Gundling, Lukas C., Ein Naturrechtseinfluss auf das Grundgesetz? Eine kommentierte Rekonstruktion der Naturrechtsdiskussion im Parlamentarischen Rat 1948-1949. Ibidem-Verlag, Stuttgart 2016. 134 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

An dem Ende des zweiten Weltkriegs bestand allgemein die Überzeugung, dass Adolf Hitler und seine nationalsozialistische Politik das in langer Zeit gewachsene hergebrachte Recht der Deutschen verwüstet und pervertiert haben, so dass ein grundsätzlicher Neuanfang erforderlich war. Die Frage war allerdings in diesem Zusammenhang, welche Maßstäbe dafür notwendig und hinreichend waren oder sein konnten. Konnte eine Rückbesinnung auf eine materiale Gerechtigkeit durch Anerkennung eines natürlichen Rechtes oder Naturrechts oder auch Vernunftrechts erfolgen oder war dieses hierfür ungeeignet?

 

Mit einem einzelnen Teilaspekt dieser Problematik beschäftigt sich die vorliegende Studie, die an der staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Erfurt in dem Jahre 2016 als eine Masterarbeit entstand. Sie will möglichst zahlreiche verstreute Stellungnahmen und Aussagen mit Bezug zu einem Naturrecht ermitteln, verwerten und einordnen. Ausgangspunkt sind dabei die von Michael Feldkamp unter dem Titel Der Parlamentarische Rat 1948-1949 – Akten und Protokolle seit 1975 veröffentlichten Dokumente.

 

Das durch zwei Anhänge mit kurzen Biographien der wichtigsten Beteiligten benutzerfreundlich abgerundete und eine gute Grundlage für zusätzliche Vertiefung bietende Werk des Verfassers gliedert sich nach einer Hinführung oder Einleitung und einer Darstellung der seinerzeitigen geschichtlichen Lage in drei Abschnitte, die in chronologischer Reihenfolge des tatsächlichen Ablaufs die Beratungen zu den Grundrechten in dem Grundsatzausschuss, in dem Hauptausschuss und in der Vollversammlung des Parlamentarischen Rates betreffen, so dass die organisatorischen Artikel des Grundgesetzes nicht berücksichtigt werden. In seinem Ergebnis gelangt der Verfasser zu der ansprechenden Ansicht, dass das Grundgesetz mangels einer Einigung auf eine bestimmte Naturrechtsschule kein konkretes naturrechtliches Fundament hat, sondern nur bei einzelnen Grundrechten wie dem Schutz der menschlichen Würde, des Eigentums sowie der Ehe und Familie in den vielen Äußerungen einzelne naturrechtliche Elemente erkennbar sind.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler