Schulz, Max-Ferdinand, Alimenta consanguineorum. Das Unterhaltsrecht unter Verwandten in der Rechtsprechung des 19. Jahrhunderts unter Berücksichtigung der zeitgenössischen Literatur (= Schriften zur Rechtsgeschichte 179). Duncker & Humblot, Berlin 2017. 290 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Unterhalt (1507, Unterhaltsanspruch 1895, Unterhaltsbeitrag 1863, unterhaltsberechtigt 1896, Unterhaltspflicht 1863) ist die Gesamtheit der für den Lebensbedarf eines Menschen erforderlichen Aufwendungen. In einfachen Gesellschaften ist die gemeinsame Lebensführung Nahestehender wohl tatsächlich so selbverständlich, dass der Unterhalt wie auch sein Ausbleiben rechtlich nicht besonders erfasst wird. Diese natürliche Fürsorge wird aber mit dem Erstarken des Staates durch verpflichtende rechtliche Regeln ergänzt.
Die vorliegende, von Steffen Schlinker betreute und von der juristischen Fakultät der Universität Würzburg 2015 angenommene Dissertation des in Würzburg in Rechtswissenschaft ausgebildeten, 2009 die erste juristische Prüfung ablegenden, als wissenschaftlicher Mitarbeiter Oliver Remiens und der Professur für Strafrecht tätigen und nach der zweiten juristischen Staatsprüfung des Jahres 2014 in Ellwangen als Rechtsanwalt wirkenden Verfassers beschäftigt sich in diesem Rahmen mit dem Unterhaltsrecht unter Verwandten in der Rechtsprechung des 19. Jahrhunderts, in dem das Recht vor der Verabschiedung des einheitlichen Bürgerlichen Gesetzbuchs großenteils nur partikulare Geltung hatte. Seine Untersuchung gliedert sich nach Aufriss, geschichtlichem Hintergrund, Untersuchungsgegenstand und Forschungsstand in zwei größere Abschnitte. Sie betreffen eine Einführung in Bezug auf rechtsphilosophische Grundlagen und einen geschichtlichen Überblick von den Volksrechten des frühen Mittelalters über das alte römische Recht bis zu dem 19. Jahrhundert einschließlich der Paternitätstheorie, Erzeugungstheorie, Deliktstheorie, Beischlaftheorie und Anerkenntnistheorie sowie das Unterhaltsrecht.
Dabei unterscheidet der Verfasser zwischen der Verwandtschaft als der Voraussetzung der Unterhaltspflicht und dem Alimentationsanspruch, den er sehr detailliert auffächert. Nach seiner zusammenfassenden Schlussbetrachtung zeigen die zahlreichen betrachteten Entscheidungen insgesamt, dass sich die Gerichte in dem 19. Jahrhundert vielen unterhaltsrechtlichen Fallgestaltungen gegenübersahen, diese sorgfältig erörtert und oft unterschiedlich beurteilt haben. Darüber hinaus erweist die detaillierte überzeugende Betrachtung vieler Entscheidungen auch zahlreiche allmähliche Entwicklungen des Familienrechts beispielsweise infolge der Industrialisierung, die sich noch weit bis in das 20. Jahrhundert hinein fortgesetzt und dort vor allem zu einer Stärkung der Rechte von Kindern geführt haben.
Innsbruck Gerhard Köbler