3801 | Landgerichtsordnung ist die für das →Landgericht verfasste Ordnung (z. B. Oberösterreich 1514, Franken 1618). Lit.: Bartmann, J., Das Gerichtsverfahren vor und nach der münsterischen Landgerichtsordnung von 1571, 1908; Merzbacher, F., Ordinatio Iudicii Provincialis Franconica, Würzburger Diözesangeschichtsbll. 32 (1970), 83 |
3802 | Landgraf ist seit der ersten Hälfte des 12. Jh.s ein wohl im Zuge der allgemeinen Territorialisierung entstehender Titel eines reichslehnbaren Amtes zur Verwaltung und Sicherung königlicher Rechte (in einem Land). Landgrafen finden sich in Thüringen 1131, Oberelsass 1135, Unterelsass 1138, (Leuchtenberg 1143,) Heiligenberg 1169, Burgund-Buchegg 1226, Thurgau 1227, Aargau 1232/1234, Frickgau 1234, Burgund-Neuenburg 1235, Zürichgau 1245, Hessen 1265, Hegau 1275, Breisgau 1276, Baar 1287, Stühlingen 1296, Buchsgau 1318, Klettgau 1325, Sisgau 1354 und Leiningen 1444. Ihre Stellung endet spätestens 1806, in Hessen-Homburg 1866. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Franck, W., Die Landgrafschaften des heiligen römischen Reichs, 1873; Doeberl, M., Die Landgrafschaft der Leuchtenberger, 1893; Mayer, T., Über die Entstehung und Bedeutung der älteren deutschen Landgrafschaften, ZRG GA 58 (1938), 138; Hess, W., Hessische Städtegründungen der Landgrafen von Thüringen, 1966; Eyer, F., Die Landgrafschaft im unteren Elsass, ZGO N. F. 78 (1969), 148 |
3803 | Landgrafschaft →Landgraf Lit.: Kroeschell, DRG 1; Mayer, T., Über Entstehung und Bedeutung der älteren deutschen Landgrafschaften, ZRG GA 58 (1938), 138; Eberhardt, H., Die Gerichtsorganisation der Landgrafschaft Thüringen, 75 (1958), 108; Demandt, K., Der Personenstaat der Landgrafschaft Hessen im Mittelalter, 1981 |
3804 | Landgut ist im deutschen Privatrecht des 19. Jh.s das in eine Landgüterrolle eingetragene Anerbengut, an welchem dem Anerben bei der Erbteilung nur ein Übernahmerecht zusteht (Brandenburg, Schlesien, Schleswig-Holstein, Regierungsbezirk Kassel 1884/1887). Es wird 1933 durch das Reichserbhofgesetz beseitigt, in Hessen 1947 (Neufassung 1970) aber wieder hergestellt. Lit.: Enneccerus, L., Ein Höferecht für Hessen 1882; Kroeschell, K., Landwirtschaftsrecht, 2. A. 1970; Starke, A., Die hessische Landgüterordnung, 1995 |
3805 | Landhofmeister ist eine im 15. Jh. erscheinende Fortbildung des →Hofmeisters. |
3806 | Landkasse ist seit dem Spätmittelalter die besondere, neben der landesherrlichen Finanzverwaltung stehende landständische Finanzverwaltung. Sie wird auch Landkasten genannt. Sie wird vom Absolutismus beseitigt. Lit.: Bamberger, E., Die Finanzverwaltung in den deutschen Territorien des Mittelalters, Diss. jur. München 1923 |
3807 | Landkreis ist der untere staatliche Verwaltungsbezirk mit überörtlichen Selbstverwaltungsaufgaben. Der L. geht auf die Bildung von kleineren Kreisen (z. B. Teltow, Barnum, Zauche) oder größeren Kreisen (z. B. Altmark, Mittelmark, Neumark) in Brandenburg seit dem 14. Jh. zurück. Im 16. Jh. erkennt der Landesherr Kreisversammlungen an. Aus den Kreisdirektorien und den Kreiskommissaren entwickelt sich der →Landrat. Zuständig sind die Kreise vor allem für Wohlfahrtsmaßnahmen, militärische Angelegenheiten und Verkehrsbelange. Zwischen 1825 und 1828 werden Kreisordnungen für die einzelnen Provinzen Preußens erlassen. 1872 werden echte Kommunalverbände mit Selbstverwaltungsrecht geschaffen, deren wichtigste Organe Kreistag, Kreisausschuss und Landrat sind. 1919 wird das allgemeine, gleiche und direkte Wahlrecht eingeführt. Etwa zur gleichen Zeit wird die Bezeichnung L. (für Kreis) üblich. Die Angleichung der übrigen Länder an die Verhältnisse Preußens erfolgt vereinzelt seit dem 19. Jh., in Baden mit der Landkreisordnung vom 24. 6. 1939, in Bayern durch die dritte Verordnung über den Neuaufbau des Reiches vom 28. 11. 1938. Eine geplante Reichskreisordnung kommt nicht zustande. Nach der institutionellen Sicherung der Kreise durch Art. 28 I GG erlassen die Länder der Bundesrepublik Deutschland eigene, die Verbindung von Staatsverwaltung und Selbstverwaltung fortführende Landkreisordnungen. Lit.: Constantin, O./Stein, E., Die deutschen Landkreise, 1926; Heffter, H., Die deutsche Selbstverwaltung im 19. Jahrhundert, 1950; Grube, W., Vogteien, Ämter, Landkreise in der Geschichte Südwestdeutschlands, 1960; Unruh, G., Der Kreis, 1960; Stadler, K., Der Weg zur Selbstverwaltung der bayerischen Landkreise, 1962; Der Kreis, 1972ff.; Vogteien, Ämter, Landkreise in Baden-Württemberg, hg. v. Landkreistag, Bd. 1f. 1975; Hundert Jahre Kreisordnungen Nordrhein-Westfalen, hg. v. Landkreistag, 1988; Der Landkreistag Nordrhein-Westfalen 1947-1997, hg. v. Möller, F. u. a., 1997 |
3808 | Landlauf von Steyr ist das frühestens am Ende des 14. Jh.s vielleicht von einem unbekannten Gerichtsschreiber der steirischen Landschranne unter Einbeziehung einiger Sätze des Schwabenspiegels in 252 Artikeln verfasste Rechtsbuch, das sich vor allem mit dem Verfahren, mit den Landesdienstherren, den Bürgern, den Strafen und den Juden befasst. In Kärnten wird hieraus im 16. Jh. das Kärntner Rechtsbuch. Lit.: Bischoff, E., Steiermärkisches Landrecht des Mittelalters, 1875; Brunner, O., Land und Herrschaft, 5. A. 1965, 207; Wesener, G., Das innerösterreichische Landschrannenverfahren, 1963, 19 |
3809 | Landläufige kulmische Rechte sind die aus dem alten →Kulm und anderen Quellen um die Mitte des 15. Jh.s in Danzig (?) entstandenen Rechtsaufzeichnungen. Lit.: Litewski, W., Landrecht des Herzogtums Preußen. Strafrecht, 1982; Oppitz, U., Deutsche Rechtsbücher des Mittelalters, Bd. 1 1990, 52 |
3810 | Landleihe ist die zeitweise Überlassung von Land durch den Berechtigten in größerem oder kleinerem Umfang. Hierfür gilt seit dem Mittelalter teils unterschiedlich ausgestaltetes Leiherecht, teils Lehnrecht. Lit.: Kroeschell, DRG 1; Levy, E., Vom römischen precarium zur germanischen Landleihe, ZRG RA 66 (1948), 1 |
3811 | Ländliche Rechtsquellen sind die vor allem im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit sichtbaren, im nichtstädtischen Bereich geltenden örtlichen Rechtsquellen (der bäuerlichen Belange). Hierher gehören haupt-sächlich →Weistümer, Hofrechte und Dorfrechte. Trotz der Rechtsver-einheitlichung der frühen Neuzeit gelten sie teilweise bis in das 19. Jh. Lit.: Kroeschell, DRG 2; Württembergische ländliche Rechtsquellen, hg. v. Wintterlin, F. u. a., Bd. 1ff. 1910ff.; Deutsche ländliche Rechtsquellen, hg. v. Blickle, P., 1977 (Wege der Forschung); Die ländlichen Rechtsquellen aus den pfalz-neuburgischen Ämtern Höchstädt, Neuburg, Monheim und Reichertshofen vom Jahre 1585, hg. v. Fried, P., 1983; Ländliche Rechtsquellen aus dem kurtrierischen Amt Cochem, bearb. v. Krämer, C. u. a., 1986; Ländliche Rechtsquellen aus dem Kurmainzer Rheingau, bearb. v. Jeschke, P., 2003 |
3812 | Landnahme ist die junge geschichtswissenschaftliche Bezeichnung für das Eindringen germanischer Stämme in fremde Siedlungs-gebiete in der Völkerwanderungszeit (375-568). Lit.: Meyer, H., Die fränkische Landnahme und das Rheinland, 1936; Petri, L., Zum Stand der Diskussion über die fränkische Landnahme, 1954; Ausgewählte Probleme europäischer Landnahmen, hg. v. Müller-Wille, M. u. a., 1993f. |
3813 | Landpacht →Pacht |
3814 | Landrat ist in den meisten Ländern der Bundesrepublik Deutschland der Hauptverwaltungsbeamte der Gebietskörperschaft Kreis bzw. Landkreis und Leiter der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde. Er entwickelt sich in der Mark Brandenburg im 16. Jh. wohl aus dem vom Landesherrn auf Vorschlag der Landstände ernannten Kreiskommissar. Jedenfalls erhalten am 27. 9. 1702 alle märkischen Kreiskommissare den Titel L. Im 18. Jh. wird das Amt auf Preußen insgesamt ausgedehnt. 1825 werden seine Befugnisse zugunsten des Kreistags eingeschränkt, 1872 zugunsten des Kreisausschusses, dessen Vorsitzender der L. ist. Die übrigen deutschen Länder gleichen sich dem an. Vielfach ist der L. Volljurist. Lit.: Kroeschell, DRG 3; Köbler, DRG 151, 197; Baltl/Kocher; Gelpke, F., Die geschichtliche Entwicklung des Landratsamts, 1902; Lammermann, G., Die Entwicklung der rechtlichen Stellung des preußischen Landrats, Diss. jur. Göttingen 1939; Unruh, G. v., Der Landrat, 1966; Eifert, C., Paternalismus und Politik, 2003; Weil, F., Entmachtung im Amt, 2004 |
3815 | Landrecht ist vom Hochmittelalter bis in die frühe Neuzeit das für die Bewohner eines →Landes des Heiligen römischen Reiches geltende allgemeine →Recht im Gegensatz vor allem zum Stadtrecht oder zum Lehnsrecht. Seit der Mitte des 11. Jh.s lassen die lateinischen Quellen deutliche territoriale Bezüge erkennen (z. B. [lat.] provinciae mos [M.], ius [N.] terrae, regionis consuetudo [F.]). Im Jahre 1200 stellt eine Urkunde mhd. lant-reht und (lat.) statuta [N.Pl.] civitatis (Statuten der Stadt) gegenüber. Der das L. vielleicht nach römisch-kanonischem Vorbild anfänglich lateinisch aufzeichnende →Sachsenspiegel →Eike von Repgows (1221-1224) unterscheidet das (mnd.) landreht ausdrücklich vom Lehnsrecht, von des mannes reht, von dem geistlichen Recht, vom Dorfrecht und wohl selbstverständlich auch vom →Stadtrecht. Hauptquelle des Landrechts ist das gewohnheitsrechtlich fortgebildete →Volksrecht, doch werden auch gesetzliche (bzw. gesetzte) oder vertragliche (bzw. vereinbarte) Regelungen einbezogen. Die Aufzeichnung erfolgt seit dem 13. Jh. in zunehmender Dichte (Österreich 1237 u. s. w.). Zur gleichen Zeit ist auch bereits gesetzlicher Erlass von L. möglich (z. B. Kulmer Handfeste 1233). Weitere bedeutsame Landrechte sind das etwa 1335 entstandene, 1346 vermehrte oberbayerische Landrecht, das schlesische Landrecht (1356), das Würzburger Landrecht (1435) oder das dithmarsche L. (1447). In der frühen Neuzeit wird das L. unter dem Einfluss des römischen Rechtes verschiedentlich reformiert (Bayern 1518, [Brandenburg 1527,] Kurköln 1538, Württemberg 1555, Solms 1571, [Kursachsen 1572,] Siebenbürgen 1583, Herzogtum Preußen 1620). Hier sind Privatrecht, Gerichtsverfassung, Zivilpro-zess und Strafrecht erfasst. Mit dem preußischen Allgemeinen Landrecht und dem Badischen Landrecht als naturrechtlichen Kodifikationen klingen die Landrechte 1794 bzw. 1809 (auch) dem Namen nach aus. Daneben ist L. auch das Landgericht. Lit.: Kroeschell, DRG 1, 2; Köbler, DRG 93, 102; Baltl/Kocher; Böhlau, H., Mecklenburgisches Landrecht, Bd. 1 1871; Brunner, H., Sippe und Wergeld nach niederdeutschen Rechten, ZRG GA 3 (1882), 1 (zum Rheingauer Landrecht); Meyer, H., Das sogenannte Rheingauer Landrecht, ZRG GA 24 (1903), 309; Quellen zur neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands, Bd. 1, Halbbd. 2 Landrechte des 16. Jahrhunderts, eingel. v. Kunkel, W., 1938; Brunner, O., Land und Herrschaft, 5. A. 1965; Carlen, L., Das Landrecht des Kardinals Schiner, 1955; Ebel, W., Geschichte der Gesetzgebung in Deutschland, 1956, 2. A. 1958, Neudruck 1988; Dirks, M., Das Landrecht des Kurfürstentums Trier, 1965; Das bayerische Landrecht von 1616, hg. v. Günther, H., 1969; Das Eigen-Landrecht der Siebenbürger Sachsen von 1583, hg. v. Laufs, A., 1973; Droege, G., Landrecht und Lehnrecht im hohen Mittelalter, 1969; Friedrich Esaias Pufendorfs Entwurf eines hannoverschen Landrechts, hg. v. Ebel, W., 1970; Köbler, G., Land und Landrecht im Mittelalter, ZRG 86 (1969), 1ff.; Floßmann, U., Landrecht als Verfassung, 1976; Litewski, W., Landrecht des Herzogtums Preußen von 1620, Bd. 1ff. 1982ff.; Schroeder, F., Das Oberpfälzer Landrecht von 1657/59, ZRG GA 110 (1993), 482; Löw, I., Die Eiderstedter Landrechte von 1426 bis 1591, 2003; Zimmer, K., Das Burger Landrecht, 2003 |
3816 | Landrechtsbuch →Landrecht |
3817 | Landrechtsglosse →Sachsenspiegel, Glosse |
3818 | Landrechtsreformation →Landrecht, Reformation |
3819 | Landrichter ist der für ein →Land zuständige →Richter (1186 lat. iudex [M.] provinciae). Das ist zunächst ein königlicher Amtsträger, danach der Landesherr, seit dem 13./14. Jh. der landesherrliche Richter im →Landgericht und seit 1877/1879 (umgangssprachlich) der Richter am Landge-richt. Lit.: Döhring, H., Geschichte der deutschen Rechtspflege seit 1500, 1953; Schlosser, H., Spätmittelalterlicher Zivilprozess, 1971, 104 |
3820 | Landsasse ist im Sachsenspiegel (1221/1224) der untere Freie (ohne Grundeigentum). In der frühen Neuzeit ist L. der über dem einfachen Freien stehende, meist den Landständen angehörende Untertan. Lit.: Hagemann, A., Die Stände der Sachsen, ZRG GA 76 (1959), 111, 147; Willoweit, D., Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt, 1975 |