Seigneurial Jurisdiction, ed. by Bonfield, Lloyd (= Comparative Studies in Continental and Anglo-American Legal History/Vergleichende Untersuchungen zur kontinentaleuropäischen und angloamerikanischen Rechtsgeschichte 21). Duncker & Humblot, Berlin 2000. 237 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Vergleichende Untersuchungen zur kontinentaleuropäischen und angloamerikanisches Rechtsgeschichte sind ein interessantes, von Helmut Coing und Knut Wolfgang Nörr in die Wege geleitetes Unterfangen. Seit 1985 sind sie von führenden deutschen und angloamerikanischen Forschern betrieben worden. Im Jahre 2000 erschien in der bis zur Gegenwart auf 28 Bände angewachsenen Reihe auch ein Sammelband über die grundherrliche Gerichtsbarkeit, für den der Herausgeber auf Empfehlung einen jüngeren Rechtshistoriker als Interessenten gewinnen konnte, mangels Verwirklichung der Zusage im Spagat zwischen nominaler Rechtsgeschichte und ökonomisch lukrativer Advokatur aber selbst einige wenige anzeigende Zeilen verfassen muss.

 

Der von dem in New Orleans tätigen Herausgeber vorgelegte Band enthält außer seiner umsichtigen Einleitung neun Beiträge. Von ihnen betreffen zwei Drittel den Kontinent. Die drei sich auf England beziehenden Studien sind auffälligerweise ausnahmslos aus amerikanischer Sicht (New Orleans, Washington und Chicago) verfasst.

 

In der Einleitung beschreibt der Herausgeber die Schwierigkeiten und Möglichkeiten der Aufgabenstellung. Da das Unternehmen naturgemäß nicht erschöpfend bewerkstelligt werden konnte, musste es in erster Linie um die Verbindung des Gegenstands mit dem jeweiligen Kontext gehen. Auf diese Weise konnte zumindest ein sowohl Ähnlichkeiten wie Unterschiede erweisender Rahmen für künftige Untersuchungen erarbeitet werden.

 

Für den Kontinent befasste sich Jean Coudert mit den justices seigneuriales en Lorraine vor 1600, während Jean-François Poudret die Rechtsprechung in Genf, Lausanne, Waadtland, Chablais, Valais, Neuenburg und Jura, Freiburg im Üchtland und Morat sowie ihre Auswirkungen auf die Ausbildung der coutume zwischen 1250 und 1500 betrachtete. Theodor Bühler widmete sich der grundherrlichen Gerichtsbarkeit im Hochstift Basel, Francesco Panero der etwas früheren Lage in der Lombardei. Für den deutschen Bereich untersuchte Dietmar Willoweit Gerichtsherrschaft und Schöffenrecht am Mittelrhein im 15. Jahrhundert, Friedrich Ebel Ursprünge und Entwicklungen adeliger Gerichtsbarkeit in Nord- und Ostdeutschland.

 

Lloyd Bonfield behandelte The role of seigneurial jurisdiction after the Norman Conquest and the nature of customary law in Medieval England. L. R. Poos erörterte Medieval English courts in Quellen und Ergebnissen. R. H. Helmholz prüfte Unabhängigkeit und Einheitlichkeit in Englands manorial courts.

 

Als vielleicht wichtigsten Unterschied der Untersuchungsbereiche betrachtete der Herausgeber den längeren Fortbestand der grundherrlichen Gerichtsbarkeit auf dem Kontinent. Zudem fiel ihm auch der größere gesellschaftliche Ausdehnungsbereich auf. Umgekehrt ergaben die sorgfältigen Einzeluntersuchungen aber auch überraschende Ähnlichkeiten im Verfahren und in der Entstehung von Gewohnheiten oder Gewohnheitsrecht.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler