Belndorfer, Helene, Wegwerfen ist eine Sünde. Österreichische Konsumgeschichten aus beinahe hundert Jahren (= Damit es nicht verloren geht Sonderband). Böhlau, Wien 2018. 261 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Nach dem Urknall ist in dem Universum vieles in unbegreiflicher Fülle entstanden und entsteht in gleicher Weise immer noch in unerklärlicher Vielfalt. Auf der Erde bildet sich ständig neues Leben und endet an dem Ende seiner Zeit in ebenso unverständlicher Art und Weise. Milliarden von Menschen stellen aus vorhandenen Gütern ähnlich viele oder noch mehr Waren her und nutzen alles, was ihnen taugt, nach ihren jeweiligen Bedürfnissen und Lüsten, um gleichzeitig alles zu verschwenden, was ihnen nicht oder nicht mehr gefällt.

 

Mit einem Teilaspekt dieses Gedankenbereichs beschäftigt sich das vorliegende Werk der 1957 in dem Hausruckviertel Oberösterreichs geborenen, in Vöcklabruck und an der Wirtschaftsuniversität Wien ausgebildeten und als Doktorin der Handelswissenschaften langjährig in dem mittleren Management internationaler Konzerne tätigen, danach ihre Liebe zu der Zeitgeschichte entdeckenden und in journalistischen Beiträgen und Büchern verwirklichenden Verfasserin. Es gliedert sich in ein Vorwort und eine Einleitung sowie acht Sachkapitel. Sie betreffen Sparen muss mit dem Zündholz anfangen, die gefürchteten Waschtage in dem Keller, das Konservieren mit Kälte und Dampf, Weihnachten und das gabenreiche Christkind, Lebensmittelmarken und Bezugsscheine, Hunger, Carepakete, Tauschhandel und die damit verbundene Figur, das Kraftfahrzeug und den Weg von dem Greißler mit Quargelsturz, Mehlspeise, Sauerkrautfass und Schmierseife bis zu dem Supermarkt der Gegenwart.

 

Nach dem Vorwort Günter Müllers will das Buch pointierte Einblicke in ein Feld des Alltagslebens vermitteln, das sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt und zugleich erheblich an gesellschaftlicher Bedeutung gewonnen hat. Das gelingt der Verfasserin in vorzüglicher Weise. Möge vielen Lesern das Anliegen des Werkes eine interessante Bereicherung sein, wenngleich zu befürchten steht, dass alle Feinheiten der Darlegung nur verstehen kann, wer die Entwicklungen von der Knappheit der Güter der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zu dem aus den Vereinigten Staaten von Amerika übernommenen Überfluss der anschließenden Wegwerfgesellschaft selbst erlebt hat, damit er erkennen kann, dass vielleicht Wegwerfen keine Sünde sein muss, aber doch dem optimalen Wesen des Menschen nicht wirklich gerecht werden kann, weil dadurch Schade für andere entstehen kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler