Sommer, Lisa, Die Geschichte des Werkbegriffs im deutschen Urheberrecht (= Geistiges Eigentum und Wettbewerbsrecht 130). Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XVIII, 295 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Werke als Ergebnisse der auf einen neuen Erfolg gerichteten Tätigkeiten von Menschen gibt es vermutlich seit dessen Entstehung. Über körperliche Erzeugnisse hinaus bewirkten sie jedoch auch nach der allmählichen Ausbildung von Rechtssätzen allgemein keine rechtlichen Folgen. Wann, wo, wie und warum sich dies bis zu der Gegenwart in tiefgreifender Weise änderte, ist eine spannende Frage.

 

Mit einem ihrer gegenwartsnäheren Teilaspekte beschäftigt sich auf der Grundlage der bereits vorliegenden umfangreichen Literatur die in dem Bayreuther Graduiertenkolleg „Geistiges Eigentum und Gemeinfreiheit“ entstandene, von Diethelm Klippel nach dem Vorwort in vorbildlicher Weise betreute, in dem Wintersemester 2016/2017 von der rechtswissenschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Bayreuth angenommene Dissertation der 1988 geborenen und 2012 graduierten Verfasserin. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung über Fragestellung, Quellen und Forschungsstand in sieben Kapitel. Sie betreffen die Pluralität der urheberrechtlichen Werkbegriffe und das Literatururhebergesetz von 1871, den Begriff des Werkes der bildenden Künste in dem Kunsturhebergesetz von 1876, die Anfänge des einheitlichen Werkbegriffs und das Literatururhebergesetz 1901, die Ausweitung des Kunsturheberrechts durch das Kunsturhebergesetz von 1907 samt dem Begriff des Werkes der bildenden Künste, die Pluralität der Werkbegriffe in Rechtsprechung und Literatur von dem Wechsel der Monarchie zu der Republik bis zu dem Urhebergesetz von 1965, die Entstehung des einheitlichen Werkbegriffs während dieser Zeit und die Unterscheidung zwischen Urheberrechten und Leistungsschutzrechten in dieser Zeit.

 

Im Ergebnis ihrer sorgfältigen eindringlichen Untersuchungen stellt die Verfasserin zusammenfassend fest, dass es bis in die zweite Hälfte der zweiten deutschen Monarchie in Literatur, Gesetzgebung und Rechtsprechung zu dem Urheberrecht keine Vorstellung eines einheitlichen Werkes gab, sondern zu jedem der Schutzobjekte des Literatururhebergesetzes und des Kunsturhebergesetzes ein eigener Werkbegriff bestand. Bis 1965 galten zwar diese verschiedenen Werkbegriffe der einschlägigen Gesetze fort, doch entwickelte sich vor allem nach dem Ende der Weimarer Republik in der Literatur allmählich bis 1965 ein einheitlicher Werkbegriff, wobei Werk und Leistung getrennt wurden. Angesichts der europäischen Urheberrechtsentwicklung herrscht allerdings auch in der Gegenwart keineswegs Einigkeit über den Werkbegriff, wobei sich die Verfasserin einleuchtend für eine einheitliche Gestaltungshöhe aller Werkarten ausspricht, weil sie die Übersichtlichkeit und die Rechtssicherheit fördern kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler