Die „Neuordner“ Europas beim Wiener Kongress 1814/1815, hg. v. Böttcher, Winfried. Nomos, Baden-Baden 2017. 252 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Nach dem Ende der Vorherrschaft Napoleon Bonapartes in Europa tagte in Wien (aber niemals in einem Plenum) ein Kongress der an den napoleonischen Kriegen beteiligten großen Mächte über die künftige politische Gestaltung, die in dem Ergebnis weitgehend die Erhaltung des vorrevolutionären Zustands bedeutete. Von einem Kupferstich Jean Godefroys (1771-1839) nach einem Gemälde Jean-Baptiste Isabeys (1767-1855) einer Sitzung der an dem Traktate von Paris beteiligten Mächte des Jahres 1819 geht der vorliegende Sammelband aus. Er will nach einer Einführung des Herausgebers über den Zeitgeist in dem Umbruch von dem Ancien Régime zu der Moderne, Napoleons Europabild, das Europabild der Restaurateure und ihre Interessen, eine Auswahl wichtiger Akteure und die verwendete Literatur die Neuordner lexikalisch erfassen.

 

Sein Herausgeber wurde 1936 in Morbach geboren, studierte nach dem Abitur in Bernkastel-Kues 1956 an der Technischen Hochschule in Aachen Maschinenbau und nach dem ersten Staatsexamen 1963 zusätzlich neuere Geschichte, Volkswirtschaftslehre und politische Wissenschaft, wobei er von 1965 bis 1967 an die London School of Economics wechselte. 1970 wurde er als wissenschaftlicher Assistent Klaus Mehnerts mit einer Dissertation über das Deutschlandbild der Engländer 1960-1966 promoviert und wirkte als akademischer Rat und akademischer Oberrat an dem Institut für politische Wissenschaft in Aachen, wo er 1973 zu einem Professor mit dem Schwerpunkt internationale Politik, Friedenspolitik und Europapolitik berufen wurde. In dem Mittelpunkt seiner Interessen steht der Friede in Europa, zu dessen Gunsten die Nationalstaaten der Vergangenheit zurückzutreten haben.

 

Sein vorliegendes Werk versteht sich als lexikalische Ergänzung über die in der Literatur erwähnten wichtigsten Akteure des Wiener Kongresses, die in acht wichtigen Kommissionen den Kongress an Hand der von den Souveränen vorgegebenen großen Linien bestimmt und geprägt haben, in ihrem vielfältigen Umfeld. Es waren dies für England Prinzregent George Augustus Frederick, Viscount Robert Stewart, Duke Arthur Wellesley, Lord William Schaw, Lord Richard Trench und Lord Stewart Charles William Vane, für Österreich Kaiser Franz I., Clemens Lothar Wenzel Graf von Metternich, Johann Philipp Freiherr von Wessenberg-Ampringen, Friedrich von Gentz und Nikolaus von Wacken, für Preußen König Friedrich Wilhelm III., Karl-August von Hardenberg und Wilhelm von Humboldt, für Russland Zar Alexander I., Karl Robert Graf von Nesselrode, Fürst Andrej Kyrillowitsch Rasumowskij und Gustav Ernst Graf von Stackelberg, für Frankreich König Ludwig XVIII., Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, Emmerich-Joseph von Dalberg, Frédéric de la Tour du Pin und Louis Joseph Alexis Comte de Noailles, für Spanien Pedro Gómez de Labrador, für Portugal Pedro de Sousa Holstein (Graf von Palmela), Joaquim Lobo da Silveira (Graf von Oriola) und Antonio de Saldanho da Gama sowie für Schweden Gustaf Carl Fredrik Löwenhielm. Abgeschlossen werden die von Winfried Böttcher, Werner Drobesch, Alexander Erochin, Ralf Junkerjürgen, Günther Kronenbitter, Doris Lauer, Jürgen Lauer, Angela Maria Pereira Nunes, Helmut Reinalter, Martin Schmidt, Julia Scalpi und Peter Heinrich von Wessenberg verfassten Lebensbilder durch eine Einbettung des Wiener Kongresses in den Kontext internationaler Konferenzen von 1648 bis 1990, durch ein Register der historischen Persönlichkeiten und eine Zeittafel (1776 bis 20. 11. 1815), so dass insgesamt ein vorzügliches Hilfsmittel für das Verständnis des Wiener Kongresses geboten wird.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler