Die NS-Volksgemeinschaft. Zeitgenössische Verheißung, analytisches Konzept und ein Schlüssel zum historischen Lernen?, hg. v. Danker, Uwe/Schwabe, Astrid (= Beihefte zur Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 13). V&R, Göttingen 2017. 224 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Der Mensch ist zwar stets ein individuelles Wesen, aber zugleich auch schon nach dem Wissen des Altertums notwendig sozial. Deswegen möchte er zwar am liebsten größtmögliche persönliche Freiheit und fühlt sich doch zugleich ohne Mitmenschen einigermaßen verloren. Aus diesem Grunde schließt er sich immer wieder, teils aus eigenem Bestreben, teils auf eine von außen an ihn ergangene Einladung an unterschiedliche Gemeinschaften an, wobei sich auch nachträglich immer nach den maßgeblichen, nicht stets bestmöglichen Gründen fragen lässt.

 

Auf dieser Grundlage ist der vorliegende Band entstanden, der nach der Einführung der Herausgeber mit einer Ausnahme die zu einem Teil erheblich überarbeiteten Beiträge einer in Schleswig an dem 28. und 29. Mai 2015 abgehaltenen Konferenz versammelt, die gedanklich mit den interessierten Fragen einer siebten Klasse einer schleswig-holsteinischen Gemeinschaftsschule verbunden werden, die besonders an Holocaust, Hitler und den positiven Seiten des Nationalsozialismus Interesse gezeigt hatten. Gegliedert ist der insgesamt zwölf Beiträge umfassende Sammelband in drei Abteilungen. Sie betreffen fachwissenschaftliche Diskurse, Potenziale und Herausforderungen in geschichtsdidaktischer Perspektive und „Vermittlungskonkretionen“ im schulischen Unterricht sowie am Ende einen Abschlusskommentar Detlef Garbes als Direktors der Gedenkstätte des Konzentrationslagers Neuengamme zu der Tagung Der fachdidaktische Gehalt eines wissenschaftlichen Analysekonzepts – Zum Vermittlungspotenzial der NS-Volksgemeinschaft.

 

Dabei beginnt Frank Bajohr mit der Entwicklung von dem Herrschaftssystem zu der Volksgemeinschaft auf dem langen Weg zu einer Gesellschaftsgeschichte des Nationalsozialismus, während Martina Steber und Bernhard Gotto die Volksgemeinschaft als einen analytischen Schlüssel zu der Gesellschaftsgeschichte des nationalsozialistischen Regimes betrachten und Astrid Schwabe Beobachtungen zu dem Verhältnis von historischer Fachwissenschaft und „public history“ vorlegt. Im Anschluss hieran werden Horizonterweiterung, Mitmach-Bereitschaft, die Reinszenierung einer Schreckensherrschaft mit Verheißungskraft sowie die Vermittlung durch Schulbücher, Spielfilm, Schülerlabor sowie Unterrichtspraxis betrachtet. In diesem Rahmen werden vielfältige didaktische Potenziale in der schulischen und außerschulischen Vermittlung der Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust angesprochen und sachgerecht überprüft, wodurch auf die Länge hoffentlich der Schlüssel zu einem historischen Lernen des Wichtigen verbessert werden kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler