Dalferth, Ingolf U., God first. Die reformatorische Revolution der christlichen Denkungsart. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2018. 298 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Auf der Suche nach einer Erklärung des nicht aus sich heraus leicht verständlichen Daseins des Universums, der Erde, des Lebens und des Menschen ist der Mensch mit Hilfe seines Verstands irgendwann zu Göttern oder sogar einem einzigen Gott als himmlischen Schöpfer und Vater gelangt. Bereits vor knapp zweitausend Jahren hat dabei der von Maria in Bethlehem geborene Jesus in dem Laufe seines Lebens Menschen davon überzeugt, dass er der Sohn des Gottes Jahwe der Juden ist und durch seinen Tod an dem Kreuze die Menschheit von ihren irdischen Sünden befreit und zu einem ewigen Leben führt. Daraus ist bis zu der Gegenwart die umfassendste religiöse Bewegung geworden, innerhalb deren sich zahlreiche unterschiedliche Varianten entwickelt haben.
Mit einem Teilaspekt dieses Vorgangs beschäftigt sich das vorliegende Werk des in Stuttgart 1948 (als Ingolf Ulrich Dalferth) geborenen, in Tübingen, Edinburgh, Wien und Cambridge in Theologie, Philosophie und Linguistik ausgebildeten, nach Promotion über religiöse Rede vor Gott (1977) und Habilitation (1982) mit einer Schrift über Existenz Gottes und christlicher Glaube in Theologie in Tübingen dort, in Durham, Uppsala, Frankfurt am Main, Zürich (1995-2012), Cambridge, Manchester, Berlin, Oxford und seit 2007 an der Claremont Graduate University in Kalifornien tätigen Verfassers. Sein Buch ist nach dem Vorwort aus Vorträgen und Vorlesungen hervorgegangen, die er in den vergangenen Jahren aus Anlass des Reformationsgedenkens 2017 an verschiedenen Orten gehalten hat. Gegliedert ist es nach einer Einleitung in neun Kapitel über die Reformation als Revolution des Glaubens, die Vernunft des Glaubens, die Freiheit des Glaubens, die Vielfalt und Verschiedenheit des Glaubens, das Denken des Glaubens, die Denkform evangelischer Theologie, Gott theologisch denken, die theologische Denkform des Unbedingten und den radikalen Monotheismus als Lebensform der Freiheit.
Danach war die Reformation Martin Luthers von 1517 nicht nur ein tatsächliches geschichtliches Ereignis mit weltweiten Auswirkungen bis zu der Gegenwart, sondern lange vor der Revolution in Frankreich 1789 eine geistige Revolution. Ihr Kern ist nach dem Verfasser der Gedanke, dass der christliche Gott reformatorischer Vorstellung seiner Schöpfung uneingeschränkt als Kraft der Veränderung gegenwärtig ist. Möge die darauf gegründete, Gott vor alles andere rückende Lebensform radikaler Freiheit und Liebe als Resonanz der Gnade Gottes vielen Menschen als grundlegende Hilfe für die Bewältigung ihres tatsächlichen Daseins dienen.
Innsbruck Gerhard Köbler