Schmähl, Winfried, Alterssicherungspolitik in Deutschland. Vorgeschichte und Entwicklung von 1945 bis 1998. Mohr Siebeck, Tübingen 2018. 1151 S.

 

In der Frühzeit war der Mensch wohl weitgehend auf sich und seine nächste mitmenschliche Umgebung gestellt, so dass es für das Alter kaum eine oder eigentlich keine Sicherung gab. Mit der Viehzucht und der Sesshaftwerdung wurde sie wohl in Anfängen begonnen, aber nicht wirklich gesichert. Erst seit der Verlagerung der Wirtschaft von dem Lande in die Fabriken und Büros von Industrie und Dienstleistung und seit der Politisierung von Gesellschaft und Staat durch Parteien konnte Bismarck aus politischen Gründen Sozialpolitik und Sozialgesetzgebung umfassender Art wagen, um eine Sicherung einer Mehrheit der Konservativen gegenüber den Sozialisten zu versuchen.

 

In Fortschreibung dieser Entwicklung wird inzwischen eigentlich weltweit Alterssicherungspolitik betrieben, für die der in Liegnitz 1942 geborene, in Frankfurt am Main in Volkswirtschaftslehre ausgebildete, 1972 mit einer Dissertation über Systemänderung in der Altersvorsorge – von der einkommensabhängigen Altersrente zur Staatsbürgergrundrente (eine theoretische und empirische Untersuchung ökonomischer Probleme im Übergangszeitraum) promovierte und als wissenschaftlicher Mitarbeiter 1976 mit einer Schrift über Alterssicherung und Einkommensverteilung – theoretische und empirische Untersuchungen zur Finanzierung, Leistungsgewährung und zur Verteilung zwischen Generationen habilitierte und anschließend an die Freie Universität in Berlin berufene sowie 1989 nach Bremen gewechselte Verfasser nunmehr eine grundlegende Erforschung der neueren Entwicklung in Deutschland vorlegt Gegliedert ist sie nach einem kurzen Vorwort, einer Anmerkung zu spezifischen Literaturhinweisen und häufige verwendeten Abkürzungen in zehn Kapitel. Diese betreffen nach einem Überblick über Alterssicherungssysteme und Alterssicherungspolitik (Gestaltungsoptionen, Einflussfaktoren und Akteure) die Vorgeschichte der Alterssicherungspolitik in Deutschland von dem Ende des 19. Jahrhunderts bis zu dem Ende des zweiten Weltkriegs, die Alterssicherungspolitik in den Besatzungszonen zwischen 1945 und 1949, die Alterssicherungspolitik in den beiden deutschen Nachkriegsstaaten und ihre konzeptionelle Neuorientierung in der Bundesrepublik zwischen 1949 und 1957, die Zeit der „Konsolidierung“ zwischen 1957 und 1966, die Zeiten des Machtwechsels zwischen 1966 und 1974, die Alterssicherung in Zeiten ökonomischer Schwierigkeiten (1974 bis 1982), die Alterssicherung in den letzten Jahren des geteilten Deutschland (1982-1989), die Zeit zwischen Mauerfall und „Rentenüberleitung (1989- 1992) und die Zeit zwischen 1992 und 1998.

 

Dieses umfassende Werk hat unmittelbar nach seinem Bekanntwerden das Interesse eines besonders sachkundigen Rezensenten erweckt. Deswegen genügen an dieser Stelle die wenigen formalen Hinweise. Den grundlegenden Ausführungen für die gesamte zweite Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts soll ein zweiter Band über die anschließenden Jahre folgen, so dass dann die gesamte, eigentlich schon seit Bismarck weitgehend auch von dem politischen Ringen um Wählerstimmen und Regierungsmacht und damit gut ausgestattete Bezüge von Repräsentanten des verwalteten Volkes geprägte Entwicklung der Alterssicherung in Deutschland seit 1945 in wohl kaum noch überbietbarer Ausführlichkeit und Sachkunde dargestellt sein wird.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler