Pünder, Tilman, In den Fängen des NS-Staates – Staatssekretär Dr. Hermann Pünder 1944/1945. Aschendorff. Münster 2018. 244 S. Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Der in Trier an dem 1. April 1888 geborene Hermann Josef Pünder wurde nach der Schule in Münstereifel, dem Studium der Rechtswissenschaft in Freiburg im Breisgau, Berlin und London sowie der Dissertation in Jena über die Haftung für die unerlaubten Handlungen des Vorstandes in der Lehre vom nichtrechtsfähigen Verein (1911) 1919 Regierungsrat in dem Reichsfinanzministerium. Mit dem parteilosen Reichskanzler Hans Luther wechselte er 1925 als Ministerialrat mit der Amtsbezeichnung Ministerialdirektor in die Reichskanzlei, wo er zu einem Staatssekretär und Leiter der Reichskanzlei aufstieg und dies von 1926 bis 1932 auch unter den Reichskanzlern Wilhelm Marx, Hermann Müller und Heinrich Brüning blieb. Da er mit dem Reichskanzler Franz von Papen nicht zusammenarbeiten wollte und konnte, wurde er in dem Oktober 1932 Regierungspräsident in Münster, verlor diese Stellung aber nach Ablehnung des Eintritts in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei unter Adolf Hitler ab Juli 1933 stufenweise bis 15. März 1934 und wirkte ab 1939 in dem Wehrkreiskommando VI in Münster.

 

Nach dem Vorwort des vorliegenden Werkes des Sohnes Tilman Pünder ist die Quellenlage über den Lebensweg seines Vaters vergleichsweise gut. Schon früh hatte er seine Papiere als Vorlass dem Bundesarchiv übergeben und nach dem Tode in Fulda an dem 3. Oktober 1976 war sein Nachlass an das historische Archiv in Köln gelangt, nachdem das über die Politik in der Reichskanzlei geführte Tagebuch schon in der frühen Nachkriegszeit als Geschichtsquelle verfügbar geworden war. Zusätzlich zu zwei sein Leben und Schaffen erforschenden Dissertationen und der Autobiographie „Von Preußen nach Europa“ (1968) will der Verfasser auf Grund einer Anregung seines Sohnes Hermann Pünder an Hand bisher noch nicht ausgewerteter bzw. neu aufgefundener Quellen über die Zeit der nationalsozialistischen Verfolgung in das Detail gehen.

 

Gegliedert ist die schlanke, durch Abbildungen bereicherte Darstellung in zwölf Abschnitte. Sie betreffen in chronologischer Reihung das Leben in dem Abseits des frühen Ruhestands, den 20. Juli 1944, die „Aktion Gewitter“, die Haft in dem Zellengefängnis in Berlin, qualvolle Wochen, den 21. Dezember 1944 vor dem Volksgerichtshof, den Freispruch ohne Freilassung, die Außenstelle Drögen des Konzentrationslagers Ravensbrück, die Konzentrationslager Buchenwald und Dachau, die Geiselschaft in den Klauen der SS mit der Befreiung durch Selbsthilfe, die Obhut der Amerikaner an dem Prager Wildsee und auf Capri sowie die mühsame Heimkehr von Capri nach Wiesbaden und Münster. Nachdem Pünder durch glückliche Fügungen mit dem Leben davongekommen war, übernahm er, tiefgeprägt von der Zeit seiner Verfolgung, von 1945 bis 1948 als Oberbürgermeister Kölns und bis 1950 als Oberdirektor des Vereinigten Wirtschaftsgebiets nochmals politische Verantwortung in der Demokratie.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler