Maltzahn, Ruprecht Freiherr von, Das Versammlungsgesetz vom 24. Juli 1953 – Vorgeschichte, Gesetzgebungsverfahren sowie spätere Änderungen (= Rechtshistorische Reihe 474). Lang, Frankfurt am Main 2017. 528 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die Versammlung ist die Zusammenkunft mehrerer Menschen ohne eine besondere Veranstaltung. Sie war selbverständlich seit Entstehung des Menschen völlig frei, konnte aber nach der Entstehung des Staates diesem und den ihn lenkenden Oberhäuptern dadurch gefährlich werden, dass auf den Versammlungen gemeinschaftliche Meinungen gebildet werden konnten, die sich auch gegen den Staat oder dessen Oberhaupt richten und ihn oder es in seinem Bestand gefährden konnten. Aus diesem Grunde versuchte der Staat, die Versammlung einer vorbeugenden rechtlichen Regelung zu unterwerfen.

 

Mit einem besonderen Teilaspekt dieser allgemeinen Problematik beschäftigt sich die von Werner Schubert betreute, von Maximilian Schroth motivierte und in dem Wintersemester 2016/2017 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Kiel angenommene Dissertation des in Heidelberg und Münster in der Rechtswissenschaft ausgebildeten und danach bei Linklaters als managing associate tätigen Rechtsanwalts. Sie gliedert sich unter Verwendung von Quellen aus den zuständigen Ministerien, aus dem Bundestag und dem Bundesrat nach einer Einleitung in insgesamt acht Sachteile. Diese betreffen die Geschichte des Versammlungsrechts in Deutschland von dem Reichsvereinsgesetz von 1908 über die Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus und der alliierten Besatzung bis 1948, die Entstehung des Versammlungsgesetzes bis zu dem Regierungsentwurf von dem 9. Mai 1950, die Beratungen zu dem Regierungsentwurf in dem Bundesrat in dem Mai 1950, die Behandlung des Regierungsentwurfs in dem Bundestag Deutschlands zwischen Juni 1950 und Mai 1953, die Beratung des von dem Bundestag verabschiedeten Gesetzes im Bundesrat in dem Mai 1953, die Beratungen und Beschlussfassungen in dem Vermittlungsausschuss und die Verabschiedung durch den Bundestag und den Bundesrat in dem Juni und Juli 1953, die anschließenden Änderungen des Versammlungsgesetzes bis 2008 und die Auswirkungen der Föderalismusreform sowie eine abschließende Betrachtung mit einem Ausblick auf künftige Anforderungen an das Versammlungsrecht.

 

Insgesamt bietet der Verfasser unter Einbeziehung von rund 60 Literaturtiteln von Anschütz bis Wegener eine detaillierte Darstellung der gesamten Entwicklung des deutschen Versammlungsrechts auf der Grundlage der in dem 19. Jahrhundert zu einem Grundrecht entwickelten Versammlungsfreiheit als des Rechtes, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Im Ergebnis sieht er das Versammlungsgesetz als eine ausgleichende Regelung zwischen der auch durch das Grundgesetz garantierten Versammlungsfreiheit, den Schutzinteressen anderer Grundrechtsträger und dem Schutzinteresse und Ordnungsinteresse des Staates. Angesichts der seit 1953 erlassenen gesetzlichen Änderungen und vieler Einzelentscheidungen schätzt er derzeit gesetzgeberisches Handeln als von sich aus derzeit fernliegend ein, schließt aber eine zunehmende Zahl von Versammlungen und in der Folge eine rechtspolitische Diskussion über Anforderungen an das Versammlungsrecht und gegebenenfalls Änderungen des bestehenden Versammlungsrechts nicht aus.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler