Appelius, Stefan, Die Spionin. Olga Raue – CIA-Agentin im Kalten Krieg. Rowohlt, Reinbek 2019. 605 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler. ZIER 09 (2019) 81. IT

 

Abgesehen von dem bloßen natürlichen Überleben interessiert den Menschen seit langer Zeit nichts mehr als das Wissen und zwar vor allem das Wissen anderer, das diese vielfach nicht veröffentlichen, sondern für sich behalten wollen. Aus dieser Grundhaltung ist in dem Laufe der Geschichte die Spionage als das Beschaffen und Erlangen unbekannten geschützten Wissens entstanden. In diesem Rahmen beginnt wohl die Spionage durch staatliche Nachrichtendienste erst mit dem Jahr 1909, als in dem Vereinigten Königreich Großbritannien verschiedene militärische Nachrichtendienst in dem Rahmen des Secret Service Bureau geschaffen wurden.

 

Mit dem besonderen Einzelfall der Spionin Olga Raue der Central Intelligence Agency der Vereinigten Staaten von Amerika beschäftigt sich das vorliegende Werk des in Flensburg 1963 geborenen, in Oldenburg 1992 mit einer Dissertation über die deutsche Friedensgesellschaft promovierten, 1999 mit einer Schrift über Fritz Heine (SPD) für Parteien und politisch-soziale Bewegungen habilitierten, 2007 zu einem außerplanmäßigen Professor ernannten und in Potsdam als Lehrbeauftragten tätigen Verfassers. Nach einer Einleitung über einen seltenen Glücksfall eines Spätsommertags des Jahres 2010 auf einer gemeinsamen Fahrt mit einem alten Mann zu dem Tag der offenen Türe in einem früheren Gefängnis des Ministeriums für Staatssicherheit der früheren Deutschen Demokratischen Republik gliedert sich die teilweise fiktive Darstellung in sechzehn Kapitel. Sie betreffen Akten und Menschen, Grenzerfahrungen, Detektivarbeit, Wasserstofffabriken, die Welt der Dienste, amerikanisches Fieber, das geheime Netzwerk, einen Haufen geschenkten Geldes und vieles andere mehr.

 

Auf den Seiten 581-584 sind die dazu gehörigen Ereignisse in einem Zeitstrahl dargestellt, der 1948 mit dem Zerbrechen der Beziehung zwischen Olga Karalus und Gerd Raue beginnt und mit dem Tod Heinz Raues in dem Jahre 2013 endet. In dem Kern geht es darum, dass Olga Raue, ihr Mann und ihr Schwager für die Central Intelligence Agency in der Deutschen Demokratischen Republik und der Sowjetunion spionieren, bis Olga Raue von einer Freundin verraten und nach sechs Jahren von der Bundesrepublik Deutschland aus der Hat freigekauft wird, aber auch nach der Freilassung durch die Deutsche Demokratische Republik 1977 insgesamt 50 Jahre (ohne Schuldgefühle) schweigt. Nach ihren Berichten hat der Verfasser eine spannende, wenn auch nicht in allen Punkten wahre Geschichte geschrieben, die jeder an Spionage Interessierte trotz ihres beachtlichen Umfangs und ihrer Geschichtlichkeit in einem Zuge lesen kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler