Rechtssymbolik und Wertevermittlung, hg. v. Schulze, Reiner (= Schriften zur europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 47). Duncker & Humblot, Berlin 2004. 236 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Am Anfang des unter Verwendung von Mitteln der deutschen Forschungsgemeinschaft gedruckten schlanken, von einem Rechtsikonographen zur leider trotz vielfacher Erinnerung nicht erfüllten Rezension angenommenen Bandes steht der Sonderforschungsbereich 496 Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution an der Universität Münster mit einem rechtsgeschichtlichen Teilprojekt, das sich mit der Untersuchung von Typen, Verwendungsweisen und Funktionen ritueller und symbolischer Kommunikationsformen im Gerichtsverfahren des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit befasst. Am Ende blickt der dem Herausgeber wohl sachlich besonders nahe stehende alte Präsident des Europäischen Gerichtshofs in roter Robe mit einem Buch in der Hand dem Betrachter interessiert entgegen. Den Raum dazwischen füllen elf Beiträge, die teils aus den Forschungen des Teilprojekts, teils aus Gastvorträgen entstanden sind.

 

Zu Beginn führt der Herausgeber mit oder durch Lars Ostwaldt in die Rechtssymbolik und Wertevermittlung im gerichtlichen Verfahren aus allgemeiner Sicht unter Hinweis auf Roben, vor Gericht stehen und zu Gericht sitzen sowie Stabbrechen ein, weist auf die Kristallisationspunkte Personen, Abläufe und Orte besonders hin und erklärt die Symbole für unverzichtbar für die Veranschaulichung fundamentaler Werte, auf denen die Legitimität der gerichtlichen Tätigkeit ruht. Danach kommen von Westfalen ausgehend Vertreter unterschiedlicher europäischer Länder zu Wort. Am Ende bietet Antoine Garapon einen Ausblick über La mondialisation des rites judiciaires – l’exemple des juridictions internationales.

 

An der Sitze der Einzelbeträge findet sich ein das Mittelalter betreffender Aufsatz Robert Jacobs, in dem er Rechtslehre und nationale Kultur an Hand der volkssprachigen juristischen Literatur in Frankreich und Deutschland vergleicht und scharf unterscheidet. Im Anschluss hieran vergleicht Jean-Louis Halpérin Symbolik und Gerichtsrituale am Beispiel der Entwicklung der juristischen Berufe und des Gerichtsverfahrens in Frankreich in der Zeit zwischen ancien régime und 19. Jahrhundert. Für Deutschland befassen sich Cornell Babendererde und Miloš Vec mit Handlungsanweisungen an Verklagte vor Gericht im 16. Jahrhundert und juristischen Normen des Anstands bei Christian Thomasius.

 

Polen wird mit einer Studie Wojciech Witkowskis über den Krongerichtshof in Lublin und einer Untersuchung Anna Rosners über Symbole des adeligen Polen am Anfang des 19. Jahrhunderts vertreten. Aus Spanien berichtet Carlos Petit über den Juristen als Redner. Für Großbritannien erläutert Thomas Glyn Symbolism in English Law and in the Englisch Legal System, während David Sugarman Images of Law erörtert.

 

Am Ende wird auf die neue Problematik der Internationalisierung des Rechts und der Gerichtsbarkeit eindringlich hingewiesen. Unter den verschiedenen Lösungsmöglichkeiten wird auch die Möglichkeit genannt, dass das Ritual auf die Form (Monumentalität, Transparenz, Sicherheit) zurückgeführt und dasjenige symbolische umgesetzt wird, was den Unterschied vermittelt – Übersetzung und Dolmetscherwesen, Kopfhörer, Kameras. Ein Autorenverzeichnis und vier farbige Tafeln beschließen den vielseitigen Band. Möge er die Wertevermittlung durch Rechtssymbolik zum allgemeinen Wohl nachhaltig fördern.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler