Heather, Peter, Die letzte Blüte Roms – Das Zeitalter Justinians, aus dem Englischen v. Hartz, Cornelius. Theiss, Darmstadt 2019. 448 S., 17 Abb., 6 Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Justinian (Tauresium bzw. Taor in Mazedonien 482-Konstantinopel 14. 11. 565), Bauernsohn und Kaiserneffe, verheiratet mit Theodora, der Tochter eines Bärendompteurs an dem Zirkus in Konstantinopel, wird 527 Kaiser des oströmischen Reiches. Er veranlasst in seinen frühen Herrschaftsjahren die Schaffung des Codex (529 und 534 aus den Konstitutionen seiner kaiserlichen Vorgänger), der Digesten oder Pandekten (530/533, aus den Schriften der iurisperiti zwischen dem dritten vorchristlichen und dem dritten nachchristlichen Jahrhundert) wie der dem iurisperitus Gaius (um 160) folgenden Institutionen (533, Lehrwerk gegliedert in vier Bücher nach personae, res, actiones)  und erlässt danach noch Einzelgesetze (Novellen), die ebenfalls gesammelt werden. Anfangs tatkräftig und in seiner Bedeutung für die Weltgeschichte des Rechtes wohl von niemandem übertroffen, wird er später von dem Gedanken göttlicher Berufung beseelt.

 

Mit dem Zeitalter Justinians als letzter Blüte des in dem Westen ab 476 in Einzelreichen an Herrscher ursprünglich germanischer Herkunft gefallenen Weltreichs der Römer beschäftigt sich das vorliegende Werk des 1960 in Nordirland geborenen, an dem New College in Oxford in Geschichte ausgebildeten, 1991 mit einer Studie über Goten und Römer zwischen 332 und 489 hervortretenden und danach an dem University College in London sowie in Yale lehrenden, seit 2008 als Professor für mittelalterliche Geschichte an dem King’s College in London wirkenden Verfassers. Aus dem 2018 erschienenen Rome Resurgent – War and Empire in the Age of Justinian von Cornelius Hartz in das Deutsche übertragen, gliedert es sich nach einem Überblick über Justinian und den Niedergang des römischen Ostens in insgesamt elf Kapitel. Sie betreffen unter griffigen Überschriften Ideologie und Imperium, die Kosten der Soldaten des Reiches, den Regimewechsel in Konstantinopel nach dem glücklosen Kaiser Anastasios, den letzten verzweifelten Schachzug nach dem Krieg in dem Osten, den Niedergang der Vandalen, Rom und Ravenna, die Kultur des Sieges, den Frieden in unserer Zeit, den Aufstand des Goten Totila, das Westreich Justinians und den Niedergang des oströmischen Reiches zu einem Satellitenstaat des Islam mit Verlust der Kerngebiete.

 

Der Verfasser beginnt seine informative sachkundige Darstellung mit der Errichtung einer neuen Stadt durch das Herrscherhaus von Konstantinopel in dem mittleren Balkan auf einem niedrigen Plateau zwischen den Flüssen Svinjarica und Caricina in der Mitte des sechsten Jahrhunderts ohne jeglichen erheblichen, wirtschaftlichen, administrativen, religiösen oder strategischen Grund. Nach fast vierzigjähriger, von vielen Kriegen geprägter Herrschaft ist Kaiser Justinian, obwohl er nach dem Chronisten Malalas klein, mit breiter Brust, guter Nase, heller Haut, lockigem Haar, rundem Gesicht durchaus gutaussehend war, zwar einer der bekannteren römischen Herrscher, der das Reich zu seiner größten Ausdehnung führte, aber wohl doch einen insgesamt zu hohen Preis für seine Erfolge zahlte. Wer immer sich über den Mittelmeerraum in der späteren Völkerwanderung auf aktuellem Stand verlässlich unterrichten will, ist mit dieser vielfältigen Betrachtung auf hohem Niveau aus internationaler Sicht gut bedient.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler