Das Phantom „Rasse“ – Zur Geschichte und Wirkungsmacht von Rassismus, hg. v. Foroutan, Naika/Geulen, Christian/Immer, Susanne u. a. (= Schriften des deutschen Hygiene-Museums Dresden 13). Böhlau, Wien 2018. 215 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Rasse ist nach einer auf naturwissenschaftlichen Vorstellungen in der Neuzeit entwickelten Lehre die durch kennzeichnende gleiche Merkmale abgrenzbare Art einer Gattung von Lebewesen. In Anlehnung an die Vererbungslehre Gregor Mendels gründete Adolf Hitler hierauf die ideologische Vorstellung vom Vorzug der arischen Rasse insbesondere gegenüber den Juden und „Nichtariern“. Die Anwendbarkeit der Vorstellung der Rasse auf den Menschen ist in der Gegenwart allerdings zweifelhaft geworden.

 

Die vorliegende schlanke Veröffentlichung ist aus einer der Vorbereitung einer Ausstellung unter dem Titel Rassismus – Die Erfindung von Menschenrassen dienenden Tagung unter dem Titel „Rasse“ – Geschichte und Aktualität eines gefährlichen Konzepts hervorgegangen, die das Deutsche Hygiene-Museum Dresden in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Institut für Geschichte der Universität Koblenz/Landau von dem 8. bis 10 Oktober 2015 durchgeführt hat. Ihr aus 14 Beiträgen bestehender Inhalt gliedert sich nach einer Einleitung der fünf Herausgeber in insgesamt vier Teile. Sie betreffen Rassenbegriff und Rassismustheorie, Wissenschaft und Technik, Herrschaft, Politik und Ökonomie sowie Religion, Kultur und Gesellschaft.

 

In diesem Zusammenhang weist etwa Christian Geulen besonders darauf hin, dass der Begriff der Rasse, den er von der arabischen Wurzel raz (Kopf, Anführer, Ursprung) und dem lateinischen Wort radix (Wurzel) ableitet und in seinen Anfängen mit der Pferdezucht verbindet, seit etwa einem halben Jahrtausend besteht und fast immer eine ideologische Funktion hat. Stefan Kühl betont die Internationalität der Rassenforschung im 20. Jahrhundert und Frank Dikötter fragt danach, wie und warum Rasse zu einem globalen Begriff wurde. Acht in die Texte eingefügte theoretische Miniaturen von Hannah Arendt bis Étienne Balibar zeigen dabei einzelne Stationen der von den Verfassern durchweg für sehr gefährlich gehaltenen ideologischen Entwicklung auf, deren Überzeugungskraft sie auf breiter Basis grundsätzlich ausschließen.

 

Innsbruck                                           Gerhard Köbler