Embacher, Helga/Edtmaier, Bernadette/Preitschopf, Alexandra, Antisemitismus in Europa – Fallbeispiele eines globalen Phänomens im 21. Jahrhundert. Böhlau, Wien 2019. 338 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Der Mensch ist vielleicht notwendigerweise, aber zugleich auch kaum begreiflicherweise so sehr Egoist und damit zugleich Feind des Mitmenschen, dass nach der biblischen Geschichte bereits der dritte Mensch ohne überzeugenden Grund den brüderlichen vierten Menschen erschlug. Seitdem haben zahllose Menschen zahlreiche andere Menschen vor allem wegen ihrer bloßen Andersartigkeit getötet und verletzt. Geschah dies über lange Zeit in der mehr oder weniger großen Abgeschiedenheit der individuellen Gegebenheiten, so durchdringt die moderne digitale Nachrichtentechnik dieses bisherige Dunkel nahezu zeitlos allerorten in den vielfältigsten Hinsichten.
Das vorliegende Werk beschäftigt sich nach einer kurzen Einleitung, in der eingangs eine scheinbare neue Blüte des europäischen Judentums als Aufhänger verwendet wird, mit dem Antisemitismus in der Gegenwart. Dabei gliedert es sich in fünf Kapitel. Davon setzt sich das erste Kapitel mit dem Antisemitimus in dem 21. Jahrhundert allgemein auseinander und geht in diesem Zusammenhang auf die Boykottbewegung, einen fraglichen neuen Antisemitismus, muslimische Communities, Geflüchtete, Holocaustgedenken und Kolonialismusdebatten, Islamophobie, Definition, Messung und Instrumentalisierung von Antisemitismus ein, während sich die die Kapitel 2 bis vier besonders auf den Antisemitismus in Frankreich, Großbritannien und Österreich konzentrieren.
In der Folge ermitteln die an der Universität Salzburg und als Lektorin an der Universität Sofia tätigen Verfasserinnen eine Reihe von Einzelvorfällen wie beispielsweise elf Morde an französischen Juden und Jüdinnen zwischen 2006 und 2018, antisemitische Vorfälle in der Labour Party Großbritanniens oder die Kontinuität des Antisemitismus in dem rechtsextremen Milieu Österreichs. Als Träger eines neuen Antisemitismus gelten dabei Teile des linken politischen Spektrums, muslimischer Communities und der extremen Rechte. Die engagierten Autorinnen machen dabei an einem einzelnen Beispiel auf mögliche Gefahren aufmerksam, die sich überall und jederzeit entwickeln können, aber in ihrem eigentlichen Grund in der Natur des Menschen angelegt sind, die mit objektiver Darstellung nur bedingt oder vielleicht nur mit Hilfe einschneidender Rechtsgestaltung beeinflusst oder verändert werden kann, wodurch notwendigerweise die allgemeinen Freiheiten aller Menschen eingeschränkt werden müssen.
Innsbruck Gerhard Köbler