Bumke, Christian, Rechtsdogmatik. Eine Disziplin und ihre Arbeitsweise – zugleich eine Studie über das rechtsdogmatische Arbeiten Friedrich Carl von Savignys. Mohr Siebeck, Tübingen 2017. XII. 284 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.
Das als Wort des Deutschen vor 1564 aus dem Lateinischen und Griechischen des Altertums aufgenommene Dogma ist ganz allgemein der Lehrsatz, die Lehrmeinung oder der Grundsatz, insbesondere in einer durch das Glauben geprägten Religion. Zu ihm ist etwas später das Adjektiv dogmatisch und das weitere Substantiv Dogmatik hinzugetreten. Demgegenüber ist eine besondere Rechtsdogmatik als wissenschaftliche Behandlung und Darstellung des geltenden Rechtes wohl erst in dem 20. Jahrhundert aufgegriffen worden.
Mit ihr beschäftigt sich die vorliegende, in sechs Jahren gereifte Untersuchung des in Stoneham 1963 geborenen, in der Rechtswissenschaft in Regensburg und Köln ausgebildeten, nach der ersten juristischen Staatsprüfung des Jahres 1991 ab 1993 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Humboldt-Universität in Berlin tätigen, 1996 in Köln mit einer Dissertation über den Grundrechtsvorbehalt promovierten und nach der zweiten juristischen Staatsprüfung des Jahres 1997 als Assistent Gunnar Folke Schupperts 2003 mit einer Schrift über relative Rechtswidrigkeit – Systembildung und Binnendifferenzierungen im öffentlichen Recht habilitierten und nach Lehrstuhlvertretungen in Frankfurt am Main und Augsburg 2005 an die Bucerius Law School in Hamburg berufenen Verfassers. Sie gliedert sich nach einem kurzen Vorwort und einer Einführung in zwei Teile zu je drei Kapiteln. Der erste Teil versteht sich als Annäherungen an eine Disziplin der Rechtswissenschaft, der zweite Teil beschreibt Savignys Ordnung des positiven Rechtes in den Kapiteln Denkweisen und Arbeitsweise.
Die Rechtsdogmatik lässt sich nach dem auf Franz Wieacker und viele andere zurückgreifenden Verfasser als eine Disziplin beschreiben, die das positive Recht durchdringen und ordnen will, um die rechtliche Arbeit anzuleiten, und jene Fragen zu beantworten, welche die Rechtspraxis aufwirft. In diesem Rahmen etabliert sich nach dem Verfasser die deutsche Rechtsdogmatik von dem positiven Recht in dem 19. Jahrhundert und erleidet nach dem nationalsozialistischen Ungeist, in dem der Verfasser auch einen Blick in die Rechtsdogmatik des öffentlichen Rechtes wirft, Gewissheitsverluste unter dem Grundgesetz, so dass Reformbemühungen erforderlich scheinen. Als juristische Instrumente ermittelt der Verfasser etwa das Prinzip (Grundsatz), die Institution (Einrichtung), die Figur, die Theorie (Konzeption, Modell), den Typus, das Leitbild und den Begriff, mit deren Hilfe rechtsdogmatische Sätze gebildet werden können.
In seinem die vielfältigen und tiefgründigen Überlegungen zusammenfassenden Resümee sieht der Verfasser das Charakteristische an Savignys Arbeitsweise darin, dass die Philosophie nur einen losen Untergrund seines Werkes bildete, weshalb es einerseits schwer fällt, ihn einer bestimmten philosophischen Schule zuzuordnen und andererseits sein Werk sehr anschlussfähig war. Ähnlich eigenständig bildete Savigny nach dem Verfasser den Begriff der Freiheit. Im Ergebnis erlangte Savignys „System“ dementsprechend durch die eindrucksvolle Verschränkung des Rechtsverhältnisses mit den Rechtsbegriffen und den übrigen Ordnungsinstrumenten eine enorme Prägekraft für die gesamte Rechtsdogmatik.
Innsbruck Gerhard Köbler