Weber, Albrecht, Europäische Verfassungsvergleichung. Beck, München 2010. XXXII, 447 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Nach dem kurzen Vorwort des Verfassers führt die Europäisierung und Internationalisierung des Verfassungsrechts und Verwaltungsrechts auch zu einer wachsenden Bedeutung der Rechtsvergleichung des öffentlichen Rechts. Sie zeigt vergleichbare Verfassungsgrundlagen der Öffnung der Staatlichkeit für die Einwirkungen des europäischen Rechts und des internationalen Rechts und der Einflüsse auf die gewachsenen nationalen Strukturen der Verwaltungsorganisation und des Verwaltungsverfahrens auf. Nach seiner in einer gleichnamigen Vorlesung an der Universität Osnabrück im Schwerpunktfach europäisches öffentliches Recht und seine Grundlagen gewonnenen Überzeugung ist deshalb europäische Verfassungsvergleichung im Sinne der Erarbeitung gemeinsamer Grundstrukturen der nationalen Verfassungen und der Verfassung der Europäischen Union als Bestandteil des sich schrittweise entfaltenden ius commune europaeum ein Gebot der Stunde.

 

Gegliedert ist das stattliche, auf ein gut fünfseitiges allgemeines Literaturverzeichnis gestützte Werk in insgesamt 15 Kapitel. Sie betreffen nach einer kurzen Einführung zunächst Begriff und Funktion der Verfassung. Danach werden die Rechtsquellen des nationalen und des europäischen Verfassungsrechts dargestellt, wobei etwa für Deutschland, Frankreich, England, Griechenland, die Niederlande, Österreich, Polen und Spanien besondere Literaturhinweise gegeben werden.

 

Dem folgt die Erörterung der verfassungsgebenden und verfassungsändernden Gewalt. Besonders hervorgehoben wird der Schutz der Verfassung. Mit den Staatszielen werden die Unionsziele verglichen und danach die Strukturprinzipien (Staatsform Monarchie/Republik, Demokratieprinzip, Rechtsstaatsprinzip) unter besonderer Berücksichtigung der Gewaltenteilung bzw. Funktionenteilung erörtert, wobei innerhalb der Gewalten mit dem Parlament begonnen wird, Staatsoberhaupt und Regierung und Verwaltung untersucht werden und mit der rechtsprechenden Gewalt (Judikative) abgeschlossen wird.

 

An diese überwiegend allgemeinen Gegebenheiten schließt sich die Besonderheit territorialer Herrschaftsteilung an. Gleichwohl ist als Gesamtergebnis eine Europäisierung und Internationalisierung der Verfassung festzustellen. Dessenungeachtet dürften auf längere Zeit noch nationale und europäische Identität nebeneinanderstehen, weil jedes Mehr an Europaität ein Weniger an Nationalität zur Folge hat und die Nationen offensichtlich seit Beginn möglichst an ihrer Existenzberechtigung festhalten wollen.

 

Ein Sachverzeichnis von Abgeordnete bis Wahlrecht will auf Paragrafen und Randnummern verweisen, wobei mit Paragrafen wohl die Kapitel gemeint sind. Insgesamt wird man die Leistung des Verfassers als beeindruckend ansehen dürfen. Möge vielen Studierenden die Zeit gegeben sein, das neue Kurzlehrbuch des neuen Faches europäische Verfassungsvergleichung mit großem Gewinn zur Kenntnis zu nehmen, bis eines Tages vielleicht europäische Verfassungseinheit unter Beibehaltung so geringer Varianten wie Monarchie und Republik oder Bundesstaat und Einheitsstaat hergestellt ist.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler