Laagland, Daniel, Lehren, Forschen, Recht sprechen. Die Spruchpraxis als Teil des Berufsalltags an der juristischen Fakultät zu Bonn im 19. Jahrhundert (= Rheinische Schriften zur Rechtsgeschichte 24). Nomos, Baden-Baden 2016. 293 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Vermutlich begann die Rechtsgelehrsamkeit mit der tatsächlichen Erfahrung in der Rechtswirklichkeit, durch die in Rom einst vermögensmäßig gut gestellte und auf Entgelt nicht angewiesene Bürger zu iurisperiti wurden, die das 451/450 v. Chr. geschaffene Zwölftafelgesetz auslegen konnten, nach einer längeren Blütezeit aber in dem dritten nachchristlichen Jahrhundert einigermaßen unvermittelt aber wieder verschwanden, während kaiserliche Konstitutionen bis über das Altertum hinaus entstanden. Vermutlich lehrten und forschten dann Irnerius und seine Schüler in Bologna in dem 12. Jahrhundert bereits, wenn sie auch noch kein Recht sprachen. In der Folge entwickelte sich über die Gutachtenpraxis der Konsiliatoren dann auch eine umfangreiche Spruchtätigkeit von Juristen zwecks Unterstützung von Gerichten.
Mit einem Teilaspekt dieses allmählich entwickelten Dreiklangs beschäftigt sich die von Mathias Schmoeckel betreute und in dem Wintersemester 2015/2016 von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn angenommenen, mit 14 Abbildungen ausgestatteten Dissertation des 1987 geborenen und ab 2013 als wissenschaftlicher Mitarbeiter seines Betreuers tätigen Verfassers. Sue gliedert sich nach einer Einführung über Aktenversendung und Spruchtätigkeit, archivalische Grundlagen der Untersuchung, Fragestellung und methodische Überlegungen in drei Sachkapitel. Sie betreffen die rechtlichen Rahmenbedingungen der Bonner Spruchtätigkeit, die Organisation des Bonner Spruchkollegiums und die vierundsiebzigjährige Bonner Spruchtätigkeit zwischen 1819 und 1893.
In seinem ansprechenden und interessanten Gesamtergebnis stellt der Verfasser fest, dass wegen der späten Eröffnung der Universität Bonn das Arbeitsaufkommen der juristischen Fakultät der Universität Bonn (insgesamt 1077 Fälle mit Gesamteinnahmen von mehr als 19150 Talern oder umgerechnet etwa 638000 Euro) vergleichsweise gering war. Zudem hatte das insgesamt 36 Mitglieder (darunter Bluhme, Deiters, Sell, Böcking, Haelschner, acht Ordinarien) umfassende Spruchkollegium während der gesamten zeit seines Bestehens „unter widrigen Umständen zu operieren“. Dennoch wurde in Bonn an dem 4. November 1889 das letzte Urteil eines preußischen Spruchkollegiums überhaupt abgebgefasst, worin der Verfasser den markanten Schlusspunkt hinter der jahrhundertelangen Urteilstätigkeit preußischer Spruchkollegien sieht.
Innsbruck Gerhard Köbler