Vondenhoff, Michael, Die Schule zwischen Staatsanstalt und causa ecclesiastica - Eine rechtshistorische Untersuchung zum Schulwesen des 19. Jahrhunderts im Spannungsverhältnis von Staat und Kirche in seiner rechtsgeschichtlichen Entwicklung unter besonderer Berücksichtigung Preußens (= Berichte aus der Rechtswissenschaft). Shaker, Aachen 2008. 227 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Gerd Kleinheyer betreute, im Sommersemester 2007 von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät Bonn angenommene Dissertation des 1971 geborenen, seit 2001 als Rechtsanwalt zugelassenen Verfassers. Sie befasst sich mit dem vielleicht wichtigsten Vorgang in der Schulgeschichte insgesamt. Er betrifft den rechtsgeschichtlich bedeutsamen Übergang der Schule von der kirchlichen Angelegenheit zur staatlichen Anstalt.

 

Gegliedert ist die Untersuchung in insgesamt 12 Kapitel, von denen das erste Kapitel die Vorgeschichte vom Mittelalter über Reformation und Absolutismus bis zum Allgemeinen Landrecht Preußens von 1794 darstellt. Danach geht der Verfasser auf die Schulen in der Säkularisation, die preußischen Reformen von 1807 bis 1819, in einem Exkurs auf die Schulaufsicht in Bayern, die Festigung des Status der katholisch-theologischen Fakultäten in Preußen, den Schulkampf und die Restauration, die Verfassungsdiskussion der Paulskirche (1848), die Schule der Restauration, die Schule im Kulturkampf, in einem weiteren Exkurs das Volksschulwesen in Bayern, Sachsen, Württemberg, Hessen und Baden und den Kampf um die Volksschule in Preußen zwischen 1872 und 1906 ein. Ein Ausblick auf das 20 Jahrhundert (Kirche und Schulpolitik unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung) und dem Grundgesetz (!) beschließt die Untersuchung.

 

Insgesamt stellt der Verfasser fest, dass die Ablösung des schon in der Antike beginnenden Staatskirchentums im 19. Jahrhundert die Kirche zwar entmachtete, ihr aber Kultus und Schulwesen als Gestaltungsraum beließ. Als der liberale Staat auch dort die Verdrängung versuchte, vermochte er nicht, sich vollständig durchzusetzen, während die Kirchen ihrerseits einsehen mussten, dass sie im Bereich des Schulwesens keine gänzliche Autonomie erlangen konnten. Damit erleichtert die Behandlung der vergangenen Entwicklung das Verständnis für die gegenwärtige Lage in ansprechender Weise.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler