recht (100 oder höchstens 10000 Anteile). In Deutschland wird der K. 1980 beseitigt. Lit.: Köbler, DRG 167; Zycha, A., Das böhmische Bergrecht des Mittelalters, 1902; Kromrey, P., Die Übertragung, Belastung und Pfändung von Kuxen, Diss. jur. Heidelberg, 1905; Müller-Erzbach, R., Das Bergrecht Preußens, 1917; Ehrenzweig, Das Wort Kux, Z. f. Bergrecht 62 (1921), 191; Kuhlen, H., Die Wandlung in der Rechtsnatur der Kuxe, Diss. jur. Köln 1938; Guder, A., Der Kux, 1959 |
3746 | Laband, Paul (Breslau 24. 5. 1838-Straßburg 23. 3. 1918), Arztssohn, wird nach dem Rechtsstudium in Breslau, Heidelberg (Vangerow, von Mohl) und Berlin (Gneist, Stahl) und der Konversion (1857) 1864 außerordentlicher Professor und 1866 ordentlicher Professor in Königsberg und 1872 in Straßburg. Von der Rechtsgeschichte ausgehend wendet er sich dem Staatsrecht zu, für das er bestimmte Begriffe (z. B. →Gesetz im formellen Sinn, Gesetz im materiellen Sinn) und berechenbare Ordnung der Sätze des geltenden Rechtes (durch Verfassung) zur Eindämmung politischer Willkür (im Rechtsstaat) verlangt. Lit.: Köbler, DRG 195, 199, 208; Laband, P., Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, 1887, 2. A: 1894, 3. A: 1895, 4. A. 1901, 5. A. 1911/1914, Neudruck 1964; Sinzheimer, H., Jüdische Klassiker der deutschen Rechtswissenschaft, 1938 bzw. 1953, 145; Gierke, O. v., Labands Staatsrecht und die deutsche Rechtswissenschaft, 2. A. 1961; Böckenförde, E., Gesetz und gesetzgebende Gewalt, 1958, 226; Wilhelm, W., Zur juristischen Methodenlehre im 19. Jahrhundert, 1958, 2. A. 2003; Deutsche Juristen jüdischer Herkunft, hg. v. Heinrichs, H. u. a., 1993, 301; Pauly, W., Der Methodenwandel im deutschen Spätkonstitutionalismus, 1993; Laband, P., Staatsrechtliche Vorlesungen, 2004 |
3747 | Labeo, Marcus Antistius (L. filius) (1. Jh. v. Chr.-5/22 [10/11?] n. Chr.), Rechtskundigensohn (des Pacuvius Antistius Labeo), Schüler des Trebatius, wird nach durchlaufener Ämterlaufbahn als ein führender Rechtskundiger des frühklassischen römischen Rechtes Haupt der prokulianischen Schule. Von seinem möglicherweise 400 Bücher umfassenden Werk (Fallsammlungen, Kommentar zum Edikt des Prätors, Abhandlung über das Pontifikalrecht) zeugen mehr als 500 überlieferte Bruchstücke (u. a. Kom-mentare zum Edikt des Prätors). Lit.: Söllner §§ 11, 15, 16; Köbler, DRG 30; Pernice, A., Labeo, Bd. 1 1873, 7; Kohlhaas, C., Die Überlieferung der libri posteriores des Antistius Labeo, 1986 |
3748 | Labeo, Pacuvius Antistius (L. pater) (1. Jh. v. Chr.-42 v. Chr.) ist der an der Verschwörung des Brutus gegen Caesar teilnehmende römische Rechrskundige, dessen Sohn Haupt der prokulianischen Schule wird. Lit.: Kunkel, W., Herkunft und soziale Stellung römischer Juristen, 2. A. 1967, 32 |
3749 | Lachen Lit.: Le Goff, J., Das Lachen im Mittelalter, 2004 |
3750 | lacina (lat.-afrk. [F.]) Wehrung |
3751 | Laden (M.) ist das Brett, der Verschluss einer Öffnung oder der Geschäftsraum. Im Spätmittelalter verlagert sich der Verkauf vom allgemeinen Markt zunehmend in den einzelnen L. Der Angestellte im L. hat eine beschränkte Vollmacht. Die Zeit, in der ein Laden geschlossen sein muss, wird vereinzelt seit dieser Zeit (Goslar 1281, Brieg 1318, Lüneburg 1350), allgemein erst im 20. Jh. (Deutschland 1956 Ladenschlussgesetz) genau festgelegt, aus wirtschaftlichen Erwägungen gegen den Widerstand der Kirchen aber immer stärker eingeschränkt. Seit dem 20. Jh. erscheint das Kaufhaus. Der Übergang zum Selbstbedienungsladen beginnt unter dem Einfluss der Vereinigten Staaten von Amerika in der Bundesrepublik Deutschland 1949. Große Handelsketten treten an die Stelle der früheren bedienenden Kaufleute, deren Läden (so genannte Tante-Emma-Läden) verschwinden. Danach setzt im 21. Jh. in beachtlichem Umfang die digital-elektronische Bestellung von Waren im Internet mit Lieferung durch Frachtdienste ein. Lit.: Rühling, M., Das Ladenschlussgesetz vom 28. November 1956, 2004; Langer, L., Revolution im Einzelhandel, 2013 |
3752 | Ladiner ist der Angehörige der in den Alpen und (vor allem) in den Dolomiten ansässigen, vom Spätlateinischen abgeleiteten besonderen Sprachgemeinschaft des Ladinischen. Lit.: Perathoner, Die Dolomitenladiner, 1998; Videsott, P. u. a., Ennebergisches Wörterbuch, 1998 |
3753 | Ladung ist die Aufforderung vor einer Behörde oder einem Gericht zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erscheinen. Sie findet sich bereits im XII-Tafelgesetz des altrömischen Rechtes (lat. si in ius vocat, ito, wenn er zu Gericht ruft, soll er [d. h. der Gerufene oder Geladene] gehen). Sie wird auch zu Beginn des frühfränkischen (lat. [M.]) Pactus legis Salicae (507-511?) sichtbar und hat vermutlich bereits für die germanische Volksversammlung bestanden. Im Frühmittelalter wird die private L. durch den Ansprecher (lat. [F.] mannitio) durch die öffentliche L. des Verfahrensleiters (lat. [F.] bannitio) ersetzt. Ungerechtfertigtes Nichterscheinen (Ladungsungehorsam, anders →echte Not ) zieht den jeweiligen →Bann nach sich, wobei insgesamt dreimal zu laden ist (→Aller guten Dinge sind drei). In der frühen Neuzeit kann das Erscheinen mit Zwangsmitteln erzwungen werden. Die L. erfolgt vielfach schriftlich. Die Voraussetzungen und Förmlichkeiten werden streng festgelegt. →Ediktalzitation Lit.: Kaser §§ 82 I 1, 87 I 4, 87 II 3; Kroeschell, DRG 2; Köbler, DRG 70, 86, 117, 155, 202; Bethmann Hollweg, M. v., Der Zivilprozess des gemeinen Rechts, Bd. 1ff. 1868ff., Neudruck 1959; Planck, J., Das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, Bd. 1 1879, Neudruck 1973; Beyerle, F., Das Entwicklungsproblem im germanischen Rechtsgang, 1915; Kulessa, M., Ladungsungehorsam und prozessuale Säumnis in den Urteilen des Ingelheimer Oberhofes, Diss. jur. Frankfurt am Main 1964; Sellert, W., Die Ladung des Beklagten vor das Reichskammergericht, ZRG GA 84 (1967), 202; Reinschmidt, T., Die Entstehung des Rechtsganges und das Versäumnisverfahren im salfränkischen Recht, Diss. jur. Frankfurt am Main 1968 |
3754 | Ladungsfrist ist die zwischen →Ladung und Zeitpunkt des Erscheinens vor Gericht liegende, dem Schutz bzw. der Vorbereitung des Geladenen dienende Frist. |
3755 | Ladungsungehorsam ist die gewollte Nichtbeachtung der →Ladung. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2 |
3756 | Laesio (F.) enormis (lat.) ist die außergewöhnliche (enorme) Verletzung (der Vertragsgerechtigkeit). Sie geht vielleicht auf Diokletian (284-313) zurück und ist philosophisch-christlich geprägt. Nach ihr kann der Verkäufer einer Sache (z. B. Bauer als Eigentümer eines Grundstücks) den Ver-trag anfechten und gegen Rückzahlung des Preises die Rückgabe der Sache verlangen, wenn der Preis geringer ist als die Hälfte des Wertes und der Käufer nicht den auf den gerechten Preis (lat. iustum pretium [N.]) fehlenden Betrag nachzahlt. 1234 übernimmt die mittelalterliche Kirche die von Justinian vertretene Lehre vom gerechten Preis und der l. e. Diese wird vom gemeinen Recht fortgeführt, vom Liberalismus des 19. Jh.s aber (z. B. im Bürgerlichen Gesetzbuch des Deutschen Reiches von 1896/1900) aufgegeben. Lit.: Kaser § 41 II 3; Kroeschell, DRG 2; Köbler, DRG 64, 127, 166, 214; Dekkers, R., La lésion énorme, 1937; Schulze, W., Die laesio enormis, Diss. jur. Münster 1973; Kalb, H., Lex Baiuvariorum, Vita Corbiniani und laesio enormis, ZRG GA 106 (1989), 325; Becker, C., Die Lehre von der laesio enormis, 1993; Langer, V., Laesio enormis, 2009 |
3757 | laesowerpire (lat.-afrk.) in den Schoß werfen |
3758 | Lagerbuch →Urbar |
3759 | laghsaga (an. [F.]) Rechtsvortrag |
3760 | Lagus (Hase), Conrad (um 1500-1546) wird 1516 als Conradus Haß de Creutzburgk in Leipzig und 1519 in Wittenberg immatrikuliert und macht sich um das rechtswissenschaftliche Studium als juristischer Privatlehrer und Humanist in Wittenberg verdient (Traditio methodica utriusque juris 1543 [De iure personarum, De modis acquirendi alienandi et amittendi res, De pactis et obligationibus, De actionibus et exceptionibus, De iudiciis, De privilegiis et iuris beneficiis], Compendium juris Saxonici posthum 1597). Lit.: Köbler, DRG 144; Muther, T., Zur Geschichte der Rechtswissenschaft, 1876, 299; Reis, T., Historia in Conrad Lagus’ Traditio methodica (1543), ZRG GA 130 (2013), 103 |