Kultur und Lebensweise der Deutschen aus Ostmitteleuropa. Kontinuitäten und Brüche vor und nach 1945, hg. v. Bogade, Marco/Fendl, Elisabeth (= Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte der Deutschen in Ostmittel- und Südosteuropa 50). Böhlau, Wien 2018. 208 S., Abb., Taf. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Die Erde ist sehr vielfältig gestaltet und deshalb für den Menschen wie auch für andere Lebewesen in unterschiedlichen Zeiten nicht überall gleich günstig. Vor allem aus diesem Grunde ist der Mensch seit seiner Entstehung immer wieder von einem Ort an einen anderen Ort gewandert. Dabei haben die günstigsten Stellen stets die größte Anziehungskraft ausgeübt, so dass die Besitzenden sich vielfach gegen Neuankömmlinge, die ihnen gegenüber Teilungen anstrebten, zu gewaltsamer Abwehr veranlasst sahen.
Eine umfangreiche Wanderungsbewegung hat in diesem Zusammenhang auch die Deutschen erfasst, die bei großer Zahl und ungenügenden Ernährungsmöglichkeiten während langer Jahrhunderte nach Süden, Osten oder Westen gezogen sind. Die Niederlage des Deutschen Reiches unter Adolf Hitler gegen die Alliierten des zweiten Weltkriegs hat dabei umfangreiche Flucht und Vertreibung aus dem Osten in die deutschsprachigen Kerngebiete nach sich gezogen. Der vorliegende Sammelband zu dieser Thematik beruht auf einer international besetzten Tagung des Instituts für Kirchen- und Kulturgeschichte der Deutschen in Ostmittel- und Südosteuropa e. V. in Tübingen.
Er enthält nach einem kurzen Vorwort der als Kunsthistoriker und Volkskundlerin tätigen Herausgeber und nach einer Einführung Rainer Bendels insgesamt neun Referate, die mit dem Weg von Grenz- und Auslandsdeutschen zu Flüchtlingen und Vertriebenen und der Schilderung der Rolle kirchlicher Verbände bei der „Rettung des Kulturguts“ beginnen. Danach werden vielfältige Einzelgegenstände wie die Regnitzau-Siedlung in Hirschaid, die Kultgeschichte der Dorothea von Montau, Otto Herbert Hajeks Arbeiten für die katholische Kirche, Heimatverlust und Mystik in den Werken Erich Schicklings, deutschbaltische umgesiedelte und nicht mehr angekommene Komponisten, das Schicksal der Orgelbaufirma Berschdorf aus Neisse oder schlesische Komponenten in dem Liedgut der deutschen Vertriebenen nach 1945 untersucht und um einen Beitrag über Hedwigskirchen in Deutschland von dem 18. bis zu dem 20. Jahrhundert ergänzt. Ein Autorenverzeichnis sowie ein Orts- und Personenregister runden das bunte, vielfach traumatische Mosaik ab.
Innsbruck Gerhard Köbler