3921 | Legist (M.) Kenner des römischen Gesetzesrechts (seit dem Hochmittelalter) Lit.: Kroeschell, DRG 2; Weigand, R., Die Naturrechtslehre der Legisten und Dekretisten, 1967; Weimar, P., Die legistische Literatur und die Methode des Rechtsunterrichts der Glossatorenzeit, Ius commune 2 (1969), 43; Lange, H., Römisches Recht im Mittelalter, Bd. 1 1997 |
3922 | Legistik →Legist |
3923 | Legitimation (1561) ist der Nachweis der Berechtigung eines Verhaltens oder eines Zustands, insbesondere die Verschaffung der Stellung eines ehelichen Kindes für ein nichteheliches Kind. Bereits der spätrömische Kaiser Konstantin (306-337) und andere stellen durch nachfolgende Eheschließung Konkubinenkinder ehelichen Kindern gleich. Dasselbe Ergebnis wird durch Eintritt in den Zwangsstand der Gemeinderäte und in bestimmten Fällen durch öffentlichen Gnadenakt (538) hergestellt. Dies wird seit dem 12. Jh. (Papst Alexander III. 1159-1181) aus dem römischen Recht in das Kirchenrecht und danach in das weltliche Recht (Nürnberg 1522) übernommen, in Deutschland 1998 beseitigt. Lit.: Kaser § 61 II 2b; Hübner 715; Köbler, DRG 121; Koch, K., Legitimatio per subsequens matrimonium, 1897; Kogler, F., Beiträge zur Geschichte der Rezeption und der Symbolik der legitimatio per subsequens matrimonium, ZRG GA 25 (1904), 94; Kogler, F., Die legitimatio per rescriptum von Justinian bis zum Tode Karls IV., 1904; Weitnauer, A., Die Legitimation des außerehelichen Kindes, 1940; Beumann, H., Die sakrale Legitimierung des Herrschers im Denken der ottonischen Zeit, ZRG GA 66 (1948), 1; Herkunft und Ursprung, hg. v. Wunderli, P., 1991; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010 |
3924 | Legitimität ist die seit Beginn des 19. Jh.s erfasste Rechtmäßigkeit einer Herrschaft. Lit.: Geschichtliche Grundbegriffe, Bd. 3 1982, 677; Gauland, A., Das Legitimitätsprinzip, 1971; Würtenberger, T. jun., Die Legitimität staatlicher Herrschaft, 1973; Schliesky, U., Souveränität und Legitimität von Herrschaftsgewalt, 2004; Legalität, Legitimität und Moral, hg. v. Bruha, T. u. a., 2008 |
3925 | Lehen (Wort bereits für das Germanische zu erschließen), Lehn, ist ein leihweise von einem (adeligen oder freien) Lehnsherrn (z. B. dem König) einem adligen oder freien Lehnsmann (z. B. dem Herzog) unter Sicherung zur (lebenslangen) Nutzung gegen Treue und Dienste (vor allem Waffendienste) überlassenes (Land, Amt oder sonstiges) Recht oder Gut (z. B. das Herzogtum). Es entsteht im Frühmittelalter nach herkömmlicher Ansicht aus personen-rechtlicher Vasallität und sachenrechtlichem Benefizium. Bei der Vasallität (von kelt. gwas Knecht) übernimmt nach einem Ergebungsakt (Kommendation) der Herr Schutz und Unterhalt des Vasallen gegen Gehorsam und (militärische) Dienste. Bei dem Benefizium gibt ein Mächtiger Land (oder andere Gegenstände) zur Nutzung an andere gegen Dienste und Unterstützung. Mit der Verschmelzung von Vasallität und Benefizium wird Land hauptsächlich an Vasallen gegeben und erhalten Vasallen zunächst in erster Linie Land. Das vertraglich zu begründende Lehnsverhältnis ist grundsätzlich höchstpersönlich, endet also mit dem Tode jedes Beteiligten, neigt aber allmählich zur Erblichkeit (Quierzy 877 Leihezwang, 1037 Erblichkeit kleinerer Lehen), wodurch es für den Lehnsherrn an Wert verliert. Seit dem 9. Jh. wird die Stellung als Graf zu L. gegeben, später jedes andere Amt. Auf diese Weise wird nach und nach die gesamte Verwaltung vom Lehnsprinzip durchdrungen. Im 14. Jh. hat beispielsweise der Herzog von Württemberg etwa 500 Lehensleute in einem deutlich schwankenden Bestand (etwa ein Drittel Bürger). Beseitigt wird das L. im 19. Jh. durch Allodifikation (Herstellung von Eigentum) und das Ende des Heiligen römischen Reiches (1806, in Österreich bäuerliche Lehen 1822, ritterliche Lehen 1868). Vom (adligen) L. trotz des ähnlichen Leihecharakters grundsätzlich zu trennen ist die (bäuerliche) →Grundherrschaft. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 84, 148; Hagemann, T., Einleitung in das gemeine, in Teutschland übliche Lehnrecht, 1787; Brunner, H., Der Reiterdienst und die Anfänge des Lehnswesens, ZRG GA 8 (1887), 1; Wasserschleben, H., Über die Sukzession in fuldische Lehne, ZRG GA 11 (1890), 151; Brünneck, W. v., Zur Geschichte des Grundeigentums in Ost- und Westpreußen, 1895ff.; Schmid, H., Lehn = Hufe, ZRG GA 44 (1924), 289; Pöhlmann, C., Das ligische Lehensverhältnis, ZRG GA 47 (1927), 678; Prausnitz, O., Feuda extra curtem, 1929; Mitteis, H., Lehnrecht und Staatsgewalt, 1933, Neudruck 1957, 1972; Staedtler, E., Zum Sprachgebrauch der libri feudorum, ZRG GA 56 (1936), 361; Boutruche, R., Seigneurie et feodalité, 1959; Studien zum mittelalterlichen Lehenswesen, 1960; Theuerkauf, G., Land und Lehnswesen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert, 1961; Krawinkel, H., Untersuchungen zum fränkischen Benefizialrecht, 1936; Krawinkel, H., Zur Entstehung des Lehnwesens, 1936; Schabinger Freiherr von Schowingen, K., Das sankt gallische Freilehen, 1938; Ganshof, F., Qu’est-ce que la féodalité?, 2. A. 1947, 3. A. 1957; Goez, W., Der Leihezwang, 1962; Theuerkauf, G., Land und Lehnswesen vom 14. bis zum 16. Jahrhundert, 1961; Ganshof, F., Was ist das Lehnswesen?, 1961, 6. A. 1983, Neudruck 1989; Bechstein, F., Die Beziehungen zwischen Lehnsherr und Lehensträger in Hohenlohe, Diss. jur. Tübingen 1965; Droege, G., Landrecht und Lehnrecht im hohen Mittelalter, 1969; Schönberg, R. Frhr. v., Das Recht der Reichslehen im 18. Jahrhundert, 1977; Minninger, M., Von Clermont zum Wormser Konkordat, 1978; Spieß, K., Lehnrecht, Lehnspolitik und Lehnsverwaltung, 1978; Rödel, V., Reichslehnswesen, Ministerialität, Burgmannschaft und Niederadel, 1979; Schulze, R., Der nexus feudalis in Vernunftrecht und historischer Rechtsschule, ZRG GA 106 (1989), 68; Abels, R., Lordship and Military Obligation, 1988; Bisson, T., Medieval France and her Pyrenean Neighbours, 1989; Reynolds, S., Fiefs and Vassals, 1994; Hauser, S., Staufische Lehnspolitik, 1998; Heirbaut, D., Over lenen en families, 2000; Bachmann, M., Lehenhöfe von Grafen und Herren im ausgehenden Mittelalter, 2000; Spieß, K., Das Lehnswesen im hohen und späten Mittelalter, 2002, 2. A. 2009; Miller, M., Mit Brief und Revers - Das Lehenswesen Württembergs, 2004; Esders, S., Friedrich II., die Mark Brandenburg und das Erzbistum Magdeburg – Zur Kommerzialisierung von Lehensbeziehungen, ZRG GA 123 (2006), 67; Köbler, U., Werden, Wandel und Wesen des deutschen Privatrechtswortschatzes, 2010; Brückner, T., Lehnsauftragung, 2010; Das Lehnswesen im Hochmittelalter, hg. v. Dendorfer, J. u. a., 2010; Patzold, S., Das Lehnswesen, 2012 |
3926 | Lehnrecht ist die quellenmäßige Bezeichnung des Mittelalters für das Lehnsrecht. Der Sachsenspiegel gliedert sich beispielsweise in Landrecht und Lehnrecht. Lit.: Köbler, DRG 85, 101, 103, 104, 106, 112, 125, 163; Kaiserliches Lehnrecht. Die libri feudorum in der Fassung des Jodokus Pflanzmann, 1494, Neudruck 1989; Gierke, O., Belehnung des Mannesstammes mit Allmendstücken, ZRG GA 2 (1881), 198; Brünneck, W. v., Zur Geschichte des sog. Magdeburger Lehnrechts, ZRG GA 14 (1894), 53; Mitteis, H., Lehnrecht und Staatsgewalt, 1933; Lehnrecht und Staatsgewalt im deutschen Hochmittelalter, eingeleitet v. Goez, W., 1969; Diestelkamp, B., Das Lehnrecht der Grafschaft Katzenelnbogen, 1969; Kaiserliches Lehnrecht, hg. v. Altmann, U., 1989; Brancoli Busdraghi, P., La formazione storica del feudo Lombardo, 2. A. 1999; Iblher Ritter von Greiffen, N., Die Rezeption des lombardischen Lehensrechts, 1999; Fischer, C., Schildgeld und Heersteuer, 2013 |
3927 | Lehnrechtbuch →Lehnsrechtsbuch |
3928 | Lehnsbrief ist die über die Bestellung eines Lehens seit dem (11. oder) 12. Jh. ausgestellte Urkunde. Lit.: Diestelkamp, B., Das Lehnrecht der Grafschaft Katzenelnbogen, 1969, 69, 115 |
3929 | Lehnsbuch ist ein →Lehen verzeichnendes Buch. Es findet sich anscheinend seit dem 9. Jh. Im Spätmittelalter wird es durch das Handlungen verzeichnende Lehnsregister ersetzt. Lit.: Lippert, W., Die deutschen Lehnbücher, 1903, Neudruck 1970; Lippert, W./Beschorner, H., Das Lehnbuch Friedrichs des Strengen 1349/50, 1903; Spieß, K., Das älteste Lehnbuch der Pfalzgrafen bei Rhein vom Jahr 1401, 1981 |
3930 | Lehnsdienst ist die Dienstleistung des Lehnsmanns (Heerfahrt, Hoffahrt, Ehrendienst). Lit.: Mitteis, H., Lehnrecht und Staatsgewalt, 1933, Neudruck 1957, 1972, 591 |
3931 | Lehnseid ist der vom Lehnsmann dem Lehnsherrn zu schwörende Eid. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Diestelkamp, B., Das Lehnrecht der Grafschaft Katzenelnbogen, 1969, 83 |
3932 | Lehnserneuerung ist die Neubegründung des Lehnsverhältnisses nach dem Tod eines Beteiligten mit dessen Nachfolger (bzw. einem neuen Beteiligten). Lit.: Goez, W., Lehnsrecht und Staatsgewalt im deutschen Hochmittelalter, 1969 |
3933 | Lehnsfähigkeit ist die Fähigkeit, ein Lehnsverhältnis einzugehen. Die L. setzt an sich Ritterlichkeit und Rittermäßigkeit der Lebensführung voraus. In der Rechtswirklichkeit sind aber vielfach Geistliche und Frauen sowie auch Bürger und Bauern in eingeschränktem Umfang in das Lehnswesen einbezogen. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Paetz, K./Goede, C., Lehrbuch des Lehnrechts, 1825, 120; Frensdorff, F., Die Lehensfähigkeit des Bürger, 1894; Grabscheid, D., Die Bürgerlehen, Diss. phil. Frankfurt am Main 1957 |
3934 | Lehnsgericht ist das im Mittelalter für Angelegenheiten des Lehnswesens ausgebildete besondere Gericht, das sich aus Richter (meist der Lehnsherr) und Urteilern zusammensetzt (u. a. Reichshofrat). Es endet im 19. Jh. (Bayern 1808). Lit.: Kroeschell, DRG 1; Krieger, K., Die königliche Lehngerichtsbarkeit im Zeitalter der Staufer, DA 26 (1970), 400; Früh, M., Die Lehensgerichtsbarkeit der Reichsabtei Fulda, Hess. Jb. F. LG 49 (1999), 39 |
3935 | Lehnsgesetz ist ein das Lehen betreffendes Gesetz, wie es sich im Mittelalter etwa 1037, 1136, 1154, 1158 und 1338 sowie in der Neuzeit in der Form von Lehnsedikten oder Lehnsmandaten findet (Sachsen 1764, Baden 1807, Bayern 1808). Lit.: Lehmann, K., Consuetudines feudorum, 1896, Neudruck 1921 |
3936 | Lehnsherr →Lehen, Herr |
3937 | Lehnsinvestitur →Lehen, Investitur |
3938 | Lehnsmann →Lehen Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2 |
3939 | Lehnspflicht →Lehen, Lehnsrecht |
3940 | Lehnsprozess ist der Rechtsstreit um Rechte und Pflichten aus dem →Lehen. Lit.: Kroeschell, DRG 1 |