Inhaltsverzeichnis V
Verzeichnis der wichtigsten Abkürzungen VI
Vorwort IX
Literaturhinweise XIII
Kurze Einführung in die gotische Sprachwissenschaft XVIII
Wörterbuch 1
Anhang 1: Fragmente
Anhang 2: Biblisch-gotische Namen
Anhang 3: Gotische Namen
Anhang 4: Wörter sonstiger ostgermanischer Sprachen
A = Codex
Ambrosianus A
(mit Turiner Blättern)
a. = auch
aal. = altalemannisch
abay. = altbayerisch
abgel. = abgeleitet
abret. = altbretonisch
Adj. = Adjektiv
Adv. = Adverb
adv. = adverbial
adversat. = adversativ
ae. = altenglisch
afries. = altfriesisch
afrk. = altfränkisch
afrz. = altfranzösisch
ahd. = althochdeutsch
ai. = altindisch
air. = altirisch
ais. = altisländisch
Akk. = Akkusativ
Akt. = Aktiv
amfrk. = altmittelfränkisch
an. = altnordisch
and. = altniederdeutsch
Anf. = Anfang
anfrk. = altniederfränkisch
Anm. = Anmerkung
anom. = anomal
aonfrk. = altostniederfränkisch
aport. = altportugiesisch
apers. = altpersisch
apreuß. = altpreußisch
aram. = aramäisch
arcev. = arcevisch, Mundart von
Arcevia
arhfrk. = altrheinfränkisch
Art. = Artikel
as. = altsächsisch
aschwed. = altschwedisch
asmfrk. = altsüdmittelfränkisch
asthfrk. = altsüdrheinfränkisch
athem. = athematisch
athür. = altthüringisch
av. = avestisch
avenez. = altvenezianisch
B = Codex Ambrosianus B
B. = Beleg
bask. = baskisch
Bi = Bibel
burg. = burgundisch
byz. = byzantinisch
C = Codex Ambrosianus C
CA = Codex Argenteus
CAS = Codex Argenteus,
Speyrer Blatt
CB = Codex Brixianus
CC = Codex Carolinus
D = Codex Ambrosianus D
Dat. = Dativ
dekl. = deklinabel
defekt. = defektiv
Demonstr. = Demonstrativ
dial. = dialektisch, dialektal
Du. = Dual
E = Codex Ambrosianus E
(mit Vatikanischen
Blättern), z. B. nb
(s. nb)
E. = Etymologie
emil. = emilisch
enklit. = enklitisch
Eph. = Epheser
Ew = Erbwort
exc = excipit
F. = Femininum
Fem. = Femininum
Frageadv. = Frageadverb
friaul. = friaulisch
frz. = französisch
G = Codex Gissensis (Gie-
ßener Fragment)
G. = Genitiv
Gal = Galater
gall. = gallisch
gasc. = gascognisch
Gen. = Genitiv
gepid. = gepidisch
germ. = germanisch
gilh. = gilhocisch, Mundart von
Gilhoc
Gl = Glosse
got. = gotisch
gr. = griechisch
hebr. = hebräisch
Hs. = Handschrift
Hw. = Hinweis
hypothet. = hypothetisch
HZ. = (Haupts) Zeitschrift für
deutsches Altertum
HZ. Anz. = Anzeiger (in: [Haupts]
Zeitschrift für deutsches
Altertum
I. = Interferenz, Instrumen-
tal
idg. = indogermanisch
IF. = Indogermanische For-
schungen
IF. Anz. = Indogermanische For-
schungen Anzeiger (in:
Indogermanische For-
schungen)
Imp. = Imperativ
inc = incipit
Ind. = Indikativ
Indef. = Indefinit
indekl. = indeklinabel
Inf. = Infinitiv
Instrum. = Instrumental
Interj. = Interjektion
intr. = intransitiv
it. = italienisch
Jh. = Jahrhundert
Joh = Johannes
Kal = Kalender
kalabr. = kalabresisch
kat. = katalanisch
kelt. = keltisch
Kol = Kolosser
Komp. = Komparativ
Konj. = Konjunktion
Konjekt. = Konjektur
kons. = konsonantisch
Kor = Korinther
krimgot. = krimgotisch
ksl. = kirchenslawisch
kymr. = kymrisch
KZ = Kuhns Zeitschrift für
vergleichende Sprach-
wissenschaft
L. = Literatur
lang. = langobardisch
lat. = lateinisch
LBai = Lex Baiwariorum
Lbd. = Lehnbedeutung
Lbi. = Lehnbildung
LBurg = Lex Burgundionum
lett. = lettisch
lit. = litauisch
lomb. = lombardisch
Lsch. = Lehnschöpfung
Luk = Lukas
Lüs. = Lehnübersetzung
Lüt. = Lehnübertragung
LVis = Leges Visigothorum
Lw. = Lehnwort
lyon. = lyonesisch
M. = Maskulinum
magyar. = magyarisch
Mask. = Maskulinum
Mat = Matthäus
mgr. = mittelgriechisch
mhd. = mittelhochdeutsch
mlat. = mittellateinisch
mnd. = mittelniederdeutsch
montañ = montanisch, Mundart
von Montañes
mozarab. = mozarabisch
Mrk = Markus
N. = Neutrum
nb = nichtbiblisch
ne. = neuenglisch
neg. = negativ
Neh = Nehemias
Neutr. = Neutrum
nfrz. = neufranzösisch
nhd. = neuhochdeutsch
nis. = neuisländisch
Nom. = Nominativ
nordit. = norditalienisch
nprov. = neuprovenzalisch
Num. Kard. = Grundzahl
Num. Ord. = Ordnungszahl
oberit. = oberitalienisch
ON = Ortsname
Opt. = Optativ
osset. = ossetisch
P. = Person
Part. = Partizip
Partik. = Partikel
Pass. = Passiv
pass. = passivisch
PBB = Paul und Braunes Bei-
träge zur Geschichte
der deutschen Sprache
und Literatur
Perf. = Perfekt
Pers. = Person
Phm = Philemon
Php = Philipper
piem = piemontesisch
Pl. = Plural
PN = Personenname
poit. = poitevinisch
Pokorny = Pokorny, Indogermani-
sches Etymologisches
Wörterbuch
port. = portugiesisch
Poss.-Pron. = Possessivpronomen
Präd. = Prädikat
Präf. = Präfix
Präp. = Präposition
Präs. = Präsens
Prät. = Präteritum
Prät.-Präs. = Präteritopräsentium
Pron. = Pronomen
red. V. = reduplizierendes Verb
refl. = reflexiv
Relat. = Relativ
Rom = Römer
rom. = romanisch
rum = rumänisch
run = runisch
s. = siehe
S. = Seite
Sal = Salzburg-Wiener Al-
kuin Handschrift
sard. = sardinisch
Sb. = Substantiv
Sg. = Singular
siz. = sizilianisch
Sk = Skeireins
SkB = Skeireins (Bennetts Le-
sung)
skyth. = skythisch
slaw. = slawisch
s. o. = somenone, jemand
span. = spanisch
st. = stark
s. u. = siehe unter
subst. = substantiviert
südfrz. = südfranzösisch
Suff. = Suffix
Superl. = Superlativ
st. = stark
s. v. = sub voce
sw. = schwach
sweb = swebisch
tatar. = tatarisch
Th = Thessalonicher
Tit = Titus
Tm. = Timotheus
tosk. = toskanisch
tr. = transitiv
türk. = türkisch
ÜE. = Übersetzungsentspre-
chungen
ÜG. = Übersetzungsgleichung
unpers. = unpersönlich
unr. = unregelmäßig
Urk = Urkunde
UrkA = Urkunde von Arezzo
UrkN = Urkunde von Neapel
urspr. = ursprünglich
v. = von
V. = Verb
veltl. = veltlinisch
venez. = venezianisch
Ver = Veroneser Handschrift
vgl. = vergleiche
vlat. = vulgärlateinisch
Vok. = Vokativ
Vt. = Viertel
Vw. = Verweis
W. = Weiterleben
wallis. = wallisisch
wgot. = westgotisch
westgerm. = westgermanisch
z. B. = zum Beispiel
z. T. = zum Teil
Z. f. d. W. = Zeitschrift für deutsche
Wortforschung
Das Gotische ist die älteste, durch umfangreichere Überlieferung bezeugte german(ist)ische Einzelsprache. Zwar gehen ihm einzelne germanische Namen und Wörter in antiken Texten sowie einzelnen germanische Runeninschriften voraus. Dabei handelt es sich aber stets nur um einzelne oder wenige Wörter, die zudem oft schwer lesbar oder schwer deutbar sind.
Wegen seines Alters ist das Gotische für die gesamte indoeuropäische Sprachwissenschaft von hervorragender Bedeutung. Für das Indogermanische und das Germanische bildet es eine der wichtigsten Quellen der Rekonstruktion. Für die jüngeren germanistischen Einzelsprachen wie das Althochdeutsche, Altsächsische, Altniederfränkische, Altfriesische, Altenglische oder Altnordische ist es ein wesentlicher Bezugspunkt. in außergerman(ist)ischen Sprachen hat es bedeutsame Bezugsspuren hinterlassen.
Im Mittelpunkt seiner Überlieferung stehen die in (7 bzw.) 8 Handschriften des frühen (?) 5. bis. 7. Jahrhunderts (mit ca. 380 Blättern) erhaltenen Teile der gotischen Bibelübersetzung. Sie umfasst etwa 8-9 % der gesamten Bibel, nämlich etwa 57 % der Evangelien und rund zwei Drittel der Paulinischen Briefe. Ihr liegt eine im einzelnen unbekannte, bezüglich der neutestamentarischen Teile auf der sog. Koiné-Überlieferung des 4. Jahrhunderts und bezüglich der Nehemiasfragmente auf der griechischen Übersetzung des Märtyreres Lukian († 312) beruhende griechische Vorlage zugrunde. Geschaffen ist sie wohl von dem im späteren vierten Jahrhundert lebenden Gotenbischof Wulfila.
Hinzu kommen Bruchstücke einer am Ende des 4. Jahrhunderts verfassten, verschiedene Bibelzitate enthaltenden Erklärungen (Skeireins) des Johannesevangeliums, die bei Johannes 7,52 abbrechen, einige wenige herkömmlicherweise dem Bibelgotischen zugerechnete gotische Sätze und Wörter in zwei lateinische Verkaufsurkunden, einige biblische Randbemerkungen einer Veroneser Handschrift, Reste eines gotischen Festkalenders sowie zwei gotische Alphabete und einige gotische Wortgruppen aus dem Lukasevangelium und der Genesis einer Salzburg-Wiener Alkuinhandschrift des 9. oder 10. Jahrhunderts. Dieser überlieferte gotische Bibelwortschatz, neben dem sich nur wenige und kurze weitere gotische Zeugnisse (ein kleiner Einschub in De conviviis barbaris, einige Runeninschriften, eine karolingische Inschrift, 68 krimgotische Wörter und Sätzchen sowie einige Zahlwörter einer Aufzeichnung von 1560/2) finden, ist bereits in mehreren neueren Wörterbüchern zusammengefasst.
Das älteste von ihnen stammt von Gabelentz, H. C. von der/Loebe, J. und erschien im Jahre 1843. Es ordnet den Wortschatz nach Stammsilben und diese nach dem am griechischen Alphabet orientierten gotischen Alphabet (a, b, g, d, e, q, z, h usw.). Es ist für den mit dem Gotischen nicht bereits sehr gut vertrauten Benutzer nur sehr schwer benutzbar. Es beruht nicht auf der heute maßgebenden, wenn wohl auch noch nicht endgültigen wissenschaftlichen Ausgabe Wilhelm Streitbergs (1908, 5. A. 1965, 6. A. 1971) und ist deshalb veraltet und beispielsweise für die Skeireins nur mit Mühe zu verwenden.
Zeitlich folgt ihm das Gotische Glossar Ernst Schulzes von 1848. Es ordnete bereits nach dem lateinischen Alphabet sowie nach einzelnen Wörtern und gab zahlreichen Fundstellen griechische und lateinische Kontexte bei. Für die Mitte des 19. Jahrhunderts stellte es eine vorbildliche Leistung dar. Es beruht aber auch nicht mehr auf der maßgebenden wissenschaftlichen Ausgabe und ist deshalb ebenfalls veraltet.
Das nächste gotische Wörterbuch wurde von Streitberg selbst als Band 2 seiner maßgeblich gewordenen, bisher als Ganzes nicht überholten Ausgabe verfasst. Es ordnet den Wortschatz nach dem lateinischen Alphabet, berücksichtigt bei der Einordnung aber nicht die unbetonten Vorsilben, so dass alle mit Vorsilben gebildeten Zeitwörter unter der jeweiligen Grundform des Verbs gesucht werden müssen, was für den ungeschulten Benutzer ebenfalls ungewohnt und für Vergleiche eher hinderlich ist. Dazu kommt, dass es die Belege meist nur in einer Auswahl bringt. Die griechischen Vorlagewörter bietet es vielfach nur in flektierter Form. Außerdem ist es durch neuere Lesungen und den überraschenden Fund des Schlussblattes des Codex Argenteus ebenfalls nicht mehr auf dem neuesten Stand.
Schließlich hat Brian T. Regan 1974 ein englischsprachiges Verzeichnis des Bibelgotischen hergestellt. Es bezieht eine Reihe von vor allem durch Schubert (1968) durch systematische Verknüpfung der belegten Wörter des Bibelgotischen neu erschlossenen Wörtern ein. Belegstellen bietet es nicht.
Eine etwas andere Zielsetzung als die vier genannten Wörterbücher hat das gotische etymologische Wörterbuch Ferndinand Holthausens von 1934. Es ist den bisher genannten Wörterbüchern dadurch überlegen, dass es die etymologischen Wurzeln des Gotischen zu ermitteln versucht, wobei es allerdings auf das dem Gotischen unmittelbar vorangehende Gemeingermanische so gut wie nie besonders eingeht, sondern vor allem Paralellen aus anderen germanistischen Sprachen sammelt. Außerdem arbeitet es die aus romanischen Sprachen erschließbaren gotischen Wörter ein, wobei es insbesondere die Arbeiten Ernst Gamillschegs berücksichtigt. Es verzichtet aber für das Bibelgotische ganz und im übrigen weitgehend auf Nachweise, so dass es insofern den genannten Wörterbüchern unterlegen ist. Auch die Zeugnisse des Krimgotischen schließt es aus.
Einige dieser Nachteile gleicht das zweite etymologische Wörterbuch des Gotischen, das Sigmund Feist erarbeitete (1. Auflage 1909, 2. Auflage 1923) und das 1939 in dritter, um viele verstreute gotische Einzelwörter, die Eigennamen der gotischen Urkunden, den Kalender und die wenigen gotischen Runeninschriften erweiterten Auflage (mit insgesamt schätzungsweise 1500 Ansätzen) erschien, teilweise aus. Darüberhinaus bietet es eine sonst nirgends erreichte Fülle etymologischer Hinweise und Bemerkungen, so dass es noch in der Gegenwart als eines der besten etymologischen Wörterbücher gilt. Allerdings sind nicht nur Feists Stellennachweise vielfach nur exemplarisch, sondern ist auch die Anordnung des etymologischen Materials insofern nicht optimal, als dieses etwa bei Verben jeweils bei den alphabetisch ersten abgeleiteten Verb geboten wird (z. B. and-...) und bei den späteren Komposita (z. B. ur-...) jeweils nur ein Verweis erfolgt. Bei der Etymologie werden zwar viele Belege aus anderen indogermanischen und weiteren Sprachen gebracht, die dem Gotischen vorausgehende Form des Gemeingermanischen wird aber nur sehr selten geboten. Auch auf die Interferenz wird nicht umfassend eingegangen. Dazu kommt, dass das Werk auf dem 1939 vorliegenden Text Streitbergs beruht und insofern in Einzelheiten überholt ist. Weiter fehlen Holthausens aus anderen Sprachen erschlossene Wörter sowie Schuberts aus dem Gotischen selbst erschlossene Wörter. Außerdem stand für die etymologische Bearbeitung der gotischen Wörter das jetzt maßgebliche indogermanische etymologische Wörterbuch Pokornys noch nicht zur Verfügung, so dass Feists Arbeit insofern ebenfalls nicht auf dem neuesten Stand sein kann. Auch die von Winfried P. Lehmann durchgeführte Überarbeitung (A Gothic Etymological Dictionary, Leiden 1986), welche das seit 1939 erschienene etymologische Schrifttum einschließlich Pokornys indogermanischem etymologischem Wörterbuch umfassend verwertet, vermag, weil sie an der grundsätzlichen Anlage des Werkes weitgehend festhält, diese Schwächen nicht vollständig zu beheben.
Als letztes sind schließlich die Word-Indices und Word-Lists to the Gothic Bible and Minor Fragments Tollenaeres and Jones' aus dem Jahre 1976 zu nennen. Sie bieten den neuesten edierten Stand der gesamten bibelgotischen Überlieferung einschließlich der neueren Lesungen und der Neufunde mit bisher noch nicht erfolgter Nennung der überliefernden Handschrift. Allerdings sind sie nur Computerindizes, die alle 67438 erfassten, zu etwa einem Viertel auf Doppelüberlieferung beruhenden Stellen (darunter 4429mal jah, 2315mal in und 1507mal ni sowie 4527 nur an einer Stelle belegten Formen) nur nach dem bloßen Wortlaut der belegten Formen reihen, ohne die belegten Formen einer Grundform (Infinitiv, Nominativ, usw.) zuzuordnen. Dementsprechend fehlen sämtliche weiteren Angaben, so dass die Indizes kein Wörterbuch darstellen können, allerdings optimales Ausgangsmaterial für ein solches bieten, soweit das Bibelgotische betroffen ist.
Aus alledem folgt, dass ein ausreichendes Wörterbuch des gesamten gotischen Wortschatzes bisher fehlt. Wegen der besonderen Bedeutung des Gotischen ist es aber besonders notwendig. Deswegen wurde der Versuch einer Herstellung eines neuen gotischen Wörterbuches unter Berücksichtigung folgender Ziele unternommen.
Das Wörterbuch will den gesamten belegten und mit guten Gründen erschließbaren Wortschatz des Gotischen erfassen und diesen in einem systematisch zusammengesetzten Aufbau darstellen. Es verwendet normalisierte Ansätze, welche streng in der Ordnung des lateinischen Alphabetes geboten werden, wobei lange, durch einen Längestrich gekennzeichnete Vokale den entsprechenden kurzen Vokalen unmittelbar nachgestellt werden und ¸ und þ nach h und t stehen. Homonyme erhalten eine eingeklammerte Kennzahl als Kennzeichnung. Allen Ansätzen wird die Zahl ihrer Belege beigegeben. Erschlossene Grundformen werden mit einem Stern am Wortende, erschlossene Wörter mit einem Stern am Wortanfang gekennzeichnet. Alle etymologisch abteilbaren Wortbestandteile sind (trotz aller damit verbundener Schwierigkeiten) bei der Grundform durch Trennungsstriche gesondert. Der angesetzten Grundform sind bedeutsame Varianten (Nebenformen) angefügt. Dem Wortschatz ist eine Sprachangabe zugesetzt, welche die maschinelle Erkennung als gotisch erlauben soll. Dem folgt die grammatikalische Bestimmung des Ansatzes nach der Wortart. In vielen Fällen werden dem weitere grammatikalische Hinweise hinzugefügt.
Es folgt die neuhochdeutsche Bedeutungsangabe. An sie ist eine neuenglische Bedeutungsangabe angefügt. Dadurch soll das Wörterbuch auch für die außerdeutsche, insbesondere die angloamerikanische Forschung leichter zugänglich werden. Bei homonymen Erklärungen sind dabei jeweils verdeutlichende Unterscheidungsmerkmale angebracht.
Da das Gotische im wesentlichen als Übersetzung einer wenn auch nicht in jeder Einzelheit, so aber doch im großen und ganzen bekannten griechischen Vorlage überliefert ist, werden die griechisch-gotischen Übersetzungsgleichungen angegeben, die sowohl ein besseres Verständnis des Gotischen ermöglichen können als auch zeigen können, wie das Griechische des 4. Jahrhunderts von Goten verstanden wurde. Wegen der Vergleichbarkeit mit den anderen germanistischen Einzelsprachen, die vornehmlich aus dem Lateinischen übersetzen, werden auch die lateinisch-gotischen Übersetzungsentsprechungen geboten, obgleich lateinisch-gotische Übersetzungen zwar bestanden haben, aber nur in den winzigen Resten des Codex Gissensis und des Codex Carolinus überliefert sind. Zur Ermittlung dieser Entsprechungen ist in Ermangelung besserer Möglichkeiten die griechisch-lateinische Handkonkordanz Schmollers herangezogen worden. Zusätzlich sind Sonderlesarten des Codex Brixianus und des Codex Carolinus vermerkt worden.
Den Bedeutungsangaben, Übersetzungsangaben und Entsprechungsangaben folgen Verweise innerhalb des Gotischen, welche die Zusammenhänge, die durch die alphabetische Ordnung zerrissen werden, kenntlich machen sollen. Dabei sind die Komposita so weit wie möglich beim Grundwort vermerkt worden. Darüberhinaus werden im Einzelfall weitere Hinweise geboten.
Den Beschluss dieses Teiles bilden summarische Hinweise auf die Quellen. Wegen der Einseitigkeit der Überlieferung ist dies sehr häufig die Bibelübersetzung, doch gilt dies nicht durchweg. Die jeweils älteste Quelle ist dabei durch eine ungefähre Zahlenangabe chronologisch bestimmt.
Hieran schließen sich Angaben über fremdsprachliche Einflüsse auf das Gotische, die unter dem Stichwort Interferenz behandelt werden. Allerdings sind dabei vielfach nur Vermutungen möglich. Grundlegende Vorarbeiten dazu fehlen nämlich weitgehend.
Dann folgen kurze etymologische Hinweise. Sie sollen insbesondere angeben, ob ein dem gotischen Wort entsprechender Ansatz für das Gemeingermanische erschließbar ist. Darüberhinaus sollen sie das Wort grundsätzlich auch ins Indogermanische verfolgen. Fehlen entsprechende Angaben, so haben sich indogermanische Wurzeln über das Germanische nicht ermitteln lassen.
Soweit das betreffende gotische Wort in Redewendungen verwandt wurde, werden diese als nächstes aufgenommen.
Den Beschluss bildet eine Vollständigkeit erstrebende Angabe der Belege. Diese werden dabei in der alphabetischen Reihenfolge der Belegformen und innerhalb dieser nach der Reihenfolge der biblischen Texte geordnet. Die handschriftliche Herkunft jedes Beleges wird durch Handschriftsiglen kenntlich gemacht. Kontexte sollen aus praktischen Gesichtspunkten nicht geboten werden.
Die Gesamtzahl der erfassten Ansätze und Verweise beträgt etwa 5500. Damit wird der auf etwa 3300 Ansätze (davon etwa 40 % hapax legomena) zu schätzende bibelgotische Wortschatz Streitbergs erheblich erweitert. In vier Anhängen werden die nicht ohne weiteres zuordenbaren Fragmente, die etwa 350 bibelgotischen und die rund 1000 bekannten gotischen Namen sowie die wenigen Wörter weiterer ostgermanischer Sprachen geboten.
Bei der Erarbeitung dieses neuen, auf einem einfacheren, 1981 erschienenen gotisch-neuhochdeutschen Wörterbuch aufbauenden Wörterbuches haben mich zahlreiche gutwillige und hilfsbereite Mitarbeiter unterstützt, ohne die das Werk nicht hätte vollbracht werden können. Besonders hervorzuheben sind von ihnen Anke Gunkel, Susanne Scheibel, Margret Dreesen und Doris Lippitsch. Bei ihnen und bei Heinz Travelot, der den schwierigen Satz gestaltete, sowie Günther Partosch und Josef Schönegger, welche ihn durch Programme vorbereiteten, habe ich mich vor allem zu bedanken.
Sehr verpflichtet bin ich auch meiner Gießener Universität, die über den Codex Gissensis traditionell eine zwar brüchige, aber doch unmittelbare Beziehung zum Gotischen hat. Sowohl ohne den Kanzler der Universität als auch meine Kollegen im Fachbereich, von denen ich Alfred Söllner besonders nennen darf, wäre das Unterfangen wohl ein Torso geblieben.
Herzlichen Dank schulde ich schließlich dem Verlag, der freundlicherwiese den Vertrieb dieses zur Förderung der germanistischen Philologie gedachten neuen gotischen Wörterbuches übernommen hat.
Gießen, den 20. 4. 1988 Gerhard Köbler
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Das Gotische ist eine (germanische/) germanistische Einzelsprache, die über das Germanische (/Gemeingermanische) zur großen Sprachgemeinschaft des Indogermanischen gehört. Am nächsten stehen ihm das Gepidische, Burgundische, Rugische, Wandalische und vielleicht auch das Skirische und Bastarnische, die allesamt freilich nur eine ganze bescheidene Überlieferung aufweisen. Sie bilden mit dem Gotischen das Ostgermanische, das dem Nordgermanischen und Westgermanischen (bzw. Süd-)germanischen gegenübersteht.
Das Gotische ist hiervon die Sprache der vielleicht aus Südskandinavien stammenden, erstmals im letzten vorchristlichen Jahrhundert erwähnten Goten, deren Name mit got. *geutan (gießen) verbunden wird. Sie ziehen über den Oder-Weichsel-Raum bis zum dritten Jahrhundert ans Schwarze Meer, mit der Völkerwanderung dann nach Italien, Südgallien und Spanien. Letzte Reste der Goten sind auf der Krim noch im 16. Jahrhundert vorhanden.
Eingeteilt werden die Goten in Westgoten und Ostgoten. Der Name Westgoten gehört ursprünglich allerdings zu idg. *øesu (= gut). Teilweise werden die Westgoten auch als Tervingi (*terwæn »Kienholz«, »Kiefernwald«), die Ostgoten als Greutungi (*greuta »Grieß«, »Geröll«) bezeichnet.
Das Gotische ist in einer Reihe verschiedener Denkmäler überliefert, die insgesamt etwa 67500 Wortbelege umfassen (Tollenaere-Jones zählen für die gotische Bibel und die kleineren Fragmente 67438 Belege). Dabei handelt es sich vor allem um die Reste einer westgotischen Bibelübersetzung aus dem Griechischen, um Stücke eines Kommentares (Skeireins) zum Johannesevangelium, um einige Wortgruppen in einer Salzburg-Wiener Handschrift, einige Randbemerkungen einer Veroneser Handschrift, Reste eines gotischen Festkalenders, Beglaubigungen und Unterschriften auf zwei Urkunden, einige Wörter in De conviviis barbaris, wenige kurze Runeninschriften und eine Inschrift auf einem Putzstück. Hinzu kommen zahlreiche Namen in lateinischen Texten.
Von all diesen Quellen steht die Bibelübersetzung im Vordergrund. Sie ist zwischen 340 und 380 von dem Missionsbischof Ulfila (got. *wulfila »Wölflein«, http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/siegel.html) verfasst worden. Er war Sohn eines gotischen Vaters und einer griechisch-kappadokischen Mutter und lebte vielleicht von 311 (?) bis 382 (?). Er soll zahlreiche verlorene griechische, lateinische und gotische Traktate verfasst und die griechische Bibel mit Ausnahme der Bücher der Könige in das Gotische übersetzt haben.
Die genaue Vorlage seiner Übertragung ist unbekannt, weil es nicht möglich ist, den gotischen Text durchweg in allen Einzelheiten mit der rekonstruierten griechischen Grundlage in Übereinstimmung zu bringen. Dies könnte vor allem auch darauf beruhen, dass die Überlieferung nicht mehr überall den ursprünglichen wulfilanischen Text wiedergibt. In diesem Zusammenhang ist erwiesen, dass die lateinische Fassung der Bibel (Vetus Latina) auf den gotischen Text eingewirkt hat. Immerhin ist davon auszugehen, dass die griechische Vorlage des Neuen Testamentes in der sogenannten Koiné-Überlieferung des 4. Jahrhunderts und die griechische Vorlage der gotischen Nehemiasfragmente in der griechischen Übersetzung des Märtyrers Lukian († 312) zu suchen ist.
Überliefert ist die gotische Bibelübersetzung durch sieben bzw. acht Handschriften, von denen drei einen älteren, nach rechts geneigten Schriftduktus (Codices Ambrosiani B, C, Marginalien der Codices Ambrosiani A, B, außerdem das Alphabet der Salzburg-Wiener Handschrift, die Randbemerkungen der Veroneser Handschrift und die beiden Urkunden) aufweisen, während die übrigen einen jüngeren, geraden Schriftduktus zeigen. Die Handschriften scheinen in die Zeit zwischen dem frühen 5. und dem frühen 7. Jahrhundert zu gehören. Die Handschriften des jüngeren Schrifttyps stammen aus dem ostgotischen Italien, die Handschriften des älteren Schrifttyps vielleicht aus Frankreich und dem Donaugebiet. Bis auf den Codex Argenteus und den Gießener Codex sind die Bibelhandschriften Palimpseste.
Der Codex Argenteus (silbener Kodex) (= CA) stammt aus dem 5. oder 6. Jahrhundert und umfasste ursprünglich 336 Blätter (Streitberg: 330), von denen 187 Blätter und das 1970 in einem hinter dem Altar der St. Afra-Kapelle im Dom von Speyer eingemauerten Reliquiensack (mit den Gebeinen des Bischofs Erasmus von Antiochia [um 300]) gefundene (2 cm höhere und 2 cm breitere) (und deswegen vielleicht schon früh von den anderen Blättern getrennte, möglicherweise bereits vor der Abtrennung durch starke Nutzung beschädigte), vielleicht um die Mitte des 16. Jahrhunderts um einen Holzstab gerollte Speyerer Schlussblatt (letztes Blatt der Lage 41, eines Quinio am Ende des Markusevangeliums mit den Versen von Markus 14,16-16,20 [die zweite, wohl Markus 14,16-27 enthaltende Hälfte des Doppelblattes wird noch vermisst]) erhalten sind (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 7. A. 504-507, http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/spirense.html). Die purpurgefärbte, von zwei Schreibern geschriebene Pergamenthandschrift mit silbernen und goldenen Buchstaben überliefert Teile der vier Evangelien des Matthäus, Johannes (Schreiber A), Lukas und Markus (Schreiber B) (Matthäus 5,15-48; 6,1-32; 7,12-29; 8,1-34; 9,1-37; 10,1,23-42; 11,1-25; 26,13,70-75; 27,1-19,42-66; Markus 1,1-45; 2,1-28; 3,1-35; 4,1-41; 5,1-43; 6,1-30,53-56; 7,1-37; 8,1-38; 9,1-50; 10,1-52; 11,1-33; 12,1-38; 13,16-29; 14,4-16,41-72; 15,1-47; 16,1-12,12-18; Lukas 1,1-80; 2,1-52; 3,1-37; 4,1-44; 5,1-39; 6,1-49; 7,1-50; 8,1-56; 9,1-62; 10,1-30; 14,9-35; 15,1-32; 16,1-24; 17,3-37; 18,1-43; 19,1-48; 20,1-46; Johannes 5,45-47; 6,1-38,40-71; 7,1-52; 8,12-59; 9,1-41; 10,1-42; 11,1-47; 12,1-49; 13,11-38; 14,1-31; 15,1-27; 16,1-33; 17,1-26; 18,1-40; 19,1-33). Der Text ist in die durch Eusebius von Caesarea gebildeten (1162) Sektionen geteilt. Am unteren Rand sind Parallelstellen vermerkt. Die Handschrift gehört derselben Schreiberschule an wie ein lateinische Evangelien enthaltender Kodex aus Brescia (Codex Brixianus = CB), der vermutlich den allein überlieferten lateinischen Rest einer ursprünglich vorhandenen lateinisch-gotischen Evangelienbilingue darstellt, weil sein lateinischer Text, dort wo er sowohl vom Text der altlateinischen Itala wie auch von dem der Vulgata abweicht, mit der gotischen Bibel übereinstimmt. Vielleicht wurde die Handschrift einst von dem heiligen Liudger von Monte Cassino in das um 800 von ihm gegründete Kloster Werden an der Ruhr gebracht, wo er in der Mitte des 16. Jahrhunderts von flandrischen Gelehrten (Georg Cassander, Cornelius Wouters) für die Wissenschaft entdeckt wurde. Durch Kaiser Rudolf II. (1576-1612) kam der bereits stark verstümmelte Kodex nach Prag, 1648 durch Graf Königsmarck an Königin Christine von Schweden und 1669 an die Universitätsbibliothek Uppsala (Signatur DG 1). 1665 wurde er von Franciscus Junius in Dordrecht erstmals ediert. Einen zeilengetreuen Abdruck veröffentlichte 1854-57 A. Uppström.
Der Codex Gissensis (Gießener Kodex) (= G) war ein aus dem 5. oder wahrscheinlicher 6. Jahrhundert stammendes Palimpsestpergamentdoppelblatt (Seiten 1, 2, 15 und 16 eines Quaternio) aus der Gegend von Antinoe in Ägypten, das 1907 dort gefunden wurde. Es enthielt Reste einer lateinisch-gotischen, in Sinnzeilen geschriebenen Evangelienbilingue (lat. aus Luk 23,26; 24,59; got. aus Luk 23,11-14; 24,13-17, ca. 25 mehr oder weniger gotische Wörter). Es befand sich seit 1907/8 an der Universitätsbibliothek in Gießen, wurde 1910 erstmals veröffentlicht und wurde vielleicht im Februar 1945 durch Hochwasser vernichtet. Die Universitätsbibliothek Gießen verfügt noch über eine Ablichtung und das Negativ dazu. Nach Vermutungen von Christian Petersen und Peter Kuhlmann könnte das Fragment in der Besatzungszeit auf den Schwarzmarkt gelangt sein. (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 5. A. 1965, 493ff., http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/gissensis.html).
Der Codex Carolinus (= CC) ist eine aus vier Palimpsestpergamentblättern bestehende, in gotischer Unziale in Sinnzeilen geschriebene gotisch-lateinische Evangelienbilingue. Sie stammt wohl noch aus dem 5. Jahrhundert, kam später nach Weißenburg und 1678 nach Wolfenbüttel (Sign. 4148). Sie umfasst Römer 11,(33)34-36; 12,15,17-21; 13,15; 14,9-19; 15,3-13 (Druck Streitberg, Gotische Bibel, 5. A. 1965, 239ff.), die 1756 durch den Abt F. A. Knittel entdeckt und 1762 erstmals veröffentlicht wurden. Einen zeichengetreuen Abdruck des gotischen Textes gab Uppström (Fragmenta gotica selecta, Uppsala 1861, 513), des lateinischen Textes Tischendorf (Anecdota sacra et profana, 2. A. 1861, 155ff.).
Die Codices Ambrosiani der Ambrosianischen Bibliothek zu Mailand, die aus dem 613 gegründeten Kloster Bobbio bei Piacenza stammen, wurden 1817 von Kardinal Mai entdeckt und 1829ff. von Castiglione ediert.
Der Palimpsestcodex Ambrosianus A (Sign. S. 36 parte superiore) umfasst 190 lesbare, 2 unlesbare und 12 leere Blattseiten, zu denen 4 1866 in Turin gefundene Blätter (Codex Taurinensis) hinzukommen. Wiedergegeben werden (unter den übergeschriebenen Homiliae in Ezechielem Gregors des Großen) bis auf den Hebräerbrief alle paulinischen Briefe (Römer 6,23; 7,1-25; 8,1-10,34-39; 9,1-33; 10,1-21; 11,1,11-33; 12,8-16; 13,6-14; 14,15; 16,21-24; 1. Korinther 1,12-25; 4,2-12; 5,3-13; 6,1; 7,5-28; 8,9-13; 9,1-27; 10,14,15-33; 11,16,21-31; 12,10-22; 13,1-13; 14,20-27; 15,1-35,46-58; 16,1-24; 2. Korinther 1,1-14; 2,1-17; 3,1-18; 4,1-18; 5,1-21; 6,1-18; 7,1-16; 8,1-24; 9,1-15; 10,1-18; 11,1-33; 12,1-21; 13,1-13; Epheser 1,1-23; 2,1-22; 3,1-21; 4,1-32; 5,1-29; 6,8-23; Galater 1,17,20-24; 2,1-21; 3,16,27-29; 4,1-31; 5,1-26; 6,1-18; Philipper 1,14-30; 2,18,22-30; 3,1-21; 4,1-17; Kolosser 1,6-39; 2,11-23; 3,1-25; 4,1-19; 1. Thessalonicher 2,10-20; 3,1-13; 4,1-18; 5,1-28; 2. Thessalonicher 1,1-12; 2,14,15-17; 3,1-18; 1. Timotheus 1,1-20; 2,1-15; 3,1-16; 4,1-16; 5,1-14,16-25; 6,1-16; 2. Timotheus 1,1-18; 2,1-16; 3,1-17; 4,1-16; Titus 1,1-16; 2,1 und Philemon 11-23) in einer am Umfang ausgerichteten Anordnung, wobei bis 1. Korinther 4,13 in Sinnzeilen geschrieben ist und ab 1. Korinther 5,14 die einzelnen Satzglieder durch Abstände innerhalb der Zeile und seltenere Punkte getrennt werden. Am Rand stehen (39?) Buchstaben (Zahlen) als Lesezeichen und Einteilungszeichen sowie 53 Randglossen. Hinzu kommen am Schluss die Bruchstücke eines gotischen Festkalenders, dessen verlorener Hauptteil die vier Blätter zwischen dem Schluss des Philemonbriefes und dem erhaltenen Rest ausgefüllt haben muss (http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/calendar.html). Der Hebräerbrief fehlte der von 3 Schreibern (Rom 6,23-13,9 und 13,13-14,5; 13,9-13,13; Rest) geschriebenen Handschrift seit jeher.
Der Palimpsestcodex Ambrosianus B (Sign. S. 45 parte superiore) umfasst 154 beschriebene und 2 leere Blattseiten. Sie enthalten die paulinischen Briefe (1. Korinther 15,48-58; 16,1-24; 2. Korinther 1,1-24; 2,1-17; 3,1-18; 4,1-18; 5,1-21; 6,1-18; 7,1-15; 8,1-24; 9,1-15; 10,1-18; 11,1-33; 12,1-21; 13,1-13; Galater 1,17,20-24; 2,1-17; 4,19-31; 5,1-26; 6,1-18; Epheser 1,1-22; 2,1-22; 3,1-21; 4,16,17-32; 5,1-11; 6,8-24; Philipper 1,14-30; 2,18,22-30; 3,1-21; 4,1-17; Kolosser 1,6-19; 2,11-23; 3,1-25; 4,1-19; 1. Thessalonicher 2,10-20; 3,1-13; 4,1-18; 5,1-28; 2. Thessalonicher 1,15; 2,15-17; 3,1-18; 1. Timotheus 1,1-19; 2,1-15; 3,14; 4,1-12; 5,1-10,21-25; 6,1-16; 2. Timotheus 1,5-18; 2,1-26; 3,1-17; 4,1-11; Titus 1-18). Es fehlen als nachträgliche Verluste Römerbrief und Philemonbrief. Dafür ist der zweite Korintherbrief vollständig. Am Rand befindet sich eine vierfache Einteilung (44mal laiktjo = Leseabschnitt, 68 bzw. 79 Zahlzeichen, 93 zusammengesetze Zeichen [Abteilungszeichen erster Ordnung], 170 einfache Zeichen [Abteilungszeichen zweiter Ordnung]), wobei in 20 von 28 Fällen den Buchstaben-Zahlzeichen von Handschrift A in der Handschrift B die Bezeichnung laiktjo oder ein Zahlzeichen entspricht. Die in A sehr häufigen Randglossen fehlen in der von einem einzigen Schreiber geschriebenen Handschrift bis auf eine.
Der Palimpsestcodex Ambrosianus C (Sign. G. 61 parte superiore) besteht aus zwei Blättern. Sie enthalten die Verse Matthäus 25,38-46; 26,13,65-75; 27,1, die in 25,38-46 und 26,65-70 über den Codex Argenteus hinausgehen. Übergeschrieben sind die Teile der Evangelien. Die Schrift ist von derjenigen der anderen Handschriften sehr verschieden.
Der Palimpsestcodex Ambrosianus D (Sign. G. 82 parte superiore) umfasst drei Blätter. Sie geben Nehemias 5,13-18; 6,14-19; 7,13,14-45 wieder (http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/nehemias.html). Übergeschrieben ist ein Kommentar zu den Büchern der Könige.
Die Mailänder Bibelhandschriften wurden 1819-1839 von C. O. Castiglione in 5 Teilen ediert. 1861 gab Uppström in den Fragmenta Gotica einen zeilengetreuen Abdruck der Handschrift C, 1864 bis 1868 in den Codices Ambrosiani einen zeilen getreuen Abdruck der Handschriften A, B und D, der aber öfter zu Unrecht von Castigliones Ausgabe abweicht.
Die gotische Bibelübersetzung, die insgesamt für die Evangelien zu etwa 57% und für die paulinischen Briefe zu etwa zwei Dritteln (und damit für rund 9 % der gesamten Bibel) erhalten ist, schließt sich in Wortlaut und Syntax eng an die griechische Vorlage an. Sie zeigt aber in der Wortvariation und der Unterscheidung der Aspekte des Verbs auch gotische Eigentümlichkeiten.
Der Bibelübersetzung nahe stehen Bruchstücke eines ebenfalls von Mai entdeckten Kommentares zum Johannesevangelium, die seit Massmann (1834) Skeireins (Erläuterung) genannt werden. Sie sind durch 8 aus dem Kloster Bobbio stammende Blätter überliefert, von denen sich die Blätter 1, 2, 5, 6 und 7 als Codex Ambrosianus E in der Ambrosianischen Bibliothek zu Mailand (Sign. E. 147 parte superiore, übergeschrieben ist ein Teil der Akten des Concilium Chalcedonense und eine Strophe des carmen de synodo Ticinensi), die Blätter 3, 4 und 8 in der Vatikanischen Bibliothek in Rom befinden (übergeschrieben ist ein Teil des Fronto). Der Gesamtumfang der Handschrift bis zum Schluss des 7. Kapitels des Johannesevangeliums (7,52) wird auf 78 Blätter berechnet. Der Sprachstil der Skeireins ist rhetorisch gefärbt und weicht in kleineren Einzelheiten vom Sprachgebrauch der gotischen Bibel ab. Möglicherweise ist sie eine Übersetzung. Ihr Verfasser ist unbekannt, dürfte aber im späten 4. Jahrhundert oder an der Wende vom 4. und 5. Jahrhundert gearbeitet haben. Die in ihr enthaltenen Bibelzitate (vor allem Römer 3,11; Johannes 1,29; 3,3; 3,5; 3,23; 3,24; 3,25; Matthäus 3,11; Markus 1,7; Johannes 1,26; 3,29f.; 3,26; 3,31; 3,32; 5,21, 5,22; 5,23; 5,23; 17,23; 3,30; 5,35f.; 5,37; 5,37f.; Matthäus 5,8; Johannes 6,9; 6,10; 6,13; 6,11; 6,12; 7,44; 7,45; 7,47-49; 7,50, 7,51; 7,52) stimmen mit der Bibelübersetzung überein (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 5. A. 1965, 456ff., Bennet, W., The Gothic Commentary on the Gospel of John, New York 1960; Übersetzung bei E. A. Kock, Die Skeireins. Text nebst Übersetzung und Anmerkungen, Lund und Leipzig 1913, http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/skeireins/indes.html).
Die sogenannte Salzburg-Wiener Alkuinhandschrift des 9. oder 10. Jahrhunderts (Wien, Österreichische Nationalbibliothek Cod. Salzburg. 795) enthält auf Blatt 20a ein altenglisches Runenalphabet, dem die ersten 16 Buchstaben eines gotischen Alphabetes zur Seite geschrieben sind und auf Blatt 20b zwei gotische Alphabete mit dem Namen der Buchstaben. Danach kommen einige gotische Wortgruppen aus Stellen des Lukasevangeliums (jedoch nicht nach dem Text des Codex Argenteus) in gotischer Schrift und teilweise verhochdeutscht in lateinischer Umschrift. Es folgen einige phonetische Bemerkungen mit Zitaten vor allem aus Genesis 5, einige gotische Zahlen aus Genesis 5 mit Umschrift in römischen Ziffern sowie sehr verderbt die gotischen Buchstabennamen, unter denen römische Ziffern stehen (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 5. A. 1965, 475ff., http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/vindobonensis.html).
Die Veroneser Handschrift einer von dem arianischen Bischof Maximin verfassten Sammlung von 24 Evangelienhomilien (Homiliarium) vom Anfang des 6. Jahrhunderts (Verona, Cod. Bibl. capitol. Veron. LI [49]) überliefert meist am Anfang jeder Homilie kurze, das Thema der betreffenden Homilie andeutende Randbemerkungen aus dem 6. Jahrhundert in gotischer Schrift und Sprache. Sie bestehen vorwiegend aus Zitaten aus den Evangelien. Außer zu Lukas 11,27 und 12,49 sind sie auch im Codex Argenteus enthalten und stimmen mit diesem meist wörtlich überein (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 5. A. 1965, 489ff., http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/veronensia.html). Insgesamt umfassen sie 70 gotische Wörter.
Reste eines gotischen, vom 23. Oktober bis 30. November reichenden Festkalenders sind am Ende des Codex Ambrosianus A überliefert. Nach seinem Inhalt ist der Kalender bereits vor der gotischen Aussiedlung aus Thrakien (375) entstanden (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 5. A. 1965, 472ff., http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/calendar.html).
Zwei lateinische Papyrusurkunden über Grundstücksverkäufe enthalten fünf Beglaubigungen und Unterschriften gotischer Zeugen in gotischer Sprache und Schrift. Die eine ist um 551 in Ravenna entstanden und gelangte später nach Neapel, die andere wurde um 540 verfasst, befand sich früher in Arezzo und ist nur durch einen schlechten Abdruck (Florenz 1731) überliefert. Die Sprachformen zeigen in s-losen Nominativformen ostgotische Färbung (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 5. A. 1965, Scardigli, Goten, 479f., http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/urkunden.html).
Das vielleicht vor dem 7. Jahrhundert entstandene Gedicht De conviviis barbaris der Anthologia Latina enthält in dem Satz Inter eils Goticum scapiamatziaiadrincan non audet quisquam dignos educere versus einige gotische Wörter (hails, skapjan, matjan, jah, drigkan). Die Schreibweise deutet auf das Westgotische.
In der vermutlich aus Saint Denis stammenden Handschrift Paris, Bibliothèque nationale lat. 528 (nach Scardigli Gotica Parisina, nach Petersen Codex Segonensis) aus der Zeit des Abts Fradulf (793-806) finden sich vielleicht einer Hand auf das Jahr 861 weisenden Nachricht auf dem Blatt 71v nach einer Reihe der griechischen Diphthonge mit ihrer Aussprache sieben neutestamentliche Personennamen zu Lukas 3,24 bis 3,29 (Namen aus dem Geschlechtregister des Lukas und der Name Petrus) in lateinischer Transliteration, darüber jedesmal der Name gemäß der Aussprache gotischer Diphthonge. Beigegeben ist eine Auswahl von neun Buchstaben des gotischen Alphabetes (u vokalisch, u konsonantisch, o, f., t [þ], l, a, i, d) mit Angabe der lateinischen Entsprechungen, die auf einen verlorene gotische Handschrift mit eigenen paläographischen Zügen deutet. (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 7. A. 2000, 514f., vgl. Anecdota novissima, 1984, 256, http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/parisinum.html)
An unzweifelhaften gotischen Runendenkmäler gibt es derzeit (nach Christian Petersen) drei, zwei Speerspitzen (von Suszyczno bei Kowel und von Müncheberg-Dahmsdorf) und den Goldring von Pietroassa.
Die 1858 auf dem Feld von Suszycno (Kreis Kowel, Wolhynien) gefundene, später verschollene, 1939 wieder gefundene und seit 1945 erneut verschollene Lanzenspitze von der Mitte des 3. nachchristlichen Jahrnhunderts enthält die runische Aufschrift tilarids (Zielreiter?, Zielrat?) (Krause, Runeninschriften 79 Nr. 33). Auf der Speerspitze von Dahmsdorf findet sich die Inschrift ranja (Renner?). Der 1873 bei Petrossa/Pietroassa in der Walachei gefundene, 1916 verschollene und seit 1954 wieder in Bukarest befindliche Goldring aus der Zeit um 375 trägt die runische Inschrift (gutaniowihailag = Gutani oþal wih hailag?) (Krause, Runeninschriften 92 Nr. 41, http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/runica.html).
Vermutlich gotisch ist weiter die Runeninschrift auf der 1851 aufgefundenen Schnalle von Vimose (um 200, Andag ansula ansau wihia, Krause, Runeninschriften 60 Nr. 24). Je einen gotischen Personennamen überliefern wohl der Scheidenbeschlag von Vimose (3. Jh., Awings, Krause, Runeninschriften 59 Nr. 23) und die Schnalle von Szabadbattyn (5. Jh., Marings, Krause, Runeninschriften 311 Nr. 167). Unter den auf Putzstücken des vorromanischen Klosters Brunshausen bei Gandersheim 1965 gefundenen Inschriften befindet sich das vermutlich gotische Wort waithia (*waiþja »Waidmann«, Jäger), das der Zeit bald nach 822 zugewiesen wird.
In den 1950er Jahre bei Ausgrabungen in Ungarn in Hács-Béndepuszta im Komitat Somogy südlich des Plattensees gefundene Reste eines Bleitäfelchens aus einem Grab vom Ende des 5. Jahrhunderts enthalten einige gotische Buchstaben, die erst in jüngster Zeit einer Bibelstelle zugeordnet werden konnten (Joh 17,11-17,12; Ni þanaseiþs im in þamma fair¸au; iþ þai in þamma fair¸au sind, jah ik du þus gagga. Atta weiha, fastai ins in namin þeinamma, þanzei atgaft mis, ei sijaina ain swaswe wit. þan was miþ im in þamma fair¸au, ik fastaida ins in namin þeinamma. ÷anzei atgaft mis gafastaida, jah ainshun us im ni fraqistnoda.) Seit ungefähr 1992 sind die Reste des Täfelchens verschwunden, doch sind Photographien erhalten (Druck: Streitberg, Gotische Bibel, 7. A. 2000, 513, http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/pannonia.html).
Zu nennen sind weiter die rund 1000 gotischen, in lateinischen Quellen enthaltenen Peronennamen, deren Überlieferung von der germanischen Zeit bis zum 12. Jahrhundert (Spanien, Portugal) reicht.
Schließlich gehört zur gotischen Überlieferung im weiteren Sinn auch das Krimgotische, dessen Träger bis in das 9. Jahrhundert und erneut seit dem Hochmittelalter gelegentlich erwähnt werden. Wenige Bruchstücke dieses Krimgotischen zeichnete der flandrische Edelmann Ogier Ghiselin von Busbecq auf, der zwischen 1560 und 1562 während einer diplomatischen Mission nach Konstantinopel einen Krimgoten, der seine Sprache verlernt hatte, und einen diese verstehenden und sprechenden Griechen traf (Druck: Augerii Gislenii Busbequii D. Legationis Turcicae epistolae quattuor, Paris 1589, epistola 4). Die dabei erfassten 68 Wörter und Sätzchen bzw. 102 Wörter stehen dem Gotischen Ulfilas trotz ihres jüngeren Lautstandes nahe, zeigen aber in der Erhaltung von urgermanisch e und dem Auftreten von o vor gewissen Vokalen der Folgesilben ebenso Eigenheiten wie in der Wortwahl (broe statt hlaifs, rintsch statt bairgahei, geen statt gaggan) (Druck: Stearns M., Crimean Gothic, 1978, 11, http://germa.germsem.uni-kiel.de/gotisch/krimgot.html).
Viele der gotischen Texte und Textausgaben finden sich mittlerweile im Internet. Zum Einstieg bietet sich die die Seite http://www.reimar.de/gotisch.html an, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, eine möglichst vollständige und kommentierte Liste von sich mit dem Gotischen beschäftigenden Internet-Seiten zu bieten. Von den Textausgaben selbst sind vor allen das Projekt Wulfila, das eine elektronische Ausgabe der gotischen Bibel, auf der Grundlage auf der Ausgabe Wilhelm Streitbergs bietet (http://www.wulfila.be) und das Projekt TITUS (Thesaurus Indogermanischer Text- und Sprachmaterialien) (http://titus.fkidg1.uni-frankfurt.de/indexd.htm), das neben vielen Texten anderer indogermanischer Sprachen auch eine Ausgabe der gotischen Bibel und des krimgotischen Materials Busbecqs bietet, zu nennen.
Das Gotische enthält einige ältere Entlehnungen aus dem Keltischen (reiks, andbahts, brunjo, eisarn?, aiþs?, airbi?, runa?), dem Lateinischen des ersten und zweiten nachchristlichen Jahrhunderts (kaupon, pund, wein, akeit, likarn, aurkjus, katils, asilus, sakkus, faskja, aurtigards, anankumbjan, kubitus, mes, kapillon, paurpura, sulja, marikreitus, nardus, sigljan, sigljo, kaisar, Augustus, Ruma, Rumoneis, kreks), des dritten Jahrhunderts (assarjus, drakma, unkja, arka, balsan, militon, anno, intrusgjan, Saur, skaurpjo, spaikulatur, karkara, plapja, maimbranan, barbarus, saban, ulbandus), des vierten Jahrhunderts (aurali, kintus, mota, Naubaimbair, puggs, sinap) und der Zeit zwischen 490 und 555 (kawtsjo, laiktjo) sowie aus anderen Sprachen (paida). Lehnübersetzungen aus dem Lateinischen sind wohl armahairts, armahairtei, gudhus, haiþno, hundfaþs, miþwissei und skilliggs. Dazu kommen jüngere Lehnwörter aus dem Keltischen und Griechischen sowie zahlreiche Lehnübersetzungen und Lehnbedeutungen vor allem aus dem Griechischen. Umgekehrt hat das Gotische das Finnisch-Lappische und das Baltische beeinflusst.
Die gotische Schrift beruht auf dem griechischen Alphabet, die gotischen Buchstaben großenteils auf den griechischen Buchstaben.
Insgesamt gilt das Gotische als sehr klare und einfache Sprache.
Der Akzent liegt im Gotischen wie in den anderen germanistischen Sprachen grundsätzlich auf der ersten Silbe. Echte Verbalkomposita werden aber auf der Wurzelsilbe betont. Dies gilt auch für bestimmte nominale Komposita.
C. Vokale
I. Kurze Vokale
a got. akrs Acker (germ. *akraz Acker)
a got. ahtau acht (germ. *ahtau acht)
a got. fadar Vater (germ. *fader Vater)
i got. qiman kommen (germ. *kweman kommen)
i got. fisks Fisch (germ. *fiskaz Fisch)
u got. sunus Sohn (germ. *sunuz Sohn)
II. Lange Vokale
Ð got. mÐnon Mond (germ. *mÐnæn Mond)
Ð2/Ú got. hÐr hier (germ. *her hier)
Æ (ei) got. swein Schwein (germ. *swÆnam Schwein)
æ got. bræþar Bruder (germ. *bræþar Bruder)
æ got. blæma Blume (germ. *blæmaz Blume)
ð got. hðs Haus (germ. *hðsam Haus)
III. Diphtonge
ai got. gaits Ziege (germ. *gaitiz Geiß)
ai got. ains einer (germ. *ainaz einer)
au got. aukan mehren (germ. *aukan mehren)
au got. rauþs rot (germ. *raudaz rot)
iu got. þiuda Volk (germ. *þeudæ Volk)
Indogermanisch, germanisch eØ entspricht im Gotischen Æ.
IV. Die indogermanischen silbischen Liquide und Nasale werden im Gotischen vom Germanischen als ul-, um-, un-, ur- übernommen.
V. Allgemein wird im Gotischen wie schon im Germanischen ein kurzer Vokal gedehnt, wenn n von h schwindet.
got. teihan gedeihen (germ. *þinhan gedeihen)
Germanisch ej wird zu got. -ai-
got. saian säen (germ. *sÐjan säen)
Germanisch -æw- wird von Vokal zu au, vor j vor æ
got. bauan bauen (germ. *bæwwan bauen)
Germanisch e, i wird vor r, h, ¸ zu ai
got. airþa Erde (germ. *erþæ Erde)
Germanisch u wird vor r, h zu au
got. baurgs Burg (germ. *burg Burg)
In den Mittelsilben wird der kurze Vokal e vor r zu a verdunkelt (got. unsar »unser«, anþar »ander«).
Kurze Vokale in zweiter Silbe können vor stark nebentoniger dritter Silbe schwinden.
Der lange Vokal Ð wird in Mittelsilben zu a verkürzt. Kurze Endsilbenvokale schwinden weitgehend. Lange Endsilbenvokale werden teils gekürzt und teil unverändert erhalten.
VI. Das Gotische übernimmt aus dem Germanischen und Indogermanischen den Ablaut. Dabei nimmt der idg. Ablaut e : o im Gotischen die Formen i : a bzw. vor r, h, ¸ ai : a an. Die Abtönung Ð : æ bleibt im Gotischen als solche erhalten.
bindan : band; wairþan : warþ; gadÐþs : dæms
Der Ablaut erscheint insbesondere bei den starken Verben.
Dabei zeigen sich folgende Ablautreihen
ei -> i ai i (got. i, ai) i (got. i, ai) got. steigan
eu (got. iu) au u (got. u, au) u (got. u, au) got. biudan
e (got. ai, i) a u (got. au, u) u (got. au, u) got. wairþan
e (got. ai, i) a e u (got. au, u) got. bairan
e (got. ai, i) a e (got. i, ai) e (got. i, ai) got. giban
a æ æ a got. faran
Ð æ got. lÐtan
Nach anderer Ansicht ist folgendermaßen zu gliedern:
Kons. -i- Res.-Kons. (1., 2., 3. Kl.) Kons. -a- Res.-Kons. (7. Kl.)
Kons. -i- Kons. (4., 5. Kl.) Kons. -a- Kons. (6. Kl.)
D. Konsonanten
I. Indogermanische stimmlose Verschlusslaute erscheinen im Gotischen wie im Germanischen grundsätzlich als stimmlose Reibelaute.
f got. fadar Vater
þ got. þreis drei
h(χ) got. hund hundert
h(χ) got. hafjan heben
¸(χ) got. ¸as wer
II. Indogermanische stimmhafte behauchte Verschlusslaute erscheinen im Gotischen wie im Germanischen grundsätzlich als stimmhafte Reibelaute.
b got. beiran tragen
d got. daur Tür
g got. sigis Sieg
g got. gasts Gast
g(w), w got. siggwan singen
g(w), w got. hneiwan neigen
III. Indogermanische stimmhafte Verschlusslaute erscheinen im Gotischen wie im Germanischen grundsätzlich als stimmlose Verschlusslaute.
p got. slÐpan schlafen
t got. triu Baum
k got. kiusan kosten
k got. aukan mehren
q got. qiman kommen
IV. Die gotischen Zischlaute s (stimmlos) und z (stimmhaft) sind aus dem Germanischen übernommen. Allerdings verschärft das Gotische auslautendes z zu s (got. dags »Tag«), unter Umständen entfällt das z auch ganz (got. stiur »Stier«).
V. Die indogermanischen Sonorlaute (Nasale und Liquide) sind im Gotischen wie im Germanischen vorhanden.
m got. guma Mann (germ. *guman Mann)
n got. niujis neu (germ. *neuja neu)
r got. rauþs rot (germ. *raudaz rot)
l got. lei¸an leihen (germ. *leihwan leihen)
VI. Die Halbvokale j und w entsprechen den germanischen Halbvokalen j und w. Dabei wechseln j und i im Gotischen je nach der Stellung vor Konsonant oder Vokal. Germanisch jj wird gotisch ddj, germanisch ww wird ggw. Germanisch w kann gotisch u werden.
VII. Auslautverhärtung tritt im Gotischen außer bei z auch bei den ursprünglich stimmhaften Reibelauten ein.
d : þ witæþ Gesetz witodis des Gesetzes
b : f hlaif (Akk.) Brot hlaiba (Dat.)
g : χ (als selbständige Phoneme nicht erkennbar)
E. Substantiv
Das Gotische besitzt wie das Germanische beim Substantiv - wie beim Adjektiv und Pronomen - die drei Genera Maskulinum, Femininum und Neutrum. Von den Numeri ist der Dual nur in wenigen Resten erhalten (wit, ugkis, *ugkar, *jut, igqis, igqar). Von den acht indogermanischen Kasus sind Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ (und - im Singular - Vokativ) bewahrt. Die Herkunft des Genitivs Pluralis ist bisher nur unbefriedigend erklärt.
I. a- und wa- Stämme (männlich, sächlich): dags »Tag«, waurd »Wort«
Sg.Nom.M. dags (germ. *dagaz) N. waurd
Sg.Gen.M. dagis (germ. *dagez[o]) N. waurdis
Sg.Dat.M. daga (germ. *dagai) N. waurda
Sg.Akk.M. dag (germ. *dagam) N. waurd‑
Sg.Vok.M. dag (germ. *dagi)
Pl.Nom.M. dagos (germ. *dagæz) N. waurda
Pl.Gen.M. dage (germ. *dagen) N. waurde
Pl.Dat.M. dagam (germ. *dagamiz) N. waurdam
Pl.Akk.M. dagans (germ. *daganz) N. waurda
Hierher sind auch viele der neutralen s-Stämme gelangt (got. hatis »Hass«).
ja-Stämme (männlich, sächlich): harjis »Heer«, kuni »Geschlecht«
Sg.Nom.M. harjis N. kuni
Sg.Gen.M. harjis N. kunjis
Sg.Dat.M. harja N. kunja
Sg.Akk.M. hari N. kuni
Pl.Nom.M. harjos N. kunja
Pl.Gen.M. harje N. kunje
Pl.Dat.M. harjam N. kunjam
Pl.Akk.M. harjans N. kunja
ia-Stämme (männlich, sächlich): hairdeis »Hirte«, reiki »Reich«
Sg.Nom.M. hairdeis N. reiki
Sg.Gen.M. hairdeis N. reikjis
Sg.Dat.M. hairdja N. reikja
Sg.Akk.M. hairdi N. reiki
Sg.Vok.M. hairdi N.
Pl.Nom.M. hairdjos N. reikja
Pl.Gen.M. hairdje N. reikja
Pl.Dat.M. hairdjam N. reikjam
Pl.Akk.M. hairdjas N. reikja
II. æ- und jæ-Stämme (weiblich), wæ-Stämme: giba »Gabe«, banja »Wunde«
Sg.Nom. giba (germ. *gebæ) banja
Sg.Gen. gibos (germ. *gebæz) banjos
Sg.Dat. gibai (germ. *gebai, *gebæ) banjau
Sg.Akk. giba (germ. *gebæm) banja
Pl.Nom. gibos (germ. *gebæz) banjos
Pl.Gen. gibo (germ. *gebæ[næ]) banjo
Pl.Dat. gibom (germ. *gebæmiz) banjom
Pl.Akk. gibos (germ. *gebæz) banjos
III. iæ- und Æ-Stämme (weiblich): haiþi »Heide« (F.), mawi »Mädchen«
Sg.Nom. haiþi mawi
Sg.Gen. haiþjos mawjos
Sg.Dat. haiþjai mawjai
Sg.Akk. haiþja mawja
Pl.Nom. haiþjos mawjos
Pl.Gen. haiþjos mawjo
Pl.Dat. haiþjom mawjom
Pl.Akk. haiþjos mawjos
Im Germanischen gehören diese Stämme zu den jæ-Stämmen bzw. sind movierte Femina.
IV. i-Stämme (männlich, weiblich): gasts »Gast«, qens »Frau«
Sg.Nom.M. gasts (germ. *gastiz) F. qens
Sg.Gen.M. gastis (germ. *gastisæ) F. qenais
Sg.Dat.M. gasta (germ. *gastai) F. qenai
Sg.Akk.M. gast (germ. *gastin) F. qen
Sg.Vok.M. gast (germ. *gasti)
Pl.Nom.M. gasteis (germ. *gastijiz) F. qeneis
Pl.Gen.M. gaste (germ. *gastion?) F. qene
Pl.Dat.M. gastim (germ. *gastimiz) F. qenim
Pl.Akk.M. gastins (germ. *gastinz) F. qenins
V. u-Stämme (männlich, weiblich, sächlich): sunus »Sohn«, faihu »Vieh«
Sg.Nom.M./(F.) sunus (germ. *sunuz) N. faihu
Sg.Gen.M./(F.) sunaus (germ. *sunauz) N. faihaus
Sg.Dat.M./(F.) sunau (germ. *sunawi) N. faihau
Sg.Akk.M./(F.) sunu (germ. *sunun) N. faihu
Sg.Vok.M./(F.) sunu, suanu
Pl.Nom.M./(F.) sunjus (germ. *suniwez)
Pl.Gen.M./(F.) suniwe (germ. *suniwe‑)
Pl.Dat.M./(F.) sunum (germ. *sunumiz)
Pl.Akk.M./(F.) sununs (germ. *sununz)
Konsonantische Stämme
VI. an-Stämme (männlich, sächlich): guma »Mann«, hairto »Herz«
Sg.Nom.M. guma (germ. *gumæn) N. hairto
Sg.Gen.M. gumins (germ. *guminez) N. hairtins
Sg.Dat.M. gumin (germ. *gumini) N. hairtin
Sg.Akk.M. guman (germ. *gumanum) N. hairto
Pl.Nom.M. gumans (germ. *gumænez) N. hairtona
Pl.Gen.M. gumane (germ. *gumænan?) N. hairtane
Pl.Dat.M. gumam (germ. *gumænmiz) N. hairtam
Pl.Akk.M. gumans (germ. *gumænunz?) N. hairtona
-on-, -in- Stämme (weiblich): tuggæ »Zunge«, managei »Menge«
Sg.Nom.F. tuggæ (germ. *tungæ) managei
Sg.Gen.F. tuggæns (germ. *tungænez) manageins
Sg.Dat.F. tuggæn (germ. *tungæni) managein
Sg.Akk.F. tuggæn (germ. *tungænæn) managein
Pl.Nom.F. tuggæns (germ. *tungænez) manageins
Pl.Gen.F. tuggæno (germ. *tungænæn) manageino
Pl.Dat.F. tuggæm (germ. *tungænmiz) manageim
Pl.Akk.F. tuggæns (germ. *tungænunz?) manageins
VII. r-Stämme sond im Gotischen nur in Resten erhalten: bræþar »Bruder«
Sg.Nom. bræþar (germ. *bræþar)
Sg.Gen. bræþrs (germ. *bræþriz)
Sg.Dat. bræþr (germ. *bræþri)
Sg.Akk. bræþar (germ. *bræþarun)
Pl.Nom. bræþrjus
Pl.Gen. bræþre
Pl.Dat. bræþrum
Pl.Akk. bræþruns
VIII. s-Stämme (sächlich) sind ebenfalls nur in Resten erhalten: riqis »Finsternis«
Sg.Nom. riqis (germ. *rekwez)
Sg.Gen. riqizis
Sg.Dat.
Sg.Akk. riqis
Sg.Vok. riqis
IX. nd-Stämme: frijænds »Freund«
Sg.Nom.M. frijænds (germ. *frijænds)
Sg.Gen.M. frijændis (germ. ?)
Sg.Dat.M. frijænd (germ. *frijændi)
Sg.Akk. M. frijænd (germ. *frijændun)
Sg.Vok. M. frijænd
Pl.Nom.M. frijænds
Pl.Gen.M. frijænde
Pl.Dat.M. frijændam
Pl.Akk.M. frijænds
X. Wurzelnomen (alt, aber nicht mehr sehr häufig): baurgs »Burg«
Sg.Nom.F. baurgs (germ. *burgs)
Sg.Gen.F. baurgs (germ. *burgiz)
Sg.Dat.F. baurg (germ. *burgi)
Sg.Akk. F. baurg (germ. *burgun)
Pl.Nom.F. baurgs
Pl.Gen.F. baurge
Pl.Dat.F. baurgim
Pl.Akk.F. baurge
XI. Heteroklita sind im Gotischen n-Stämme geworden: (fæn »Feuer«, watæ »Wasser«).
F. Pronomen
I. Personalpronomen
S.Nom.1.P. ik ich (germ. *ek, *ik)
S.Gen.1.P. meina
S.Dat.1.P. mis (germ. *mez, *miz)
S.Akk.1.P. mik (germ. *mek)
D.Nom.1.P. wit wir beide (germ. *wit)
D.Gen.1.P. *ugkara
D.Dat.1.P. ugkis (germ. *unk)
D.Akk.1.P. ugkis (germ. *unk)
Pl.Nom.1.P. weis wir (germ. *wejiz, *wiz)
Pl.Gen.1.P. unsara
Pl.Dat.1.P. uns, unsis (germ. *uns)
Pl.Akk.1.P. uns, unsis (germ. *uns)
S.Nom.2.P. þu du (germ. þu)
S.Gen.2.P. þeina
S.Dat.2.P. þus (germ. *þez)
S.Akk.2.P. þuk (germ. *þek)
D.Nom.2.P. *jut ihr beide (germ. *jut)
D.Gen.2.P. igqara
D.Dat.2.P. igqis (germ. *ink)
D.Akk.2.P. igqis (germ. *ink)
Pl.Nom.2.P. jðs ihr (germ. *iuz)
Pl.Gen.2.P. izwara
Pl.Dat.2.P. izwis (germ. *izwis)
Pl.Akk.2.P. izwis (germ. *izwis)
S.Nom.3.P. is er (germ. *iz) si sie (germ. *si) ita es (germ. ita)
S.Gen.3.P. is izos is
S.Dat.3.P. imma izai imma
S.Akk.3.P. ina ija ita
Pl.Nom.3.P. eis ijos ija
Pl.Gen.3.P. ize izo ize
Pl.Dat.3.P. im im im
Pl.Akk.3.P. ins ijos ija
II. Reflexivpronomen
Nom.
Gen. seina
Dat. sis (germ. *sez)
Akk. sik (germ. *sek)
III. Possessivpronomen
1.P.S.Nom. meins, meina, mein mein (germ. *mÆnaz)
2.P.S.Nom. þeins, þeina, þein dein (germ. *þÆnaz)
3.P.S.Nom. *seins, seina, sein sein (germ. *sÆnaz)
1.P.D.Nom. *ugkar unser beider
2.P.D.Nom. *igkar euer beider
1.P.Pl.Nom. unsar, unsara, unsar unser (germ. *unsera-)
2.P.Pl.Nom. izwar, izwara, izwar euer (germ. *izwera-)
Die Possessivpronomina flektieren als starke Adjektive.
IV. Demonstrativpronomen
S.Nom. sa (dieser, der) sæ (F.) þata (N.) (germ. sa, sæ, þat)
S.Gen. þis þizæs þis
S.Dat. þamma þizai þamma
S.Akk. þana þæ þata
Pl.Nom. þai þæs þæ
Pl.Gen. þizÐ þizæ þizÐ
Pl.Dat. þaim þaim þaim
Pl.Akk. þans þæs þæ
Durch Anfügung von -(u)h an die jeweilige Form bildet das Gotische das Demonstrativpronomen »eben dieser«.
Jener: jains, jaina, (germ. *jaina)
V. Relativpronomen
Ein Relativpronomen fehlt. Statt dessen ist eine in ihrer Herkunft umstrittene Relativpartikel ei vorhanden. Diese wird häufig mit dem Demonstrativpronomen sa (‑> saei) oder dem Personalpronomen (z. B. ik -> ikei) verbunden.
VI. Interrogativpronomen
S.Nom.M. sa (wer) ¸æ (F.) ¸a (N.)
S.Gen.M. ¸is *¸izæs ¸is
S.Dat.M. ¸amma *¸izai ¸amma
S.Akk.M. ¸ana *¸æ ¸a
S.Inst. ¸Ð
Pl.Nom.M. ¸is *¸izæs ¸is
Pl.Gen.M. ¸is *¸izæs ¸is
Pl.Dat.M. ¸is *¸izæs ¸is
Pl.Akk.M. ¸is *¸izæs ¸is
S.Nom.M. ¸arjos wer ¸arja (F.) ¸arjata (N.)
S.Nom.M. ¸aþar wer von beiden
VII. Indefinitpronomen
Als Indefinitpronomen kann das Interrogativpronomen ¸as gebraucht werden. Daneben steht sums, suma, sumata »ein gewisser«. »Jeder« wird durch ¸as bzw. ¸arjis und das enklitische Element -uh ausgedrückt (¸azuh, ¸æh, ¸ah bzw. ¸arjizuh, ?, ¸arjatæh), »jeder von beiden« durch *¸aþar und -uh (*¸aþaruh). »Niemand« wird zum Ausdruck gebracht durch ni mannahun, ni ¸ashun oder ni ainshun, ni ainohun, ni ainhun.
VIII. Pronominaladjektive
Meins, þeins, seins s. Possessivpronomen
¸arjis, ¸aþar s. Interrogativpronomen
sums s. Indefinitpronomen
aljis, alja, aljata andere
anþar, anþara, anþar ein anderer
sama der selbe
silba der selbe
swaleiks so beschaffen
¸ileiks wie beschaffen
swalauþs so groß
¸Ðlauþs wie groß
G. Adjektive
Das Gotische unterscheidet wie das Germanische starke (unbestimmte) und schwache (bestimmte) Formen des Adjektivs, wobei die Flexion des starken Adjektivs gemischt ist aus der der Substantive mit vokalischen Stämmen und der des Demonstrativpronomens (blindamma, blindana, blindai, blindaize, blindaim, blindaizos, blindaizo, blindata), die des schwachen, mit dem fast zum Artikel abgeschwächten Pronomen sa, so, þata verbundenen Adjektivs derjenigen der substantivischen n-Stämme entspricht. Die schwachen Endungen werden nach dem Artikel, grundsätzlich mit dem Partizip Präsens, mit dem Komparativ, mit Ordnungszahlen und mit einer Anzahl von Sonderwörtern verwandt. Nur starke Flexion kennen ains, anþar, meins, þeins, seins usw. sowie Adjektive von allgemein unbestimmter Bedeutung (alls, fulls, halbs, midjis usw.), nur schwache Flexion silba, sama, þridja, ibna, taihswa, ainaha u. a.
I. Starke Adjektivformen
a-/æ-Stämme: blinds »blind«
Sg.Nom.Mask. blinda F. blinda N. blind, blindata
Sg.Gen.Mask. blindis F. blindaizos N. blindis
Sg.Dat.Mask. blindamma F. blindai N. blindamma
Sg.Akk.Mask. blindana F. blinda N. blinda, blindata
Pl.Nom.Mask. blindai F. blindos N. blinda
Pl.Gen.Mask. blindaize F. blindaizo N. blindaize
Pl.Dat.Mask. blindaim F. blindaim N. blindaim
Pl.Akk.Mask. blindans F. blindos N. blinda
ja-/jæ-Stämme: midjis »mittlere«
Sg.Nom.Mask. midjis F. midja N. *midi, midjata
Sg.Gen.Mask. midjis F. midjaizos N.
Sg.Dat.Mask. midjamma F. midjai N.
Sg.Akk.Mask. midjana F. midja N. *midi, midjata
Pl.Nom.Mask. midja F. midjos N. midja
Pl.Gen.Mask. midjaize F. midjaizo N. midjaize
Pl.Dat.Mask. midjaim F. midjaim N. midjaim
Pl.Akk.Mask. midjans F. midjos N. midja
ia-/iæ-Stämme: wilþeis »wild«
Sg.Nom.Mask. wilþeis F. wilþi N. wilþi, wilþjata
Sg.Gen.Mask. wilþeis F. wilþaiizos N. wilþeis
Sg.Dat.Mask. wilþjamma F. wilþjai N. wilþjamma
Sg.Akk.Mask. wilþjana F. wilþja N. wilþi, wilþjata
Pl.Nom.Mask. wilþjai F. wilþjos N. wilþja
Pl.Gen.Mask. wilþjaize F. wilþjaizo N. wilþjaize
Pl.Dat.Mask. wilþjaim F. wilþjaim N. wilþjaim
Pl.Akk.Mask. wilþjans F. wilþjos N. wilþja
i-Stämme: hrains »rein«
Sg.Nom.Mask. hrains F. hrains N. hrain, hrainjata
Sg.Gen.Mask. hrainis F. hrainjaizos N. hrainis
Sg.Dat.Mask. hrainjamma F. hrainjai N. hrainjamma
Sg.Akk.Mask. hrainjana F. hrainja N. hrain, hrainjata
Pl.Nom.Mask. hrainjai F. hrainjos N. hrainja
Pl.Gen.Mask. hrainjaize F. hrainjaizo N. hrainjaize
Pl.Dat.Mask. hrainjaim F. hrainjaim N. hrainjaim
Pl.Akk.Mask. hrainjans F. hrainjos N. hrainja
u-Stämme: hardus »hart«
Sg.Nom.Mask. hardus F. hardus N. hardu, hardjata
Sg.Gen.Mask. hardaus? F. hardjaizos? N. hardaus?
Sg.Dat.Mask. hardjamma F. hardjai N. hardjamma
Sg.Akk.Mask. hardjana F. hardja N. hardu, hardjata
Pl.Nom.Mask. hardjai F. hardjos N. hardja
Pl.Gen.Mask. hardjaize F. hardjaizo N. hardjaize
Pl.Dat.Mask. hardjaim F. hardjaim N. hardjaim
Pl.Akk.Mask. hardjans F. hardjos N. hardja
II. Schwache Adjektivformen
Die schwachen Adjektive flektieren im Maskulinum wie das maskuline Substantiv (z. B. guma), im Femininum wie das feminine Substantiv (z. B. tuggæ, Komparative, Partizipien Präsens und Steigerungsformen auf -ma wie managei), im Neutrum wie das neutrale Substantiv (z. B. hairtæ).
Sg.Nom.Mask. blinda F. blindæ N. blindæ
Sg.Gen.Mask. blindins F. blindæns N. blindins
Sg.Dat.Mask. blindin F. blindæn N. blindin
Sg.Akk.Mask. blindam F. blindæn N. blindæ
Pl.Nom.Mask. blindans F. blindæns N. blindæna
Pl.Gen.Mask. blindane F. blindæno N. blindane
Pl.Dat.Mask. blindam F. blindæm N. blindam
Pl.Akk.Mask. blindans F. blindæns N. blindæna
Entsprechend niuja, wilþa, hrainja, hardja.
III. Steigerung
Die Steigerung wird regelmäßig mit -iza, -æza im Komparativ und -ista, -æsta im Superlativ gebildet. Unregelmäßig gesteigert werden gæþs (»gut« : batiza und iusiza, batists), ubils (»übel« : wairsiza), mikils (»groß« : maiza, maista) und leitils (»klein« : minniza, minnists).
H. Adverb
Adverbien werden meist durch -ba, -aba gebildet (bairhtaba, sunjaba, arniba, harduba). Daneben finden sich auch Bildungen auf -æ, -jæ (galeikæ), -Ð (¸adrÐ), -is (mais), -æs (aljaleikæs).
Einzelne wichtige andere Adverbien sind waila »gut«, þar »da«, her »hier«, jainar »dort«, ¸ar »wo«, inna »innen«, ðta »außen«, faura »vorn«, afta »hinten«, nu »jetzt«, ju »schon«, nauh »noch«, þan »damals«, ¸an »wann«, suns »bald«, ufta »oft«.
I. Numerale
I. Grundzahlen
ains, aina, ain ein (germ. *ainaz) deklinabel
twai, twæs, twa zwei (germ. *twa[i]) deklinabel
*þreis, *þreis, þrija drei (germ. *þreijiz) deklinabel
fidwær vier (germ. fedwær[e]z) im
fimf fünf (germ. *femfi) all-
saihs sechs (germ. *seks) ge-
sibun sieben (germ. *sebun) mei-
ahtau acht (germ. *ahtau) nen
niun neun (germ. *newun) in-
taihun zehn (germ. *tehun) de-
ainlif elf (germ. *ainalibi) kli-
twalif zwölf (germ. *twalibi) nabel
Die Zahlen von 13 bis 19 werden durch Zusammensetzung der Einerzahlen mit taihun gebildet (z. B. fidwortaihun), die Zahlen von 20 bis 60 durch Zusammensetzung der Einerzahlen mit tigjus (z. B. fidwor tigjus), die Zahlen von 70 bis 90 durch Zusammensetzung der Ordungszahlen und -hund (z. B. sibuntÐhund, 70). Hundert heißt taihuntÐhund, 200 twa hunda, 300 þrija hunda usw., tausend þðsundi.
II. Ordnungszahlen
fruma, frumei, frumo erstere
bzw. frumists erste
anþar andere, zweite
þridja dritte
:
*fimfta fünfte
saihsta sechste
:
ahtuda achte
niunda neunte
taihunda zehnte
:
fimftataihunda fünfzehnte
K. Präpositionen und Präfixe
Die Präpositionen haben sich teils aus Adverbien, teils aus nominalen Bildungen in den ältesten Zeiten der indogermanischen Sprachen entwickelt.
af von
aftar nach
ana an
and längs
andwairþis gegenüber
at bei, zu
bi vor
faur vor
faura vor
fram von
hindar hinter
in wegen, in, nach, auf
inu ohne
miþ mit
nиa nahe bei
þairh durch
uf unter
ufar über
undar unter
us aus
wiþra gegen
Die meisten Präpositionen können als Präfixe fungieren. Nur als Präfixe sind außerdem bezeugt z. B. dis‑, fair‑, fra‑, ga‑, tuz‑, twis‑, un‑, unþa‑.
L. Konjunktionen
jah »und, auch«; -(u)h »und«; nih »und nicht«
aiþþau »oder«
iþ, þan, aþþan, akei »aber«
ak »sondern«
alja »außer«
auk, untÐ, allis, raihtis »denn, weil«
nu, nunu, þannu, þanuh, eiþan »nun, daher«
þau »als« (als Komparativ)
jabai »wenn«; niba, nibai »wenn nicht«
ei, þatei, þeei, þei »dass, damit«
swaei, swaswÐ »so dass«
swÐ »wie«, swaswÐ »so wie«
swÐ »als, da«
þan, þande, »wenn, solange als«
biþÐ, miþþanei »während«
sunsei »sobald als«
faurþizei »bevor«
untÐ, þandÐ »bis, bis dass, solange als«
M. Verb
Das Gotische kennt an synthetisch gebildeten Tempora nur das Präsens, das häufig auch im Sinn eines Futur steht, und das Präteritum, das aus dem Griechischen Imperfekt, Aorist und gelegentlich Perfekt wiedergibt. Von den Modi sind Indikativ, Optativ und Imperativ vorhanden. Genera des Verbs sind Aktiv und - im Gegensatz zu den anderen germanischen Sprachen noch - ein stark eingeschränktes, aus dem indogermanischen Mediopassiv erwachsenes synthetisches Passiv. Von den Numeri Singular, Dual und Plural ist der Dual nur noch teilweise erhalten (3. Person, Passiv fehlen). Dagegen ist die Dreiheit der Personen pro Numerus bewahrt. Außerdem gehören zum Verb der Infinitiv Präsens als Verbalsubstantiv und die Partizipien Präsens und Präteritum als Verbaladjektive.
Innerhalb der Verben ist zwischen starker und schwacher Konjugation zu unterscheiden. Die starken Verben bilden das Präteritum durch Ablaut, die schwachen durch ein dentales Element. Die meisten Präsentia flektieren thematisch, d. h. mit Thema- oder Bindevokal zwischen Wurzel- und Personalendung, das starke Präteritum dagegen athematisch.
Verben mit durativer Aktionsart erhalten, wenn auch nicht immer ganz folgerichtig durchgeführt, durch Präfigierung von ga- einen perfektiven Aspekt, während Verben mit nichtdurativer Aktionsart (z. B. briggan »bringen«) zwar einfaches ga-, nie aber rein perfekivierendes ga- annehmen können, so dass nichtdurative Aktionsart stets mit perfektivem Aspekt verbunden ist.
I. Starkes Verb
Die starken Verben lassen sich einteilen in Verben mit unredupliziertem Präteritum und Verben mit redupliziertem Präteritum. Die Bildungen mit unredupliziertem Präteritum zerfallen wie im Germanischen in sechs Klassen, als deren Muster sich steigan, biudan, wairþan, bairan, giban und faran anführen lassen. Die Bildungen mit redupliziertem Präteritum zerfallen ihrerseits ebenfalls in einige Gruppen (Muster: haitan, aukan, haldan, slÐpan, ¸æpan, letan), von denen die letzte mit -e- bzw. -ai- im Präsens und -æ- im finiten Präteritum auch den Ablaut (7. Ablautreihe) zur Konjugation verwendet.
Im einzelnen sehen die Formen für verschiedene starke Verben folgendermaßen aus:
Infinitif biudan (2) bairan (4) faran (6) haitan (7)
(gebieten) (tragen) (fahren) (heißen)
Präsens Aktiv Indikativ
1.P.Sg. biuda baira fara haita
2.P.Sg. biudis bairis faris haitis
3.P.Sg. biudiþ bairiþ fariþ haitiþ
1.P.Du. biudos bairos faros haitos
2.P.Du. biudats bairats farats haitats
1.P.Pl. biudam bairam faram haitam
2.P.Pl. biudiþ bairiþ fariþ haitiþ
3.P.Pl. biudand bairand farand haitand
Präsens Aktiv Optativ
1.P.Sg. budjau berjau forjau haitau
2.P.Sg. budeis bereis foreis haitais
3.P.Sg. budi beri fori haitai
1.P.Du. budeiwa bereiwa foreiws haitaiwa
2.P.Du. budeits bereits foreits haitaits
1.P.Pl. budeima bereima foreima haitaima
2.P.Pl. budeiþ bereiþ foreiþ haitaiþ
3.P.Pl. budeina bereina foreina haitaina
Präsens Aktiv Imperativ
2.P.Sg. biuþ bair far hait
3.P.Sg. biudadau bairadau faradau haitadau
2.P.Du. biudats bairats farats haitats
1.P.Pl. biudam bairam faram haitam
2.P.Pl. biudiþ bairiþ fariþ haitiþ
3.P.Pl. biudandau bairandau farandau haitandau
Präs. Part. biudands bairands farands haitands
Präsens Passiv Indikativ
1.P.Sg. biudada bairada farada haitada
2.P.Sg. biudaza bairaza faraza haitaza
3.P.Sg. biudada bairada farada haitada
1.P.Pl. biudanda bairanda faranda haitanda
2.P.Pl. biudanda bairanda faranda haitanda
3.P.Pl. biudanda bairanda faranda haitanda
Präsens Passiv Optativ
1.P.Sg. biudaidau bairaidau faraidau haitaidau
2.P.Sg. biudaizau bairaizau faraizau haitaizau
3.P.Sg. biudaidau bairaidau faraidai haitaidau
1.P.Pl. biudaindau bairaindau faraindau haitaindau
2.P.Pl. biudaindau bairaindau faraindau haitaindau
3.P.Pl. biudaindau bairaindau faraindau haitaindau
Präteritum Aktiv Indikativ
1.P.Sg. bauþ bar for haihait
2.P.Sg. baust bart fort haihaist
3.P.Sg. bauþ bar for haihait
1.P.Du. budu beru foru haihaitu
2.P.Du. buduts beruts foruts haihaituts
1.P.Pl. budum berum forum haihaitum
2.P.Pl. buduþ beruþ foruþ haihaituþ
3.P.Pl. budun berun forun haihaitun
Präteritum Aktiv Optativ
1.P.Sg. budjau berjau forjau haihaitjau
2.P.Sg. budeis bereis foreis haihaiteis
3.P.Sg. budi beri fori haihaiti
1.P.Du. budeiwa bereiwa foreiws haihaiteiwa
2.P.Du. budeits bereits foreits haiheiteits
1.P.Pl. budeima bereima foreima haiheiteima
2.P.Pl. budeiþ bereiþ foreiþ haihaiteiþ
3.P.Pl. budeina bereina foreina haihaiteina
Präteritum Partizip
budans baurans farans haitans
II. Schwaches Verb
Die schwachen Verben werden nach der Art der Stammbildung in vier Klassen eingeteilt.
1. ja-: nasjan »retten« (germ. *nazjan), waljan »wählen«
Meist sekundäre Bildungen zu Nominalstämmen und Verbalstämmen.
2. -æ-: salbæn »salben« (germ. *salbæn)
Derverbative Intensiva und Denominative.
3. -a-: haban »haben« (germ. *haban, habÐn)
Primäre Verben sowie Deverbative und Denominativa mit durativer Bedeutung.
4. -na-: fullnan »voll werden« (germ. *fullnan)
Sekundäre Verben mit intransitiv-inkohativer Bedeutung, die kein Passiv bilden und kein Partizip Präteritum haben.
Präsens Aktiv Indikativ
1.P.Sg. walja salbo haba fullna
2.P.Sg. waljis salbos habais fullnis
3.P.Sg. waljiþ salboþ habaiþ fullniþ
1.P.Du. waljos salbos habos fullnos
2.P.Du. waljats salbots habats fullnats
1.P.Pl. waljam salbom habam fullnam
2.P.Pl. waljiþ salboþ habaiþ fullniþ
3.P.Pl. waljand salbond haband fullnand
Präsens Aktiv Optativ
1.P.Sg. waljau salbo habau fullnau
2.P.Sg. waljais salbos habais fullnais
3.P.Sg. waljai salbo habai fullnai
1.P.Du. waljaiwa salbowa habaiwa fullnaiwa
2.P.Du. waljaits salbots habaits fullnaits
1.P.Pl. waljaima salboma habaima fullnaima
2.P.Pl. waljaiþ salboþ habaiþ fullnaiþ
3.P.Pl. waljaina salbona habaina fullnaina
Präsens Aktiv Imperativ
2.P.Sg. walei salbo habai fulln
3.P.Sg. waljadau salbodau habadau fullnadau
2.P.Du. waljats salbots habats fullnats
1.P.Pl. waljam salbom habam fullnam
2.P.Pl. waljiþ salboþ habaiþ fullniþ
3.P.Pl. waljandau salbondau habandau fullnandau
Präsens Partizip
waljands salbonds habands fullnands
Präsens Passiv Indikativ
1.P.Sg. waljada salboda habada
2.P.Sg. waljaza salboza habaza
3.P.Sg. waljada salboda habada
1.P.Pl. waljanda salbonda habanda
2.P.Pl. waljanda salbonda habanda
3.P.Pl. waljanda salbonda habanda
Präsens Passiv Optativ
1.P.Sg. waljaida salbodau habadau
2.P.Sg. waljaiza salbozau habaizau
3.P.Sg. waljaida salbodau habadau
1.P.Pl. waljaindau salbondau habaindau
2.P.Pl. waljaindau salbondau habaindau
3.P.Pl. waljaindau salbondau habaindau
Präteritum Aktiv Indikativ
1.P.Sg. walida salboda habaida fullnoda
2.P.Sg. walides salbodes habaides fullnodes
3.P.Sg. walida salboda habaida fullnoda
1.P.Du. walidedu salbodedu habaidedu fullnodedu
2.P.Du. walideduts salbodeduts habaideduts fullnodeduts
1.P.Pl. walidedum salbodedum habaidedum fullnodedum
2.P.Pl. walideduþ salbodeduþ habaideduþ fullnodeduþ
3.P.Pl. walidedun salbodedun habaidedun fullnodedun
Präteritum Partizip
1.P.Sg. walidedjau salbodedjau habaidedjau fullnodedjau
2.P.Sg. walidedeis salbodedeis habaidedeis fullnodedeis
3.P.Sg. walidedi salbodedi habaidedi fullnodedi
1.P.Du. walidedeiwa salbodedeiwa habaidedeiwa fullnodedeiwa
2.P.Du. walidedeits salbodedeits habaidedeits fullnodedeits
1.P.Pl. walidedeima salbodedeima habaidedeima fullnodedeima
2.P.Pl. walidedeiþ salbodedeiþ habaidedeiþ fullnodedeiþ
3.P.Pl. walidedeina salbodedeina habaidedeina fullnodedeina
Präteritum Partizip
waliþs salboþs habaiþs
II. Präterito-Präsentia
Die Präterito-Präsentia sind Perfektstämme, die nach dem Verlust der ursprünglichen resultativen Zustantsbedeutung präsentiale Bedeutung angenommen haben (z. B. ich habe gesehen = ich weiß; ich bin in Schulden geraten = ich soll). Bei ihnen tritt das Präteritum an die Stelle des Präsens. Als Präteritum wird nach Art der schwachen Verben eine neue Form geschaffen.
Hierher gehören:
wait- (witan) wissen
lais- (laisan) wissen
aih- (aigan) haben
daug- (dugan) taugen
kann- (kunnan) kennen
þarf- (þaurban) bedürfen
gadars- (gadaursan) wagen
man- (munan) meinen
skal- (skulan) sollen
ganah- (ganauhan) genügen
mag- (magan) vermögen
gamæt- (gamætan) können
og- (ogan) sich fürchten
Präsens Aktiv Indikativ
1.P.Sg. wait kann mag
2.P.Sg. waist kan(n)t magt
3.P.Sg. wait kann mag
1.P.Du. witu kunnu magu
2.P.Du. wituts kunnuts maguts
1.P.Pl. witum kunnum magum
2.P.Pl. wituþ kunnuþ maguþ
3.P.Pl. witun kunnun magun
Präsens Aktiv Optativ
1.P.Sg. witjau kunnjau magjau
2.P.Sg. witeis kunneis mageis
3.P.Sg. witei kunni magi
1.P.Du. witeiwa kunneiwa mageiwa
2.P.Du. witeits kunneits mageits
1.P.Pl. witeima kunneima mageima
2.P.Pl. witeiþ kunneiþ mageiþ
3.P.Pl. witeina kunneina mageina
Präsens Partizip witands kunnands magands
Präteritum Aktiv Indikativ
1.P.Sg. wissa kunþu mahta
2.P.Sg. wisses kunþes mahtes
3.P.Sg. wissa kunþa mahta
1.P.Du. wissedu kunþedu mahtedu
2.P.Du. wisseduts kunþeduts mahteduts
1.P.Pl. wissedum kunþedum mahtedum
2.P.Pl. wisseduþ kunþeduþ mahteduþ
3.P.Pl. wissedun kunþedun mahtedun
Präteritum Aktiv Optativ
1.P.Sg. wissedjau kunþedjau mahtedjau
2.P.Sg. wissedeis kunþedeis mahtedeis
3.P.Sg. wissedi kunþedi mahtedi
1.P.Du. wissedeiwa kunþedeiwa mahtedeiwa
2.P.Du. wissedeits kunþedeits mahtedeits
1.P.Pl. wissedeima kunþedeima mahtedeima
2.P.Pl. wissedeiþ kunþedeiþ mahtedeiþ
3.P.Pl. wissedeina kunþedeina mahtedeina
Präteritum Partizip kunþs mahts
IV. Wisan, wiljan, gagan
Besonderheiten gelten für die Verben »sein«, »wollen«, »gehen«.
Wisan »sein« flektiert grundsätzlich wie ein starkes Verb der 5. Klasse (was, wesum). Der Indikativ Präsens lautet aber im Sg. im, is, ist, 1.P.Du siju, Pl. sijum, sijuþ, sind, der Optativ Präsens Sg. sijau, sijais, sijai, Pl. sijaima, sijaiþ, sijaina.
Wiljan »wollen« verwendet den Optativ im Sinn des Indikativs. Sg. wiljau, wileis, wili, 2.P.Du. wileits, Pl. wileima, wileiþ, wileina.
Gaggan »gehen« belegt nur ausnahmsweise ein zugehöriges Präteritum (gagida). Meist wird ein Suppletivpräteritum iddja »ging« verwandt.
N. Wortbildung
Wörter können spontan neu geschaffen oder aus bereits vorhandenem Wortgut durch Zusammensetzung (Komposition) oder Ableitung gebildet werden.
I. Bei der Komposition kennt das Gotische sowohl die echte Komposition (z. B. in Personennamen, Grundzahlen) wie auch die unechte - durch flektierte Form gekennzeichnete - Komposition (z. B. baurgswaddjus »Stadtmauer«) und sowohl die nominale als auch die verbale und durch Präfix erfolgende (unechte) Komposition.
II. Die Ableitung geschieht durch Anhängung formantischer Elemente, die vielfach keine eigenständige Bedeutung mehr erkennen lassen (Suffixe). Die meisten Suffixe sind aus dem Indogermanischen ererbt, so dass auch für das Gotische grundsätzlich alle Vokale und Konsonanten als Suffixe in Betracht kommen. Suffixlos sind die Wurzelnomina.
1. Nominale Stammbildung
a) Wurzelnomina
Von dem im frühen Indogermanischen charakteristischen Wurzelnomina hat das Gotische nur noch einige bewahrt.
(z. B. baurgs »Burg«, gaits »Geiß«)
b) Vokalsuffixe
-a- : Nomina
agentis und Nomina actionis aus Verbalwurzeln, Adjektive,
Erweiterung von Wurzelnomina; wraks »Verfolger«, swaiws »Schnee«
gild »Abgabe«, siuks »krank«, liufs »lieb«, kniu »Knie«, triu
»Baum«
-æ- : Nomina
actionis, Feminina; wraka »Verfolgung«, bida »Bitte«, blinda
»blind«, sunja »Wahrheit«
-i- : Nomina actionis, Verbaladjektive; þlauhs »Flucht«, sÐls »gütig«
-Æ- : Feminina, selten
-u- : Adjektive, Substantive; þaursus »dürr«, faihu »Vieh«, »Geld«
-ð- : Feminina, Abstrakta, selten
-ja-,
-jo- : Adjektive, Nomina agentis, Verbalabstrakte; kuni »Geschlecht«, wrak-
ja »Verfolgung«, airzeis »irre«, fairneis »alt«
-Æ-, -jæ- : Feminina, selten; mawi »Mädchen«
-ju- : selten; drunjus »Schall«
-wõ-, -wæ- : Adjektive; qius »lebendig«, taihswa »rechts«
c) Liquidasuffixe
-er- : Verwandtschaftsnamen
-rõ-,
-ræ- : Adjektive, Substantive; baitrs »bitter«, fagrs »passend«, wækrs »Wu-
cher«, skura »Schauer«
-ru- : selten; wintrus »Winter«, wiþrus »Lamm«
-ri- : selten; skeirs »klar«
-aro- : Adjektive; undar- »untere«, unsar »unser«
-areis- : Nomina
agentis (lat. -õrius), Nachbildung lateinischer Lehnwörter; bæ-
kõreis »Schreiber«, waggõreis »Kissen«
-el- : selten, sauil »Sonne«
-la-,
-læ-, -ila-, -ala-, -ula- : Adjektive, Substantive; fðls »faul«, magula
»Knäblein«
ubils »übel«
-li- : selten, sauls »Säule«
-lu- : selten; aglus »schwierig«
-sla-,
-slæ-, -isla- : Abstrakt- und Konkretbezeichnungen; skæhsl »Dämon«, swar-
tizl »Tinte«
d) Nasalsuffixe
-an-,
-æn- : Personenbezeichnungen, Nomina agentis, Feminina, Abstrakt- und
Konkretbezeichnungen, sa blinda, sæ blindæ, »der Blinde, die
Blinde«,
nuta »Fänger«, awæ »Großmutter«, aha »Sinn«, augæ »Auge«
-jan-,
-jæn- : Personenbezeichnungen, Nomina agentis, Feminina, Konkretbezeich-
nungen; gudja »Priester«, skattja »Wechsler«, sakjæ »Streit«,
waihjæ
»Kampf«, tainjo »Korb«
-Æn- : Eigenschaftsabstrakte; hauhei »Höhe«, bairhtei »Glanz«
-na-,
-næ-, -ana-, -ina-, -una- : Adjektive, Substantive, Partizip Praeteriti,
Infinitiv
der starken Verben; airkns »echt«, ibns »eben«, drugkans
»trunken«,
aigin »Eigen«, barn »Sohn«
-Æna- : Adjektive, Substantive; filleins »ledern«, gaitein »Geißlein«
-sna-, -snæ-, -asna-, -isna- : Konkretbezeichnungen; hlaiwasna »Grab«
-erna-, -arna-, -urna- : widuwairna »Witwensohn«, »Waise«
-ni-,
-ani-, -Æni-, -aini-, -æni- : Adjektive, Substantive; hrains »rein«, siuns
»Gesicht«,
daupeins »Taufe«, libains »Leben«, salbæns »Salbe«
-sni- : Abstraktbezeichnungen; anabusns »Befehl«
-nu- : selten; sunus »Sohn«
-njæ-, -injæ-, -unjæ- : Feminina, Abstraktbezeichnungne, selten; Saurini »Syrerin«
-nja- : fairguni »Gebirge«
-ma-, -mæ- : Adjektive, Substantive; rðms »geräumig«, hilms »Helm«
-uma- : Adjektive; fruma »erste«
-mi- : selten; waurms »Wurm«
-man- : Nomina
actionis, Konkretbezeichnungen; namæ »Name«, skeima
»Leuchte«
-munja-, -umnja-, (-ubni-) : lauhmuni »Blitz«, waldufni »Gewalt«
e) s-Suffixe
-is- :
Nomina actionis, Abstraktbezeichnungen; sigis »Sieg«, ais »Erz«, hatis
»Hass«
-isjæ-, -usjæ-: Abstrakt- und Konkretbezeichnungen; aqizi »Axt«, jukuzi »Joch«
-sa-,
-sæ-, -isa-, -asa- : Abstrakt- und Konkretbezeichnungen; hals »Hals«, weihs
»Dorf«
-is- : Komparationssuffix; hauhis »höher«
f) Labialsuffixe
-ba-, -bæ- : Adverbien; ubilaba »übel«
g) Dentalsuffixe
-þ-, -aþ-, -iþ-, -uþ- : selten; nahts »Nacht«, mitaþs »Maß«
-þa-,
-þæ-, -iþa-, -iþæ- : Adjektive (Partizipien), Abstraktbezeichnungen salbæþs
»gesalbt«, hliuþ »Gehör«, skanda »Schande«, hauhiþa »Höhe«
-þja-,
-iþja-, -oþja- : Verbaladjektive, Kollektiva; alþeis »alt«, niþjis
»Verwandter«,
awÐþi »Herde«
-þjæ-, -þjon-: Abstrakbildungen, selten; wasti »Kleidung«
idg.
-ti- : Verbalabstrakta, Nomina actionis, Nomina agentis; aiþs »Eigen«,
mahts »Macht«, nauþs »Not«, gaqiss »Verabredung«, gasts »Gast«
brðþs »Braut«
-þu-,
-oþu- : Verbalabstrakta, Nomina agentis; dauþus »Tod«, flædus »Flut«, gaunæ-
þus »Trauer«, auhjædus »Lärm«, hliftus »Dieb«, wairdus »Wirt«
-assu- : Verbalabstrakta; fraujinassus »Herrschaft«, drauhtinassus »Feldzug«
-duþi- : Adjektivabstrakta; managduþs »Überfluss«
-þwa-, -þwæ- : Abstraktbildungen; gaidw »Mangel«, frijaþwa »Freundschaft«
-st- : Verbalabstrakta;
maihstus »Mist«, haifsts »Zank«, þramstei »Heu-
schrecke«, ansts »Gunst«
-nd-, -und- : Verbaladjektiva (Partizip Präsens); fijands »Feind«, frijænds »Freund«
-munda- : selten; sniumundæ »eilig«
-t-, -ta- : Adjektive, Nomina actionis; *aglaits? »schändlich«
-atja-, -itja- : selten; stiwiti »Geduld«
idg. -dh- : huzd »Hord«, gazds »Stachel«
idg. -ter- : Verwandtschaftsnamen;
fadar »Vater«, bræþar »Bruder«, dauhtar
»Tochter«
idg. -tero-, -toro-, -tro- :
Raumbezeichnungen; ¸aþar »welcher von beiden«,
¸aþræ
»woher«, wiþra »gegen«
-þra-, -þræ- : Nomina
actionis, Instrumentalbezeichnungen; saldra »Leichtfertigkeit«,
maurþr »Mord«, gilstr »Abgabe«, hleiþra »Zelt«
-stra- : hulistr »Hülle«, awistr »Schafstall«
-aldra-, -uldra-, -aldræ-, -uldræ- : selten; spaiskuldr »Speichel«
-þri- : selten; wulþrs »Wert«
-þla-, -þlæ- : Instrumentalbezeichnungen; nÐþla »Nadel«, ¸æftuli »Rühmen«
h) Gutturalsuffixe
-ha-, -ga-, -aha-, -aga-, -iga-,
-uga- : Adjektive; juggs »jung«, ainaha »einzig«, mæ-
dags »zornig«, handugs »geschickt«, mahteigs »mächtig«
-ska-, -skæ- : Adjektive, selten; untilamaisks »unbesonnen«
-iska- : Adjektive der Herkunft; barnisks »kindlich«, gudisks »göttlich«
-inga-, -unga- : spät, Personen-
und Sachbezeichnungen; skilliggs »Schilling«, ga-
diliggs »Verwandter«, Greutungi »Greutungen«, Tervingi »Tervinge«
-linga- : spät, Personen- und Sachbezeichnungen; gadiliggs »Verwandter«
-k-, -ka-, -kæ-, -aka-, -ika-,
-uka- : Tierbezeichnungen, Konkretbezeichnungen;
ibuks »zurückgewandt«, ahaks »Taube«, alakjæ »insgesamt«
-kla- : selten; ainakls »alleinstehend«
i) Kompositionssuffixe finden sich im Gotischen meist bei Adjektiven
-liks : germ. *lÆka »Leib, Körper«; ¸ileiks »weich«, aljaleikæ »anders«
-sama : lustusama »ersehnt«
-kunds: : »kommend«; gumakunds »menschlich«
-hafts : »behaftet«; qiþuhafts »schwanger«
-lauþs : »gestaltig«; swalauþs »so groß«
2. Verbale Stammbildung
Die verbale Stammbildung erfolgt - abgesehen von den wenigen Wurzelverben - mit Hilfe von Suffixen, wobei Nomina oder Verba die Ableitungsgrundlage bilden können.
a) Wurzelverben: »sein«
b) Verben mit Präsensreduplikation: reiran »zittern«
c) Verben mit thematischem Vokal: idg. -e-, -o-, germ. -i-, -a-: die meisten Präsentien der starken Verben: steigan »steigen«, kiusan »wählen«, wairþan »werden«, bairan »tragen«, wisan »sein«
d) Verben mit stammbildendem -æ-: zweite Klasse der schwachen Verben; fiskæn »fischen«, salbæn »salben«, ¸arbæn »wandeln«
e) Verben mit -j-Suffix: starke Verben, schwache Verben der ersten und dritten Klasse; bidjan »bitten«, dragkan »tränken«, haban »haben«
f) Verben mit Nasalformans: u. a. Nasalsuffixe der vierten Klasse der schwachen Verben; standan »stehen«, fullnan »voll werden«
g) Verben mit s-Suffix: nicht sehr häufig: fraliusan »verlieren«
h) Verben mit sk-Suffix: selten; þriskan »dreschen«
i) Verben mit t-Suffix: falþan »falten«
k) Verben mit st-Suffix: kriustan »knirschen«
l) Verben mit -d-Erweiterung: waldan »walten«
m) Verben mit idg. -d-Erweiterung: saltan »salzen«
n) Verben mit -atja-, -itja-Suffix: lauhatjan »blitzen«
o) Verben mit -inæn-Suffix: fraujinæn »herrschen«, gudjinæn »Priester sein«
O. Fremdsprachliche Einflüsse auf den Wortschatz
Mit den verschiedenen Möglichkeiten fremdsprachlichen Einflussses auf den Wortschatz hat sich vor allem Werner Betz am Beispiel des Althochdeutschen befasst.
Danach sind Fremdwörter und Lehnwörter Übernahmen des Wortmaterials (d. h. der Lautgestalten oder Ausdrucksseiten) fremder Sprachen. Fremdwort ist das aus einer fremden Sprache unter völliger oder weitgehender Bewahrung seiner Lautgestalt übernommene Wort (z. B. nhd. blue jeans), Lehnwort das aus einer fremden Sprache unter Abänderung bzw. Anpassung der Lautgestalt übernommene Wort (z. B. lat episcopus, nhd. Bischof), wobei die Grenze zwischen Bewahrung und Abänderung der Lautgestalt nicht in jedem Fall eindeutig gezogen werden kann, so dass zusammenfassend in beiden Fällen von Lehnwörtern gesprochen wird.
Lehnprägungen sind Wiedergaben fremdsprachlicher Wörter oder Wortbedeutungen mit eigensprachlichen Mitteln. Lehnbildung ist die Nachbildung des fremden Wortes mit eigensprachlichem Material. Dabei bildet die Lehnübersetzung das - mehrgliedrige - fremde Wort Glied für Glied nach (z. B. lat. conscientia, nhd. Gewissen). Die Lehnübertragung folgt teilweise dem - mehrgliedrigen - Vorbild und teilweise nicht (z. B. lat. paeninsula, nhd. Halbinsel). Die Lehnschöpfung verdankt dem Vorbild nur den gedanklichen Anstoß (z. B. frz. cognac, nhd. Weinbrand). Die Lehnbedeutung schließlich ist die Erweiterung bzw. Veränderung der Bedeutung eines ererbten eigensprachlichen Wortes unter dem Einfluss eines fremdsprachlichen Wortes (z. B. Veränderung der Bedeutung Gott, Geist, Seele nach lateinisch-christlichem Vorbild).
Dementsprechend lässt sich folgende Systematik aufstellen.
Fremdsprachlicher Einfluss
bezüglich der Form bezüglich des Inhaltes
(Fremdwort oder (Lehnprägung)
Lehnwort)
Lehnbildung
Lehnformung
Fremd- Lehn- Lehnüber- Lehnüber- Lehnschöpf- Lehnbe-
wort wort setzung z. B. tragung z. B. ung z. B. deutung
z. B. i. e. S. lat. con-scien- lat. paenin- frz. cognac z. B. lat.
blue z. B. tia dt. Ge- sula dt. dt. Wein- deus dt.
jeans Bischof wiss-en Halbinsel brand Gott
Innerhalb dieser verschiedenen Möglichkeiten des fremdsprachlichen Einflusses sind Fremdwort und Lehnwort relativ einfach zu erkennen, Lehnprägungen dagegen oft nur mühsam und unsicher zu ermitteln. Im einzelnen können hierbei folgende Merkmale auf fremdsprachlichen Einfluss deuten: Bauentsprechung zwischen fremdsprachlichem und eigensprachlichem Wort, späte Produktivitätszeit eines Wortbildungselementes, fremdsprachliche Regelmäßigkeit einer Wortbildung, Komplexität einer Wortbildung, geringe Belegzahl (insbesondere hapax legomenon), spätes Auftreten, Fehlen in anderen germanistischen Sprachen oder anderen eigensprachlichen Sprachstufen, miteinander konkurrierende Interpretamente für ein einziges Lemma, Textcharakter (z. B. Interlinearversion, Glosse) oder kulturelle Beeinflussung. Je mehr dieser Merkmale in einem Fall gegeben sind, desto sicherer kann der fremdsprachliche Einfluss (Interferenz) vermutet werden.