Clark, Christopher, Von Zeit und Macht. Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten bis zu den Nationalsozialisten. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2018. 313 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Zeit und Raum sind die beiden bekanntesten, den Menschen in seiner Vergänglichkeit beherbergenden Dimensionen, denen er sich nicht entziehen kann. Nur in ihnen vermag er darum sein jeweiliges kurzes Dasein zu gestalten und dabei vielleicht auch Macht über andere Mitmenschen auszuüben. Zeit und Macht sind daher weitgespannte Problembereiche menschlicher Existenz.

 

Nach dem vorliegenden Werk eines der bekanntesten Historikers der Gegenwart beugt die Macht die Zeit so wie die Schwerkraft das Licht. Wer Macht hat, verortet sich (vielleicht nur stärker als andere) in der Zeit. Er begreift sich (vielleicht nur stärker als andere) als Teil der Geschichte und schafft damit (vielleicht nur stärker als andere) das Geschichtsbild seiner Zeit. Als bezeichnende Beispiele für diese abstrahierenden Überlegungen verwendet der Verfasser zur Aufklärung der Allgemeinheit nach einer übergreifenden Einleitung die Geschichtsmaschine Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1675), den Historiker König Friedrich II. von Preußen (1712-1786), den Steuermann Otto von Bismarck in dem Strom der Zeit (1815-1898) und entindividualisiert die Zeit der Nationalsozialisten etwa mit Adolf Hitler (1889-1945), Joseph Goebbels und Hermann Göring.

 

Unmittelbar nach seinem Erscheinen hat das die üblichen Bahnen der geschichtlichen Betrachtung verlassende und einen neuen Zugang versuchende Werk die Aufmerksamkeit eines sachkundigen Rezensenten erweckt. Deswegen genügt es an dieser Stelle vorweg darauf hinzuweisen, dass das Buch zeigen will, was geschieht, wenn zeitliches Bewusstsein durch die Linse der Macht betrachtet wird und die Formen der Geschichtlichkeit untersucht werden, welche die ausgewählten Machthaber sich aneigneten und ihrerseits verwendeten. Benutzerfreundlich abgerundet wird die aufschlussreiche Betrachtung durch Epilog, Dank an mehr als 30 Sympathisanten, Anmerkungen, Bildnachweis und ein von 1848 bzw. Absolutismus bis Zyklus reichendes Register.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler