Osterberg, Martin, Das kalte Haus. Meine unglückliche Kindheit in einer heilen Familie. Piper, München 2017. 304 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Das Leben des Menschen verläuft in seinem durch Geburt und Tod bestimmten Zeitraum in einer unbeschreiblichen Vielfalt unterschiedlichster Möglichkeiten. Zu ihnen gehören auch die Gegebenheiten von Glück und Unglück. Nur sehr bedingt und begrenzt gelingt ihre Gestaltung oder Steuerung durch den Betroffenen und was dabei dem einen genügt, ist dem anderen viel zu wenig.

 

Unter dem in dem Karlsruher Virtuellen Katalog nicht umfassender vertretenen Pseudonym Martin Osterberg schildert ein  in Berlin arbeitender, verheirateter  Journalist mit zwei erwachsenen Töchtern in Widmung für seine drei Frauen einen ihn beschäftigenden Teilaspekt dieser Problematik. Er hat einen Vater, er hat eine Mutter, er hat einen Bruder. Aber er fühlt auf Grund seiner unglücklichen Kindheit in einer heilen Familie nichts, jedenfalls kein Glück und kann seine Eltern nicht abschaffen.

 

Er beginnt seine grundsätzlich chronologisch geordnete Darstellung mit dem einfachen Satz: Ich bin ein Arschloch, den er aus allererster Hand weiß, weil ihm sein Vater ihn gesagt hat. Er wird die damit verbundene Last, die in zahlreichen Einzelheiten unaufhörlich vorgeführt wird, niemals los. Möge ihm und anderen Betroffenen die rückhaltlose Schilderung der emotionalen Verwahrlosung und Kälte seiner nur an Wohlstand und Leistung interessierten Eltern die zeitlebens vermisste Befreiung verschaffen, die es ihm ermöglicht, das ersehnte Glück der von ihm geschaffenen Familie in einem warmen Haus von Erfolg und Geborgenheit dauerhaft zu vermitteln.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler