Wolfram, Herwig, Das Römerreich und seine Germanen – Eine Erzählung von Herkunft und Ankunft. Böhlau, Wien 2018. 475 S. Abb., Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Zu den gewichtigsten Vorstufen der Deutschen zählen die Römer und Germanen, die in verschiedenster Weise ihr wichtiges Erbe an das Mittelalter überlassen haben. Mit ihnen fällt wenigstens etwas Licht in die ältere Vergangenheit Mitteleuropas. Auch wenn es als Folge der politischen Ziele des Nationalsozialismus Adolf Hitlers in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts verdunkelt wurde und seitdem getrübt erscheint, ist es doch für die Gegenwart auch heute noch bedeutsam und reizvoll.

 

Nach dem kurzen Vorwort des vorliegenden kompakten Werkes fragte Wolf Jobst Siedler an dem 14. Mai 1983 den 1934 in Wien geborenen, dort von 1952 bis 1957 in Geschichte und Latein ausgebildeten, 1957 promovierten und 1966 habilitierten, von 1969 bis 2002 als ordentlicher Professor mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften lehrenden Verfasser, ob er für die Siedlersche Geschichte eine Geschichte der nichtdeutschen Anfänge schreiben wolle. Das daraufhin von dem Verleger selten intensiv begleitete Werk erschien 1990 unter dem Titel Das Reich und die Germanen – Zwischen Antike und Mittelalter, 1992 in zweiter Auflage als Taschenbuch und 1997 bei der University of California Press als Übersetzung. So erfreulich der dadurch gekennzeichnete Erfolg des Buches auch war, er kam in den heutigen Augen des erfolgreichen Verfassers insofern zu früh, als zwar die narrativen Kapitel der internationalen Kritik gefielen, die terminologisch-systematischen Abschnitte jedoch nicht mehr dem Stand entsprachen, den vor allem das von dem Autor angeregte und von Walter Pohl und anderen wesentlich gestaltete Projekt The Transformation of the Roman World erreicht hatte.

 

Aus diesem Grunde entschied sich der Verfasser nach seiner Emeritierung für eine gründliche Überarbeitung, ja Neugestaltung, zu deren Veröffentlichung sich Peter Rauch bereit erklärte. Sie erweckte unmittelbar nach ihrem Bekanntwerden das Interesse eines besonders gründlichen und breit ausgewiesenen Sachkenners. Deswegen genügt es an dieser Stelle auf diese grundlegende Neuerscheinung und ihre Gliederung in die drei Abschnitte Die Sprache der Erzählung (Wie schreibt man heute ein Germanenbuch und warum immer noch eins?, Begriffe Ethnogenese, ethnische Identität, Stamm oder gens, Tradition und Traditionskern, vor-ethnographische Daten, primordiale Tat, Narrativ oder Meistererzählung, die Moral aus der Geschichte, Völkerwanderung oder Origo gentis), die Namen der Erzählung (Götter und Göttinnen, der Held, der König, frühe Könige und königgleiche Fürsten jenseits der Reichsgrenzen, Grundzüge der spätrömischen Reichsorganisation und des Gesellschaftssystems, die Goten und das Christentum, der Kaiser und die Könige auf römischem Boden) und die Erzählung (S. 156ff.) hinzuweisen.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler