Heimann, Sebastian, Metastrukturen europäischer Rechtskultur (= Schriften zur Rechts- und Staatsphilosophie 23). Kovač, Hamburg 2018. XLVIII, 211 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Inhalt der vorliegenden Arbeit ist die Auseinandersetzung mit dem Begriff der europäischen Rechtskultur und die Frage, was eine Auseinandersetzung mit diesem Begriff leisten kann. Deswegen stellt der Verfasser an den Anfang seiner Untersuchungen auch die Frage, was sie nicht leisten kann. In diesem Rahmen hält er es für möglich, dass aufgezeigt werden kann, dass ein kultureller Kern europäischer Rechtstradition an sich gerade nicht greifbar ist, da er uns in seiner ganzen anthropologischen Unverfügbarkeit entgegentritt.

 

Entstanden ist die Arbeit in den Jahren 2012 bis 2014 aus einer 2010 in dem Fachbereich Rechtsgeschichte und Rechtsphilosophie der Universität Kiel an dem Lehrstuhl Meyer-Pritzl abgelegten Schwerpunktbereichsarbeit, welche die Frage der Urbarmachung der Thesen der historischen Rechtsschule für eine europäische Privatrechtsvereinheitlichung in dem 21. Jahrhundert aufwarf und dabei die ontologischen Thesen Martin Heideggers auf die Rechtstheorie Friedrich Carl von Savignys projizierte. Die in dem Laufe der Zeit aus diesem philosophischen Ansatzpunkt erwachsene Arbeit gliedert sich in insgesamt zwölf Kapitel. Sie betreffen nach der Einführung über Aufbau, Gang und Ziel der Untersuchung die Europäische Union in ihrem rechtspolitischen Zustand, den rechtspolitischen Gegenstand Europäische Union, das Grünbuch der Kommission und das GEK, performantes Recht als möglichen heuristischen Shortcut, Kultur und Anthropologie in dem Rahmen des Art, 114 AEUV, die Herkunft des reduktiven Denkens mit Platons langem Schatten, die Kontingenz des Daseins, die Freilegung des genuin „Politischen“ in dem Recht mit Savigny Thesen zu dem internationalen Privatrecht als rechtlich-praktischer Rezeption der Vorrangfunktion der Ontologie, Machiavelli und die Selbstgewahrwerdung der Republik mit Bezug zu der Rechtspolitik der Europäischen Union, die semantische Deformation  durch Verwissenschaftlichung mit der Synthese des Republikanismus Machiavells mit dem Historismus Savignys und den Versuch der Findung eines holistischen Ansatzes mittels eines Systems des heutigen ökologischen Rechtes.

 

In seiner auf die selbständige Auseinandersetzung mit diesen verschiedenen Positionen gegründeten Schlussbetrachtung geht der Verfasser von der Einsicht aus, dass jede menschliche Ordnung starke soziokulturelle und geographische Färbungen aufweist. Alles, was über Rechtskultur in äußerster Zurückhaltung gesagt werden kann, ist, dass die eine Art rechtsökologische-palingenetische Permutation ist. Dementsprechend ist der euopäische Jurist des 21. Jahrhunderts besonders gefordert, die Juxtaposition zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem einzunehmen, wozu er den Finger an den Puls der Zeit legen muss., weil sich jederzeit aus dem Fluidum des Inkohärenten ein Lebenssachverhalt materialisieren und in geronnener substantivierten Form eine Entscheidung eines Rechtskundigen abverlangen kann, wofür ihm die vielfältigen und neuartigen sowie auf breiter Literaturgrundlage gewonnenen Gedanken des Verfassers eine beachtliche Hilfe sein können.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler