Hasenritter, Mona, Wilhelm Theodor Kraut (1800-1873). Ein Leben für die Lehre (= Freiburger rechtsgeschichtliche Abhandlungen, Neue Folge, Abteilung B Abhandlungen zur europäischen und deutschen Rechtsgeschichte 79). Duncker & Humblot, Berlin 2018. 322 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Wilhelm Theodor Kraut wurde in Lüneburg an dem 15. März 1800 geboren und studierte nach dem Besuch des Johanneum in Lüneburg und des Gymnasium illustre in Gotha ab 1819 Rechtswissenschaft in Göttingen bei Gustav Hugo und Johann David Michaelis sowie nach dem Wechsel nach Berlin bei Friedrich Carl von Savigny und Karl Friedrich Eichhorn. An dem 10. August 1822 wurde er in Göttingen mit einer promoviert und noch in demselben Jahr auch habilitiert. Ab 1823 war er Anwärter auf eine Stelle in der Universitätsbibliothek Göttingen, ab 1825 Beisitzer in dem Spruchkollegium und 1828 wurde er außerordentlicher Professor sowie 1836 ordentlicher Professor des deutschen Privatrechts in Göttingen, wo er als zeitweiliges Mitglied der Kammer in Hannover (1850-1853) und Justizrat (1870) an dem ersten Januar 1873 starb.
1830 legte er einen Grundriss zu den Vorlesungen über das deutsche Privatrecht mit Einschluss des Lehnsrechts und Handelsrechts nebst beigefügten Quellen vor, der 1839, 1845, 1856 sowie posthum 1872 und 1886 in weiteren Auflagen erschien, also verlegerisch ähnlich erfolgreich war wie Savignys berühmte Monographie über das Recht des Besitzes: Daneben verfasste er ab 1835 ein Standardwerk über die Vormundschaft nach den Grundsätzen des deutschen Rechtes. Gleichwohl sieht die Verfasserin Kraut in dem ersten biographischen Teil ihrer 2016 in Freiburg im Breisgau angenommenen Dissertation als gescheiterten Wissenschaftler, der zwecks Sicherung seines Lebensunterhalts für die Lehre lebte, nachdem er als einer die berühmten Göttinger Sieben verteidigenden sechs Nachprotestierer in dem Verfassungskonflikt in Hannover erhebliche berufliche Nachteile in Kauf hatte nehmen müssen.
In dem zweiten Teil der Arbeit versucht die Verfasserin eine wissenschaftsgeschichtliche Einordnung der Vorlesung, die dem bisher vorherrschenden Bild, das die Verfasserin nur bedingt zur Kenntnis nimmt, nicht entspricht und der didaktischen, an das Pandektensystem angelehnten Leistung wohl zu wenig gerecht wird. Demgegenüber bedeutet die transkribierte Nachschrift der Vorlesung Krauts aus dem Jahr 1861 zusammen mit einem Publikationsverzeichnis und einem Verzeichnis anderer Nachschriften eine interessante Bereicherung der Geschichte des deutschen Privatrechts des 19. Jahrhunderts, für die der Verfasserin durchaus zu danken ist.
Innsbruck Gerhard Köbler