Siebzig (70) Jahre NJW – Jubiläumsheft (= NJW Heft 42/2017 12. Oktober 2017). Beck, München bzw. Frankfurt am Main 2017. S. 3025-3112. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Auf der Suche nach besserem Wissen der Welt hat der Mensch nach der Erfindung der Sprache, der Schrift und des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (durch Johannes Guttenberg in Mainz um 1450) in Augsburg durch die Kaufleute Fugger seit 1568 die Zeitung erfunden, in deren Gefolge in dem Heiligen römischen Reich seit dem 18. Jahrhundert auch juristische, zunächst noch buchähnliche Zeitschriften herausgegeben werden, die vielfach Wissenschaft und Praxis verbinden. Zu ihnen zählt nach der Gründung des (zweiten einheitlichen) Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck (1871) seit 1872 als Organ des Deutschen Anwaltsvereins die zuerst in Berlin bei Weidmann, später in Leipzig bei Moeser verlegte Neue Juristische Wochenschrift, die nach dem zwölften Heft des 68. Jahrgangs von dem 25. März 1939 mit der seit 1931 als Zentralorgan des Nationalsozialistischen Rechtswahrerbunds geführten Zeitschrift Deutsches Recht vereinigt wurde und damit ziemlich klanglos unterging. Nach dem Sieg der alliierten Streitkräfte über das nach der Selbsttötung Adolf Hitlers (Berlin 30. April 1945) an dem 8. Mai 1945 bedingungslos kapitulierende Deutsche Reich und der danach folgenden Schließung der C. H. Beck’schen Verlagsbuchhandlung in München knüpfte der mit der Verlagsbuchhandlung verbundene Verlag Biederstein in München lose hieran an und eröffnete mit den Herausgebern Walter Lewald, Valentin Heins und Josef Cüppers in Frankfurt am Main unter dem Namen Neue Juristische Wochenschrift eine Rechtsanwaltszeitschrift, die in allen drei westlichen Besatzungszonen erscheinen sollte, nach gerichtlicher Sicherung des Titels 1949 an die wieder zugelassene C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung wechselte und 1953 die anfängliche monatliche Erscheinungsweise in die dem Namen entsprechende wöchentliche Erscheinungsweise veränderte.

 

Die Gelegenheit des 70. Geburtstags nimmt die Redaktion mit dem vorliegenden Jubiläumsheft wahr. Es enthält vier Beiträge Hans-Jürgen Papiers (Rechtsstaatlichkeit und Grundrechtsschutz in der digitalen Gesellschaft), Volker Boehme-Neßlers (Die Macht der Algorithmen und die Ohnmacht des Rechts), Stephan Wernickes (Perspektiven des deutschen Rechts im Wettbewerb der Rechtsordnungen) und Matthias Kilians (Die Zukunft der Juristen – die anders aussehen wird als die Gegenwart), ein Interview mit dem Verleger H. D. Beck, einen Blick hinter die Kulissen, eine Beleuchtung des Verhältnisses von Autor und NJW (F. Graf von Westphalen) sowie siebzig nach den zugehörigen Entscheidungsorganen geordnete Darlegungen wichtiger Entscheidungen der vergangenen Jahre durch M. Nettesheim (zu NJW 1979, 1755), C. Grabenwarter, F.-C Schroeder, R. Stürner, W. Schlick, A. Hatje, S. Leible, C. Moench, C. Tietje, J. Wertenbruch, D. Thym, M. Ruffert, M. Morlok, F. Hufen, W. Hoffmann-Riem, V. Epping, R. Streinz, D. Coester-Waltjen, U. Kühling, R. Gaier, C. Degenhart, D. Grimm, U. Sacksofsky, C. Calliess, B. Gsell, M. Burmann, T. Pfeiffer, M. Löhnig, H. Roth, K. Muscheler, E. Führich, M. Ahrens, F. J. Säcker, K. Tonner, T. Lettl, T. Freudenberg, M. Habersack, B. Heiderhoff, H. Schmidt, H.-J. Hellwig, T. Klindt, P. Buck-Heeb, C. Schäfer, R. Greger, M. Artz, D. Loooschelders, A. Stadler, M. Voit, M. Henssler, G. Wagner, W. Mitsch, U. Franke, U. Eisenberg, H. Kudlich, S. König, S. Tausch, M. Cornils, C. Gusy, M. Dombert, M. Spielberger, M. Kock, M. Lembke, J.-H. Bauer, R. von Steinau-Steinrück, W.-D. Walker, R. Schlegel, H. Plagemann, S. Rixen, F. Loschelder und J. Jahn (zu NJW 1999, 3798) sowie weitere Hinweise wie etwa auf die 22. Auflage des Rechtswörterbuchs Creifelds‘ mit mehr als 12000 Rechtsbegriffen aus allen Gebieten.

 

Unabhängig hiervon hat der Verleger entgegenkommenderweise die bisher teilweise nur nachträglich digitalisierten Texte der gesamten Neuen Juristischen Wochenschrift von 1947 bis September 2017 (bis 1980 nur Rechtsprechung, danach auch wissenschaftliche Aufsätze) für ein digitalisiertes NeueJuristischeWochenschriftWörterbuch zur Verfügung gestellt. Sie umfassen rund 173 Millionen mehr oder weniger korrekt voneinander abgetrennte und mehr oder weniger orthographisch korrekt erfasste, in 783073 Fällen nur einmal oder nur zweimal belegte Zeichenketten (einschließlich aller Abkürzungen, fremdsprachlicher Ausdrücke und Namen). Sie sind auf der Internetseite http://www.koeblergerhard.de/wikiling (NJW) vollständig mit zugehörigen graphischen Übersichten dokumentiert und lassen sich zu (derzeit geschätzten) etwa 220000 Stichwörtern zusammenfassen, die auf der Grundlage der Neuen Juristischen Wochenschrift den (deutschen) Rechtswortschatz der Gegenwart als heutiges deutsches Rechtsgedächtnis verkörpern und insofern den Rechtswortschatz der zu erwartenden 12000-200000 Stichwörter des bis 1831 reichenden und voraussichtlich 2036 abgeschlossenen Deutschen Rechtswörterbuchs und der etwa 320000 Lemmata des jeweils bis zu dem Druckjahr der 33 Einzelbände zwischen 1855 und 2017/2018 reichenden Deutschen Wörterbuchs der Brüder Grimm aktualisieren bzw. modernisieren bzw. komplettieren und mit den beiden genannten, mit öffentlichen Mitteln ermöglichten  Großvorhaben zu einer umfassenderen Einheit von den Anfängen des Deutschen bis zu der heutigen Gegenwart verbunden werden können.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler