Suntrup, Jan Christoph, Umkämpftes Recht. Zur mehrdimensionalen Analyse rechtskultureller Konflikte durch die politische Kulturforschung (= Recht als Kultur 22). Klostermann, Frankfurt am Main 2018. 604 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Geht man davon aus, dass das Recht beispielsweise in Gegensatz zu den Dimensionen oder den Elementen des Universums dem Menschen nicht vorgegeben, sondern von Menschen auf Grund ihrer Notwendigkeiten und Vorstellungen jeweils geschaffen und entwickelt worden ist, so liegt es angesichts der Individualität von Menschen nahe, dass rechtskulturelle Konflikte auf der Erde entstehen und bestehen können. Ihre Erkundung und Durchdringung kann zu einer Rationalisierung des menschlichen Zusammenlebens führen, ohne dass dieses Ziel stets und überall erreicht werden kann oder muss. In diesem Sinne kann politische Kulturforschung jederzeit weltweit nützlich und zielführend sein.

 

Mit einem Teilaspekt dieser gewichtigen Problematik beschäftigt sich die vorliegende umfangreiche mit Assoziationen zu Rudolf Iherings aus eigentümlichem Urgrund geführten Kampf um’s Recht geschmückte Untersuchung des in Münster 1981 geborenen, in Heidelberg und Lille in politischer Wissenschaft, Philosophie und Wirtschaftswissenschaft ausgebildeten, 2010 in München mit summa cum laude mit einer Dissertation über Formenwandel der französischen Intellektuellen – eine Analyse ihrer gesellschaftlichen Debatten von der Libération bis zur Gegenwart promovierten, seit Juli 2010 an dem Bonner Käte Hamburger Kolleg Recht als Kultur tätigen Verfassers und 2017 mit dem vorliegenden Buch habilitierten Verfassers. Es gliedert sich nach einer differenzierten Einführung in das Projekt samt weiterführenden Gedanken zu Rechtskultur als Kultur des Rechtes und zu Begriff, Strukturen und Akteuren des Konflikts in vier ausführliche Kapitel. Sie betreffen die normative Dimension des Rechtes, die narrative Dimension des Rechtes, die organisatorische Dimension des Rechtes, die epistemische Dimension des Rechtes sowie die rituelle und symbolische Dimension des Rechts mit einem Prolog zu Sitzen, Stehen und Hegen.

 

Auf der Grundlage eines weitausholenden Literaturverzeichnisses (507-588) verfolgt der Verfasser sein Ziel der Entwicklung geeigneter analytischer Kategorien für das Verständnis der faktischen Pluralität des Rechtes. Dabei kann er besonders hervorheben, dass und wie verschiedene Akteure strategisch um ihr Recht ringen, um Rechtsansprüche geltend zu machen oder im Medium des Rechtes umfassende gesellschaftspolitische Zielsetzungen zu verfolgen. Als seine zehn Relationen ergeben sich für ihn normativ/narrativ, normativ/organisatorisch, normativ/epistemisch, normativ/symbolisch/rituell, narrativ/organisatorisch, narrativ/epistemisch, narrativ/symbolisch-rituell, organisatorisch/epistemisch, organisatorisch/symbolisch-rituell und epistemisch/symbolisch-rituell, wobei er am Ende zusammenfassend feststellt, dass Recht in der Praxis wie in der Forschung ein umkämpfter Begriff ist und bleibt und die Aufgabe der Forschung in einem besseren Verständnis der Konfliktsituation besteht.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler