Stollberg-Rilinger, Barbara, Maria Theresia. Die Kaiserin ihrer Zeit. Eine Biographie. Beck, München 2017. 1083 S., 82 Abb., 1 Kart. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Für die Erhaltung der Menschheit sind in ihrer Geschichte die Frauen in natürlicher Weise ebenso wichtig wie die Männer, doch treten sie in dem öffentlichen Gedächtnis patriarchalischer Gesellschaften bisher fast überall stark zurück. Zu den wenigen bekannten Ausnahmen ist Maria Theresia aus dem Geschlecht Habsburg zu zählen, deren Geburtstag sich an dem 23. Mai 2017 zu dem dreihundertsten Male jährt. Deswegen kann es kaum überraschen, dass zu dieser Gelegenheit verschiedene Werke über diese bedeutende Herrscherin vorgelegt werden.

 

Eins sehr gewichtige Darstellung stammt von der in Bergisch Gladbach 1955 geborenen, in Köln in Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte bei Johannes Kunisch ausgebildeten, 1985 mit einer Dissertation über den Staat als Maschine (Zur politischen Metaphorik des absoluten Fürstenstaats) promovierten, danach mit einer Arbeit über Konzepte landständischer Repräsentation (Vormünder des Volkes?) habilitierten  und nach Münster berufenen Verfasserin. Sie stellt die Kaiserin in den Mittelpunkt, obwohl der (bloße) Titel „Kaiserin“ Maria Theresia nur ab 1745 als Ehefrau des 1765 verstorbenen Kaisers des Heiligen römischen Reiches zukam und mit keiner tatsächlichen Macht verknüpft war. Deswegen hatte sich Maria Theresia sogar dem Wunsch Franz I. von Lothringen widersetzt, sich neben ihm in Frankfurt krönen zu lassen, und hatte dem Vorgang nur als Zuschauerin beigewohnt.

 

Dessenungeachtet nutzt die Verfasserin Maria Theresia vor allem als Schlüssel zu einem besseren Verständnis der damaligen Zeit. Dabei betont sie vornehmlich die besondere Verantwortung der Königin von Ungarn und Böhmen sowie Erzherzogin von Österreich für ihre Untertanen einschließlich ihres Ehemannes und ihrer insgesamt 16 zwischen 1737 und 1756 geborenen und teilweise bereits vor ihr verstorbenen Kinder. Insgesamt erreichte sie mit großer Willenskraft bedeutende Leistungen, stand aber der Aufklärung konservativ gegenüber und verteidigte den katholischen Glauben gegen Protestanten und Juden mit allen ihr möglichen Mitteln, so dass die Verfasserin in erster Linie ein Bild der damaligen Zeit zeichnet, in dem die von 1740 bis 1780 regierende, im Alter von 67 Jahren verstorbene Herrscherin sich in einer Welt von Männern beliebt machen und behaupten musste, was ihr bei allen Widersprüchen und Niederlagen so gut gelang, dass sie noch heute zu den bedeutendsten Österreichern aller Zeiten zählt.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler