Priemel, Kim Christian, The Betrayal. The Nuremberg Trials and German Divergence. Oxford University Press, Oxford 2016. 481 S., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Vielleicht bereits von dem Anfang seiner Geschichte an hat der Mensch seinen Mitmenschen auch so behandelt, wie er vermutlich selbst nicht behandelt werden wollte. Deswegen hat er ihn aus vielen Gründen verletzt, bestohlen, beraubt und auch getötet. Dabei hat er aus Praktikabilitätsgründen den Krieg als die Austragung von Streitigkeiten zwischen Völkern oder Staaten mit Gewalt erfunden und seit langer Zeit viele Kriege mit zahllosen Opfern geführt, wobei der zweite Weltkrieg, in dem es Adolf Hitler als Kriegsziel auch um die gnadenlose Vernichtung möglichst vieler europäischer Juden ging, ein vorher wohl unbekanntes Ausmaß erreichte.

 

Mit der juristischen Aufarbeitung der dabei begangenen Verbrechen beschäftigt sich das vorliegende Werk des 1977 geborenen, nach dem Studium von neuer Geschichte, neuester Geschichte, öffentlichem Recht und englischer Philologie in Freiburg im Breisgau 2006 mit einer umfangreichen Geschichte des Konzerns Flick vom Kaiserreich bis zur Bundesrepublik promovierten, danach als Mitarbeiter an dem Lehrstuhl für vergleichende europäische Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte in Frankfurt an der Oder und an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie zuletzt als assoziierter Professor für neue Geschichte an der Universität Oslo tätigen Verfassers. Es gliedert sich nach einer Einleitung in neun Kapitel. Sie betreffen gründlich, abgewogen und weiterführend etwa die Quellen, die Konstruktion, den Sonderweg oder den Krieg mit und ohne Regeln.

 

Der Autor kann dabei zeigen, warum und wie die alliierten Siegermächte führende deutsche Nationalsozialisten für ihr Verhalten in rechtlichen Verfahren zur Verantwortung zogen. Ziel war es hierbei in erster Linie, die von dem Wege des Rechtes abgekommenen Deutschen wieder auf den Weg des Rechtes zurückzubringen. Hierin sieht das beeindruckende, durch Abbildungen, ein Literaturverzeichnis und einen Index von Abs über Hitler bis Zyklon B. abgerundete, gedankenreiche Werk auch ein bleibendes Vermächtnis für die stets ungewisse Zukunft, in der hoffentlich möglichst viele Kriege von Menschen gegen Mitmenschen mit Hilfe der Vernunft vermieden werden können.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler