Schubert, Werner, Vom Konzessions- zum Normativsystem. Materialien zur Aktienrechtsnovelle 1870 (= Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht/ZGR – Sonderheft 21). De Gruyter, Berlin 2017. IX, 254 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die als Wort anscheinend 1828 erstmals belegte Aktiengesellschaft ist die Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die ein in Aktien zerlegtes Grundkapital hat und für deren Verbindlichkeiten den Gläubigern (nur) das gesamte Gesellschaftsvermögen unbeschränkt haftet, nicht dagegen auch jeder Gesellschafter mit seinem sonstigen Vermögen. Auf der Grundlage erster Durchbrechungen des Grundsatzes der persönlichen Haftung des handelnden Kaufmanns infolge des wachsenden Kapitalbedarfs in Bergbau und Fernhandel in dem  15. Jh. entstand (auf römischen Grundlagen) nach Vorläufern (Genua 1407 St. Georgsbank) die Aktiengesellschaft aus den Bedürfnissen der Beschaffung hohen Kapitals und der Streuung großen Risikos in dem Kolonialhandel an dem Beginn des 17. Jahrhunderts (English East India Company 1600 zunächst als Rahmen für auf einzelne Unternehmungen beschränkte terminated stock companies, Vereinigte [Niederl­ändische] ostindische Handelscom­pagnie VOC 20. 3. 1602. Sie beruht zunächst auf einem einzelnen Privileg, entwickelt sich später aber weiter.

 

Nach dem knappen Vorwort des verdienstvollen Verfassers und Herausgebers des vorliegenden Werkes fanden 1847 in dem Innenministerium Preußens erste Überlegungen statt, das Erfordernis der Konzessionierung der Aktiengesellschaften, wie es in dem Gesetz über die Aktiengesellschaften für die königlich preußischen Staaten von dem 9. November 1843 festgelegt worden war, aufzugeben. Die in dem Ergebnis hieraus erwachsende Aktienrechtsnovelle von 1870 kann das Verdienst für sich in Anspruch nehmen, mit dem Konzessionssystem gebrochen zu haben. Den Weg dorthin zeigen nach einer Einleitung zu dem Umfang der Edition, dem Aktiengesetzentwurf Preußens von 1869, den Beratungen des Bundesrats von 1869/1870, der Diskussion über eine Reform des Aktienrechts von 1870 in den Jahren 1873/1874 mit Schlussbemerkungen sowie Kurzbiographien der wichtigsten Beteiligten (Achenbach, Bertrab, Eulenburg, Itzenplitz, Jacobi, Kirchenpauer, Klemm, Krüger, Leonhardt, Liebe, Pape, Seebach) die edierten Dokumente auf.

 

Gegliedert sind sie in fünf Teile. Sie betreffen das Aktienrecht des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs von 1861 (Art. 173-249), die Entwürfe Preußens zu einer Aktienrechtsnovelle von 1868/1869, die Beratungen über den Entwurf einer Aktienrechtsnovelle in dem Bundesrat (1869/1870), die Artikel 173-249a des Handelsgesetzbuchs in der Fassung der Aktienrechtsnovelle von dem 11. Juni 1870 und die Stellungnahmen zu der Aktienrechtsnovelle von 1870 und Reformvorschläge von 1873/1873. Ein Sachregister von Aktienbanken bis Zweigniederlassung und ein Quellennachweis schließen die wichtigen, nicht veröffentlichten Quellen über die Beratungen der Aktienrechtsnovelle in dem Bundesrat des Norddeutschen Bundes und die ersten Berichte über die zugehörige Praxis benutzerfreundlich auf.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler