Der bayerische Landtag 1918/19 bis 1933 - Wahlvorschläge - Zusammensetzung - Biographien, bearb. v. Lilla, Joachim (= Materialien zur bayerischen Landesgeschichte 21). Kommission für bayerische Landesgeschichte 2008, München 2008. XLI, 618 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der 1978 erstmals durch die gemeinsam mit Hans-Joachim Behr und Peter Veddeler erfolgte Bearbeitung der Quellen zur Zeitgeschichte in den staatlichen Archiven des Landes Nordrhein-Westfalen - nichtstaatliches Schriftgut, nichtschriftliches Archivgut, Nationalsozialismus hervorgetretene Bearbeiter hat in den letzten Jahren Quellen zu den Krefelder Eingemeindungen (1999), Krefelder Abgeordnete (2000), Die stellvertretenden Gauleiter und die Vertretung der Gauleiter der NSDAP im Dritten Reich (2003), Statisten in Uniform (2004), Leitende Verwaltungsbeamte und Funktionsträger in Westfalen und Lippe (1918-1945/46) (2004), Der preußische Staatsrat 1921-1933 (2005) und Der Reichsrat (2006) vorgelegt und sich dadurch als Experte profiliert. Die Kommission für bayerische Landesgeschichte hat gleichzeitig ihrem Auftrag der planmäßigen Erforschung der bayerischen Geschichte entsprechend die bisher vernachlässigte Erforschung und Darstellung der Geschichte Bayerns zwischen 1918 und 1933 zu einem Schwerpunkt ihrer Tätigkeit gemacht, weil sie die Kenntnis der Geschichte Bayerns während der Weimarer Republik für unverzichtbar hält für das Verständnis aller grundlegenden Entwicklungen, die den Freistaat im 20. Jahrhundert prägten, und trotz zahlreicher erhellender Spezialstudien bis heute die Grundlagenwerke, die Quelleneditionen und die wissenschaftlichen Hilfsmittel fehlen, die eine sinnvolle Beschäftigung mit dieser Zeit in Unterricht und Studium, in Forschung und Lehre erst ermöglichen. Vor diesem Hintergrund ging sie gern auf die Anregung ein, ein biographisches Nachschlagewerk über die Abgeordneten des bayerischen Landtages zwischen 1918 und 1933 in ihr Publikationsprogramm aufzunehmen und damit das politische Personal Bayerns in diesem Zeitraum (oder vielleicht zumindest einen seiner wesentlichen Teile) wissenschaftlich zu dokumentieren und dafür die umfangreichen Erfahrungen des Bearbeiters zu nutzen.

 

Der aus dieser Zusammenarbeit entstandene Band enthält die Kurzbiographien der insgesamt 654 Abgeordneten, die dem bayerischen Landtag (einschließlich des provisorischen Nationalrats) zwischen November 1918 und Oktober 1933 angehörten. Zusätzlich erfasst er 988 nicht gewählte Bewerber um ein Landtagsmandat. Außerdem dokumentiert er die Wahlvorschläge und Wahlergebnisse, die Zusammensetzung, Fraktionen und Gremien des Landtags und die Mitglieder der Staatsregierungen und versteht sich so als Handbuch der politischen Kultur Bayerns in der von ihm erfassten Zeit.

 

Das Werk bietet außer dem Quellen- und Literaturverzeichnis und der Aufschlüsselung der Siglen und Abkürzungen zunächst eine Einführung über Wahlrecht und Stimmkreiseinteilung, die Landtagsabgeordneten und die Wahlrechtskrise 1930/31 sowie den ernannten Landtag 1933 und das Ende des Landtags samt Arbeitsbericht, Hinweisen zur Benutzung und Danksagung. Dem schließen sich die Landtagswahlvorschläge 1919 bis 1932 (1933) mit Index der nichtgewählten Bewerber und Übersicht der aufgestellten Wahlvorschläge, die Zusammensetzung und Gremien des provisorischen Nationalrats 1918/19 und der bayerischen Landtage der 1. bis 6. Wahlperiode, die Zusammensetzung des bayerischen Landtags nach Fraktionen/Parteien und als Hauptstück die Mitglieder des provisorischen Nationalrats und die Abgeordneten des bayerischen Landtags in biographischer Dokumentation von Friedrich Ackermann bis Ferdinand Zwack an. Der Anhang bietet mehrere Übersichten , ein Ortsregister und ein Personenregister.

 

Als rund 50 Juristen haben sich dabei etwa finden lassen Ackermann, Auer, Anita Augspurg, Becker (Präsident des Oberlandesgerichts Zweibrücken), Beyer, Braunfels, Buttmann, Doerfler, Elbert, Engert, Freyberg, Frölich, Glaser, Hamm, Hausmann, Held, Helfrich, Wilhelm Hoegner, Michel Horlacher, Kaufmann, Knilling, Lampart, Friedrich Lent, Mayer, Meier, Ernst Müller(-Meiningen), Müller, Münsterer, Neumeyer, Nortz, Pechmann, Pestalozza, Pfleger, Robert Piloty, Pöhner, Probst, Roth, Rutz, Saenger, Samer, Schack, Fritz Schäffer, Schlumprecht, Schrott, Siben, Siebert, Speck, Stelzner, Stern, Süßheim und Wunder. Zusätzlich besonders erwähnenswert sind vielleicht Anton Drexler, Kurt Eisner, Justizminister Fritz Endres, Alois Hundhammer, Ludwig Quidde oder Timm (provisorischer Staatsminister der Justiz). Insgesamt hat der Bearbeiter mit diesem Werk eine weitere wichtige Grundlage für die politische Personengeschichte des frühen 20. Jahrhunderts in Bayern und damit auch Deutschland geschaffen.

 

Innsbruck                                                                                                                                          Gerhard Köbler