8861 | Vormund (Wort um 950 belegt) ist, wer durch Anordnung des Vormundschaftsgerichts zu der Führung einer amtlich verordneten, verwaltenden Fürsorgetätigkeit für Minderjährige (bzw. Frauen und entmündigte Volljährige) bestellt ist. Der Vormund (lat. [M.] tutor) ist dem römischen Recht wie villeicht rechtstatsächlich auch dem germanischen Recht bekannt, doch erscheint ahd. foramundo erst vereinzelt in dem 10. Jahrhundert. Meist ist der nächste männliche Verwandte (Bruder, Vatersbruder u. s. w.) Vormund. Er hat eine treuhänderische Gewalt über Person und Vermögen des Mündels und damit vor allem Rechte, muss aber für den Unterhalt sorgen. Bereits seit dem Frühmittelalter unterfällt er wegen der Missbrauchsgefahr einer von der Kirche geförderten öffentlichen Aufsicht (Obervormund-schaft). Hieraus ... | Kaser §§ 62, 63; Söllner §§ 8, 11; Hübner § 100; Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 36, 88, 121, 160, 210, 268; Kraut, T., Die Vormundschaft, Bd. 1f. 1835ff. http://www.koeblergerhard.de-/Fontes/KrautWilhelmTheodorDieVormundschaftNachDenGrundsaetzenDesDeutschenRechts1835Bd1.pdf; Rive, F., Geschichte der deutschen Vormundschaft, Bd. 1ff. 1862ff. http://www.koeblergerhard.-de/Fontes/RiveFriedrichGeschichteDerDeutschenVormundschaft1862Bd1.pdf; Schlüter, R., Das Vormundschaftsrecht in den Kodifikationen, 1961; Tetzlaff, W., Der Kaiser als Obervormund, Diss. jur. Frankfurt am Main 1965; Pelz, F., Die Vormundschaft in den Stadt- und Landrechtsreformationen, 1966; Kranz, E., Die Vormundschaft im mittelalterlichen Lübeck, Diss. jur. Kiel 1967; Haibach, U., Familienrecht in der Rechtssprache, 1991, ... |
8862 | Vormundschaft (Wort um 950 belegt) →Vormund, (lat. [F.] tutela) | |
8863 | L.: Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010; Heider, M., Die Geschichte der Vormundschaft seit der Aufklärung, 2011 | |
8864 | Vorname (Wort 1482 als Übersetzung von lat. [N.] praenomen belegt, M.) ist (in dem deutschen Bereich) der ursprünglich alleinige →Name des Menschen, der seit dem Übergang von dem Frühmittelalter zu dem Hochmittelalter wegen der allgemeinen Verdichtung allmählich um den vielfältigeren Familiennamen ergänzt wird (Venedig seit 9. Jahrhundert), der sich danach und vor allem seit dem 18. Jahrhundert zunehmend in den Vordergrund schiebt und etwa in der Bibliographie bei der alphabetischen Ordnung von Verfassern und letztlich auch von ihnen verantworteten Werken Vorrang vor dem weniger Unterscheidungskraft aufweisenden Vornamen hat. | |
8865 | Vorparlament ist die Versammlung zu der Vorbereitung eines Parlaments (beispielsweise Frankfurt am Main 1848). | Nipperdey, T., Deutsche Geschichte, 1983, 606 |
8866 | Vorrang | |
8867 | Vorrang des Gesetzes ist der Vorrang des formellen Gesetzes vor jeder anderen staatlichen Willenserkärung seit dem 19. Jahrhundert | Kroeschell, 20. Jahrhundert; Köbler, DRG 199 |
8868 | Vorrecht (N.) Sonderrecht, Privileg | |
8869 | Vorsate →Vorsatz | Löning, G., Vorsate und vorrat, ZRG GA 61 (1941), 266 |
8870 | Vorsatz (Wort um 1250 belegt, lat. [M.] dolus) ist in dem Strafrecht der Wille zu der Verwirklichung eines Straftatbestands in Kenntnis all seiner Tatumstände, in dem Privatrecht das Wissen und Wollen des rechtswidrigen Erfolgs in dem Bewusstsein der Rechtswidrigkeit. Der Vorsatz ist so alt wie das willensgetragene menschliche Verhalten. Als solcher erfasst wird er von der römischen und der neuzeitlichen Wissenschaft. Diese stellt dem Vorsatz die →Fahrlässigkeit gegenüber. | Köbler, DRG 158, 204, 264; Löffler, A., Die Schuldformen des Strafrechts, Bd. 1 1895; Mommsen, T., Römisches Strafrecht, 1899, Neudruck 1961; His, R., Das Strafrecht des deutschen Mittelalters, Bd. 1 1920, Neudruck 1964; Schaffstein, F., Die allgemeinen Lehren vom Verbrechen, 1930, Neudruck 1973; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010 |
8871 | Vorsprecher →Fürsprech, Fürsprecher | |
8872 | votäuschen | |
8873 | Vortäuschen einer Straftat (Vortäuschung einer Straftat) ist der 1913 in die Diskussion eingebrachte, 1943 gesetzlich festgelegte Straftatbestand des deutschen Strafrechts, nach dem sich jemand dadurch strafbar macht, dass er eine nicht vorhandene Straftat vortäuscht. | Bernhard, L., Falsche Verdächtigung (§§ 164, 165 StGB) und Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB), 2003 |
8874 | Vorurteil ist das dem Urteil zeitlich vorausliegende Urteil und zwar auch in dem Sinne einer eine Meinung bestimmenden oder ein Urteil prägenden, oft nicht geäußerten Lebenserfahrung. In dem Recht ist die vorgefasste Meinung grundsätzlich rechtswidrig. Sie lässt sich allerdings selten nachweisen. | Horaczek, N./Wiese, S., Handbuch gegen Vorurteile, 2011 |
8875 | Vorverfahren ist ein einem eigentlichen Verfahren zeitlich vorangehendes Verfahren (beispielsweise Inquisition in dem spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Inquisitionspro-zess). Es dient der Vorbereitung oder Entlastung. In der Gegenwart muss es rechtsstaatliche Anforderungen erfüllen. | Köbler, DRG 117, 263 |
8876 | Vorvertrag ist der auf Abschluss eines Vertrags gerichtete, vorbereitende →Vertrag. Er ist sachlich dem römischen Recht bereits bekannt. Er ist gegebenenfalls formbedürftig. Die Verletzung von vor Abschluss eines Vertrags bestehenden Aufklärungspflichten und Sorgfaltspflichten verpflichtet bei →culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluss, Ihering 1861) zu Schadensersatz. | Kaser § 39 I 2; Wabnitz, B., Der Vorvertrag, Diss. jur. Münster 1962 |
8877 | Vorzensur (F.) vorherige →Zensur | |
8878 | votum (N.) ad imperatorem (lat.) Vorlage bei dem Kaiser | Sellert, W., Prozessgrundsätze und Stilus Curiae, 1973, 346 |
8879 | Vsehrdy, Viktorin Cornelius von (um 1460-1520), Bürgerssohn, wird nach dem artistischen Studium in Prag Artist, 1493 stellvertretender Schreiber des Königreichs →Böhmen. Seit 1495 verfasst er Neun Bücher über die Rechtsordnung des Landes Böhmen. Nach 1501 überarbeitet er dieses bedeutende Werk nochmals. | Vsehrdy, V., O právích zeme ceské knihy devatery, hg. v. Jirecek, H., 1874 |
8880 | vulgar | |