Dokumente zur Geschichte des deutschen Zionismus 1933-1941, hg. und eingel. v. Nicosia, Francis R. (= Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo-Baeck-Instituts 77). Mohr Siebeck, Tübingen 2018. XXIX, 657 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Der Zionismus als die von Zion als dem Namen des Tempelbergs in Jerusalem abgeleitete nationalistische Ideologie von Juden zur Schaffung, Bewahrung und Rechtfertigung eines Nationalstaats der Juden in Palästina hat geschichtliche Wurzeln seit der Antike, in der um 800 v. Chr. ein erster Tempel an dem zentralen Ort errichtet wurde. Seine eigentlichen Entstehungsbedingungen beruhen aber erst auf dem neuzeitlichen Nationalismus und Kolonialismus europäischer Mächte. Seitdem sind jüdische Siedlungsprojekte und mit ihnen auch neue Formen des Antisemitismus entstanden.

 

Der Versachlichung der Diskussion kann am ehesten die objektive Dokumentation der Quellen dienen, wie sie der in Philadelphia 1944 geborene, nach Tätigkeiten in Libyen und Deutschland  an der Pennsylvania State University und der Georgetown University in Geschichte ausgebildete und 1978 an der McGill University mit einer Dissertation in deutscher Geschichte und Geschichte des nahen Ostens promovierte und seit 1979 an dem Saint Michaels’s College sowie seit 2009 als Professor für Holocauststudien an der University of Vermont tätige Herausgeber vorlegt. Er geht dabei von den Dokumenten zur Geschichte des deutschen Zionismus 1882-1933 aus, die Jehuda Reinharz 1981 in der Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts veröffentlichte. Seit mehr als zwei Jahrzehnten leitete ihn die Überzeugung von der Notwendigkeit, diese Quellensammlung von der nationalsozialistischen Machtübernahme an dem 30. Januar 1933 bis zu dem offiziellen Ende der jüdischen Auswanderung aus dem Deutschen Reich und dem besetzten Europa bzw. dem Beginn des Holocaust 1941 fortzusetzen.

 

Die in diesem Zusammenhang abgedruckten 208 Quellen stammen aus fünfzehn Archiven der Bundesrepublik Deutschland, fünf Archiven in Israel, zwei Archiven in den Vereinigten Staaten von Amerika und einem Archiv in Russland. Gegliedert sind sie in fünf Abteilungen über deutsche Zionisten und die Machtübernahme 1933 (Nr. 1-10), Zionismus in der nationalsozialistischen Judenpolitik 1933-1938 (11-55), zionistische Arbeit in Deutschland (56-131), Zionismus-Revisionismus in Deutschland 1933-1938 (132-162) und von der Auflösung bis zur Endlösung 1938-1941 (163-208). Ein Personenregister und ein Sachregister (von Agudah-Bünde bis Zwischenlager) schließen die von einer zionistischen Prognose (Kurt Blumenfelds) an dem Anfang des Dritten Reiches von dem 22. Februar 1933 bis zur Einstellung der jüdischen Auswanderung aus Europa in einem Schreiben des Chefs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdiensts an das deutsche auswärtige Amt von dem 18. Dezember 1941 reichenden, die zunehmende Bedeutung des Zionismus für die deutschen Juden  eindrucksvoll belegenden Zeugnisse benutzerfreundlich auf.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler