Wägenbaur, Bertrand, EuGH-VerfO – Satzung und Verfahrensordnungen EuGH/EuG. Kommentar, 2. Aufl. Beck, München 2017. 673 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Eine offizielle Rangliste der Gerichte dieser Welt besteht nicht, weil es (noch) kein Weltrecht und keine Weltgerichtsbarkeit gibt, sondern die Staaten und ihre Lenker zu ihrem eigennützigen Vorteil an der individuellen Souveränität so strikt wie möglich festzuhalten versuchen, ohne an ein übergeordneten Gesamtwohl zu denken. Gleichwohl dürfte in einer inoffiziellen Rangliste der im Zuge der Gründung eines engeren europäischen Staatenverbunds geschaffene Europäische Gerichtshof oder Gerichtshof (der Europäischen Union) einen der vordersten Plätze einnehmen. Dementsprechendes Gewicht haben seine Satzung und Verfahrensordnungen.

 

Mit ihnen beschäftigt sich der vorliegende Kommentar des in Bonn ausgebildeten, an der University of Northumbria zum LL. M  of European Law graduierten und an der Middlesex University in London promovierten Verfassers, der bisher in mehr als 400 Fällen vor den Gerichten der Europäischen Union in Luxemburg als Rechtsanwalt in vielen unterschiedlichen Sachbereichen tätig geworden ist. Lange war er Partner von Kemmler Rapp Böhlke in Brüssel. Derzeit leitet er die CJEU-Streitabteilung der 2007 gegründeten Government Relations Law firm Alber & Geiger mit Hauptniederlassungen in Brüssel und Berlin.

 

Sein gewichtiger, erfolgreicher Kommentar ist erstmals 2008 im Umfang von 540 Seiten erschienen. Seitdem haben zwei Novellen das Verfahrensrecht der Gerichte der Europäischen Union erheblich verändert. 2012 trat dabei die um rund 100 Vorschriften erweiterte Verfahrensordnung des Gerichtshofs in Kraft, 2015 die ebenso stark veränderte Verfahrensordnung des Gerichts (der Europäischen Union) und zum Herbst 2016 wurde die Auflösung des eher missglückten Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union beschlossen sowie für die Zukunft eine stufenweise Verdoppelung der Richter am Gericht bis 2019 in Angriff genommen.

 

Die erste Auflage des Kommentars erfasste das Gericht für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union im Rahmen des Gerichts. Trotz der zwischenzeitlichen Auflösung des Gerichts für den öffentlichen Dienst bezieht der Kommentar die verfahrensrechtliche Rechtsprechung dieses Gerichts weiter ein. Damit bleiben die reichhaltigen Erkenntnisse der aufgegebenen Einrichtung auch für die Zukunft berücksichtigt.

 

Gegliedert ist das kompakte Gesamtwerk nach kurzen einführenden Hinweisen  in drei Teile. Sie betreffen das Protokoll über die Satzung des Gerichtshofs, die 209 Artikel umfassende Verfahrensordnung des Gerichtshofs (S. 123-337) und die 227 Artikel einschließende Verfahrensordnung des Gerichts. Ein Sachverzeichnis von AEUV bis Zwischenstreit rundet das neue Werk benutzerfreundlich ab.

 

Insgesamt ist damit die Kommentierung des Verfahrensrechts der Gerichtsbarkeit der Europäischen Union auf einen aktuellen, verlässlichen Stand gebracht. Wer immer in ein diesbezügliches Verfahren eingebunden ist, wird das Werk mit reichem Gewinn nutzen können. Insbesondere die Berücksichtigung der wichtigen neuen praktischen Anweisungen, Durchführungsbestimmungen und Merklisten dürfte für jeden Nutzer von erheblichem Wert sein.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler