Skiba, Dieter/Stenzel, Reiner, Im Namen des Volkes – Ermittlungs- und Gerichtsverfahren in der DDR gegen Nazi- und Kriegsverbrecher. edition ost, Berlin 2016. 463 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Seit ihren Anfängen verhalten sich Menschen abweichend von den Erwartungen ihrer Mitmenschen, weswegen in dem Laufe der Zeit zur Lösung von Interessengegensätzen, das Recht, das Verfahrensrecht und auch das Strafrecht geschaffen wurden. In diesem Zusammenhang hatten sich Vertreter der von dem Deutschen Reich unter Adolf Hitler während des zweiten Weltkriegs besetzten Staaten in London 1941 dazu entschlossen, von Adolf Hitler veranlasste oder geduldete Straftaten nach Kriegsende zu verfolgen, was die alliierten Großmächte Sowjetunion, Vereinigte Staaten von Amerika und Großbritannien in Teheran 1943 und Jalta 1945 unterstützten. Obwohl nach dem Siege der Alliierten und der Kapitulation des Deutschen Reiches in dem besetzten Gebiet der Alliierte Kontrollrat die Hoheit ausübte, wurden von deutschen Behörden und Gerichten seitdem Verbrechen gegen die Menschlichkeit und gegen den Frieden verfolgt und nach Möglichkeit bestraft.

 

In der Folge erschien in Amsterdam in 63 Bänden eine Dokumentation, die alle entsprechenden in Europa geführten Verfahren zusammenstellen wollte, wobei allein die Verfahren in der sowjetischen besetzten Zone bzw. in der daraus 1949 entstandenen Deutschen Demokratischen Republik 14 Bände füllten. Der vorliegende, von einem 1938 geborenen als Diplomjurist ausgebildeten und von 1958 bis 1990 in dem Ministerium für Staatssicherheit mit der letzten Dienststellung als Leiter der Hauptabteilung IX/11 tätigen, und einem 1942 geborenen, zunächst als Graugussformer und nach Abitur an der Volkshochschule und Eintritt in das Ministerium für Staatssicherheit und Ausbildung 1960 zu einem Diplomjuristen als Untersuchungsführer in der Hauptabteilung IX/10 zuletzt als Offizier für Sonderaufgaben wirkenden Verfasser erarbeitete Band gliedert sich nach einer Vorbemerkung in einführende Darlegungen, die Gesamtübersicht und ein Personenregister. Dabei behandeln die einführenden Vorbemerkungen die Frage, auf welcher Grundlage geurteilt wurde, begründen die Ablehnung der Begriffe Nationalsozialismus und NS-Verbrechen und nehmen Stellung zu der Rolle des Ministeriums für Staatssicherheit bei der Suche und Verfolgung von Nazi-Verbrechen, zu dem Ende der Verfolgung von Nazi- und Kriegsverbrechen in der Deutschen Demokratischen Republik, zu der Rechtsprechung nach 1990 und zu dem Recht der Bundesrepublik Deutschland (Vom Täter zum Opfer).

 

Ausgewählte Verfahren zu bestimmten Verbrechenskomplexen und Tätergruppen betreffen danach Ermittlungsverfahren gegen Täter in faschistischen Haftstätten, gegen Angehörige der Waffen-SS, wegen Denunziation mit Todesfolge, gegen Angehörige der Gestapo, des SD und der geheimen Feldpolizei, gegen Hilfskräfte und Kollaborateure, gegen Angehörige faschistischer Justizorgane, gegen Angehörige  faschistischer Polizeieinheiten und der Feldgendarmerie und wegen „Euthanasie“, wobei die Waldheim-Prozesse den Abschluss bilden. Die anschließende Gesamtübersicht umfasst 839 Nummern von einer Entscheidung des Volksgerichts Sachsen am 28. September 1945 (zweimal Todesstrafe, einmal lebenslange Haft, einmal sechs Jahre Haft und einmal drei Jahre Haft) bis zu einer Entscheidung des Bezirksgerichts Rostock gegen den früheren stellvertretenden Wachführer Jakob Holz von dem 25. September 1989 (15 Jahre Haft). Ein Personenregister von Ack bis Zwa rundet den informativen und interessanten Band, der nach Ansicht der Verfasser „überzeugende Antwort“ auf die bereits in dem ersten Satz von den Verfassern mit den Worten „Die Deutsche Demokratische Republik war ein antifaschistischer Staat“ beantwortete Frage geben, ob die Deutsche Demokratische Republik ein antifaschistischer Staat war oder nicht, ab.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler