Seckelmann, Margrit, Evaluation und Recht. Strukturen, Prozesse und Legitimationsfragen staatlicher Wissensgewinnung durch (Wissenschafts-)Evaluationen (= Jus Publicum 273). Mohr Siebeck, Tübingen 2018. XXVII, 685 S.
Die Evaluation nimmt nach allgemeiner Ansicht ihren Ausgangspunkt von dem um 235-200 v. Chr. belegten, mit einer indogermanischen Wurzel verbindbaren Verb valere mit den Bedeutungen bei Kräften sein, kräftig sein, stark sein, Kraft haben und vermögen. Hieraus hat sich in dem Französischen während des 19. Jahrhunderts das Wort evaluation für Bewertung oder Auswertung entwickelt, dem zu Beginn des 20. Jahrhunderts das englische evaluation zur Seite trat. In der deutschen Sprache wurde das neuenglische evaluation an dem Ende der 1960er Jahre aus einem amerikanischen Umfeld aufgenommen.
Mit dem besonderen Verhältnis der Evaluation zu der Wissenschaft im Allgemeinen unter dem Blickwinkel des Rechtes beschäftigt sich die vorliegende gewichtige Arbeit der 1970 geborenen, in Rechtswissenschaft, Geschichte und Germanistik in Heidelberg und Berlin ausgebildeten, nach den beiden juristischen Staatsprüfungen 1999 als Mitglied der selbständigen wissenschaftlichen Nachwuchsgruppe Recht in der industriellen Revolution an dem Max-Planck-Institut für europäische Rechtsgeschichte in Frankfurt am Main und seit 2002 als Geschäftsführerin des deutschen Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung in Speyer tätigen, 2004 mit einer Dissertation über Industrialisierung, Internationalisierung und Patentrecht im Deutschen Reich zwischen 1871 und 1914 promovierten und mit der an dem 7. Dezember 2015 von der deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften angenommenen vorliegenden und mit einem Personenverzeichnis und einem Sachverzeichnis benutzerfreundlich aufgeschlossenen Schrift habilitierten Verfasserin. Gegliedert ist sie nach grundsätzlichen Überlegungen zu Evaluationen als Instrument staatlicher Wissensgenerierung in zwei Hauptteile. Sie betreffen die Evaluationen in der Wissensgesellschaft und die Evaluationen in der Wissenschaft und Wissenschaftspolitik oder governance by information.
In dem Mittelpunkt der Überlegungen steht dabei die Evaluation als Instrument politischer Entscheidungsvorbereitung des durch Steuern über umfangreiche (fremde) Mittel verfügenden Staates. In diesem Rahmen untersucht die Verfasserin sachkundig und detailliert die der Anwendung der Evaluation vorausliegenden Annahmen und diskutiert abgewogen die auf der Grundlage der Verfassung sinnvollen Zielsetzungen und die dabei möglichen Fehler und Gefahren. Auf diese Weise gelingen ihr auf einer sehr breiten Literaturgrundlage (S. 551-666) in Grundzügen eines wissenschaftsgeleiteten Evaluationsrechts verlässliche Konturen eines für Staat, Politik und Gesellschaft weltweit immer wichtiger werdenden, verantwortungsbewusst zu nutzenden modernen Steuerungsinstrumentariums, auf die künftige Untersuchungen jederzeit zurückgreifen können werden.
Innsbruck Gerhard Köbler